Kriegstagebuch von Rudi Strampfer (Infanterie Regiment 25) vom 1. April 1915 bis Ende November 1917

Rudi Strampfer wurde am 8. Mai 1882 in Hamburg-Bahrenfeld geboren und verstarb am 16. Januar 1951 im Alter von 68 Jahren in Hamburg. Sein Beruf war kaufmännischer Angestellter (Kontorist). Seine Eltern waren der Lehrer Hans Friedrich Ferdinand Strampfer (*1. Feb. 1857 – †3. Jun. 1917) und Anna Christina Dorothea Strampfer, geb. Fehrs. Rudi hatte sechs Geschwister: Hugo (*21.10.1883 – †07.12.1931), Arthur (genannt „Adda“) (*14. Nov. 1884 – †26. Dez. 1936), Olga (genannt „Olli“) (*29.08.1886 – †02.01.1996), Edgar (*18. Dez. 1888 – †3. Feb. 1889), Walter (*18.03.1890 – †18.03.1915) und Else (*19. Apr. 1894 – †3. Aug. 1894).

Rudi Strampfer heiratete am 3. Juli 1909 Sophia Christine Elisabeth Regine, geb. Tramm (*4. Nov. 1885 – †18. Sep. 1941). Sie war die Tochter des Hamburger Schneiders Heinrich Bernhard Tramm und seiner Ehefrau Bertha Wilhelmine Ernestine, geb. Toode, die zum Zeitpunkt der Hochzeit ihrer Tochter bereits verstorben war. Trauzeugen waren der Kontorist Heinrich Strampfer (*21. Mai 1882 – †11. Apr. 1941), ein Verwandter Rudis (wahrscheinlich ein Cousin), sowie Rudis Bruder Arthur „Adda“. Rudi und Sophia (genannt „Anni“) hatten zusammen zwei Kinder, wie im Soldbuch von Rudi Strampfer (1915) vermerkt ist. Ob sie später noch weitere Kinder bekommen haben, ist nicht bekannt.

Rudis Eltern ließen sich zwischen 1909 und 1913 scheiden. Sein Vater Hans Friedrich Ferdinand Strampfer heiratete am 8. Juli 1913 Bertha Maria Elise, geb. Busch (*20. Okt. 1877 – †?). Rudis Vater verstarb am 3. Juni 1917 im Alter von 60 Jahren.

Walter Strampfer, der von Beruf ebenso wie Rudi und Arthur Kaufmann war, trat als Kriegsfreiwilliger in das 5. Garde Grenadier Regiment zu Fuß ein. Er wurde am 17. Juni 1915 durch einen Rückenmarkschuss schwer verwundet und verstarb an seinem 25. Geburtstag, am 13. August 1915, an den Folgen seiner Kriegsverletzung im Reservelazarett Wandsbek. Er wurde am 17. August 1915 mit militärischen Ehren auf dem Friedhof Hamburg-Ohlsdorf beigesetzt, wo sich das Grab immernoch unter den Kriegsgräbern des 1. Weltkrieges befindet. Der Grabstein ist hier zu sehen.

Arthur „Adda“ Strampfer wurde am 27. August 1915 Soldat bei der Etappen Hilfs-Kompagnie Nr. 45 in Preußisch Stargard. Am 21. Oktober 1916 wurde er zum etatmäßigen Gefreiten befördert, am 17. September 1918 zum Unteroffizier. Am 22. Januar 1919 wurde er infolge der Demobilisierung nach Hamburg entlassen. Von ihm ist ein Foto überliefert, welches er am 27. Januar 1916 an „Frau Rudi Strampfer“ schickte mit der Bitte, die Karte an Rudi zur Ansicht weiterzusenden. Arthur „Adda“ verstarb am 26. Dezember 1936 in Hamburg. Ebenso wie sein Bruder Rudi übte er den Beruf des Kaufmanns aus. Arthur „Adda“ heiratete am 3. April 1914 Amanda Henriette, geb. Clausen (*4. Sep. 1890 in Hamburg-Altona). Sie war die Tochter des verstorbenen Polizeisergeanten Klaus Heinrich Clausen und seiner Ehefrau Alwine Henriette Gesine, geb. Butendeich, verheiratete Hoffmann. Einer der beiden Trauzeugen war sein Bruder Rudi Strampfer.

Foto von Arthur "Adda" Strampfer (Januar 1916)

Rudi Strampfer im Infanterie Regiment 25

Rudi Strampfer ist am 1. April 1915 in der stehende Heer eingetreten. Seine Ausbildung zum Landsturmmann erfolgte vom 1. April bis 18. Juni 1915 beim Reserve Infanterie Regiment 75 in Bremen. Anschließend wurde er im Juni 1916 an die Westfront verlegt in die Nähe von Douai, in Tergnier. Hier wurde er dann im Juli 1915 der 4. Kompagnie des Infanterie Regiments 25 (IR 25) zugeteilt. Er wurde nach Chailvet verlegt und sein erster Einsatz erfolgte am Loire-Aisne-Kanal. Im August 1915 hielt er sich in der Reservestellung Soupir II auf. Als in der Heimat sein Bruder Walter wohl an den Folgen einer Kriegsverletzung verstorben war, bekam Strampfer 5 Tage und 5 Nächte Sonderurlaub. Am 16. August 1915 kam er in Hamburg an und kehrte dann am 20. August 1915 wieder in die Reservestellung Soupir II zurück. Dort hat er dann mit seiner Einheit bis 22. September noch gearbeitet, bis die Einheit nach Prouvais verlegt wurde. Am 15. Oktober wurde die Einheit dann nach Juvigny verlegt. Am 20. Oktober 1915 wurde Strampfer dann Schreiber beim Regimentsstab und war zunächst mit Abschriften von Kriegstagebüchern beschäftigt. Vom 18. bis 28. Mai 1916 war er auf Heimaturlaub in Hamburg. Bis zum 5. Juli 1916 lag seine Einheit im Raum Juvigny, wurde dann nach nach einigen Zwischenstationen am 9. Juli 1916 zum Fronteinsatz nach Le Mesnil verlegt. Am 20. August wurde die Einheit von der Front abgelöst und in den nächsten Tagen nach Sissonne verlegt. Das IR 25 wurde dann der 185. Infanterie Brigade zugeteilt und Anfang September 1916 an die Ostfront in den Raum Sarnyky verlegt, wo die Einheit dann bis Mitte Oktober verblieb, bis sie wieder an die Westfront verlegt wurde.

Von Oktober bis Dezember 1916 war Strampfer dann im Raum Vaulx eingesetzt, wo er auch wieder an vorderster Front mitkämpfen musste. Mitte Dezember wurde die Einhat nach Lokeren in Belgien verlegt. Vom 22. Dezember 1916 bis 6. Januar 1917 war Strampfer auf Heimaturlaub in Hamburg. Nach seiner Rückkehr verblieb seine Einheit noch bis Anfang April in Flandern. Dann erfolgte die Verlegung in den Raum Douai. Wegen des Todes seines Vaters fuhr Strampfer vom 4. bis 16 Juni 1917 auf Heimaturlaub. Seine Einheit wurde dann am 18. Juni 1917 nach Lucy verlegt. Im August erfolgte dann eine weitere Verlegung nach Flandern in den Raum Roulers, wo die Einheit bis Anfang Oktober 1917 verblieb. Am 9. Oktober wurde die Einheit dann in Frankreich bei St. Mihiel eingesetzt. Am 25. November wurden sie abgelöst und damit endet auch das vorliegende Tagebuch. Ob es noch weitere Seiten gab, ist leider nicht bekannt. Auf jeden Fall war Strampfer auch weiterhin Soldat, denn laut seines Entlassungsscheines wurde er am 2. Dezember 1918 nach Hamburg entlassen.

Rudi Strampfer wurde am 13. Februar 1917 das Hamburger Hanseatenkreuz verliehen und am 23. Oktober 1917 das Eiserne Kreuz II. Klasse.

Am 29. Mai 1917 wurde Strampfer vom Landsturmmann zum überzähligen Gefreiten befördert, am 20. Oktober 1917 zum etatmäßigen Gefreiten.

Rudi Strampfer (undatiert, evtl. im Dezember 1915 entstanden)
Rudi Strampfer (links) und W. Mönnich (rechts) am 8. April 1915 beim RIR 75 in Bremen
Urkunde zur Verleihung des Eisernen Kreuzes II. Klasse an Rudi Strampfer
Erste Seite des Kriegstagebuches von Rudi Strampfer

Kriegstagebuch von Rudi Strampfer (4. April 1915 bis Ende November 1917)

Nachdem S.M. der Kaiser am 31/7.14 die allgemeine Mobilmachung des Heeres angeordnet hatte, um unser Volk und Land gegen die Misgunst unserer zahlreichen Feinde zu verteidigen, und viele unserer Brüder schon in siegreichem Vorgehen in Ost und West mutig ihr Leben in siegreichem Vorgehen hingegeben haben, erreichte Ende März 1915 auch mich der Aufruf, mich am 1.4. zu stellen. Ich kam mit vielen Hamburgern per Bahn n. Bremen und wurde dort bis zum 18/6. ausgebildet, an welchem Tage unsere Kompagnie nachdem sie 3 Tage vorher eingekleidet worden war, per Bahn nach dem Westen verladen wurde. Meine liebe Frau war nach Bremen gekommen u. gab mit das Geleit zum Bahnhof. Es war eine schöne Stunde, wie wir mit voller Musik zum Bahnhof durch die Stadt marschierten mit Blumen geschmückt und vom Publikum noch reichlich mit wunderbaren Spenden bedacht.; aber es war auch ein schwerer Weg, zogen mir dich recht schwermütige Gedanken durch den Kopf. Wirst du Frau und Kinder wiedersehen und wirst du wiederkehren und wie? Das steht alles in Gottes Hand, zur Verteidigung des Vaterlandes zu gehen. Daher nicht verzagen, Gott wird mein Schicksal schon günstig leiten.

Unsere Fahrt begann ca. 12 ½ Uhr in offenen Wagen, sog. Viehwagen, und ging über Osnabrück, Herbesthal u. dann durch Belgien, wo wir die ersten Spuren des Krieges merkten. Über Lüttich, Loewen, Brüssel, Mons, Valenciennes ging es nach Douay [Douai], wo wir am 19.6. nachts eintrafen und von wo wir gleich nach Ankunft nach Waziers marschierten und in leere Häuser einquartiert wurden. Es ist das ein Ort mit einer grossen Kohlenhütte und sämtliche Leute dort arbeiten in der Hütte. Alles ist schwarz, die Strasse, die Häuser, die Menschen und während der 6 Tage, die wir dort blieben und exerzierten, sehen wir stets sehr dreckig aus. Es gibt dort viele Wirtschaften (estaminets), wo wir Limonade, Wein, Cognac usw. gibt, und Läden, Erdbeeren, Kirschen und Marmelade zu kaufen gibt. Die Quartiere waren nicht schön, Steinboden. Man schlief auf Stroh, wie überhaupt stets für die nächste Zeit in Scheunen. Die Vorgesetzten waren dort ältere, gediente Leute, die im Dienst froh waren, nach 6 Tagen von Waziers wegzukommen. Die Fahrt ging wieder in Viehwagen durch schöne Gegend am 28.6. und am anderen Morgen stiegen wir in Remies aus, und gingen ca ½ Stunde bis zum Dorf gleichen Namens, wo wir in einer grossen Scheune Quartier nahmen, aber schon nachmittags weiter marschierten nach Comoron, ca. 1 Stunde, wo wir wieder in einer Scheune, zu einem grossen Schloss gehörend, untergebracht wurden. Hier blieben wir 2 Tage, und wurden am Sonntag von uns und mit uns dort seiende Rheinländer, zus. ca. 350 Mann, den Regimentern 68 u. 25 zugeteilt. Die ersten vier Abteilungen der 75er, die mit mir ausgewählt wurden, kamen zu den 25ern, und wir marschierten am folgenden Morgen um 70 los. –

Unsere Hoffnung wieder von Remiers oder von einer anderen, nicht sehr entfernten Station verladen zu werden, war jedoch eine irrige. Wir marschierten bei grosser Hitze bis La Fère (Mittag) u. weiter bis nach Tergnier, wo wir schon einmal bei unserer Hinfahrt nach Remiers nachts passiert waren und verpflegt wurden. Das alles mit vollgepacktem Affen und bei grosser Hitze. Wir waren sehr schlapp als wir endlich am Nachmittag am Bestimmungsort „Ville Quier Aumont“ eintrafen. Bei der Einteilung kam die 4te Abteilung der 75er zu der 4. Komp. des aktiven Inf. Regts. 25. Nachdem wir einen Tag Dienst mitgemacht hatten, einen Anmarsch über Berg u. Tal, der sehr anstrengend war, ging es am anderen Tag wieder weiter. Es ging zu Fuss nach Chenay und von dort per Bahn nach einer Station Chailvet urgel, von wo wieder marschiert wurde bis Montarcennes [Montarcène], einem Gutshof mit nur wenigen Einwohnern. Wir liegen in leeren Häusern, – Wohnungen der Arbeiter. Die Umgegend ist wunderschön, sehr hügelig. Man blickt von hier oben in hübsche Täler, die sehr schön bewaldet sind. Gestern beim Exerzieren wurde mit richtigen Handgranaten geworfen; das gab einen Krach, wie ich ihn mir nicht vorgestellt hatte. – Von der 3. Komp. hat einer das Pech gehabt, ein Stück auf den Kopf zu bekommen und hat ein grosses Loch in den Kopf erhalten. Am 3/7. – m. Hochzeitstag – machen wir einen Marsch nach Chailvet [Royaucourt-et-Chailvet], wo Besichtigung des Regts. durch Oberstlt. Hering war. Dieser hielt eine sehr lobende Rede dem Regiment und weiter erwartet, dass es sich brav schlägt. Wir exerzierten dann noch eine Stunde. Es war der heisseste Tag und wir haben buchstäblich geleckt; dann noch den Rückmarsch bergen. Oben angekommen waren wir aber fertig. Nachmittags kam endlich einmal die Kantine nach M…, und wir konnten uns Chocolade, Cigaretten etc. kaufen, aber keine Fettigkeiten, sodass nach wie vor trocken Brot gegessen werden muss, dass auch schön schmeckt. Wir kauften uns heute Apfelwein, der sehr schmeckte, kühl und milde, 20 Pfg. per Liter. Morgen, 4/7., Sonntag, ist Baden und nachmittags sind von 5-6 Turnspiele. Ich huste immer noch viel, besonders in der Nacht, aber Halsschmerzen habe ich nicht. Leute von uns, die sich wegen Hals- und sonstigen Schmerzen krank meldeten sind alle gesund geschrieben und dienstfähig und müssen zur Strafe Wache schieben, wovon ich bisher noch befreit gewesen bin. 5.7. hatten wir wieder Ausmarsch ins Tal und exerzieren. Es war wieder recht warm, und ich habe alles durchgeschwitzt. Von 11-50 Ruhe und dann eine Stunde Unterricht über die Stellung, in die wir nächstens kommen sollen, von Lt. Böddinghaus, der Führer unseres 2. Zuges geworden ist; er ist sehr nett und tüchtig trotz seiner Jugend. Am 6.7. morgens eine Stunde Unterricht, dann Kirchgang für die Katholiken. Wir haben frei bis 50, dann 1 Stde. Turnspiele. Solchen Dienst lässt man sich gefallen; aber nun gehts bald in Stellung und da heisst es tüchtig schanzen und sie weiter auszubauen. Sie soll nicht schlecht sein, aber wir sind recht wenig zur Besetzung, da früher 3x soviel darin lagen. Es heisst also scharf aufpassen auf die Franzosen. Ich hoffe Gott ist mit mir und lässt mich gut + gesund heraus kommen.

Ungeziefer soll in Hülle und Fülle daselbst vorhanden sein. Und auch eine Unzahl von Ratten, na das kann gemütlich werden. 7.7. Wir exerzieren morgens und nachmittags, 8.7. morgens hiess es, dass es mittags 2 Uhr los gehe, um nach einer Stellung zu marschieren. 1 Stunde. Wir trafen die anderen Komp. in Chailvet und von dort ging es bei grosser Hitze weiter, bis ca. 4 ½ Uhr; dann grössere Pause (2 Stunden) an einem Abhang, wo die von uns abzulösenden Kompagnien uns passierten. Dann ging es weiter, all ¼ Stunde eine Komp. (das ganze Bataillon). Wir waren die letzten. Es ging durch Wald, und wie nachmittags schon, am Loire-Aisne-Kanal entlang, wo auch Reserven auf sogenannten Elbkähnen liegen. Dann kamen wir durch einen in den Felsen gehauenen Tunnel, durch den der Kanal fliesst und an der Seite ein Fusssteig führt. Die Länge des Tunnels beträgt 2365 m, und wir brauchten zum Durchmarsch über ½ Stunde. Gegen 90 abends kamen wir bei der Stellung an, die auf einer Anhöhe liegt, zu der am Kanal ein Laufgraben führt. Wir wohnen hier in Unterständen, deren Dach aus Wellblech ist, das auch an der Seite bis zum Erdboden reicht. Die eine Hälfte ist zum Schlafen eingerichtet, oben 6 Mann und unten 6 Mann; die andere Hälfte enthält 1 Tisch, 2 Bänke, Gewehrständer usw. Die sind wunderbar, wie die älteren Kameraden sagen, aber für uns neuen eine sogenannte weitere Verschlechterung, besonders da sie verlaust sind, und die Ratten + Mäuse ein- und auslaufen. Es gibt hier ein wahres Labyrinth von Schützen- und Laufgräben und sie sind wunderbar gearbeitet, und völlig gegen Sicht verdeckt mit Zweigen u.s.w. Gestern Abend schanzte der erste Zug von 7-120, und der zweite, wozu ich gehöre von 12-3 nachts ein einem Waldrand. Ich hatte immer noch Durchfall und konnte kaum arbeiten u. hatte am 10.7. Schmerzen. Ich bekam mittags Opiumtropfen ein[,] dann ging es etwas besser, aber gegen 5 Uhr ging es wieder an, ganz dünner und rötlicher Auswurf. Abends sollten wir noch 9-12 schanzen, aber ich meldete mich + brauchte nicht mit + bekam nochmals Opium ein. Erhielt 2 Pakete von Mama und 1 von Stegemann mit Brief, nachdem als erstes Paket in Montarcennes [Montarcène] Anni‘s Paket (und Brief) mit Speck und Käse eintraf. Am Sonntag 11/7.: da mein Durchfall nicht besser geworden ist, ging ich zum Arzt; es wurde 37,90 Fieber gemessen, und er überschrieb mich ins Revier, wohin ich mit allen meinen Sachen aufbrach und auch gut ankam. Es liegt eben hinter dem Tunnel auf einem Schiff (U9), wo auf einfacher schmutziger Matratze geschlafen wird. Ich bekam Tannalbin-Tabletten. 5 Stück, nach 3 Stden 3 Stück und nach weiteren 3 Std. restliche 2 Stück, die wohl auch gut taten. Nachts musste ich aber noch 6x raus. 12.7. Fieber heute früh 370, u. der Arzt sagte, ich soll hierbleiben; wenig essen und Reis geniessen, was es heute Mittag auch gab. Alle viertel Stunde laufe ich aber trotzdem hin. Mal sehen, wie das wieder heute Abend wird; man fühlt sich sehr matt. 13.-15.7. Ich nahm wiederholt Opium + Tannalbin-Tabletten ein, und es geht langsam besser. Morgen werde ich wohl zur Komp. zurück müssen. Gestern brachte mir die Post Pakete von Anni, Mama Ottilie und Brief von Anni + Adda, woraus ich entnahm, dass Amanda einen Jungen gekriegt  und Tulita eine Tochter und beide Mütter und Kinder wohlauf sind. Mönnich brachte mir die Post. Am 16.7. war ich besser, wurde aus dem Revier entlassen + kam zur Komp. zurück; finde Post von Anni, Ziede + Pfau vor, schanze aber noch nicht mit. 17.7. Ich bin ziemlich wieder besser + habe letzte Nacht von 9 ½ – 30 mitschanzen müssen. Sonntag 18.7. hatte unsere Gruppe Ruhe. Gestern erhielt ich 2 Pakete von Anni und die Fotografie von ihr + den beiden Kindern, die sehr nett ist + mich sehr erfreut hat. 31.7. Bis heute war der Dienst fast immer derselbe, Schanzen, bei Tag und Nacht, eine ungewohnte harte Arbeit für mich. Jede 3. Nacht haben wir Ruhe und sind alarmbereit. Ich habe inzwischen reichlich Pakete bekommen mit und bin mit Fettigkeiten etc. gut versorgt. Von Rob. bekam ich eine nette Liebesgabe, ein 10 Pfund Paket, mit allerlei schönen Sachen. Das Art.-Feuer geht täglich hin u. her und ein paar Mal haben wir Splitter in unsern Graben bekommen. – Die Nachrichten von Osten sind in letzter Zeit sehr günstig, sodass man hoffen darf, bald mit den Russen fertig zu sein, und dann kommt die Sache hier im Westen auch wohl voran. 1/8. Heute sind wir aus der Stellung abgelöst worden und nach einem Dorf Monampteuil in Ruhe gekommen. Um das zu erreichen, mussten wir wieder durch den Tunnel marschieren und dann noch ein Stück am Kanal entlang, um dann rechts einen Berg hinaufzuklettern, der ziemlich steil war und wobei ich ziemlich in Schweiss kam. In dem Dorf lag Artillerie, und wir wurden in einer Schule einquartiert, wo wir auf dem nakten Fussboden schliefen. Am 2.8. wurden wir runter zum See geführt, wo bei herrlichem Wetter gebadet wurde, was eine reine Wohltat war. Nachmittags haben wir dann noch etwas Fussball gespielt, eine angenehme Abwechslung. Am 3.8. wurde exerziert, was lange nicht gemacht worden war + daher weniger angenehm. Am 4/8. wurde, wie tags zuvor gehabt, theoretischer Unterricht im Handgranaten-Werfen, wirklich ausgeübt, sehr interessanter Vortrag von einem Pionier. Nachmittags war Abmarsch in die neue Reserve-Stellung, Soupir II, oben im Walde, rechts vom Steinhang, wo die Unterstände schön eingebaut sind und nicht soviel Ungeziefer ist. Hier wird wieder tüchtig geschanzt und ausserdem müssen wir Wasser von der Quelle holen, die tief unten im Walde ist, was eine schrecklich schwere Arbeit ist. Mönnich[,] der vom Feldwebel beauftragt ist, die Wege, [?] usw. auszubessern, muss eine Menge Material haben vom Pionier Depot, und er hat mich als Hilfsmann vorgeschlagen. Ich helfe ihm nun den Kasten tragen und brauche daher keinen anderen Dienst mitmachen, besonders nachts nicht zu schanzen, dafür aber vormittags und nachmittags kräftig arbeiten. Dies ist mir aber lieber. Bis 7/8. war täglich dasselbe. Artilleriefeuer hin und wieder. Aber als wir heute Abend gegen 80 Uhr vor unserm Unterstand sassen, kommt plötzlich eine Mine von den Franzosen und schlägt auf den neben uns befindlichen Unterstand des Lts. v. Böddinghaus. Ich wollte gerade die russische Landkarte nachsehen als mit furchtbarem Krach die Mine krepierte. Ich hatte das Gefühl als wenn es direkt vor meinen Füssen geschah, da ich eine feurige Kugel bemerkte, wovon Strahlen nach allen Seiten gingen. Wunderbarerweise wurde weder ich noch einige Kameraden, die mit mir auf der Bank vor unserm Unterstand sassen und daneben standen nicht verwundet, nur dass wir Gesicht + Körper voll von Sand, Moos etc. hatten. Zur Besinnung gekommen, wischte ich mir den Dreck aus den Augen und sah die Kameraden in einen nebenliegenden Unterstand laufen, was ich auch sofort tat. Dann krepierte etwas weiter weg noch eine Mine. Von den Splittern der ersten Mine war links von mir Kamerad Gehlen so erheblich am Kopf getroffen worden, dass ein Teil der Schädeldecke weg war. Er erlag seiner Verletzung nach ca. 1 Stunde. Rechts von mir – ungefähr etwas weiter entfernt wie Gehlen (ca. 5 m) lief Trossen aus meiner Gruppe, der eben noch mit mir gesprochen hatte, und gab die Nachricht weiter, dass Lomza [Łomża] gefallen und 14.000 Gefangene gemacht worden seien, als auch er getroffen schreiend zusammenbrach. Er hatte zwei Splitter von hinten links in die Lunge bekommen und stönte schrecklich. Er wurde nach Abends heruntergetragen und kam ins Lazarett, wo er leider heute (8/8.) verstorben ist. Et war ein junges Menschenkind von 20 Jahren, ein wenig laut, aber sonst ein guter Knabe, der tüchtig schaffte. Gehlen war ca. 36 Jahr, verheiratet, hat Frau + 2 Kinder; dieser Fall ist sehr traurig. Persönlich war G. nicht recht sympatisch, da er zuviel redete und sehr sozialdemokratisch war, aber keine Schulbildung hatte. Arme Kameraden, Gott sei ihrer Seele gnädig. 9/8. Wir hatten in der letzten Nacht 2 französ. Überläufer, die aussagten, dass die Franzosen Kriegsmüde seien und wenn am 13.8. kein Friede sei, ihre Komp. zu uns überlaufen würde. Tagsüber hatten wir aber ziemliches Artilleriefeuer und dicht bei unserm Arbeitsstand, Treffer nahe der Wasserquelle, fanden wir (M.+ ich) einen grossen Splitter. Bei der 1. Kp. ist ein Volltreffer in einen Unterstand gegangen (Granate) und hat 1 Utffz., Vater von 7 Kindern, getötet und einen anderen das linke Bein mehrfach gebrochen. 10.8. In dieser Stellung habe ich durch Mönnich etwas „Druck“ bekommen, indem ich ihm bei seinen Zimmermanns-Arbeiten helfe und dafür nicht mit schanzen und auch sonst fast keinen Dienst mitmache. Im Übrigen heute und am 11.8. nichts Neues! 12.8. Das Feuer der Franzosen war heute heftiger, da unser Erdmörser in Tätigkeit getreten war. 13.8. Heute ist Walters Geburtstag. Wie es dem armen Jungen wohl gehen mag? Ich fürchte nicht gut, denn die Nachrichten von zu Hause lauten schlechter und Ottilie u. Adda sind hingefahren (14.8.). Am 14.8. hatten wir abends vom Kanal schwere Hürden und Bäume zu holen, was bei dem durch Regen sehr schlüpprig gewordenen Wegen sehr schwere u. saure Arbeit war. Leider konnte ich mich dabei nicht verdrücken wie Mönnich, der ja oben schläft (Pater Brinkmannes Bude) und nie geholt wird, nur morgens beim Alarm. – Unten am Kanal angekommen, bekamen ein Kamerad u. ich eine grosse Hürde zu tragen; beim Steilhang angelangt, waren wir, wie schon beim Hinwege, mehrfach ausgerutscht u. gefallen u. sahen schon bös aus. Ich schwitzte sehr; dann wurde es durch Herausnehmen von einigen Stäben möglich, die Hürde auf die Schulter zu nehmen, ich vorne, er hinten; das war schon eine wesentlich Erleichterung. Aber hinter uns, wir waren die letzten, trieb ein Unteroffizier „aufbleiben“, ihr faulen Kerle, natürlich wieder ein Hamburger, hat den schönsten Druck + will nicht, aber sich drücken, das versteht er!“ Ich antwortete, dass vom „Drücken“ keine Rede sein könne + ich mein Möglichstes täte, aber die Hürde sei eben zu schwer. „Na, warte nur, ich werde Dir Deinen __________ schon nehmen, und Du sollst ordentlich schanzen, dafür werde ich sorgen“, brüllte der Utffz. Dummer Kerl, der sich nur dem Lt. gegenüber aufspielen wollte und selbst nichts zu melden hatte. Lt. Bauermann liess sich meinen Namen sagen, erwiderte aber nichts. Ich hatte ihn nachm. gerade nach Hptm. Schultzes Adresse gefragt, die ich W. Ebell mitteilen wollte. Oben eingetroffen war ich wie aus dem Wasser gezogen. Es war 11 ½ pm. Sonntag 15/8: Wir arbeiten in der Stellung, es kam aber Artill.Feuer, und wir brachten uns daher schwer bis zum Unterstand. Nachm. gingen Mönnich und ich bei strömenden Regen nach „Waldesruh“, um Nägel, Draht usw. zu holen. Nur Draht bekamen wir. Beinahe oben angekommen, hörte ich schon, dass eine Depesche für mich dabei und befürchtete gleich, dass sie mir schlimmste Nachrichten von Walter bringen würde, was dann auch stimmte. Adda meldete, dass er sanft entschlafen, der gute Junge. Friede seiner Asche! Der Feldwebel hatte schon alles wegen Urlaub in Ordnung gebracht und ich erhielt 5 Tage + Nächte und machte mich gleich nach Erhalt des Urlaubscheines, was längere Zeit dauerte, auf den Weg nach Urcel. Mönnich begleitete mich netter Weise bis zum Tunnel durch den sehr nassen Graben der 3. Stellung. Die Wege weiter waren auch sehr nass und der Himmel stockfinster. Gegen 110 abends traf ich mit nassen Füssen und dreckigen verregneten Kleidern hungrig in Urcel an [sic!] u. schlief auf dem Boden bei der grossen Bagage, stand um 80 auf, bekam Kaffee u. Frühstück und meine Fahrscheine. Bei schönstem Wetter entlauste ich mich notdürftig auf einer Wiese und zog reines Unterhemd + Unterhose an, die dreckigen Sachen liegen lassen. Dann ging ich zum Bahnhof Urcel u. fuhr 10.28 am nach Chauny und von dort 12.45 pm weiter nach Herbesthal Höhe. Ankunft 10.30 abends + weiter von Köln 11.33 nach Hamburg, wo ich am 16.8. morgens 6.50 ankommen soll.

17.8. Rechtzeitig angekommen, ging ich nach Hause und fand alles wohl. Um 10 am fuhr ich in Rademachers neuem Anzug nach dem Barmbecker Krankenhaus u. sah Walter noch aufgebahrt. Er sah sich ähnlich, aber sehr leidend. Um 40 pm war die Beerdigung von Kapelle 5 aus. Herr Pastor Poppe hielt eine sehr schöne Ansprache. Viele Verwandte, Herr Paul Robinor, viele Damen und Herren vom Kontor und Freunde waren erschienen. Dann ging der Zug mit Militärmusik und Begleitung mit einem Feldwebel + 20 Mann zur Ruhestätte, wo der Herr Pastor noch ein paar Worte sprach, und die 20 Mann drei Ehrensalven abgaben. Dann allgemeines Händedrücken und die schöne, mir unvergessliche Feier war zu Ende. Den anderen Abend war alles bei uns versammelt. Dem Alten drückten wir in Ohlsdorf die Hand. Anni und ich verlebten den Tag sehr nett, wenn uns zu Allem auch wenig Zeit blieb. Ich ging am 18.8. ins Kontor und zur Börse und sah viele Bekannte, die mir alle kondolierten. Am 19.8. war ich nochmals zur Börse, bei Mönnichs Eltern + kurze Zeit mit Adda zusammen. Abends 11.14 fuhr ich über Köln zurück. Frau Schmidt + Frau Wolf gaben mir noch Pakete mit. Der Abschied am Bahnhof von Anni war kurz, da dort ein riesiges Massengewimmel war, fiel mir aber sehr schwer, besonders auch zu Haus von den Kindern.

20.5. 7 pm kam ich wieder in Urcel an, telefonierte mit dem Feldwebel, schlief bei der grossen Bagage sehr schön und machte mich am andren Morgen auf nach Soupir II. Erst hatte ich Glück ein Lastauto bis zum Tunnel zu finden und den Rest des Weges legte ich zu Fuss zurück. Es war inzwischen nichts Neues passiert, ausser dass einige Minen in die Nähe der Schreibstube gekommen waren, Schaden aber nicht anrichteten. Ich arbeitete dann noch mit Mönnich die letzten Tage etwas und am 24.8. rückten wir ab für 10 Tage auf die Kähne am Kanal. Da war es ja ruhig, d.h. es wurde exerziert, und es gab viele Kommandos, zu den Pionieren, M-Abteilung, Schützen u.s.w. Andere bereiteten die Buden für das Batls-Fest vor, und wir übten uns im Fussball, wodurch wir schönen „Druck“ hatten und keinen Dienst mitmachten; so habe ich nichts schlafen können, nicht geschanzt und nur am letzten Tag Wache geschoben. 31.8. Unser Fest verlief sehr schön. Nachdem wir in der Vorrunde gegen die 3. Komp. 3:1 gewonnen hatten, verloren  wir das Entscheidungsspiel mit demselben Resultat gegen die 2te Komp., die auch den Hochsprungpreis machte (Schröder, von uns aus Bremen). Stafettenlauf u. Handgranatenwerfen gewannen wir und das Tauziehen die 1. Komp., 100 m Lauf die 2. Komp., dann kam der Vergnügungsteil. Es gab eine Athletenbude, Haut den Lukas, Waffelbude, Grey‘s Arbeitszimmer, Schnellfotograph u.s.w. Dann noch das Indianerdorf, das Leute von der 4. Kp. machten. Sie hatten sich furchtbar bemalt und angezogen und sahen wie richtige Indianer aus; sie fingen die Offiziere und banden sie an den Marterpfahl, wo sie nur gegen Lösegeld losgelassen wurden. Der General gab M 5,-, Lt. Mittler auch, andere Offiziere M 2/3, und so kam der hohe Betrag von M 71.30 zusammen. Freibier gab es auch und Regimentsmusik, und war es dann ganz gemütlich. Beim Glücksrad gewann ich auf meine Nummer einen schönen Cigarren-Schneider. Am 2.9. übten wir nochmals Handgranatenwerfen u. mittags musste ich mit den anderen Spielern auf Wache ziehen. Die 8te Komp. sollte uns morgens 60 ablösen, tat es aber erst um 11.30 am (3.9.), sodass ich ausser 2×2 Std. von morgens 40 bis 11.30 = 7 ½ Stunden hintereinander stehen musste, wobei man schliesslich ganz flau wurde. Nach der Ablösung assen wir und gingen zum Steinhang, wo wir nun wieder 20 Tage in Ruhe sein sollen. 4.9. Hier wurde ich vom Feldwebel dem Flechtkommando zugeteilt, und wir müssen morgens von 8-12 und nachm. von 2-6 arbeiten, und zwar tüchtig unter Feldw. Lt. Traut. Das Wetter ist regnerisch und die Gräben sind scheusslich dreckig. Am 6. u. 7.9. war es wunderbar warm und wir haben tüchtig geschuftet. Ich hörte, dass Paul Schürer seiner schweren Verwundung erlegen ist und sprach meine Teilnahme aus. Bis zum 22.9. haben wir weiter in der 2. Stellung gearbeitet, sind in den letzten Tagen häufig durch franz. Art.-Feuer, das ziemlich genau auf unseren Graben gerichtet war, gestört worden, und mussten machen, dass wir wegkamen. Nachts war heller Mondschein, und es war unmöglich auf der Deckung zu arbeiten, da dann gleich franz. M.G.Feuer kam. Die letzte Zeit haben wir es uns bequem gemacht und nicht mehr so viel gearbeitet.

Wir werden hier abgelöst und kommen mehr nach Soissons hin, wo die Stellung auch nicht unruhiger sein soll. Am 20.9. erhielt Willy Sch. Nachricht, dass sein Vater gestorben sei, er fuhr am 21.9. auf Urlaub u. nahm meine wasserdichte Weste mit u. wird Anni sprechen. – Beim Arbeiten auf der Deckung erhielt eines morgens noch ein Kamerad einen Schuss in den Ellenbogen und das Knie; er kam ins Lazarett. Das Unglück war kurz nachdem wir den neuen Hauptm. Rübmann als Komp.-Führer erhielten, der ein sehr netter Mensch zu sein scheint. Ich hatte hier am Steilhang die ganze Zeit über tüchtig Pakete und daher immer gut zu leben. Am 24.9. (Mamas Geburtstag) wurden wir am Steilhang durch Jäger abgelöst. Wir marschierten bis zum Festplatz am Kanal, wo gelagert u. gegessen wurde. Von da ging es abends 8 Uhr weiter durch verschiedene Dörfer usw. Nach beschwerlichem Marsch und zuletzt noch bei strömendem Regen langten wir durchnass gegen 40 morgens in Chavigny an und in die anderen Dörfer resp. Stellungen die 1-3 Komp. Wir quartierten dort in grossen Höhlen aus Stein, darin notdürftige Holzbettstellen aufgebaut waren mit Strohmatten. Ich hatte mir ziemliche Blasen an den Füssen gelaufen. Andern Tags regnete es noch; wir mussten Strassen kehren, und wir wurden noch warm dabei; dann wurde Probe-alarmiert was ziemlich klappte. Am 26.9. mittags hiess es dann, dass wir wegmüssten und um 20 ging der Marsch wieder los. Nach einer Stunde kamen wir nach dem Dorfe Juvigny und von dort ging es dann 6 pm weiter nach dem Bahnhof Landricourt, von dem wir in der Nacht verladen wurden und um 2 am über Laon in St. Erme ausstiegen, und mit den übrigen Komp. u. anderen Infanterie-Komp. in 4 Stunden Marsch nach Prouvais kamen. Wir hatten von Mittags 20 bis nachts 60 nichts zu essen bekommen und nur von Chavigny viele Äpfel mitgenommen, die unterwegs eine schöne Erfrischung waren. In Juvigny hatten wir uns noch selbst Kaffee gekocht und etwas mitgenommen, sonst hatten wir garnichts gehabt. Hier in Prouvais liegen wir in einer Scheune auf Stroh mit einem ganzen Zug, und es ist schon recht kalt abends und nachts. Am 28.9. war gleich ein Probealarm, der klappte, da wir wieder Kaffee bekommen hatten. Wir sind hier in Armee-Reserve (7. Armee, 12. Armee-Korps – sächsisch – unter Generaloberst von Heeringen) und jedenfalls so plötzlich hierher versetzt worden, da man hier einen Angriff der Franzosen erwartete, der aber bis jetzt nicht erfolgte. Wir exerzieren hier morgens 2 Std., sehr genau unter Hptm. Rübmann, Griffe, Kloppen und Ehrenbezeugungen; bei ersteren fielen die Hbger [Hamburger] leider ab. Ich bekam für Kopfdrehen beim Stillstehen 2 Wachen hintereinander. Nachm. wird auch noch Unterricht abgehalten und manchmal Turnspiele; das Schlimmste ist aber das Schanzen nachts. – Am 1/10., 5/10. u. 10/10. gingen wir gegen 70 abends weg, marschierten fast 3 Stunden bis zur 3. Stellung und mussten dort zweimal den Graben vertiefen und einmal eine Verlängerung nach vorne machen. Am 5.10. wurde Musk. Rettig gleich zu Anfang durch Gewehrschuss zwischen Daumen und Zeigefinger verletzt, aber es soll nicht schlimm sein. Ich liess dieser Nacht meine Zeltbahn liegen, wofür Mönnich mir 2 Tage später eine neue besorgte, die aber – ohne daß ich es sah – keine Knöpfe hatte, sodass ich damit beim Appell schwer auffiel. Im Dorf Guvingcourt erhielten wir die beiden ersten Male Schanzzeug, während wir am 10.10. solches von hier mitschleppen mussten. Wir schanzten bis 2 am das 1. Mal, die beiden anderen Male bis gegen 30 am und kamen erst um 5 bzw. 6 zurück, sehr müde natürlich, und tranken gleich Kaffee. Ausserdem mussten einige Male abends 50 Mann schanzen, bei denen ich aber G.S.D. nicht war, da ich mir Blasen an den Füssen gelaufen hatte, wie ich angab, und zurückbleiben durfte. Sonntag, den 10.10. hatten wir Gottesdienst u. Abendmahl; der Feldgeistliche predigte sehr schön. An diesem Tag haben wir zum ersten Mal, ausser Gewehrreinigen, keinen Dienst, mussten ja aber abends zum Schanzen. 11.10. mussten wir nach 3 Std. Schlaf schon wieder auf und baden, was nach so langer Zeit sehr nötig war. Es geschah zu je 4 Mann in einem Kübel mit warmem Wasser worin sich alle abwuschen und dann gab‘s noch eine kleine Dusche. Am 12.10. marschierten wir zum Fesselballon und besichtigten ihn sowie seinen Aufstieg, womit der Vormittagsdienst hinging. Heute am 13.10. gab‘s nachmittags eine kleine Gefechtsübung und dann Vortrag des Luftschiffer-Hauptmanns über den Fesselballon, Einrichtung und Verwendung. Die erste Woche hatten wir hier keine Post, aber dann funktionierte diese wieder, und ich erhielt reichlich. In den Orten hier gibts noch viel Zivilvolk, aber meistens recht dreckige Leute wie überhaupt die ganzen Dörfer einen recht mässigen Eindruck machen, was Sauberkeit angelangt. Artil-Feuer hört man hier jeden Tag und viele Flieger gibts hier auch, aber das Dorf Prouvais blieb noch von allem verschont. Hier liegen sehr viele Truppen + auch in den umliegenden Dörfern (alle Gattungen). Wetter ist nachts schon empfindlich kalt, aber tagsüber geht es noch. Von Sietas erhielt ich einen blauen Damentuchstoff, der tadellos ist und den ich zum Zudecken benutze, da ich ja keine Decke besitze. Hier gibt es schöne Kantinen, wo man alles kaufen kann und auch Bier in Gläsern bekommt. Nachmittags (13.10.) stiegen mit dem Fesselballon auf der Oberstlt. Hpt. Hüttmann und der Adjutant. Abends mussten wir schanzen + zwar gingen wir nach Guignicourt, eine Stunde entfernt + schanzten gleich hinter dem Dorf. Schluss 20 am, das war nicht schlimm. Am 14.10. früh war kein Dienst, nachm. 2 Std. Exerzieren unter dem neuen Kp.-Führer, Lt. Dreissing, da Hptm. Rübmann krank ist. Abends gingen wir in die Pionier-Kantine, wo es billiges + sehr gutes Bier gab. Wir verlebten dort einen sehr gemütlichen Abend + tranken allerlei Bier, Glas 15 Pf., sodass wir fidel nach Hause kamen.

Früh am 15.10. 80 marschierten wir von Prouvais ab nach Bahnhof St. Erme (11 km), von da per Bahn nach Landricourt + gingen dann in 1 ½ Std. nach Juvigny, das ist das Dorf, wo wir damals beim Alarm 1 Stunde Aufenthalt hatten. Hier liegen wir in leeren Häusern ziemlich schlecht und sollen einige Tage hier bleiben. Es gab kein Brot, und wir lebten bis zum 16.10. nachm. von Äpfeln und Birnen, die es hier reichlich gibt. Dienst 16.10. Gewehrreinigen und Turnspiele; die folgenden Tage wurde exerziert, Unterricht u. Turnspiele abgehalten. Hier bekam ich viel Post auf einmal, sodass ich jetzt gut zu leben habe. Am 19.10. gingen wir nach Bagneux zur Entlausung, ein Dorf ca. ¾ Std. von hier, das dauerte den ganzen Nachmittag. Der 1. u. 3. Zug kamen vor dem 2., sodass wir beinahe 4 Stunden zu warten hatten. Wir schoben Kegel, um uns etwas warm zu halten. Zwecks Entlausung wurden alle Kleider und reine Wäsche abgegeben und kamen in heissen Dampf. Wir nahmen inzwischen ein kleines Brausebad und gaben, dabei extra Hemd + Unterzeug ab, das wir anhatten, die dann auch entlaust wurden. Nachher war grosse Sucherei, um die letzten Sachen wieder herauszufinden. 20.10: Heute früh war Gefechtsübung + Patrouille, die ich aber nicht mitmachte, da ich mich beim Regt.-Stab als Schreiber melden soll. Dort wurde mir das Tagebuch des Regts. 25 vom 17.4. ab bis September zum Abschreiben vom Regts Adjutanten, Lt. Tigör, übergeben, was wohl 8 Tage dauern wird. Ich sitze bei den Telefonisten neben dem Regts.-Geschäftszimmer, wo schön eingeheizt ist. Am 22.10. früh 40 rückte meine 4. Komp. in Reserve-Stellung, und ich blieb hier, um meine Arbeit erst zu vollenden. Ich schlafe jetzt im Hause des Regts. Stabes bei den Burschen und habe eine Holzbettstelle mit Strohsack bekommen, dazu eine wollene Decke geliehen vom Unteroffz. Ich wurde hier auch mit verpflegt, und das Essen ist tadellos. 22/X. erster Tag: Gemüsesuppe + Schweinebraten mit Tunke u. Salat. Meine Komp. liegt im Hohlweg bei der Kiesgrube. 23/10. Essen noch besser: Ochsenbraten mit Apfelmus u. Kartoffeln und tadellose braune Tunke, wie zu Hause. Ich habe mich  daran gepflegt. Heute traf ich Gefr. Reinartz von 4/25., der mir sagte, dass in Reserve-Stellung wirklich tadellos sei. Wetter kalt; ich habe aber schön geschlafen. Von dem Regt. kommen 100 Mann nach D. zurück, die über 33 Jahre alt sind, grosse Familie haben, schlechte Gesundheit haben und schonungsbedürftig sind oder auch schon lange im Felde stehen. Es kommen also von jeder Komp. 8-9 Mann weg, und wir Hbg. [Hamburger] – die ja erst Ende Juni zum Regt. kamen – sind nicht dabei. Ich hatte Anni schon Hoffnung auf baldiges Wiedersehen in D. gemacht u. muss nun leider alles berichtigen. Laut A.f.C.-Blatt ist Peter Assmann gefallen. – Olli schrieb, dass sie zum 1.11. neue Stellung antritt bei Michaelsen in Ottensen. 24.-17.X. täglich dasselbe. – Fortsetzung des Abschreibens des Tagebuches. 26/X. zuerst Post erhalten hier, nachmittags Besuch von Mönnich, der hier einkaufen wollte. 27/10. kam Hintze hier durch, der aus dem Lazarett zurückkehrte. Noch weiter bis 30/X. an dem Tagebuch geschrieben, täglich dasselbe Leben; nichts Besonderes. –

 

Am 30.10.1915 habe ich die ersten Blätter an Anni gesandt. 31.10. Ich schreibe noch immer; die letzten Tage hat es unaufhörlich geregnet, und die Strassen sind unpassierbar. Am 2/11. erhielt ich durch Mönnich eine ganze Anzahl Pakete, die für mich bei der Komp. eingetroffen waren. 4/11. Anni hat Geburtstag, und ich habe soweit alles geschrieben + werde nun Lt. Krummacher fragen, ob er noch etwas hat für mich. 5-7.11. Ich habe noch einiges dem Tagebuch hinzuzufügen und bekam am __/11. von Lt. Tigör Bescheid noch nicht zur Komp. zu verschwinden. Er gab mir dann das Tagebuch von 1914, das ich jetzt abschreibe. Am 8/11 habe ich mich Mittags zur Komp. begeben. Ich ging um 2 Uhr weg, durch Tal bis vor Chavigny, dann durch den Hohlweg + herab und durch einen Graben bis nach Cuffies, wo ein Teil der 4. Komp. liegt und Paeske Schilde malte. Von dort ging es durch bis zum Dorf und dann aufwärts durch den Moltke-Graben in einen Tannenwald, dann eine grosse Treppe herab und ich war im Hohlweg in der Res.Stellung. Dort wohnen sie in schönen Unterständen, die mit Öfen geheizt sind, besser als in Soupir. Ich ging dann mit Mönnich durch einen Graben aufwärts zur Verrerie, wo ich in einem Keller in ganz gemütlicher Bude Sielas u. Schmidt am Telefon traf. Die Verrerie + Cuffies sind vollkommen zerschossen. Der Weg abends zurück war ungemütlich, da es neblig und stark dunkelte. Um 6 pm ging ich von Mönnich weg und kam gut bis Chavigny; dann verfolgte ich den Fahrweg, der ziemlich schmutzig war und viele Pfützen hatte, in die ich häufig geriet, sodass meine Stiefel bös aussahen. Durch die Bäume war der Weg noch dunkler und ich verirrte mich etwas und fiel dabei einmal in ein Loch mit Wasser, sodass ich ein nasses Knie bekam. Dann sah ich die Lichter von Juvigny und kam wieder auf den richtigen Weg und war um 7 ½ Uhr im Hause. Ich habe bös geschwitzt bei der Tour, die nicht sehr angenehm war. Bei der 4. Komp. war nur 1 Paket für mich von Pfau. An Anni schrieb ich ausführlich über m. Tour. 9/11. Es regnet stark, in letzter Nacht schlief ich unerwarteter Weise schlecht. Wir fingen eine grosse Ratte in der Falle, die die ganze Nacht stark am Holz nahte und dadurch viel Geräusch machte. Morgens haben wir sie rausgelassen und totgeschlagen. In mein Taschentuch haben die Ratten mehrere grosse Löcher genagt. 10.-14.11. habe ich weiter an dem Buch des Lts. abgeschrieben, und am 14/11. sagte er mir, ich solle Schreibmaschine üben (Adler), die ich gleich ganz leidlich kennen lernte. Am 11/11. kam die 4. Komp. wieder nach hier für 10 Tage in Ruhe, und ich sah alle Kameraden wieder. 15/11. In der letzten Nacht hat es zum ersten Mal gefroren, und es schneit heute Morgen, während es die letzten Tage immer stürmte und stark regnete. 20.11. Das Wetter bleibt nach wie vor kalt und ich schreibe noch Maschine. Am 19.11. erhielt ich von der 4. Kp. eine Wolldecke, Unterhose, Handschuhe, Pulswärmer + Kopfschützer; kein Hemd!, was noch kommen soll. Am 21/11. morgens rückte das I. Batl. wieder in Stellung und die 4 Komp. diesmal nach vorne. Die Artillerie der Franzosen ist letzthin tätiger besonders abends bis zum 22.11. – Bis 26/11. nichts Neues. Mönnich sprach vor; er geht nach Chauny wegen seiner Zähne. 27/11. nichts Neues. Sonntag 28/11. Art.-Tätigkeit bei den Franzosen sehr stark. Konzert und Fest beim Regts.-Stab. Frost, aber am 29.11. wieder den ganzen Tag Regen. – Wir essen immer noch tadellos, viel Fleisch und Kartoffeln. Bis 3/11 [sic!] nichts Besonderes. 4/12. Die letzten Tage war das Wetter wärmer, aber immer Regen. Ich habe noch weiter zu tun. Die Schiesserei der Franzosen hält an, besonders abends hört man es (bumbum), keine Verluste. 4.-9.12: Wetter stürmisch und regnerisch. Bei einer Patrouille über die Aisne, wobei ein Franzose gefangen wurde, kippte bei der Rückkehr über den Fluss der Kahn um; der Franzose + Feldw. Lt. Traut wurden vermisst, vermutlich sind beider ertrunken. Lt. i. R. Baurmann, 1 Uffz. und 1 Gefr. kehrten zurück, bezw. konnten sich retten u. letztere beiden werden wohl das E.K. II. erhalten. Die Franzosen hatten vor einigen Tagen 1 Untoffz. des 160. gefangen genommen und riefen nun herüber, ob dies die Rache dafür sei. Unser M.G. Feuer soll neulich, wie sie riefen, noch 4 Mann schwer + eine Anzahl leicht verwundet haben. Das Los von Feldwlt. Traut ist traurig, denn er ist Vater von 4 Kindern; persönlich war er für mich kein sympatischer Mensch. Am 11.12. kam die 4. Kp. wieder nach hier in Ruhe. Ich erhielt 2 Löhnungen + M 1.80 Beutegeld + vor einigen Tagen von Anni M 5.-, sodass ich jetzt fast M 20.- besitze. Ich habe mich kürzlich photografieren lassen + sandte davon Karten an alle Bekannten. 12.12. wieder fest beim Regts.-Stab, I. Batl. eingeladen. Schönes Militärkonzert. Tags zuvor musste ich spülen + hatte eine Aufwäsche für 20 Mann. Grosse Sauerei und sehr unsympatische Arbeit. Von Ebell hörte ich, dass er in Serbien ist. 14.12. Lichtbildervortrag in der Höhle (vorm Bad), sonst nichts von Bedeutung passiert bis 16/12. Am 17.12. traf von Aachen ein Transport von 30 Kisten mit Weihnachtsgaben + viele Fässer Bier ein, die auf die 3 Batl. verteilt werden. Bis 19/12. nichts Besonderes! Am 19.12. schoss m. Artillerie mächtig, und es sollten die verlorenen Posten bei Vailly wieder genommen werden, was geglückt sein soll. Abends war Weihnachtsfeier der 4. u. 1. Kp., die wunderbar verlief. Ich war bei der 4.Kp., die in der grossen Höhle feierte, – wo damals der Lichtbildervortrag war. Vom 20.-24.12. nichts Besonderes. Am 21. früh ging das 1. Batl. in Stellung. Am 24.12. abends feiern wir Weihnachten beim Regts.Stab und werden grossartig beschenkt. Genauer Bericht siehe meinen Brief an Anni. Mit den Meldern feierten wir dann noch bei Gesang, Vorträgen und Musik bis gegen 40 morgens. Die Offiziere feierten auch verschiedentlich. – (Am 20.12. fährt Mönn. auf Urlaub (8 Tage) und besucht Anni). Vom 25.-31.12. nichts Besonderes. Altjahrs-Abend feierten wir wieder mit den Meldern und bei Musik, Gesang + Vorträgen wurde es wieder 2 Uhr. – Um 12 allgemeines Prosit-Neujahr und Punschtrinken. Es wurde um 120 überall geschossen mit Gewehr + Revolver. Von Anker traf noch ein grossartiges Weihn. Paket mit 16 verschiedenen nützlichen Teilen ein. Der Feind verhält sich sowohl Weihnachten als auch Neujahr sehr ruhig und es passiert auch bis zum 6.1. nichts Besonderes. Am 6/1. erhält das Regt. einen neuen Kdeur, Major Beckhaus von I.R. 161, anstelle des erkrankten Oberstlt. Hering, der in Hannover ist. Major Martens übernimmt wieder das II. Batl. Am 4.1. ging Willy Schmidt auf Urlaub und wird dann Anni besuchen; es hat 8 Tage. – 5-7.1. nichts Besonderes. Am 7/1. bekommt der Reg.-Stab Gasschutzmasken und die Probe mit denselben findet in der in Juvigny errichteten Gasbude statt. 8-9.1. nichts Neues. Am 10.1. kommt die 4. Komp. wieder nach J. in Ruhe. Laut Funkspruch aufgefangen vom Eiffelturm soll in Russland Revolution ausgebrochen sein und Stimmung für einen Sonderfrieden für uns herrschen. Gallipoli ist von feindl. Truppen gänzlich geräumt laut Kriegsnachrichten. 11.1. nichts Neues. Am 12.1. werde ich Telefonist beim Stabe und habe zum 1. Male Nachtdienst von 2.30 -5.30 am. Behr ist über Urlaub geblieben und soll abgelöst werden (siehe Brief an Anni v. 13.1.). – Diesem geht nach Chavigny zurück und ich komme an seine Stelle hier beim Regt.Stab. Nach 3 Tagen muss Diesem auf Befehl des Lts. Tigör wieder nach J. zurück, und ich nehme meine frühere Tätigkeit wieder auf, mache also keinen Nachtdienst mit, helfe dafür abends im Geschäftszimmer. W. Schmidt vom Urlaub zurück, bestellt herzliche Grüße von Frau u. Kindern, die gesund und munter sind. Am Sonntag, 16/1. liess General v. Minckwitz uns Hamburger antreten und brachte uns Grüße von Hamburger Zivilisten und gab jedem 1 Paket  mit Kuchen, Cigarren etc., aus Hamburg gekommen. Vorher hatte der General alle in J. anwesenden Truppen versammelt und eine kurze Ansprache gehalten, mit einem Hoch auf den Kaiser schliessend. (Foto). Am 17.1. war die Artillerietätigkeit des Feindes stärker, und es kamen auch 8 grössere Granaten nach J. (am 16/1) und schlagen im Grund hinter den Brigade ein. Im Schloss der Brigade sprangen 15 Scheiben entzwei. Wir stellten uns eine Zeit lang hinten in den Raum, wo die Räder stehen, der mit einer dicken Erdschicht bedeckt ist und so etwas Deckung bietet. Unsere Artillerie erwiderte stärker, Verluste sind bei uns nicht zu verzeichnen. Am 18. u. 19.1. nichts Neues. Am 20.1. hielt der Major eine Rede im Garten zum Unterstab, die ich an Anni schrieb. Er sagte, dass er von jedem verlange, dass er seine Pflicht bis zum Äussersten tue, denn es seinen die Auserwählten des Regts, die zum Stabe kommandiert sind, denen es eine Ehre sein müsste, die sie zu schätzen wissen müssen; er sei ein gerechter Vorgesetzter, aber wenn etwas vorkomme, so schlage er sich nicht mit den Leuten herum, sondern – einerlei ob es sich um einen Feldwebel, Unteroffz. oder Musketier handle – der Mann fliege, denn er sei der Ehre zum Unterstabe zu gehören nicht würdig. Meistens sei aber wohl ein kleiner Verweis genügend, sonst aber raus. – Das I. Batl. liegt in der Morgenstunde wieder in Stellung.

Am 23.1. schönes Militär-Konzert u. nachm Lichtbildervortrag, der sehr interessant war, da von Pater Brinkmann die Bilder der verschiedenen Meldungen des I.R. 25 gezeigt wurden; Hartmannsweilerkopf, Arras, Souplir, Steilhang etc. Abends kam dann noch telefonisch Bescheid von einer Veränderung in der Stellung, der Regter der diversen Divisionen. Wir sollen aber hier bleiben. Am 26.1. Kaisergeburtstagsfeier der 7. u. 8. Komp. im Lützow Theater; abends kommt Fernspruch, dass keiner mehr beurlaubt werden darf. Am Kaisers Geb. schiessen die Franzosen u.a. auch 8 Schuss nach hier, wovon einer dicht bei dem Schloss, in dem die Brigade liegt, niedergeht und eine Mauer umwirft. Darauf zieht die Brigade am 28.1. aus. Die Schüsse gingen über uns weg, und wir hatten schon unseren Unterschlupf aufgesucht. Preuss erhält E.K. II am KaisersGeb. Am 28/1. abends Fest beim Regts.Stab. Wir wollen vielleicht ins Brigade-Schloss ziehen, was aber doch aus Vernunftsgründen verkehrt wäre. 29.-31.1. nichts Neues. Wir ziehen jedenfalls nicht ins Schloss, sondern bleiben wo wir sind. Täglich turnen wir jetzt am Reck + Barren und üben Springen. Am 30.1. haben wir den Hof hier gesäubert und mit gelben Sand bestreut, sodass er jetzt sehr nett aussieht. Wir sind angefangen,den Unterstand auszubauen, auch die nächsten Tage noch, sodass er am 5.2. so ziemlich fertig geworden ist. Am Sonntag, den 6.2. Kirchgang und Konzert. Heute soll das Wirkungsschiessen bei der 16. Inf. Div. sein, aber es scheint verschoben zu sein, denn auch am 7.2. war nichts davon zu hören. Wir hörten, das rechts bei der 16. Inf. Div. einige Leute zum Feind übergelaufen sein sollen, was wirklich gemein ist. Am 7/2. holte ich mir aus dem Brigade-Schloss eine eiserne Bettstelle mit Sprungfedermatratze und schlafe jetzt wunderbar weich. Am 8/2. sind 3 Mann von der 12/25 verwundet, worunter 1 schwer durch Granatsplitter, beim Schanzen im neuen Graben. Am 8. u. 9.2. kommt sehr viel Art.-Munition durch den Ort, es scheint, dass es morgen etwas gibt. Am 10. u. 11.2. geht es auch noch weiter, und die Übungs-Komp. macht an beiden Tagen Märsche nach rückwärts, und es wird so allerlei zum Schein gemacht. Am 12.2. geht der Regt.Stab in Stellung und nun scheint hier wirklich was vorgeben zu sollen. Am 13.2. 615 pm gehen 3 Patrouillen von der Verrerie vor, kommen bis in den feindlichen Graben, zerstören Unterstände und kehren mit 3 Gefangenen zurück, die wertvolle Aussagen machen. – Abends gingen nochmals 3 Offz. Ptr. vor, konnten aber nichts erreichen als einen Toten zu holen. Die franz. Artillerie erwidert unser besonders am 12/2. heftiges Wirkungsfeuer sehr stark mit Granaten, und Minen, und, die Verrerie wurde vollkommen zerstört u. auch die Gräben feindwärts schwer beschädigt. Verluste bei der Patr. 1 Pionier Lt. tot (?) lt. Aussage 1 Pioniers schwer verwundet im franz. Graben in seine Arme gefallen, sodass er annahm, dass er tot ist. (Franzosen melden 1 Offz. gefangen), 1 Pionier tot, 3 Pion. leicht verwundet, 4 Infant. tot, 2 Inf. Offz. leicht verwundet, 4 Infant. schwer verwundet, 6 leicht verwundet; 1 vermisst, wahrscheinlichverwundet in französ. Gefangenschaft geraten. Auch die folgenden Tage erhält – besonders die Verrerie – nochschweres Granat- u. Minenfeuer. Am 14.2. ein Mann tot, 1 schwer verwundet; am 15/2. 2 schwer verwundet, 1 leicht verwundet. Wetter sehr stürmisch. Am 16.2. morgens kommt das 1. Batl. in Ruhe. Ich habe Mönnich, Willy Schmidt, Sielas usw. besucht und alle wohl angetroffen. Vom 17.-22.2. nichts Besonderes. Am 23/2. feierten die 1.+4, Kp. Kaisers-Gebtg. Ich war bei der 4. Komp., wo es sehr nett, eine schöne Rede von Lt. Dreisung, dazu Gesang und humoristische Vorträge schliesslich hat man die Lts. und Feldw. alle hochleben lassen, hoch gehoben u. geschmissen. Am 24/2. Frost, sehr kalt; abends Konzert im Schloss, wo die Brigade wohnte; war sehr schön; 2 Violinen u. 1 Klavier Künstler. Am 25.2. Wetter schön, sehr viel Schnee+ alles nass. Am 24.2. noch gebadet u. gewaschen. – Der Erfolg vom 23/2. bei Verdun[,] wo in 10 km Breite und 3 km Tiefe vorgedrungen wurde und 3000 Gefangene gemacht worden sind, ist hoffentlich der Anfang vom Ende. An den nächsten Tagen wird der Erfolg ausgedehnt und gemeldet, dass über 15000 Gefangene unverwundet gemacht worden sind. Am 27.2. hat Annimaus Geburtstag; hier nichts Besonderen. Am 28.2. nachm. beginnen die Franzosen tüchtig zu schiessen und die ganze Nacht durch eine furchtbare Knallerei, die von uns erwidert wird. Im ganzen etwa 7/800 Granaten auf unseren Abschnitt und ebensoviel auf Abschnitt Schütz und auch auf Abschnitt Müller. Der Frost der letzten Tage ist alle und der Schnee wieder zu Wasser geworden. Vom 29.2. bis 2/3. einschliesslich schiessen die Franzosen häufiger mit Artill., ohne uns Verluste beizubringen, ausser einigen Verwundeten bei den 3 Regimentern. Am 3.3. ist wieder alles ruhig. – Diesem + Ruers ziehen nach der Centrale,u. Levy u. ich bleiben hier. Ich schlafe mit ihm zusammen im Telefon- + Arbeitszimmer, das wir ganz gemütlich gemacht haben. Wir haben jetzt nur einen Stations-Apparat, Am 4.3. nichts Neues. Am 5.3. bei Schütz grossere Schiesserei des Feindes, aber keine Verluste. 6/3. nichts Neues. Am 7/3. wurde unser Kino eröffnet, sehr nettes Programm. Ich war gleich hingegangen. Am 8. u. 9.3. nichts Neues. In der Nacht zum 10.3. starker Schneefall. Am 11. u. 12.3. sehr schönes u. sonniges Wetter; Gottesdienst; Begräbnis eines M.G.K.-Mannes, der durch Granatfeuer getötet wurde. Dann Militärkonzert. (Deutschland‘s Kriegserklärung an Portugal am 10.3.) Am 12.3. erhielt ich von SRS Mitteilung von der schönen Vergütung von M 1000. – 13-18.3. Wetter wärmer + die Sonne scheint seit einigen Tagen sehr warm. Am 19.3. schöner Spaziergang in den Wald gemacht und Blumen gepflückt. Major Beckhaus erhält EK I. Schönes Militärkonzert und Kino mit Musik. Am 18.3. kam das 1. Batl. wieder in Ruhe. Es geht allen meinen Kameraden gut. Am 20./21.3. wieder etwas kälter. Am 21. Batls. Uebung des I. Btl. Am 22.3. Kino „Alt Heidelberg“. Levy erhält E.K. II. Vom 23.-28.3. nichts Besonderes. Am 28.3. zum Zahnarzt nach Bagneux, der sehr nett war. Wetter ist besonders schön geworden und wärmer. 29.3-3.4. nichts Besonderes bei uns. Volltreffer in die Küche bei Glashaus, 2 tot, 4 verwundet. Wetter ist wieder schlechter und kälter geworden. Ich bin bis jetzt bei jedem neuen Kinoprogramm gewesen. Es geht jetzt Musik, die gegen Ende März ganz nach Juv. zogen. (24.3.) Ich bekam eine grosse neue Arbeit, das Kriegstagebuch von Nov. 14 bis März 15 noch den Batl. zus. zu stellen und zu schreiben. 5-6.4. nichts Neues. Ich war wieder in Bagneux beim Zahnarzt und muss jetzt auch noch das Tagebuch für das 1. Vierteljahr 16 abschreiben. 6-7.4. nichts Besonderes. Wetter schlechter. Am 8/4.geht das I. Batl. in Stellung. Ich arbeite fleissig an den Tagebüchern und habe sie endlich am 13/4.fertig, sodass sie nach Berlin weggesandt werden. Wetter ist bis 15/4. immer noch kalt. Es ist nur vom 11.4. zu sagen, dass Kardinal Hartmann in Concy und auch in Juvigny bei den Truppen war und feierlich empfangen wurde. Kino ist eine schöne Abwechslung. Am 15.4. zum Zahnarzt, der den Zahn plombierte und soweit bin ich fertig bei ihm. Am 16.4. Sonntag wieder besseres Wetter. Nachts kommen 7 Schuss mittl. Kalibers nach Juv. (Metzger H. Sch. heiratet am 19.4.) Wetter miserabel, Regen + Sturm. Levy ging am 18. u. 19.4. nach Chauny zum jüdischen Osterfest. 21/4. Untffz. Schneider aus Urlaub zurück. Wetter sehr regnerisch u. stürmisch. 22/4. nichts Neues. 23/4. Ostern. Wetter besser, Sonnenschein. 24.-27.4. nichts Neues. Wetter schön und wärmer. 27/4. kommt I/25 aus Stellung. Mönnich, Schmidt + Sielas gesprochen. In den letzten Tagen grössere Abschriften für Oberleutnant gemacht. 28.-30.4. nichts Besonderes. 1.5. Oberlt. um Urlaub gesprochen, darf fahren, wenn er zurück ist, also ca. 17/5. was ich an Anni schrieb. Am 1/5. Uhr eine Stunde vorgestellt. Vom 1.-4.5. täglich herrliches Wetter, ohne besondere Ereignisse, bis am 3.5. der Feind eine grosse Knallerei mit Minen und Granaten anfing, die unsere Stellung am linken Abschnitt schwer beschädigte, ohne aber Verluste zu verursachen, ausser 2 leicht Verwundete,. Etwa um 120 wird es wieder ruhiger. Am 4. u. 5.5. ruhiger. Am 5/5. morgens fährt Oblt. Tigör in dienstlichen Urlaub u. Lt. Siecg. vertritt ihn. Vom 6.-10.5. nichts Neues. Am 7/5. abends geht I. Batl. in Stellung. Am 8/5. mein Gebtg! Viele schöne Pakete und von Anni eine Uhr und schönen Lampenschirm erhalten, ausserdem viele Glückwünsche. Am 9.5. abends fährt Major Beckhaus in Urlaub für 3 Wochen, wird von Major Mertens vertreten. Vom 7.-10.5. tadelloses Kinoprogramm sehr lustig u. frei. Vom 11.-13.5. wieder sehr regnerisch und kälter. Geringes Artillerie- und Minen-Feuer. Sonntag, 14.5. Oberlt. Tigör aus Urlaub zurück; während seiner Abwesenheit wenig zu tun gehabt. 15.5. Es regnet immer noch stark. Mehrere Ratten gefangen + getötet. Am 16.-18.5. nichts Neues. Wetter ist wieder sehr schön geworden. Wenig zu tun. Ich fahre am 18/5. abends von Laon in Urlaub, Feldwebel Zahl auch. –

 

Vom 18. bis 28.5. war ich in Urlaub in Hbg. [Hamburg], was sehr schön war. In dieser Zeit ist im Abschnitt unseres Regts. nichts von Belang passiert. Das Quellbad ist eröffnet, ist sehr schön aber kalt, da Quellwasser. Vom 29.5.-4.6. ebenfalls nichts Neues an uns. Front; an einigen Tagen überhaupt kein Artil. Feuer. Am 2/6. ist Berg in Urlaub gefahren u. diesem als seine Vertretung zu mir gekommen. Bis 10.6. nichts Neues; wieder Regen u. kalt. Pfingsten, 11 u. 12.6. und folgende Tage bis 14.6. mal immer noch schlechtes Wetter; viel Regen + recht kalt. (Am 10/6. kamen Kruse u. Meyer als Feldwebel wieder ins Feld.) Vom 15.6. bessert sich das Wetter u. am 16.6. trat eine kleine Veränderung ein. Wir bekommen rechts etwas hinzu, geben dagegen links die Verrerie ab. Regt. 75 kommt links von Regt. 160. (R.I.R. 65 ist herausgezogen, dafür sind die Aktiven 65). 16.6. Levy zurück aus Urlaub; 17.6. Diesem in Urlaub; 18.6. grosses Fest beim Stabe, 3 Generale. Wetter schön. Dann bis 25.6. gutes, sonniges Wetter, fleissig Sonnen- und Quellbad genommen. 26. u. 27.6. wieder Regen. Ab 25/6. essen wir wieder in der Feldküche, die ganz gut kocht. Am ca. 24/6. wird eine französ. Patrouille bereits frühzeitig entdeckt und bei der Beschiessung ein Franzose – anscheinend Offizier – getötet – und eingebracht, ausserdem eine Reihe Gewehre mit Bajonett (3 u. 1 Karabiner), Handgranaten, Dratscheren usw. im Kahn gefunden der dann abgetrieben ist. Am 28.6. Wetter wieder etwas besser. Miede und Sielas zurück. Die Franzosen schiessen in den letzten Tagen andauernd nach Chavigny Bahnhof u. Bahngleis, ohne Verluste zu verursachen. Seit dem 29/30.6.-1/2.7. ist besonders rechts von uns sehr starkes Artill.-Feuer; speziell bei uns jetzt nichts los. Wetter alle Tage schön und heiß.

Am 2.7. kommt die Nachricht, dass das Regt. aus dem Verband ausscheidet und durch Landwehr ersetzt wird. Wir wissen noch nicht, wo es hingeht; scheinbar nach Norden. Am 4/7. kam us. Ablösung Bayerische Landwehr 8, die abends mit 2 Batl. in Stellung ging. Sehr viel Arbeit und dabei schlechtes Wetter. Es regnet immer stark. Die Franzosen haben nach Anizy geschossen und mehrere Schwestern getroffen und auch Civil verletzt. Wir beschiessen Sinzig (3/7.). Am 1/7. waren 2 französische Patrouillen am diesseitigen Ufer der Aisne; sie wurden vertrieben. Durch M.G.Feuer wurden von der 7/25 Gefr. Molls u. Musk. Salomon verwundet + starben + in Juvigny begraben. Letzterer wurde 2 Tage nicht gefunden da das Gras dort sehr hoch ist. In der Nacht auf den 4.7. wurde er dann gefunden, durch den starken Verwesungsgeruch. Er hatte Kopf-Augen- u. Beinschuss.

Am 5.7. kamen das Bayr. L.I.Regt 8, um uns abzulösen. Wir marschierten am 6.7. früh 60 ab und kamen gegen 120 Mittags in Chauny an, wo wir Rue La Jère 80 Quartier in einer schönen Villa bezogen. Wir schliefen in der dabei liegenden Remise auf Holzwolle und sollen ca. 14 Tage hier bleiben.Am 7. u. 8.8. [sic!] regnete es tagsüber stark. Sonntag, den 9.7. schönes Wetter. Das I. Batl. liegt wieder in V. au Mont, den Ort, wo wir Hamburger vor einem Jahr zum Regt. kamen. Das III. Batl. in der Umgegend u. das II. in Chauny. Hier ist viel Civilvolk, auch ein schönes Kino. Abends wurden wir in Chauny verladen über St. Quentin nach Cartigny, von wo wir noch  ¼ Stunde Marsch Quatier im Dorf Buire bezogen, ganz nett. Brigade in Bilecourt, 10 km rückwärts. Hier hört man mächtiges Trommelfeuer, ebenfalls am 10.7. Die Engländer u. Franzosen greifen anscheinend mächtig an. Am gleichen Tag kamen I. und II./25 in Stellung, III. Batl. nach Bouvincourt, wobei auch wir u. sämtliche Bagagen zogen. Quartier daselbst miserabel, mussten Betten u. Tische zimmern u. alles sauber machen. Der Stab u. die Telefonisten gingen sämtlich in Stellung. auf Bon Sejour Ferme, 2 Stunden Marsch von hier über St. Cren u. Le Mesnil bis zur Kriegsbrücke, die 550 m lang ist, über die Somme und die Ferme im Walde liegt. Das Essen für die Offiziere, Melder + Telefonisten muss jeden Abend heraufgebracht werden, was sehr gefährlich ist, da die Brücke unter starkem, feindlichen Art.-Feuer liegt. Am 15. u. 16.7. steigerte die Artillerie sich zum Trommelfeuer, und wir wollten angreifen, was die Franzosen auch vorhatten. Ich war am 15.7. gerade mit Essen unten, und wir mussten mehrfach Hinlegen üben, da die Brücke und die Station M. unter Feuer lagen. – Um 50 am zurück mussten Anton u. ich gleich wieder zum Gefechtsstand, um uns beim Lt. Krummacher um 7 Uhr zu melden, weil wir abends nicht zu um über die Brücke gekommen waren. – Um 11 am kehrten wir zurück u. waren hundemüde, haben bis nachm. geschlafen. Wir sollten nur die Post mitgenommen haben. – An diesem Tage hatte das Regiment ziemlich schwere Verluste durch Artill.-, M.G. und Infant.-Feuer; der Angriff misslang. Ich sah Nachts viele Verwundete auch schwere… Am 17.7. ruhiger, sehr regnerisches Wetter und noch keine Ablösung der Batle in Stellung, letzte Nacht III. Batl. auch dahin gerückt. Einige Komp. des I. u. II/25 kamen in Ruhestellung. Am 18. u. 19.7. wird das feindliche Feuer teilweise sehr stark, auch auf Le Mesnil und die Brücke werden stärker beschossen, sodass ich mit Essen und Mappe am 19.7. grössere Gefahr hatte, da (angeblich) auch mit Gasgranaten geschossen wurde und beinahe der ganze Regts-Stab vergiftet wurde. Die Kriegsbrücke wurde abends total zerstört, und wir mussten die Somme-Brücke, 500 m links die nicht beschossen wurde, dagegen andauernd der Regts Gefechtsstand. In Le Mesnil traf ich Willy Schmidt + Mönnich, die gut zu Wege waren, auch Sielas, aber Schlimmes durchgemacht haben. am 20.7. wurde Le Mesnil stark unter Feuer genommen und fast ganz zerstört; auch mit Gasgranaten geschossen, sodass viele Leute verwundet und durch Gas vergiftet wurden, und sogar einigen starben (Küche 8/25). Am 20.7. griffen die Franzosen wiederholt an, wurden aber jedes Mal blutig abgewiesen, teilweise im Handgemenge, was uns. III/25 erhebliche Verluste kostete. Wir machten auch eine Anzahl Gefangene, Schwarze + Franzosen. Nachts wird das regt. endlich abgelöst und der Stab kommt nach hinten. Alle sind übermüde + haben lange Bärte. Wetter seit 2 Tagen schön + warm. Am 21.7. haben sie alle Ruhe und in der Nacht zum 22.7. und morgens geht es G.s.D. von dieser schrecklichen Ecke, die uns. Regt. viel Blut gekostet hat. Es sind 5 Offz. gefallen und 100 Mann, 100 werden vermisst (wohl auch tot), 690 verwundet. – Tot auch 3 Offz., denen als Verwundete von den Schwarzen der Hals durchgeschnitten bezw. der Bauch aufgeschlitzt worden ist. Einfach grässlich.

Alles ist froh, dass wir auf diesem Hexen-Kessel rauskommen. Es geht nach Urvillers in Quartier vorläufig mit Stab, I. u. II/25, MGK und III/25 nach Benay und Hinacourt. Dort langten wir noch am 22.7. an und hatten das Geschäftszimmer in der Schule. Der Lehre war ein sehr netter Kerl, seine Frau auch sehr freundlich, auch die Lehrerin und ein kleines niedliches Enkelkind des Lehrers. Wir blieben bis zum 24.7. mittags und marschierten dann nach Bahnhof Montescourt, von wo wir über Laon (Verpflegung) nach Landricourt fuhren.Von dort Marsch nach Crecy au Mont, wo wir schlechtes Quartier bezogen. Am 25. u. 16.7. dort geblieben. Es kommt Ersatz für Regt. Abends 26.7. geht das III/25 in Stellung und am 27.7. morgens marschiert der Regts-Stab ab nach St. Léger-Ferme. Es war sehr heiß. Dort sind Holzbaracken, sehr heiß und viel Flöhe drin, die wir mit Naphtalin vertreiben, was auch geholfen hat. Am 27.7. abends geht das I/25 in Stellung. II/25 ist in Reserve seit 26/7. abends. 28.-30.7. heisses Wetter und schon allerlei zu tun. Die Ferme liegt sehr einsam u. nach vorne geht es tief ins Tal, wo ein kleines Schwimmbasin gebaut ist, und ich mich gleich mal gebadet habe, was sehr Not tat. Auf der Ferme liegen nur noch die Minenwerfer-Truppen. 31.7.-3.8. ist das Wetter sehr heiß, die Sonne brennt furchtbar und man schwitzt tüchtig. Am 4.8. kommt Wind auf, und es ist etwas kühler. Hier ist nichts passiert, aber im Graben sind leider 2 Mann (2.+5/25) durch Volltreffer getötet worden. 5.-7.8. nichts Neues, Wetter schön. 7/8. abends wird Batl. Stab III/25 und 11/25 zur Bildung einer Neuformation herausgezogen und die 4/25 rückte dafür in Stellung. Lindner, Preuss, Weber, Siegers + Tellenbach wurden Gefreite. Am 8.8. wird die 11/25 abgegeben an IV/160, und wir kommen auch wieder weg von hier. Einen Tag hatten wir Regen, dann war wieder schönes Wetter. Am 12.8. haben wir noch keine Nachricht über Abrücken. Es ist ruhig in dieser Stellung, nur Minengefahr, die aber ziemlich schwer. Am 13.8. (Walter‘s Gebtg + † Tag) verlief sehr ruhig und ich dachte viel an ihn, erhielt dann in den nächsten Tagen viele Briefe, wie schön sein Grab geschmückt an diesem Tage war. 13.-19.8. In dieser Woche regnete es häufig stark, sonst passierte nichts von Bedeutung. Am 20.8. morgens rückten wir endlich ab und kamen nach 3 ½ Std. Marsch nach Quincy-Basse, III/25 in Fresnes, II/25 in Landricourt und I/25 in Coucy la Valle [Coucy la Ville], Verneuil, Pignon-Je. u. Aumont-Je. Wir lagen hier wieder ziemlich elendig in kaputten Häusern; es sind aber noch eine Menge Zivilisten hier; Wetter bedeckt und nicht so warm. Arbeit ist genug da, aber sonst ist nichts los.

Am 23.8. früh geht es weiter. Verladung um 6 am von Landricourt nach St. Erme, von wo es in 5 km Marsch nach Sisonne [Sissonne] geht, ein ganz nettes Nest in der Etappe. Wir haben Quartier im Ort in einem Haus und schlafen auf Holzwolle auf Steinboden.

Es wird eine ganz neue Formation gebildet, und wir gehören der 185. Inf. Brigade an (keine Division). Hier ist ein Truppen-Übungsplatz, und die Mannschaften werden tüchtig rangenommen und müssen schiessen, marschieren und Gefechtsdienst üben. Man spricht davon, dass wir nach Russland kommen sollen. Es regnet einige Tage sehr stark; dann wieder Sonnenschein. Am 28.8. wird bekannt, dass Italien uns den Krieg erklärt hat und wir ihn an Rumänien. Arbeit ist gering im Geschäftszimmer. Am 29.-31.8. nichts Besonderes. Wetter abwechselnd Sonnenschein + Regen. Am 31.8. trafen 200 Mann ein, teils schon ältere und früher im Felde gewesene und damals verwundet. Ihre Verwendung im Regt.ist mir noch schleierhaft, vielleicht sollen sie auf Druckposten ablösen. 1/9. Sie bleiben in der Komp., sonst nichts Neues. Musik fährt auf Urlaub nach Aachen bis 16.9. –

 

Im Osten

Am 2.9.16 vorm. Abtransport des Regts I. u. II./25 nach Coucy les Eppes; III/25 M.G.K. u. Rgts.Stab nach St. Erme abmarschiert. Dort Abfahrt über Laon, Charleville, Sedan, wo 930 abends Verpflegung (Suppe); 430 nachts (3.9.) über Diedenhofen, Busendorf, wo es Kaffee und Wurst gab, weiter nach Saarbrücken (8.30 am), Homburg (Pfalz), mittags in Bad Kreuznach, sehr hübsch, wo es tadellose Kartoffelsuppe (2 Teller) gab; dort Waschen usw.1.15 pm in Bingen über die Rheinbrücke passiert, links Niederwald-Denkmal, wunderschöne Gegend, über Hanau 4.30 pm nach Bebra, wo um 9 pm wieder Verpflegung, nur Würste; dort trafen wir dann I. dann nachts (4.9.) durch Thüringen; schön geschlafen; 0.30 am Ankunft in Leipzig (verschlafen), 11.30 am in Dresden Friedrichstadt (Kaffee), 4.30 pm in Görlitz (Nudelsuppe), 7.30 pm in Liegnitz, 10.45 pm in Breslau (Kaffee, Brot). Am 5.9. 6 am Ankunft in Oderberg (Kaffee – Käse), wo scheinbar die Transport-Richtung geändert wurde; denn wir fuhren nun südlich und nachdem wieder nördlich, über Passau, Kraszno, Sillein, wo Mittagessen (Graupensuppe auf oesterr. Art). Herrliche Gegend, Berge, die Waag entlang, Burgen. 6 pm Wurst und misen Kaffee in Leopoldsstadt – wo alle Leute barfuss. Nachts (6.9.) über Galanta, Budapest, über Donau, vorbei östlich, dunkel. 90 am in Hatvan (Kaffee), um 30 pm Mittag in Miskolcz [Miskolc], 10 pm Kaffee und Käse in Satoraljauihely [Sátoraljaújhely], wo ich für 2 Kr. ein schönes Paprikaschnitzel ass und Wein für 60 h. trank. Am 7.9. morgens 60 in Mezölaboretz [Medzilaborce] (Kaffee), gebirgige Gegend. 110 mittags in Neuzagörz [Zagórz?] (Bohnensuppe, Fleisch + Maisbrot) – Karte an A. geschrieben. Schönes Wetter. 60 pm in Przemysl [Przemyśl], wo es Kaffee + Käse gab. Von Zeitung war nicht viel zu sehen; viel oesterr. Militär u. viele russische Gefangene, die dort arbeiten müssen. – Karte gekauft. Nachts (8.9.) über Lemberg [Lwiw], südlich, 7 am Kaffee in Chodorow [Chodoriw]; weiter um 9 am in Nowosilce [Novosil’tsi], wo M.G.K. und Regts.Stab ausgeladen wurden. Die Bataillone fuhren weiter bis Bukaczowce [Bukatschiwzi]. Dann im Marsch bei starker Hitze über Höhen und Täler nach Sievka-wojnilowska [Sivka-Voinylivs’ka] (M.G.K.+ III/25) nach Moszkowce [Moshkivtsi] (Regts.Stab + II/25) in Quartier bei Bauern, in Scheunen; Batle in Biwak. Der Marsch war 36 km und mit Tornister sehr beschwerlich; nach halben Weg hing ich meinen Tornister an den Wagen und fuhr die letzten 5 km auf Musikwagen. Die Dörfer bestehen hier meist aus niedlichen Lehmhütten. Die Leute sind sehr freundlich unterwegs und geben uns viele Früchte und auch stets zu trinken, freuten sich anscheinend sehr, dass Deutsche kamen und meinten, nun brauchten sie nicht raus. Trotzdem trafen wir viele Flüchtlingen an der Bahn und unterwegs. Teilweise hübsche Mädels in malerischer Tracht, alle barfuss, und daher ziemlich dreckig. Wir kamen gegen 80 abends im Quartier an. 9.9. Früh zwischen 4 u. 5 wurden die Bataillone alarmiert und gehen mit Regt. Stab weiter nach vorne in Biwak bei Demianow [Demianiv] (Bereitschaftsstellung), ausser III/25, die erst nachts im Quartier ankamen (Siwka). Gesch.-Zimmer bleibt hier, Melder müssen mit. 10.9. Wetter wie tags zuvor, heiss. Bataillone kommen zurück in ihre Ortsunterkunft und liegen in Ruhe. Wir haben unseren ersten Appell mit Gewehr. An der Front ruhig. 11.9. war Hauptappell im Anzug, Stiefel, Zeltbahn. Die erste Post kam an, Brief von Anni (30/8.); ich schrieb am (10.9.). Bad im Dniester [Dnister] genommen; Komp. auch. Abends kommt plötzlich Befehl, dass Infanterie der Brigade umquartiert wird. Die Batle. liegen im Biwak bei Demianow [Demianiv], das ca. 15 km nördlich liegt. 12.9. wird abends erreicht und wir liegen in Scheune. Im Haus, wo die Melder liegen, hat eine Frau ein Kind gekriegt und ist am andern Morgen schon wieder im Hof und wäscht! (13.9.) Am 14.9. Krach bekommen mit Oblt. Tigör, da kam davon, dass ich eine telefonische Meldung aus Gesch.-Zimmer des Führers der Gr. Bagage (Lt. Suermondt) über seinen Aufenthalt dem Uffz. Schneider auf einen Zettel auf seinen Tisch gelegt hatte u. dieser den Oblt. nicht davon benachrichtigt hatte. Der Oberlt. hatte den ganzen Tag vergeblich Verbindung mit der Gr. Bagage, auch durch Melder versucht, u. endlich am Nachm. bekommen, wo ihm Lt. S. sagte, dass er mir vorm. die Meldung durchgegeben hätte, was ja auch stimmte. Tigör schimpfte fürchterlich mit mir u. hörte meinen Einwand, dass ich Schneider den Zettel hingelegt habe, überhaupt kaum an. Schn. stritt dies ausserdem ab (Gemeinheit), weil er wohl überhaupt noch nicht am Vorm. im Gesch.-Z. war und meinen Zettel einfach unterschlug! Tigör sprach von Ablösung und ich war sehr niedergeschlagen, dass mit das mit Schn. passiert war. (Es folgte aber nichts). Abends resp. Nachts auf den 15.9. ging es weiter nach Sarnki Gorne [Sarnyky?]; schlechter Weg und dreckig, sodass ich mit Tornister sehr schwitzte. 15.09. morgens kamen wir an und liegen wieder in Scheunen um das Haus, wo das Gesch.Zimmer bei Bauern ist. Es sind neue Scheunen, von nicht ausgedroschenem Getreide[,]wenn man sich oben drauf legt, rutscht man im Schlaf tief hinein; aber es ist dadurch warm, während es draussen nach Dunkelwerden (früh) schon empfindlich kalt ist. Der Ort ist stark belegt, das ganze Regt. liegt hier. Nachm. ist Ausgabe von Bekleidungsstücken. Am 16.9. greifen Russen an, Regt. wird eingesetzt! Es scheint schlecht zu stehen, da die Russen vorgekommen sind. Wir sahen vom Gesch.Zimmer morgens durch Fernglas wie die Russen über einen Berg (Hügel) mit Autos vorkamen + alarmierten darauf Oblt. Tigör, der die Batl., von denen eins exerzierte, eins Sachen ausgab + eins am Mittagessen war, sofort alarmiert u. nach vorne beorderte. Die Bagagen im Ort, ca. 400 Fahrzeuge (mit unseren) rückten Hals über Kopf aus dem Nest heraus. Sehr schmaler u. schlechter Weg, auf und ab, nach U., wo wir notdürftig übernachteten. Strömender Regen. – Es kamen einige Gefangene durch. 17.9. Nachm. zieht der Regts.Stab wieder nach Sarnki Gorne [Sarnyky]. Es kommen uns dauernd russ. Gefangene entgegen. Das Regt. soll 2000 Gef. gemacht haben. Schlecht geschlafen. 18.9. Wetter besser; Stiefelsohlen verloren, suche neue bei Sammelstelle. Es sind von uns mehrere Offiziere gefallen (Lt. Wehner, Küster, Vonhoff, Fähnrich Thüle(?). 19.9.-22.9.: Wetter abwechselnd gut und Regen. Am 20.9. ging ich etwas mit in Stellung zum Regts.Stab stand in Sartski Dolna; der liegt in einem Hause ziemlich primitiv, wie wir hier. Unterwegs sahen wir noch deutsche und russische Leichen ab Abhang eines Berges liegen und viele Ausrüstungsstücke. 21.9. Im Gesch.Zimmer gearbeitet. 22.9. Ebenso. In der Nacht furchtbarer Wolkenbruch, der die Wege in Matsch verwandelte. Abends rückten wir nach Lipica Gorne [Verkhnya Lypytsya], sehr beschwerlicher Marsch, bei dem Praeger und ich ein Rad zu führen hatten; durch den Schlamm ging das sehr schwer. Wir blieben alle Augenblick stecken und mussten und mussten das Rad immer wieder reinigen. Kamen nachts 10 an, konnten aber nichts von den Wagen finden und legten uns aus Mangel an anderen Quartieren in ein offenes Gelass, wo es sehr kalt war. Am 23.9. morgens gingen wir abwechselnd auf die Suche nach dem Packwagen, hatten ihn aber bis Mittag nicht gefunden. Lipica Gorne [Verkhnya Lypytsya] ist stark mit Truppen belegt. 24.-29.9. Wetter tagsüber sehr schön war, nachts dagegen sehr kalt. Ich erhielt viel zu tun: Das Kriegstagebuch 1/4.-30/6. abschreiben und ferner den Gefechtsbericht über die Tage vom 16.-18.9., der sehr lang ist. Ruhmestage des Regiments. Am 29.9. wird Oblt. Tigör Brigade Adjt. der 185 Inf. Brigade; Lt, Krüger Regts. Adjt., Lt. Beckhaus kommandiert zur 208. Inf. Div. und Lt. Scheffel vorläufig Ordonanz-Offizier I.R. 25. Ich bin gespannt, wie Lt. Krüger sich machen wird und ob ich im Gesch.-Zimmer bleibe. Vom 30.9.-2.10. wird das Wetter schlechter. Es regnet u. ist sehr schmutzig. Am 3.10. auch; wir müssen ausziehen und gehen am 4.10. nach Lipica Dolna [Verkhnya Lypytsya]. Bei gutem Wetter ziehen wir um und finden eine ganz schönes Quartier. Präger, Schönemann + ich hatten eine Stube, in der 2 Betten waren, die mit Stroh gefüllt famos weich waren. Es wird aber dorthin geschossen und besonders nach dem Schloss (Meierhof), wo der Stab liegt. Ein Schuss kam direkt vor das Haus einer bei den Meldern durch die Wand. Es ist nichts passiert. Da die Russen auch den Bahnhof und den Talgrund beschiessen, soll das Geschäftszimmer wieder nach Sarnki Gorni [Sarnyky] ziehen.Das geschieht auch am 5.10. abends. Gerade bei der Abfahrt kommen noch 12 Schuss nach dem Meierhof und auf die Wiese; wir hielten gerade davor. In Sarnki Gorni [Sarnyky] ziehen ziehen wir nicht weit vom alten Geschäftszimmer, aber wir Melder usw. liegen in einem Häuschen mit ausgedroschenem Korn, zum Essen ist kein Platz und auch nicht für unsere Sachen. 6.-10.10. Nichts Besonderes. Lipica Dorna [Verkhnya Lypytsya] wird weiter beschossen[,] ohne dass beim Stab etwas passiert. Es regnet vom 8.10. ab ständig und alles ist ein Matsch! Da passiert am 9.10. das grosse Unglück beim Regts.-Stab. Im Meierhof I.D. gleich nach Mittag gehen in den Keller, während Lt. Krüger, Scheffel, Niemeyer, Stuke im Esszimmer bleiben. Da kommt ein Volltreffer durch die Decke und explodiert auf dem Tisch. Lt. Krüger verletzt an beiden Beinen und linker Hand u. hat noch einen Splitter im Bein. Lt. Scheffel riss die Granate fast die ganze linke Schädelseite bis zum Ohr ab u. er stirbt ohne das Bewusstsein wiedererlangt zu haben in wenigen Minuten. Lt. Niemeyer erhielt einen grossen Splitter durch den linken Fuss; Knochen ist durch. Der Stabsarzt leistet sofort erste Hilfe. Lt. Stuke bleibt wunderbarer Weise unverletzt. Die Offz. ziehen in der Nacht zum 10.10. nach Sarnki Gorne [Sarnyky] ins Schloss, wo sie früher wohnten. Es ist das erste Unglück, das dem Stab im Kriege zustösst. Lt. Piecq wird Regts.-Adjt. und Lt. Geissler Ordonanzoffz. Am 11.10. u. 12.10. regnet es ständig und es ist ein fürchterlicher Dreck.

Am 13.10. werden I. u. II./25 durch R. 226, III/25 durch 1 Batl. R. 228 abgelöst. II. u. III./25 marschieren nachts nach Sarnki Gorne u. beziehen Ortsunterkunft. I/25 u. M.G.K. bleiben in Brigade-Reserve im L.D. und beziehen dort O.U. Wetter regnerisch. Am 14.10. wird die Division aus der Front herausgezogen und verladen, II. u. III./25. am 15.10. ab Bursztyn [Burschtyn], I./25, M.G.K. u. Regts.Stab am 16.10. ab Rohatyn. Wir marschieren mittags von S.G. ab (wo gerade vorne Trommelfeuer war, scheinbar Angriff der Russen, das von us. Artillerie heftig erwidert wurde) nach Rohatyn, wo wir gegen 50 pm ankamen und in Scheunen übernachteten. Abends noch nach einer Kantine gewesen, über Draht gefallen + Loch im Anzug gerissen. Wetter schön. Morgens 60 am 16.10. Aufbruch zum nahegelegenen Bahnhof, wo gegen 90 am Abtransport zus. mit M.G.K. und Teil des I/25. Wetter regnerisch. Gegen 12.45 mittags Ankunft in Chodorow [Chodoriw], woselbst Verpflegung: Brote u. Büchse Fleisch für 2 Mann. Wetter schön.

Abends 70 in Lemberg [Lwiw], wo es Kaffee und Wurst gab. Man musste über 20 Min. laufen bis zur Verköstigungsanstalt; um 8 pm weiter, vorher noch warmes Essen von Feldküche 1/25. Nachts Regen. Über Przmiszl [Przemyśl] nach Rzedzoch [Rzeszów?], Ankunft 70 morgens am 17.10., dort Kaffee, Brot u. Wurst. 9.20 am weiter. Morgens war es kalt. 1 Uhr mittags in Tarnow, wo es Bohnensuppe mit Fleisch gab. Regts.-Musik spielte auf dem Bahnhof. Um 20 weiter nach Krakau, wo wir um 60 pm eintrafen; Kaffee m. Brot u. Wurst. Wetter besser aber kalt. Am 18.10. 1 Uhr nachts in Sosnowice [Sosnowiec] ausgeladen, wo Entlausung mit Baden stattfand und jeder Mann neues Hemd, Unterhose und Strümpfe erhielt. Darauf Essen (Reissuppe) in der Kantine Bier + Cigaretten. Nach kurzem Marsch durch den Ort zum anderen Bahnhof. Um 80 am weiter per Eisenbahn (4. Kl. Wagen). Wetter schöner, Ankunft in Breslau-Brokau ca. 3 pm, wo wir Nudelsuppe bekamen. Wetter sonnig, schliefen ganz gut auf dem Boden oder auf Bänken, da ja in der Vornacht nicht geschlafen. Abends 10.22 in Görlitz (Brot u. Wurst). Wieder auf dem Boden gut geschlafen. Ankunft in Wurzen am 19.10. 7 Uhr morgens, dort Nudelsuppe und Kaffee; schön gewaschen. Wetter: schönes sonniger; weiter, um 60 pm in Wilhelmshöhe bei Kassel, wo es Kohlsuppe + Kaffee gab. Äpfel gekauft und Karten abgesandt (die richtig und sofort ankamen), dann geschlafen. 110 spät Wurst und Kaffee in Limburg a/ Lahn, ich stand aber nicht auf. 20.10. 7 am in Trier, wo es wieder Wurst + Kaffee gab. 80 weiter durch Luxemburg-Stadt 10 am, 30 pm in Sedan, wo es Reissuppe und Tee gab.

Abends 80 in Laon, Reissuppe; Nachts 2.30 am 21.10. Ankunft in Guise, Ausladen und Marsch auf schöner Chaussee u. durch ein Stück Wald nach Esquéheries, etwas über 3 Stunden, wo Quartier bezogen auf dem Boden in einem netten Haus; wie schliefen auf Holzwolle und Heu. Ein netter Ort, wo man Butter, Käse u. Milch in Hülle u. Fülle kaufen kann (M 2.20, 1. u. 20 Pf.) Der Bauer, in dessen Haus das Geschäftszimmer ist[,] verkaufte allein an 1 Tag nahezu 100 Pfund Butter. (Die Bäuerin wollte den Soldaten etwas gönnen u.nicht nur den Offz., aber wollte das Kettestehen vorm Hause, das wir leider nicht verhindern konnten, hörte der Verkauf bald auf.) Dann kommt der Befehl, dass an Soldaten nur noch Käse verkauft werden darf und alle bedauern sich nicht mehr gesichert zu haben. Ich sandte Anni Postpaket, kam gut an und dann durch Urlauber Käse u. Butter (24.). Das Wetter ist hier nicht schön, fast täglich Regen. Die Komp. werden tüchtig ausgebildet, bekommen Stahlhelme, wir auch, und müssen tüchtig ran. So geht es täglich vom 22.10.-3.11., an welchem Tag der kdierende General XII. A.K. das Regt. besichtigt. Oblt. Tigör und Major Beckhaus erhalten das Ritterkreuz des Hausordens von Hohenzollern mit Schwertern. 4.-8.11. Exerzieren der Komp. und Besichtigung im Angriff etc. seitens des Regts.-Kdeurs. Wetter stets trüb u. regnerisch. Am 8/11. Abmarsch vom E. nach Guise und von dort 6.23 abends Verladung nach Sanscourt bei Cambrai, wo um 10.30 Eintreffen. Anschliessend Marsch nach Oisy le Verger, wo R-Stab und I/25 Quartier beziehen, während II. u. III/25 und M.G.K. in Epinoy liegen. Das Gesch.Zimmer ist im Hause eines Arztes, sehr nett u. wir schlafen oben auf dem Boden auf Stroh. Der Ort ist überfüllt mit Truppen. 9.-13.11. Nichts Neues. Exerzieren und Schanzen der Truppen. Lt. Telegramm am 11.11. hat sich Vizefelde. Vogel in Rheydt erschossen. – 14.11. abends von Oisy über Samly-Ouéant-Lagnicourt nach Vaulx, wo es überfüllt ist, und wir auf einem zugigen Boden Quartier beziehen; es war furchtbar kalt. Wo die Feldküche ist, ist auch kein Ofen und es muss im Freien gekocht werden. Nachts bei den Wagen Posten stehen. Alles liegt hier voller Truppen und ein unglaublicher starker Verkehr mit Fahrzeugen ist hier. Am 15.11. kaltes Wetter, nachts hat es tüchtig gefroren. Abends geht das Regiment in Stellung, u. der Regts.Stab auch. Es gab dabei schon Tote u. Verwundete. Feldw. Lt. Solter, Lt. Schoepke u. Oblt. Melious verwundet. Es herrscht andauerndes Trommelfeuer, im Übrigen scheint es vorne sehr unklar zu sein. 16.11. Der Gesch.Zimmerbetrieb wird aufgemacht. Es ist recht kalt, auch am 17.11. Ich habe gestern bei einem Art. Offz.-Burschen nebenan in der Küche mich an die Erde gelegt (schöne Pferdedecke unter) und brauche nun nicht zu frieren. In der Nacht auf den 18.11. fällt der erste Schnee u. morgens regnet es, sodass nun wieder draussen der schönste Dreck ist. Morgens Telefonleitung von der Division zum Gesch.Zimmer abgebaut, wobei ich recht nass geworden bin. Wir sollen nach Noreuil ziehen. Wir bleiben noch bis 21/11. in Vaulx und zogen abends nach N., wo wir ein sehr schönes Gesch.-Zimmer haben und obendrüber auf dem Boden schlafen, besser als in V., von wo wir, noch einige Sack Kartoffeln mitnahmen. 22.-24.11. Wetter ist ungemütlich. Von vorne mehre sich die Nachrichten über Tote u. Verwundete. Lt. Brand, Korndörfer, Offz.-Stellv. Garken, Vzefeldw. Pohlen u. Rademacher, Unt.Offz. Reiter u. 2 Telefonisten tot; über Verwundete noch nichts bekannt. Ich fuhr noch nicht nach vorn, es soll furchtbar sein. Die Wege sind schlecht u. ausgefahren; die Artillerie fährt einfach dazwischen + hat uns schon 2 Wagen kaput gemacht. Dann der Schlamm auf den Strassen u. die vielen Granatlöcher, die vollgelaufen u. dadurch nicht zu bemerken sind; es wird nur mit schweren Kalibern geschossen. 25. u. 26.11. Es regnet andauernd + die Wege sind furchtbar schlammig. Am 27.11. musste ich abends mit in Stellung; gleich hinter Mory war der Weg durch ein Fahrzeug, das in einem Loch festsass, gesperrt; nach einer Stunde konnten wir weiter und es ging einigermassen bis Achiet le Petit, dort abgeladen. Nun kam das böse Ende. Kurz vor Miraumont war die Strasse ein Schlammsee mit grossen (unsichtbaren) Löchern, die natürlich auch mit Schlamm ausgefüllt sind. Bald sass us. Gaswagen dann auch drin u. Balve und ich halfen, bis zum Knöchel im Dreck, ihn raus, was auch gelang. Das Pferd zog an, + wir mussten hinterherlaufen. Plumps lag schon Balve drin und ich, der hinter ihm ging, desgleichen. Der Schlamm drang in Hose, Mantel + Stiefeln. Ich sass bis zum Hintern drin u. der kleine Peter Balve bis zum Hals. Ich kam nur mit Mühe raus + half Balve auch. Wir stiegen nun auf den Wagen und kamen nach einigen Fährnissen gut beim Unterstand (bei Hecker) an. Was passiert wäre, wenn das Loch tiefer gewesen wäre, + wir uns nicht rückwärts wieder rausgearbeitet hätten?? Im tiefen Stollen bei Hecker wärmte ich mich auf + besah mich. Wie sah ich aus. Über all war der Schlamm durchgegangen, bis auf den Körper und dann durch die Kälte leicht angefroren. – Nachdem wir das Essen abgeliefert hatten, ging es wieder zurück. Ich ging anfangs nicht vom Wagen, G.s.D. kamen wir diesmal glatt durch mit Müller auf dem Bock. Mich fror aber scheusslich auf dem Wagen, da der Mantel doch durchnass war u. ich nichts zum Zudecken hatte. Teils bin ich später hinterm Wagen hergelaufen, nur um mich etwas zu wärmen. Gegen 60 früh kamen wir in Noreuil wieder an. Ich schlief bis mittags u. hatte dann am Tag viel zu tun, um meine Sachen wieder in Schuss zu kriegen. Durchfall habe ich etwas bekommen, aber kaum eine Erkältung, die dann aber vom Schlafen auf dem kalten Boden noch kam. Am 28.11. kommt Major Beckhaus runter und verlässt uns am 29.11. nach Deutschland. Auch der Div. Kdeur Hesse geht und bei uns kommt ein neuer Regts-Kdeur, Major v. Chanitzon und Generalmajor von Groddeck zur Div. 30.11.-2.12. nichts Neues. Wetter kälter, scheusslich kalt auf uns. Boden trotz mehrerer Decken. Am 1.12. müssen wir Leute zum Arbeits-Kdo. Noreuil stellen; es wurden Schönemann, Präger, Louis und Rechtenvald kommandiert. Abends wird viel Schnaps getrunken und zu Grog gebraut.- 3.-6.12. Nichts Besonderes; vorne ist ruhiger geworden. – Unsere Erfolge in Rumänien sind grossartig. Ich war noch nicht wieder vorne. Mönnich hat E.K. II bekommen; ebenso Vizefeldw. Kirense und Meyer (aus Bremen). Am 7.12. ist Bukarest gefallen bezw. von uns. Truppen genommen. 5.-9.12. regnerisch. Ich war am 9.12. wieder nach vorne in Miraumont, das gänzlich zerschossen ist. Es ging alles gut und war nicht so schlimm wie das erste Mal. 10.-11.12. regnerisch, nichts Neues. Am 12.12. soll der Stab runterkommen; es wird jedoch nichts, da bei RIR 65 ein Unglück passiert ist und Oberst Mersmann tot ist. 11/12. erhielt ich meine Uhr zurück, die scheinbar gut geht. Quartiere gemacht für den Unterstab. Am 12.12. kommt der folgende Befehl des Kaisers heraus:

 

„An das Deutsche Heer! Soldaten, in dem Gefühl des Sieges, den Ihr durch Eure Tapferkeit errungen habt, haben ich und die Herrscher der treu verbündeten Staaten dem Feinde ein Friedensangebot gemacht. Ob das damit verbundene Ziel erreicht wird, bleibt noch dahingestellt. Ihr habt weiterhin mit Gottes Hilfe dem Feinde standzuhalten und ihn zu schlagen. -“

Grosses Hauptquartier

12.12.16

Wilhelm I.R.

 

Dieser Befehl ist sofort allen unterstellten Truppenteilen bekannt zu geben. Darüber herrscht grosse Freude bei den Truppen der 208. I.D. 13.12. Wir sollen am 14/12. weg. Wetter kalt und windig. 1 Wagen wird nachts durch Feuer beschädigt, sonst passiert nichts. Am 14.12. 40 am wird abgelöst + aufgebrochen; wir marschieren bepackt + jeder mit einem Rad nach Quéant, wo wir um 6 ½ am ankamen. Der Zug fährt aber erst um 12 ½ mittags ab, u. wir haben in Waggon gesessen und nicht schlecht gefroren. Dann fuhren wir in einem halboffenen Güterwagen bis Cambrai; wieder tüchtig gefroren, wo wir gegen 30 nachm. eintrafen. Nach ½ Stunde ging es weiter nach Iwuy, ein grösserer Ort, wo ganz nette Quartiere, doch mussten wir 3x umziehen. Am 15.12. abends kam der Major, am 16.12. der Adjutant u. am 17.12. die übrigen Offze und unsere Melder. Wetter dieser Tage leidlich aber schmutzig. 18.12. verteilt der Major E.K. II. u.a. Scholz, Veber + Fischer sowie Sielas. Am 19.12. früh geht es wieder weiter. An einem der Vortage holte mich der Ortskdt. aus meinem Quartier. Ich lag mittags auf dem Bett u. las als er hereinkam. Als er hörte, dass ich nur Gefreiter, legte er los, wie ich dazu käme in einem Untoffzquartier zu liegen; ich solle machen, dass ich darauf käme. Dies tat ich dann auch mit Beschleunigung, da er darauf wartete.

 

Am 19.12. – 11 am fahren wir von Iwuy ab und kommen gegen 50 in Lokeren an, einem netten grösseren Städtchen, 20 km von Gent. Wir beziehen gute Quartiere u. schlafen alle in Betten, wenn auch manche zu zweien. Hier kann man auf dem Markt allerlei kaufen. Die Batl. liegen weit auseinander in Orten in der Umgegend von hier, nur II/25 hier in Lokeren. 20.12. Frost, nichts Neues. 21.12. regnerisch, Schnee gefallen. Um Urlaub gebeten und erhalten, will morgen fahren. Am 22.12. verschiedenes gekauft und abends mit Schönemann gefahren. Mit 5 Stunden Verspätung morgens (23.12.) 11 am in Köln, sodass erst 1 ½ pm weiterfahren konnte. Ankunft Hamburg 110 abends. Alle wohl angetroffen.—

In Lokeren war noch viel Civil. Die Menschen trieben sich auf den Strassen herum (Kinder + junge Mädchen stehlen wie die Raben). Nach Dunkelwerden musste alles von der Strasse sein. Aber nachts waren viele Mädels bei den Soldaten u. in unserem Quartier gab es jede Nacht eine ganze Reihe davon. Die Pferdeburschen hatten jedoch eine, die ihnen die Bude rein hielt, Essen kochte oder briet und nachts auch dort blieb. Sogar der unschuldige Lt. Geissler hatte sich eine aufgegabelt, die den Major im Park mal ansprach + nach Lt. G. fragte. Das war ihm sehr peinlich! Nachdem schon einige Leute sich infiziert hatten, drohte der Major den Urlaub zu sperren, falls noch weitere Geschlechtskrankheiten vorkämen. Zum Teil waren die Mädels auch nicht mit der Kneifzange anzufassen. Der Adjutant Lt. Piecq wohnte bei einer Gräfin mit 2 erwachsenen Töchtern in einem Schloss mit grossem Park umgeben. Ich musste eines Nachts (120) mit einem Befehl zum Adjt. fand mich im Park schlecht zurecht und konnte keine Tür entdecken. Schliesslich sah ich auf der Rückseite des Hauses einen Lichtschein (obere Teil einer Tür) und klopfte. Ich hörte Klavierspielen + klopfte nochmals, darauf hörte ich jemand die Treppe herunterkommen und englische Laute. Daher rief ich „open the door“, was auch geschah. Eine der beiden Töchter öffnete mit erstauntem Gesicht und bat dann auf französisch den Leutnant sprechen zu dürfen, dem ich oben im offenen Zimmer am Ende der Treppe sah + auf seinem Schoss die andere Tochter u. die Mama schien im Sessel sanft entschlummert zu sein. Der Adjutant kam und nahm mit meinen Befehl ab. Ich ging nach Haus. Am andern Morgen im Gesch.Zimmer sagte er mir, was ich blos angestellt habe; das Mädchen habe infolge der englischen Worte von mir geglaubt, die Engländer wären da! Wir haben darüber herzlich gelacht. —

 

Flandern:

Vom 22.12.16 bis 6.1.17 war ich beurlaubt, und es hat mir sehr gut gefallen. Am 6.1.17 fuhr ich abends ab und kam am 7/1. 9 pm in Gent an, wo ich übernachten musste, da ich nicht mehr nach Lokeren weiter konnte. Ich übernachtete in einem Hotel in Gent mit einem Soldaten von der 8/25, sehr nett. Am 8.1. gegen 70 morgens kam ich in L. an und fand „schöne Zustände“ vor. Die Melder hatten 2 Mädchen in meinem Zimmer, das ich mit Präger teilte (der ausgezogen war) – und haben während meines Urlaubs alle nette (?) Bekanntschaften gemacht und sich mal ordentlich ausgepumpt. Die Tür war natürlich verschlossen u. ich hörte nur „Hüsteln“ u. dachte mir mein Teil. – Ich hatte gleich viel Arbeit und ging am 9.1. nach Waesmunster zur Komp., um mir neue Sachen zu holen; ich bekam Hose, Mütze + Halstuch. Abends fuhr Präger in Urlaub und nahm ein grosses Paket für Anni mit (2 Pfund B., Zucker, Chocolade). Am 10.1. morgens musste ich als Quartiermacher mit nach Roulers, mit Musiker Vankouten und Tellenbach. Wir fanden bald alles, und waren dann im Kino, assen abends noch Kaninchen und tranken Bier (im Soldatenheim?). Am 11.1. mittags kam der Stab an. Wir liegen alle in einem schönen Haus, Offze, Geschäftszimmer, Telefonisten; nur die Melder sind vis-a-vis in Massenquartier, alle in einem gr. Saal. Ich schlief eine  Nacht mit Fischer in einem Bett, aber nur eine Nacht, dann ich musste morgens feststellen, dass meine Unterhose, die ich anbehalten hatte, morgens hinten nass war, was nicht von mir. Anscheinend ist F. ein Bettnässer! Ekelhaft! Wetter ist windig. Die Komp. sind vorne und arbeiten an der II. Stellung. 12.-16.1. Viel Arbeit. Wetter schlecht, am 16.1. schön. Am 15.1. eine Fliegerbeerdigung. Abends Spass mit Verkleidung von Levy u. Fussangel. in einem Wandschrank, in den ich durch Zufall geriet, fanden wir einen Tennisschläger (für mich), einen Herrengehrock u. Zylinder- passen für einen grossen u. dicken Mann – einen Damenumhang+ Capetthut. In der Verkleidung sahen die beiden Telefonisten zu ulkig aus. Sie stellten sich im Gesch.Zimmer vor; durch das dröhnende Lachen u. Trampeln fing der Cristall-Kronleuchter unterm Gesch.Zimmer, in welchem Zimmer die Offiziere assen, an zu wackeln. Sie sandten einen Burschen nach oben, zum nach der Ursache des Lärms usw. zu forschen, und die beiden mussten sich dann den Offzen vorstellen, die auch herzlich über den komischen Anblick dieser Typen lachten. In den vielen Läden gibt es noch alles, aber sehr teuer, sodass ich Anni noch nichts schicken konnte. Ich war mehrmals im Kino. Bis zum 20.1. viel Arbeit, Wetter kalt. Alle Tage assen wir in der nebenan liegenden Kriegsküche, die auch die vielen Urlauber, die von R. abfahren, verpflegt. Essen ist reichlich u. besser als bei uns und unterwegs. Schönemann halt sich immer 1 Portion extra. Am 21.1. Rückfahrt nach Lokeren, wo wir am Abend die alten Quartiere beziehen. Die Mädels sind rein doll in L. fast jeden Abend haben uns. Leute welche auf ihren Buden. Am 22.1. fährt Zehl auf Urlaub u. am 23.1. kommt Urlaubssperre raus. Ich habe ziemlich viel zu tun und komme fast garnicht raus. Wetter andauernd kalt u. Frost. Am 27.1. am Kaisers Geburtstag Parade und E.K. Verteilung durch Major von Quitzow, sehr feierlich. (Die Gräfin mit ihren beiden Töchtern, wo Lt. Piecq wohnt, sahen sich das auch an.[)] Am 28.1. geht‘s weg von L., was allen schwer fällt, da sie so gute Bekanntschaften noch garnicht hatten. Schon auf dem Bahnhof beim Verladen kniffen einige Melder aus, um sich nochmals mit ihren Mädels zu treffen. Wir fuhren mittags ab und kamen um 50 in Menin an, ein nettes Städtchen, worin noch viel Civilvolk ist. III/25 auch hier, II/25 kommt am 29.1. und I/25 am 30/1. Feines Quartier für Gesch.Zimmer, ich mit T. oben ein Zimmer + feines Bett. 31.1. Wunderbares Geschäftszimmer in feinem Hause mit Zentralheizung. Am ½. geht es weiter nach Amerika, ca. 2 Std. Marsch von Menin. Wir liegen sehr nett, direkt an der Strasse von vorne nach Wervicq. Die Quartiere sind fein ausgebaut. 2 Häuser und 2 Baracken. Im grossen Hause wohnen die Offze und daran anschliessend im kleinen wir. Praeger, Scholz, Scheunemann und ich haben eine Stube zusammen mit Holzbettgestellen. an der einen Seite, Mitte und an beiden Fenstern schöne Taschen und elektrisches Licht sowie schönen Ofen, u. Kohlen, was bei der Kälte die Hauptsache ist. Sonst ist es ziemlich einsam hier; nur einige Gehöfte in der Umgegend, aber noch viel Zivil und auch Zivilarbeiter vorne. Vom 1. bis 10.2. war die Kälte ziemlich stark, dann wurde es wärmer und taute am 11. u. 12.2. tagsüber etwas. Von unserm Batlen ist eins in Stellung, eins in Bereitschaft und eins in Ruhe, wechselnd alle 6 Tage. Mehrere Patrouillen wurden vom III/25gemacht und 4 Mann erhalten das E.K. – Unser Tischler Ernst Lindner verlässt uns am 5.2. nach Köln. Wir haben sehr viel Arbeit und kommen selten vor 1 pm zu Bett. 13/2. Seit gestern Tauwetter, viel Arbeit. Am 14.2. hat es wieder gefroren, sonst nichts Besonderes bis 18/2. Seit 16.2. taut es wieder u. hat sogar geregnet. Feuertätigkeit vorne seit 16.2. ziemlich stark. Vom 18.-20.2. täglich Feuerüberfälle, am 20. sogar ziemlich heftige. Es regnet alle Tage. Bei 65. und 185. sind die Engländer im Graben gewesen und haben Gefangene mitgenommen. Vom 20. bis 28.2. täglich dasselbe milde Wetter und nur vereinzelte Feuerüberfälle, aber meistens rechts von uns, immer abends. Sonst nichts Neues. Immer viel zu tun bis 10-20 nachts. Am 1.3. gehen wir weg + fahren nach Wachtebeke, nachdem das III/25 bereits am 26/2. abfuhr und das I/25 am 28/2., II/25 am 2.3. Am 1.3. – 3 pm rückt der Regts.Stab ab. Schönemann und ich mit der Kuh voraus nach Verwicq, wo wir nach ¾ Std. gut ankamen. Das Zug fuhr zwischen 6 u. 70 pm und langte gegen 11 ½ pm in Selzaete an. Von dort ging es wieder mit der Kuh voraus 12 ½0 durch den Ort gut, dann die Landstrasse entlang, die wir bis zur holländischen Grenze irrtümlich verfolgten, dann vom Posten richtig zurechtgewiesen worden, nämlich den Weg rechts am Kanal entlang. Einige Offiziere und die Musik hatten sich ebenso verlaufen, da keine Schilder am Wegesrand vorhanden waren. Wir langten dann gegen 3 am im Wachtebeke an, wo alle schon da waren; mussten aber noch ½ Std. nach den Leuten suchen. Wir fanden dann gute Quartiere u. gingen gegen 40 zu Bett. Der Ort ist ganz nett, aber nicht viel los; auch nichts Besonders zu kaufen oder teuer. Es ist bedeutend kälter geworden, und es fehlt uns noch an Heizmaterial; auch noch am 2.-4.3.Wir sind deshalb schon mit dem Gesch.Zimmer umgezogen; unser Schlafzimmer sind aber noch in einer schönen Villa eines Advokaten. Mein Bett muss ich mit Praeger teilen. Am 5.3. schön; abends kommen EK‘s und HanseatenKreuze. Diese wurden vom Major bei der grossen Brigade am 6/3. verteilt. Hans. Kr. erhalten: Mönnich, Sielas, Scholz, Miede, Feldw. Meyer, Müller (10/25) und ich; im ganzen kamen 14. Da ich die Übung nicht mitzumachen brauchte, erhielt ich es erst am 7.3. um Gesch.Zimmer durch Lt. Piecq. Die Übung verlief bei schönem Wetter zur Zufriedenheit, alles musste mit, Melder, Telefonisten, Stab und Fahrzeuge. Vom 7.-13.3. nichts Besonderes, nur viel Arbeit, sie meistens bis 10-20 dauerte. Am 10.3. Lützow Verein Zus.-Kunft in Gent, wohin fast alle Offiziere fahren. Leutn. Piecq fährt in Urlaub. Wetter milder; am 11.3., Sonntag wunderbares Frühlingswetter. Vom11.-18.3. täglich dasselbe, viel Arbeit, Wetter wieder abwechselnd Regen u. kalt. Am 15.3. fährt Scholz in Urlaub. Er soll für den Major 1 Paket besorgen und hat anschliessend gleich 14 Tage Urlaub erhalten. Er nimmt Anni ein schönes Fettpaket mit (das am 18.3. gut abgegeben wurde). Sch. nahm auch 30 Eier mit, die Annis fein zu statten kamen. Am 19.3. Sonntag war wieder wunderbares Wetter und Praeger u. ich machten einen schönen Spaziergang nach Langelede; Arbeit in den letzten Tagen nicht viel. Vom 19.-21.3. nichts Neues. Brig.-Kdeur hat befohlen, dass Fahrer u. Schreiber auch exerzieren müssen. Daher haben wir am 22.3. Appell und Exerzieren. Es war nicht schlimm; 1 Stunde Ehrenbezeugungen, Schwenkungen usw. Ich machte nicht mit, da unabkömmlich.Vom 22.-30.3. war das Wetter teils regnerisch, teils gut; wir arbeiten stets spät. – Eier kosten 32 centimes, Butter schon 5 u. zuletzt 5.50. Rechtenwald ins Lazarett wegen Tripper. In einem Mannschaftsquartier entdeckte ich, dass die Frau wohl viel mit Holland schmuggelte; denn sie hatte auf dem Boden Speck, Schinken und Butter + Eier. Das Offz.-Kasino bekam mehrere 100 Eier auf einmal von ihr geliefert durch mich + es kamen Burschen von den Kasinos in Gent angeradelt mit Korbkiepen auf dem Rücken und kauften uns vieles weg, indem sie die Preise trieben. Am 30.3. nachts geht III/25 weg und in der nächsten Nacht die beiden anderen Batle. Regt.Stab geht in der Nacht vom 30/31.3. – 2.30 weg und wird morgens 60 von Selzaete verladen nach Westrosebeke [Westrozebeke], dort Eintreffen nachmittags und Marsch zum Stabsquartier Stadendreef, mehrere Gehöfte nicht weit vom Bahnhof 10 und Vyfwege (20 Minuten). Quartiere sind ganz gut, aber nicht so schön wie in Amerika. Es wird am 1.4. gleich stark gearbeitet, aber um 10 nachts geht das Licht aus, da mussten wir aufhalten. Wetter kalt, teils aber schon wärmer. III/25 in Stellung, I/25 in Bereitschaft und II/25 in Ruhe, lösen sich alle 6 Tage ab. Am 4.4. geht uns. Bäcker Hassel wegen Hodenentzündung ins Lazarett, und es kommt ein älterer g.v. Mann als Ersatz. Sonst ist bis 6.4. nichts Besonderes zu melden. Stellung ist ziemlich ruhig. Am 6.4. morgens Fliegerangriff auf Vyfwege. Es waren 12 feindliche Flieger in der Luft, die 7 Bomben abwarfen, wodurch 2Pferde u. 4 Mann (R. 65) verwundet wurden. Auch in der folgenden Nacht (7/4.) flogen feindliche Flieger in die Gegend und das Lager suchen und warfen 5 Bomben ab, ohne Schaden anzurichten. Am 8.4. Ostern ist herrliches Wetter, richtiges Osterwetter; grösseren Spaziergang gemacht. Arbeit ist immer genug vorhanden. 9.4. Ostermontag regnet u. schneit es dauernd. Major v. R. erhält in der Stellung von Div. Kdeur das Ritterkreuz des Hohenz. Ordens mit Schwertern. Am 10.4. nichts Neues. Ein englischer Flieger hat am 8/4. einen Fesselballon von uns abgeschossen und ist dafür von unsern Kampffliegern runtergeholt worden.

 

Am 10.4. kommt die Nachricht, dass wir abgelöst werden durch 23. I.D. und wird III/25 bereits am 11.4. morgens früh abtransportiert, Richtung Douai. (Bei Arras soll es hoch hergehen, und die Engländer Erfolg gehabt haben – sie schreiben von ca. 6000 Gefangenen usw.). Wir werden die Karre dort wohl aus dem Dreck ziehen helfen müssen. II/25 fährt am 12.4. früh u. Regts.Stab am 13.4. früh. Am 12.4. kollossaler Schneesturm, draussen alles weiss u. sehr windig. Am 13.4. schönes Wetter; wir marschieren um 110 morgens nach Bahnhof Westrosebeke [Westrozebeke] und wurden von dort um 2.20 pm abtransportiert. Fahrt geht über Roulers, Ingelmunster, Tourcoing, Roubaix, Lille bis Marchiennes la Ville[,] wo Ankunft um 9 ½ pm erfolgt. Nach Abladen geht der Marsch über Pecquencourt nach Sin le Noble bei Douai. Marsch von ca. 3 17“ Stden, stockfinster u. schlechte Strasse, daher schlechtes Marschieren. Nach einigen km. hing ich meinen Tornister unter einen Wagen. Angekommen fanden wir ein nettes Quartier, müssen aber auf dem nackten Boden schlafen, was ziemlich hart ist. 14.4. Wetter kalt u. windig. Eingerichtet und nachmittags schon etwas gearbeitet. Hier ist alles voll Truppen und viel Civilvolk, mit denen man mal wieder französisch sprechen kann. Sie haben es alle dick! Sonntag, 15.4. Es regnet dauernd. Das ganze Regiment liegt nun hier im Ort. Ich besuchte Mönnich und holte meinen neuen Rock und Löhnung. Das Regt. soll anscheinend hier nur schanzen; die Lage soll vorne wieder günstiger sein u. wir schon viel zurückgeholt haben. Es wurde ein englischer Doppeldecker runtergeholt, der beim Div.Quartier landete – nahe bei der Kirche und die Drähte der Strassenbahn nach Douai zerriss. Ein Toter, 1 schwer Verwundeter, Flugzeug geborgen, fast unbeschädigt. Am 16.4. ist das Regt. in höchster Alarmbereitschaft, aber es geht am 17.4. nicht los. Am 17.4. abends hatten wir eine grosse Kneiperei in Rotwein. Er war nämlich in einer Scheunenmauer versteckt beim Div. Stabsquartier ein grosses Fass Rotwein gefunden worden, wovon wir uns abends einige Eimer holten, die dann in der Küche gemeinschaftlich ausgetrunken wurden, wobei viele zuviel kriegten. Ich ging um 3 am zu Bett, und war nur angenehm voll! Einige haben aber sehr gekotzt; mitten in der Nacht kam Befehl zum Abrücken des Regts, was für einige Melder etc. sehr fatal war mit ihrem Brummschädel.

Am 18.4. nachmittags 30 rückten die Komp. ab; die Geschäftszimmer bleiben hier, aber 65er nimmt unser, und wir müssen uns ein anderes suchen, finden auch ein viel schöneres u. grösseres in einem estaminet. Ich fand dann auch noch ein kleines Zimmer mit Bett (Matratze auf Fussboden und Betttuch) das ich mit Praeger teilte; der dann aber zur Div. geht, sodass ich es allein habe. Sind einfache Leute. Die Melder haben die Küche auch in einem estaminet, nicht weit vom Gesch.Zimmer, auch bei netten freundlichen Leuten. Olli teilt mir am 19.4. mit, dass sie eine Stellung in Brüssel gefunden hat mit M 225 per Monat. Der Stab liegt in St. Gonois bei Brebières, in welchem Ort die Batle liegen. Am 20.4. nichts Neues. Abends etwas mehr Feuertätigkeit; uns. Truppen schanzen. Am 21.4. kommt das Regiment zurück (nachm.). Wetter etwas besser. Sonntag, 22.4. schönes Wetter, nicht viel gearbeitet.

Am 23.4. um 80 wird das Regt. alarmiert u. rückt in 1 Stde ab, teils per Autos, teils per Bahn (Angriff wird wohl befürchtet). Das Regt. Gesch.Zimmer u. Gr. Bagage bleiben hier. Wetter schöner. Die Feinde griffen an u. der Regt. wurde eingesetzt + hatte auch bald Verluste. Bestimmte Nachrichten kommen noch nicht nach hinten zu uns. Täglich vom 24.-28.4. hin u. her tobende Kämpfe. Die Verluste an Verwundeten mehren sich. Tot ist Lt. Niemoeller (MGK), Springer + Wolf. Am 28.4. früh starker Angriff. Der Feind ist bei uns eingebrochen, wird aber durch Gegenstoss wieder herausgeworfen. Wir machten einige 100 Gefangene, haben aber auch entsprechende Verluste. Bereits vom Feind Gefangene wurden von uns beim Gegenstoss wieder befreit! Wetter gut an all‘ diesen Tagen. Wir liegen noch in Sin le Noble. Weber hat „Kopfschuss“ und geht ins Lazarett, nachdem er tags zuvor aus Urlaub kam. Am 29. u. 30.4. ist das Feuer schon geringer, Wetter schön, 30/4. warm. Ich war am 30.4. mit Essen oben, und es ging gut; aber gerade als wir abgeladen hatten, beschoss die feindliche Artillerie die unsrige, die hinter dem Regts. Gefechtsstand liegt, ca. 20 Min. lang. Es kamen auch einige Schuss ins Nebenhaus, sodass uns Steine usw. um die Ohren flogen. Dann kamen 8 Flieger von uns (Richthofen-Staffel) alle rot, und wir benutzten die eingetretenen Feuerpause, um schleunigst abzufahren, was auch gut ging. Die Chaussee war auf 100-200 m voller Löcher und wir mussten dadurch balanzieren bis hinter die Batterie-Stellung im Sumpf rechts von Vitry. Abends 100 waren Ingenfeld u. ich glücklich zurück. Am 1.5. wieder famoses Wetter. Nachts haben die Feinde wieder mächtig den R.G.Stand beschossen; es ist aber alles gutgegangen. Nachm. ziehe ich allein mit dem Offiziers-Gepäck nach Brebières, wohin das Regt. in Ruhe kommt. Wir erhalten als Quartier das Schloss Gonois bei Corbehem zugewiesen, wo wir bis gegen 11 pm anlangen, um 10 früh sind alle Sachen drin und allmählich kommen Melder, Telefonisten und Offiziere an, was die ganze Nacht durch anhält, daher bekam ich wenig Schlaf. Am 2.5. eröffne ich das Geschäftszimmer im Parterre des schönen Schlosses, in einem sehr feinen Zimmer – früher Bibliothek – und habe nachm. u. abends sehr gut zu tun. Nachm. 30 ist Beerdigung des gefallenen Lt. v. Altegraven in Douai und Besichtigung vom Major des Regts in Brebières, wo am anderen Tage der Div. Kdeur 75 E.K. II verteilen wollte. Es wird jedoch nichts daraus, da das Regt. gegen Morgen alarmiert wurde infolge heftigem Trommelfeuers der Engländer. Am 3.5. wieder herrliches Wetter.

Alles rückt gegen 60 früh nach Brebières ab, und ich soll mit dem Gepäck nach Sin le Noble zurückziehen, falls die Offz. bis heute Nachm. nicht wieder da sind. Da ich sehr starke Zahnschmerzen hatte, ging ich nach Brebières zum Stabsarzt, konnte aber nicht behandelt werden, da dort zuviel Verwundete waren. Eben wieder weg, schlug eine schwere Granate in Brebières ein und richtete viel Unheil an, u.a. wurden ca. 12 Mann getötet und ca. 38 Mann verwundet. Vizefeldw. Kroll 6/25 tot, sonst meistens Bayern. Es erfolgte ein grosser Angriff der Engländer, die zurückgeworfen wurden, wobei Gefangene u. Beute gemacht wurden. Nachm. stürmt das Regt. mehrere Male und zeichnet sich sehr aus. Dafür kommen 200 EKII u. 4 E.K. I. – Da die Offiziere nicht zurückkommen, bleiben wir (Präger, die Küche u. ich) im Schloss. Am anderen Tage (4.5.) kommen die Offze zurück und abends kommt Befehl, dass das Regt. abgelöst wird. Vorher hatten wir noch Regts.Musik im Schlossgarten + die Staffel Richthofen flog Kurven darüber.

Abmarsch vom Schloss am 6.5. nachm. Ich ziehe mit dem Gepäck nach S. le N., wo die Sachen vorm Gesch.Zimmer abgeladen werden, und wo wir dann um 6 pm nach Bahnhof Cantin abmarschieren. (ca. 1 ½ Std.). Nach Verladung mit III/25 fährt der Zug gegen 11 ½ pm ab und kommt morgens gegen 60 in Guise an. 7.5. Von dort marschieren wir nach Origny Ste. Benoite, ca. 10 km, und kommen gegen 10 am dort an. Wetter war schön und warm. Gesch.-Z. bei einem Advokaten ganz schön. Wir schlafen aber auf dem Boden auf Schilf, ziemlich hart. Hier ist nichts zu angeln (kaufen). 8.5. Mein Gebtg. Es hat gestern Abend bis heute früh stark geregnet, sonst nur viel Arbeit. Vom 9.-12.5. andauernd schönes Wetter, warm, das die Natur mächtig auf die Beine hilft. Es ist fast zu heiß und besonders auf unserm Boden kaum auszuhalten. Am 12.5. kommt die Nachricht, dass das Regt. wieder in Stellung rückt und zwar hier vorne. Es soll eine ruhige Stellung sein. Sonntag, 13.5. wieder das herrlichste Wetter, schade, dass man so wenig von der Natur hat. Man hört etwas mehr Schiesserei von vorne. Sie schiessen in Ribemont hinein. Am 14. u. 15.5. nichts Neues. Am 16.5. ziehen wir nach Lucy früh morgens u. wohnen dort in einem herrlichen Landschloss (eines Pariser Banquiers), umgeben von einem schönen Park und ringsherum von einem fliessenden Wasser (Fluss Oise). Wir haben alle Betten. Ich wohne neben dem Gesch.Z.- Wetter ist tadellos. Am 17.5. Regen, der Natur + Menschen gut tut. Alles ist grün und der Flieder erblüht. – 18.5. Warm, aber bedeckter Himmel. Am 19.5. grosses Sport-Wasser-Fest des II/25 nebenan auf der Wiese. Wetter bedeckt und schön zum Spielen. Abends Regen. Vom 19.-26.5. andauernd gutes u. heisses Wetter; es passiert nichts Neues, die Stellung ist ruhig. Am 22/5. hält S.M. Parade über Arras-Kämpfer ab und wurden dazu auch 7 Offz. und 13 Mannsch. des Regts kommandiert. Der Kaiser hat einige persönlich das E.K. angeheftet. Am 25.5. ertrinkt 1 Mann der 1/25 beim Baden im Mühlenteich; scheinbar hat er getaucht und ist dabei ins Gestrüpp geraten und hat sich nicht wieder daraus befreien können. Am 27. u. 28.5. Pfingsten, herrliches Wetter, aber immer viel zu tun. Da ein Mann ertrunken ist, hat der Kdeur das Baden nur mit Aufsicht gestattet. Wir gründen wieder eine Übungs-Komp., da der letzte Ersatz sehr unvollkommen ausgebildet ist. Zusammentritt am 29.5., an welchem Tage Oberlt. d. R. Kutscher zum Regts.Stab tritt als Nachrichten-Mittel-Offizier u. Ordnz-Offz., Lt. Kiefer wird Regts. Stellungsoffizier. Am 29.5. wurde ich zum Gefr. ernannt, am 31.5. Esser u. Scholz. Sonst nichts Neues. Wetter sehr schön. 1/25 hat 2 Tote und 2 Verwundete durch Art.-Feuer. Am 1. u. 2.6. nichts Neues Unteroffz. Schneider geht am 1/6. in Urlaub; Levy soll im Gesch.Zimmer mithelfen.

Am 3/6.17 erhielt ich Telegramm, dass Vater gestorben. Ich erhielt darauf Urlaub und fuhr am 4/6. nachm. ab. Kam am 5/6. gegen 60 abends in Hbg [Hamburg] an. Am 6/6. morgens machte ich mit Arthur einen Besuch bei Bertha und nachm. mit ihm und Olli die Beerdigung des Alten mit nach dem Kirchhof am Diebsteich. Es waren viele Leute erschienen und die ganze Sache verlief ziemlich nach Schema F. Nachher waren wir bei Mama alle zusammen. Adda musste dann am 8/6. schon wieder weg und Olli am 10/6. – Ich hatte am 14/6. Unterhaltung mit Bertha und nahm die Grundstück-Sache mit, nachdem ich am 12/6. mit Justizrat Warburg sprach, der mir sagte, dass wir Kinder Erben von ¾ und Berta von ¼ des Vermögens seine. Bertha sagte mir aber, er hätte bar Vermögen nicht am 16/6., dass ich die Sache in die Hand genommen hätte, nachdem der Alte † sei.

Am 16/6. abends fuhr ich zurück nach herzlichem Abschied, und zwar erst nach Brüssel zu Besuch bei Olli, wo ich am 17/6. nachm. 30 eintraf. Wir (Olli, H___u. ich) machten eine schöne Fahrt ins Gehölz und essen abends schön zusammen und klönten viel, sodass die Zeit schnell hinging bis 11 ½0. Sie ist sehr nett untergebracht und nette Umgebung, nicht so Kleinstädtisch. Brüssel hat mir gefallen. Ich schlief in einem Hotel dicht beim Bahnhof für M 2- sehr schön und fuhr am 18/6. 11 ½ am über Charleroi-Le Cateau – Guise – Origny zurück und kam in O. um 11 ½ pm an und um 12 ¼ nachts in Lucy und fand alles unverändert vor. Kuchelkorn ist an seiner Krankheit gestorben (Bursche von Lt. Geissler Ord.Offz.). Levy arbeitet neben mir, und ist die Arbeit dadurch weniger. Wetter heiß; täglich Gewitter, wodurch etwas Abkühlung. Gefechts-Tätigkeit: ruhig am 18-20.6., am 21/6. wieder mal gebadet; hatte am 23/6 Kopfweh und ging daher früh schlafen. Am 24/6. wieder besser. Heute grosses Sport- und Wasser-Fest des III. Batl. mit Verträgen, ist aber nicht mehr so schön wie 1915. Vom 20.-24.6. vorne ruhig; vom 25. bis 30/6. Wetter kühler nach Gewitter, vorne ruhig. Vom 1.-7.7. wieder teils regnerisch, teils schön, im ganzen etwas kühler. Ab 2/3.7. muss ich Levy vertreten, der in Urlaub gefahren ist. Vorne ist es ruhig und heiß geblieben bis zum 15.7. absolut nichts Neues. Wetter abwechselnd Regen + Sonnenschein. In der Nacht auf den 16/7. wurde ein Unternehmen gemacht, der Reichskanzler zurückgetreten und Dr. Michaelis seinen Posten übernommen hat. Vom 17.-25/7. vorne nichts von Belang, ruhig. – Wetter kühler. Am 25/7. nachm. starkes Gewitter mit wolkenbruchartigem Regen. 2 Bäume im Park umgeworfen, einer an der Oise und der andere, der durch das neulich im Park heruntergekommene Geschoss stark in Mitleidenschaft gezogen war, fiel an der Stelle eingeknickt um.

Seit einigen Tagen haben die Deutsch-Oetr. und Türkischen Truppen die Offensive in Galizien ergriffen und die Russen mächtig zurückgeworfen. 26-30.7. Die Erfolge in Ostgalizien werden stark erweitert und bis zum 8/8. ist fast ganz Ostgalizien und die Bukowina wieder vom Feinde befreit. Am 31/7. Beginn der grossen englischen Offensive in Flandern, die aber – abgesehen von kleinen örtlichen Erfolgen bei Ypern – fehlgeschlagen ist, besonders durch das tapfere Verhalten unserer Truppen und durch das sehr regnerische Wetter, das alles unter Wasser setzte. Am 5.8. werfen feindliche Flieger Bomben in Origny dicht bei der Brigade, wodurch Oberlt. Tigör am Kopf und an beiden Beinen verwundet wird und ist Lazarett kommt. Vorne bei uns ist alles unverändert ruhig, während die St. Quentin-Nachbar-Divisionen Erfolg gegen den Feind haben und Gefangene machten, besonders am 10/8., wo fast 200 Mann gefangen genommen wurden. Wetter abwechselnd gut aber meistens Regen und starke Gewitter Anfang August. (Paul Grönbold ist am 5/5. in französ. Gefangenschaft geraten, schwer verwundet, linkes Bein abgenommen). 11-15.8. nichts Besonderes. Wetter meistens Regen.

Am 15.8. kommt die Nachricht, dass die Division aufgelöst wird und das Regiment vorerst in kleinen Ort östlich von Lucy untergebracht wird, Brigade u. Division in Guise. 16.8.-19.8. alles unverändert; die Ablösung beginnt, 18/8. wird I. Batl. abgelöst und geht nach Audigny, am nächsten Tag II. Batl. nach Penieux, am 20/8. III. B. nach Landifay. Am 20.8. fährt das Vorkommando, ich bin dabei. – Wir marschierten 6.45 am von Lucy nach Origny- Bhf. Rampe, Abfahrt 10 ½ am nach Guise, weiter nach Mons-Bergen, wo um 5 pm warm Verpflegung eingenommen wurde, und über Gent nach Wareghem [Waregem]; dort eingetroffen gegen Mitternacht.

21/8. Lt. Dietrich und 2 Mann gehen nach Wakken – unserm Unterk.-Ort weiter. Ich bleibe mit 3 Mann am Bahnhof bei den beiden untergestellten Fahrzeugen, schlafe auf einem Heuwaggon bis [Kellwarden?], ziehen dann mit der Eselskarre los nach Wakken. 1 bleibt als Wache bei den beiden Wagen zurück. Treffen in W. um 8 ½ am ein und finden dort die Quartiermacher von uns + I. u. II. Batl. vor. Vormittags mit Quartier gemacht, was sehr langweilig und umständlich Lt. D. gemacht wurde und häufig durch Lt. Kanner + Othegraven umgeschmissen wurde, was Lt. D. sich gefallen liess. Nachm. traf I. + etwas II. ein. Verpflegung für uns war nicht da; wir kauften uns bei den Bauern einige Eier. Nachm. sandte mich Lt. D. nach Wareghem [Waregem] zurück, um die Wache abzulösen, was aber zu spät war und ich nicht nach Wakken ging. Abends hörte ich, dass die 208. Inf. Div. nach Roulers durch sei und der Regts.-Stab auch durchgefahren sei (bis Lichterfelde). Nachts bei den Wagen gewacht bis 4 am am 22/8., dann B. bis 7 am, um welche Zeit ich mich nach Wakken auf den Weg machte, da ich keinen Befehl in der Nacht erhalten hatte. Dort traf ich nur noch Lt. d. R. Siegel, von dem ich mir Anweis für mich und B. nach Roulers und einen für die Bahnhofs-Kommandantur Wareghem [Waregem] und für Verpflegung und Unterkunft für die Orts-Kdtur Wareghem [Waregem] geben liess und dann wieder nach W. ging, wo gegen Mittag bei dem B. landete. Ich sprach dann mit dem Stat.-Vorsteher, der mir für den anderen Morgen 80 einen Waggon versprach. Dann ging ich zur Ortskdtur und erlangte nach vieler Mühe für mich + B. für 1 Tag Verpflegung. Wir hatten schon vorher wegen Hänger die Kiste mit den eisernen Portionen aufgebrochen und jeder 1 Dose verzehrt. 23/8. Der Stat.-Vorsteher ist krank geworden, und ich erhielt den versprochenen Waggon nicht, gab daher einen Fernspruch zum Regt. auf + bat um Instruktionen. Mittags machen wir uns von Dosenfleisch und gekauften Kartoffeln warmes Essen mit Bohnensalat dazu. Dann traf ich am Bahnhof Wehrm. Hauft gr. Bagage, der mich suchte und mir sagte, dass abends oder für den andern Morgen die Wagen abgeholt würden. Wegen Regen hatten wir die Wagen untergestellt und schliefen nun die Nacht an den 24/8. auf Stroh. 80 vorm. kamen dann die Pferde und holten die Wagen ab. B. und ich fuhren gegen 100 am mit dem D Zug nach Courtrai und von dort nach Roulers, wo wir gegen Mittag beim Regt.Stab eintrafen, die Wagen nachmittags. Wir haben in Roulers schönes Geschäftszimmer, das wir am 25/8. aber für die Brigade räumen mussten, bekamen aber ein ebenso gutes wieder und schliefen jetzt dabei auf Holzwolle, nachdem ich mit Levy 1 Nacht im Bett schlafen in einem Hause, wo er aber von Wanzen gestochen wurde, weshalb wir wieder Reissaus nahmen. 25/26.8. nichts Neues. Der Stab liebt bei [Ostrienvekake?] in einem Hause, wo sie aber auch mit grossen Kalibern hin schiessen. Am 27/8. furchtbares Trommelfeuer, wie ich es noch nicht hörte, aber der Feind hat nichts erreicht. Am 28/8. wieder ruhiger. Am 29.8. kam der Stab u. I. + II. Batl. nach R. und beziehen Orts-Unterkunft, das III. Batl. am 30/8. als Reserve. Wetter ist nicht schön, Regen u. Wind. In Roulers ist noch fast alles zu haben, wenn auch nicht mehr so, wie im Januar 1917, denn viele Leute sind durch die Beschiessung weggezogen. 31/8. Wetter besser. Grosse Übung im Regiment. 2 Infanterie-Flieger verunglückt, beide tot. ¼.9. Wetter gut + wärmer; vorne ruhiger, dafür rege Fliegertätigkeit. Am 3.+4.9. abends warfen Flieger Bomben auf Roulers + zwar am 4/9. sehr dicht beim Geschäftszimmer, ein Dutzend circa. – Es gab einige Verwundete +viele zerbrochene Fensterscheiben. Wir verloren 2 Tote durch die Bomben und ca. 6 Verwundete. Am 5/9. zogen wir nach Hooglede auf ein Gehöft und  wohnen dort ganz nett,die Off. sind auf dem Gefechtsstand. Wetter schön. Am 6.9. wird Gefr. Euer bei einem Meldegang verwundet und kommt nach Hooglede ins Lazarett. Geht ihm ganz gut bis auf den rechten Arm. Am 7/9. nachm. passiert das grosse Unglück beim Regts.Stab wodurch der Major, Adjutant, M.G. Offizier und N.M.O. getötet sowie Lt. Stuke u. Dietrich verwundet wurden, ausserdem Huppertz getötet. Lt. St. u. D. kamen ins Lazarett hier und es geht ihnen ganz gut. Am 8.-11.9. nichts Besonderes; einige Verluste täglich vorne, abends immer feindliche Flieger über uns, keine Bomben bei uns geschmissen. 10.9. findet Beerdigung der 5 hier auf dem Friedhof statt, die sehr feierlich war; es wurden Aufnahmen gemacht. 12.9.-15.9. nichts Neues, Wetter schlechter. Am 15.9. werfen 2 Flieger Bomben ganz in unserer Nähe, wodurch Pferde von MGK getöet und 2 Mann schwer u. 4 Mann leicht verwundet wurden. Ausserdem vom II. Batl. 4 Pferde getötet; ferner im Ort H. auch noch ca. 10 Pferde tot und einige Mann verwundet. 16.-18.9. regnerisch; am 18. wird es etwas unruhiger vorne + hält das bis zum 19. an, ohne dass Besonderes vom Feind erfolgt. Der Gefr. Staus wird am 17. ziemlich beschossen und geht die gesamte Leuchtmunition in die Luft und die Melderäder kaput und verbrannt. Am 20.9. Wetter besser, aber windig. Es ist Grosskampftag, nachts Trommelfeuer; die Engländer kommen links bei Gren. Regt. 5 und 185 vor; unser II. Batl. muss stürmen und macht die Sache wieder gut. Verluste sind ziemlich bedeutend, aber beim Feind noch grösser, der mächtig ausgerissen sein soll. Fliegertätigkeit sehr rege, auch am 21/9., wo morgens nicht weit von uns ein Engländer abstürzt. In Roulers schmissen die Flieger wieder mächtig Bomben und sollen viel Civil getötet haben und viele Verwundete sein. Am 22.-26.9. Wetter ist schön, daher reichlicher Fliegerbeschuss, die hier in der Nähe und in R. Bomben abwarfen, unheimliche Löcher. Vorne geht es vom 22.9. ab sehr lebhaft zu, der Feind griff an und wurde zurückgeschlagen; wir sollen aber auch viele Gefangene verloren haben. Es sind gefallen: Lt. Thalheim, Lt. d.R. Scheu u. Brauer. von der 4. Komp. wird Lt. Selmbert vermisst, soll tot sein. Eine ganze Anzahl Offiziere, des. II. Batl., ist verwundet und auch viele Mannschaften. Am 26.9. schiessen sie in Sleyhage [Sleihage] hinein, trafen am Wegekreuz ein Haus, das ganz zerstört wurde und eine Menge Leute unter sich begrub. Es wurden 18-20 Leute vom Regt. verwundet und einige getötet. Denklich kommen wir nun bald weg von hier. Vom 27.-30.9. täglich Fliegerbesuch, die auch Bomben abwerfen, so am 28.9. in der Strasse nach Roulers, wodurch 1 Mann tot und 1 schwer verwundet vom II. Batl. sowie 3 Pferde getötet wurden. Die Ablösung ist im Gange seit 29.9. Es kamen 250 EK II und 10 EK I, die 1 Musketier, 3 Unteroffz. u. Lt. d. R. Kiefer, Oberarzt Pfoertner, Lt. d. R. Woldfritz,Lt. Metzdorff, Fricke u. Geissler + Steiner erhielten. Am 1/10. morgens kommen die B. und lösen uns ab. Wir ziehen gegen 10 am ab von Hooglede bei ziemlich warmem Wetter und kommen gut heraus. Nach ca. 2 Std. Marsch kommen wir in Ardoye [Ardooie] an, einem ganz netten Ort, wo ich mit Levy zus. ein Bett hatte, war in einer Kneipe bei Zivil, recht viel los, 4 Mädels, sonst trostlos.

In der Nacht vom 3. auf 4.10. zogen wir ab nach Lichterfelde [Lichtervelde], wo wir gegen 8 am ganz durchnass vom Regen verladen wurden und abfuhren. Die Fahrt ging bei leidlichem Wetter über Gent, Brüssel, Marloie, Uckingen – in letzteren 3 Orten waren Verpflegung- nach [Wautem?] bei Metz, wo wir am 5.10. nachmittags gegen 3 Uhr ankamen; wir hatten dann noch einen kurzen Fussmarsch nach Borneu [Borny], wo wir einquartiert wurden. Ich habe mit Praeger im Lothringer Hof ein feines Bett.

Am 6/10. gab‘s schlechtes Wetter, Regen und Sturm, und viel Arbeit bis 40 morgens, da die Ablösungsbefehle kamen. Wir gehen nämlich schon wieder in Stellung. II. Batl. wird am 7/10. verladen, Regts.Stab am 8/10., III am 8/X. und I. am 9/10. Bagage Fussmarsch, wir Fahrt bis Vigneulles resp. St. Mihiel. Am 7/10. 6 pm fuhren wir a. Lastauto mit dem Offiz.-Gepäck nach Borneu [Borny] bei strömendem Regen ab nach Vign., wo wir um 2 Uhr nachts ankamen. Schliefen dort auf dem Heuboden der Ortskdtur und fuhren morgens 11.30 weiter, nachdem wir gerade noch u. Bagage dort getroffen hatten. Es war am 8/10. trocken und wir kamen gut an, im letzten Ort ging es teils bergab durch eine Schlucht, da wir am Tage nicht über den Berg durften, da dort vom Feind eingesehen werden kann. Zwischen 3 u. 40 kamen wir in St. Mihiel an und bezogen Quartier in einem Schloss, Gesch.-Zimmer II. Etage schön, aber nicht praktisch. Obgleich der Ort nur einige km hinter der 1. Linie ist, liegt noch Zivil darin. Stellung ist aber sehr ruhig. Die Bagage kam gegen 6 pm und wurde dann das Gesch.Zimmer noch eingerichtet. Wetter wurde schlechter u. die nächsten Tage noch stürmisch u. es goss in Strömen bis 13/X. Am 9/10. hatten wir gleich Antreten des U. Stabes, wo der Adj. Lt. Krüger eine Ansprache hielt zum Jäger Ers. 3 und Krender zur Komp. Am 13/X. ist bei uns der 1. Appell in Anzug, der gut verläuft. Wie immer in ruhiger Stellung,gab es in den ersten Tagen viel zu tun, teils bis 2-3 morgens, die die Befehle immer erst gegen Mitternacht kommen. Der Ort ist sehr gross, teils ziemlich zerstört, teils schön, Zivil war überall dreckig. – Arend,Vogel + Klepatz E.K. II. 14.-17/X. nichts Besonderes. Am 16/X. Kino besucht. – 17.X. 2ter Appell von Lt. Stuke in Waffen. Gutes Wetter, aber am 18.X. gleich wieder Regen + Sturm. Am 19.X. u. 20.X. kaltes Wetter und teils Regen. Sonntag 21/X. Hugo‘s Geburtstag, schönes Wetter. Ich wurde zum etatm. Gefr. ernannt. Appell im Ausgeh-Anzug, viel zu tun. 22/23.X. nichts Neues. Am 23/X. wurden 200 E.K. II und 4 E.K. I. verliehen, unter anderen auch das Meinige, das mir von Hpt. Hüttmann am 24.X. abends überreicht wurde mit einigen Worten wie „tragen Sie es in Ehren“ u. „bringen Sie es gut nach Haus“. „Tapferkeit und Pflichttreue werden stets belohnt“. Wetter schön aber kalt. 25-17.X. nichts Neues. Wetter unbeständig. Am 26/X. wird unser grosser Erfolg gegen die Italiener bekannt, wogegen der Vorteil, den die Franzosen an der Aisne erreichten, immer nur klein zu nennen ist. 28.-30.X. schlechtes Wetter, furchtbarer Regen, abends gut und hell. War im Kino, sehr nette Vorstellung. 31/X. -2/XI. teils schön, teils schlechtes Wetter. Nichts Neues; sehr stark gearbeitet. Praeger kommt wegen Hoden-Entzündung ins Lazarett am 2/11. 3-4.XI. Nichts Neues. Annis Geburtstag im Kino gewesen. 5-6.X. nichts Neues, Wetter kühl aber trocken. Am 7/11. wird Major von Quitzow in Aachen beigesetzt, wozu Hptm. Hüttmann + Lt. Stuke hingefahren sind. Major Fouck II/25 trifft ein am 4/11; Hauptm. Pfeifer kam v. d. Türkei. Vom 8-22.11. ist das Wetter abwechselnd gut + schlecht mit Regen und teils auch etwas Frost. Vorne alles unverändert ruhig. Hpt. Hüttmann + Lt. Aschmann erhalten Ritterkreuz vom Hohenzollern Orden. Hpt. Retior das Wilh. Ernst Kriegskreuz des Grosch. v. Weimarer Hausorden. Eine grössere Patrouille in der Nacht vom 20-21.XI. bleibt ohne Erfolg. Grosse hat sich verlobt. Ich war mehrmals im Kino, was eine nette Abwechslung ist. Durch Altmaterialsammeln haben sich viele ein gutes Stück Geld verdient (Metzen, Horn, Preuss). Ich habe leider dazu keine Zeit. Die Nachricht von Italien sind inzwischen immer besser geworden und die Gefangenenzahl ist enorm, dito die Beute, wie noch nie! Da kommt am 22/11. die Nachricht von dem grossen Angriff der Engländer zwischen Arras + St. Quentin (Cambrai), der ihnen einen ziemlichen Erfolg gebracht zu haben scheint. Wir erhielten daher auch schon Andeutungen von Abtransport. 23/11. Der Urlaub wird auf 10 Tage gesperrt, und die Urlauber zu Hause erhalten 10 Tage Verlängerung ihres Urlaubs. Bis zum 25/11. ist das Wetter kalt und regnerisch. Am 25/11. abends wird das Regt. durch Bayern abgelöst. ———————-

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Kriegstagebuch von Georg Wilhelm Schmedes vom 27. Juli 1870 bis 15. Mai 1871

Hier folgt nun das Kriegstagebuch des Hauptmanns Georg Wilhelm Schmedes. Vor einiger Zeit wurde hier bereits sein Kriegstagebuch des Krieges 1866 veröffentlicht. Dort finden sich auch biographische Angaben zu Schmedes.

Wie auch in dem Kriegstagebuch 1866 beschreibt Schmedes ausschließlich Militärisches in diesem Kriegstagebuch. Persönliche Äußerungen oder Wertung sind nicht zu finden. Schmedes war im Krieg 1870/71 als Hauptmann Führer der 6. schweren Batterie im Niederschlesischen Fußartillerie Regiment Nr. 5.

Interessant erscheint die Darstellung der Belagerung von Paris, an der Schmedes mit seiner Batterie vom 19. September 1871 bis 3. Februar 1871 beteiligt war.

Die Abschrift beschränkt sich nur auf die Tagebuchaufzeichnungen. Am Ende des Tagebuches gibt es auch Notizen zu Missständen, die sich bei der Mobilmachung gezeigt haben. Hier wurde vorerst auf eine Abschrift verzichtet.

Unleserliche Worte wurden mit [?] gekennzeichnet. Die korrekte Schreibung von Ortsnamen wurde ebenfalls mit eckigen Klammern markiert – soweit die Orte identifiziert werden konnten.

Erste Seite des Kriegstagebuches von Georg Wilhelm Schmedes

Handgezeichnete Karte im Kriegstagebuch

Kriegstagebuch von Georg Wilhelm Schmedes vom 27. Juli 1870 bis 15. Mai 1871

Mittwoch den 27. Juli der 12te Mobilmachungstag

[?]

[??] die Bahnverwltg.

5 Wa für Offiziere

5 Wagen für 135 Mann

22 Pferdewagen

17_4 [Räder?]

1 Feuerzeugwagen

Den 30. Abmarsch vom Cantonnement Mrgs. 4 Uhr. Verladen der Fahrzeuge von ½ 1 bis ½ 2.

Abends von 7 Uhr 5 Minuten ab Verladen der Pferde. Abfahrt um 8 Uhr 10 Minuten. Die meisten Wagen viel zu niedrig, und keine Wagen für Geschirre und keine Zeit dieselben abzunehmen, die Satteldecken stießen oben an die Decke an.

Den 31.7.70. In der Stadt die Sattel z. Theil angenommen früh Morgens selbständig abgesattelt und die Sattel in die Mitte zw. den Pferden niedergelegt. Früh 7 Uhr Ankunft in Görlitz, daselbst Mittagessen. Abfahrt um 8 Uhr. 5 Uhr Nachm. Ankunft in Leipzig. Abfahrt 6 Uhr. Die Mannschaft mit Kaffee verpflegt.

Den 1.8.70. In Lichtenfels 8.10 früh weiter. 7 Uhr 10. Die Mannschaft Mittagessen. In Aschaffenburg bis 9 ¼ U. weiter 10 ¼. Die Mannschaft Mittagessen.

Den 2.8.70. Ankunft in Landau um 7 Uhr früh. Abmarsch um 8 Uhr in das Cantonnement Offenbach. Abends um 7 Uhr dort allarmirt und Nachts 12 Uhr Bivouak bei Billingsheim bezogen.

Den 3.8.70. Den Tag über im Bivouak geblieben.

Den 4.8.70. Früh 4 Uhr ausgerückt. Um 11 Uhr bei Weichenburg. Daselbst Gefecht der 9ten Division. Die Batterie kam nicht mehr zur Aktion.

Den 5.8.70 Aufbruch aus dem Bivouak bei Weißenburg früh 7 Uhr Rondesvus auf dem Paisberg. Die 6te schw. Batterie bei dem Gros der 10ten Division hinten dann 7ten [?]. Direction gegen Preuschdorf. – Um 5 Uhr Einrücken in das Bivouak bei Reuschdorf.

Den 6.8.70. Um 9 ½ Uhr wurde die Batterie im Bivouak allarmiert. Sie ging im Abtheilungsverband auf die Straße und weiter im Trab vor und nahm Stellung vorwärts Dieffenbach nach der östlich von Elsasshausen aufzustellenden Batterien. Die Batterie beschoß dieselben auf 3200 Schrittt und wie es schien mit Erfolg. Das Feuer derselben ließ nach und hörte dann ganz auf. Hierauf beschoß die Batterie den Ort Elsasshausen auf 4200 Schritt. Die Granaten schlugen in das Dorf, nach kurzer Zeit brannte dasselbe. Gegen 1 Uhr trat ein Moment ein, wo unsere Infanterie sich von den Höhen östlich Elsashausen zurückzog, es folgten in der Richtung gegen den südlichen Eingang von Wörth bedeutende feindliche Infanteriemaßen in geschloßenen Kolonnen. Die Batterie beschoß dieselben auf 1800 Schritt und traf die [?] der Kolonne, es wurden 200 Schritt abgesetzt und schlug nun Schuß um Schuß in die dichte Maße ein, wie ich mich nachher an Ort und Stelle überzeugt ist die Wirkung eine sehr bedeutende gewesen; unsere Infanterie fing bald wieder an zu avanciren.

Die Batterie beschoß dann auf 3600 Schritt feindliche Batterien die westlich des Weges von Wörth nach Elsashausen aufgestellt waren. Zwischen 2 und 3 Uhr wurde die Batterie gegen Wörth vorgezogen. In der inne gehabten Stellung hatte sie 8 Pferde und 6 Leute Verlust. Hiervon 4 Pferde todt, 4 leicht verwundet und 3 Mann schwer und 3 Mann leicht verwundet. Bei dem weiteren Vormarsch durch Wörth mußte die Batterie in dem Ort halten bleiben weil die Brücke über den Sauerbach abgebrochen war, bei dieser Gelegenheit wurde die Batterie aus den Häusern stark beschoßen, es blieb 1 Pferd todt und wurde 1 Mann schwer verwundet. Nachdem die Brücke hergestellt marschierte die Batterie Wörth in eine Reserve-Stellung nördlich und nahe bei Elsashausen. Durch einen General wurde die Batterie von hier aus nach Froeschweiler hingeschickt um gegen dort stehende Mitrailleusen zu wirken. Mitrailleusen dort nicht mehr im Feuer und konnte die Batterie mit 4 Geschützen sich noch in die gegen Froeschweiler genommene Artillerie-Position einfügen und beschoß auf 1500 Schritt die Eingänge von Froschweiler. Gegen 5 Uhr rückte die Batterie von huer aus in das Bivouak bei Froeschweiler.

In der 1ten Aufstellung schlugen die Granaten maßenhaft unmittelbar vor der Batterie einzelne in der Batterie und die miesten waren 30 bis 50 Schritt hinter der Batterie ein. Die vor und hinter der Batterie eingeschlagenen Granaten verursachten keinen Schaden, da dieselben in dem aufgeweichten Boden stecken blieben und erst einige Zeit nach dem Aufschlag crepierten. Die gegen uns abgefeuerten Schrapnels crepierten viel zu früh und veranlaßten nur die Verwundung eines Mannes. Die Mannschaft der Batterie hat sich während des Gefechts durch weg sehr brav gezeigt aus zeichnete sich namentlich der Kanonier Pritweiler aus, der trotzdem er verwundet war das Geschütz noch weiter bediente bis ihn die Kräfte verließen. Ferner haben die Feldwebel Feucher und der [?] Sergeant Scheurich der Batterie sehr gute Dienste geleistet, dadurch daß sie den Munitions-Ersatz sowie den Ersatz der verwundeten Pferde mit großer Präcision und Schnelligkeit bewirkten, so daß ich ihre Thätigkeit lobend erwähnen muß.

An Munition wurde verfeuert 276 Stück Granaten.

Sonntag den 7.8.70. Bivouak bei Froeschweiler.

Den 8.9.70. Abmarsch früh ½ 6 Uhr aus dem Bivouak. Die Batterie war dem Vortrupp der Avantgarde zugetheilt. Um 1 Uhr Bivouak bezogen bei Uhrviller.

Den 9.8.70. Abmarsch früh 7 ½ Uhr. Die Batterie gehörte zu dem Haupttrupp der Avantgarde. Um ½ 2 Uhr Bivouak bezogen bei Bischwiller.

Den 10.8.70. Abmarsch früh 7 ¾ Uhr. Die Batterie blieb dem Haupttrupp der Avantgarde zugetheilt. Um 12 Uhr Ankommen in Siewiller.

Den 11.8.70.

Abmarsch früh 5 ½ Uhr. Einrücken das Cantonnement Bischeim um 12 Uhr früh. Avantgarde. Batterie.

Den 12.08.70. Ruhetag in Bischeim.

Den 13.8.70. Abmarsch aus Bischeim früh 6 Uhr. – Einrücken in das Bivouak bei Azoudange Nachm. 5 Uhr. Avantgarde Batterie.

Den 14.8.70. Abmarsch aus dem Bivouak um ½ 7 Uhr. Einrücken ins Cantonnement Henamenil um 5 Uhr abends. – Die Batterie in Reserve.

Den 15.8.70. Abmarsch aus Henamenil früh 6 ½ Uhr Ankunft um ¾ 2 Uhr in Cantonnement St. Nicolas. Die Batterie in Reserve. Beim Rondezvous die Abtheilung wieder vereinigt.

Freßbeutel, Futtersäcke und Protzsäcke, sowie Bandbeutel sind heute noch zu waschen und dann zu flicken. –

Beschlagen der Pferde, speziell Aufschlagen der Hintereisen. Beschlagen der Deichseln. Morgen früh um 6 Uhr: Vertheilen des Hafers, weitere Instandsetzung der Geschütze und Wagen.

Reinigen der Verschlüße p.p. Schließl. gründliches Putzen der Pferde. Weitere Eintheilung und Beschirrung der Pferde. – Ermittlung von fehlenden Geschirrstücken p.p. Reinigen der Geschirre. – Nachmittag Antreten der completten Batterie. Revision der Wagenverpackung – Geschirrschmieren.

Den 16.8.70. Die Batterie Ruhetag in St. Niclas.

Den 17.8.70. Nachmit. Abmarsch aus St. Nicolas früh 5 Uhr. Cantonnement in Chaligni [Chaligny]. Ankunft um ½ 12 Uhr. Die Batterie marschierte in Abth. Verband.

Den 18.7.8.70. Abmarsch aus Chaligny früh 4 ¼ Uhr, eingetroffen in Gye um 2 Uhr Nachm. Daselbst Cantonnement. Marschirt in Abthlgs. Verband.

Den 19.8.70. Abmarsch aus Gye früh 7 Uhr – eingerückt in das Cantonnement Rigny la salle um 1 Uhr Mittags. Marschiert im Abthlgs. Verband.

Den 20.8.70. Abmarsch aus Rigny la salle früh 6 ¼ Uhr. Eingerückt in das Cantonnement Demange um ½ 2 Uhr. – Die Batterie marschierte im Abtheilgs. Verbande. –

Den 21.8.70. Ruhetag in Demage.

Den 22.8.70 dasgle.

Den 23.8.70. Abmarsch aus Demange früh 5 Uhr. eingerückt in Aulnois [Aulnois-en-Perthois] das Cantonnement Aulnois um 1 Uhr Mittags.

Den 24.8.70. Abmarsch aus Aulnois früh 7 Uhr eingerückt in das Cantonnement Comble [Combles-en-Barrois] Mittags ½ 12 Uhr. –

Den 25.8.70. Abmarsch aus Comble [Combles-en-Barrois] früh ½ 5 Uhr eingerückt in das Cantonnement Villiers le Sec um 1 Uhr Mittags. –

Den 26.8.70. Ruhetag in Villiers le sec. – Auf Divisionsbefehl wurden in dem Orte 4 Pferde für die Batterie durch den Major Bauer vom 6ten Regiment reqiriert. –

Den 27.8.70. Abmarsch aus Villiers le sec früh 4 Uhr. Eingerückt in das Cantonnement Villers en Argonne Nachm. ½ 2 Uhr.

Den 28.8.70. Abmarsch aus Villers en Argonne früh 4 Uhr eingerückt in Cantonnement Ville sur Tourbe Mittags um 2 Uhr. –

Den 30.8.70. Ausgerückt aus dem Bivouac bei Senuc früh 5 ½ Uhr. – Rendezvous bei Oches, dort der Avantgarde (20ten Infanterie-Brigade) zugetheilt mit dem Auftrag sich in Besitz des Dorfes la Besace zu setzen.

Ankunft daselbst um 10 Uhr, das Dorf war vom Feind nicht besetzt. Die Batterie kam an diesem Tage nicht zum Feuern. Um ½ 11 Uhr rückte sie in eine Vorpostenstellung bei la Besace ein.

Den 31.8.70. Abmarsch aus la Besace früh 6 Uhr in demselben Verhältnis mit der 20 Brigade marschiert bis Chéhéry, dortselbst um 4 Uhr eingetroffen und Cantonnement bezogen. –

Uebergang über die Maas zw. Vrigne Meuse und Donchery nach Vrigne aux bois vor St. Menges am ersten Haus links hinauf 1te Stellung auf der Cuppa geschossen nach der Höhe bei Floing. Abmarsch über Fleigneux nach dem linken Flügel der Artillerie Aufstellung. Wirkg. gegen die feindl. Stellg. bei Illy. 3te Stellung wurde bis auf 400 [Schritt] an Illy.

Den 1.9.70. Die 6te schwere Batterie welche mit der 6ten leichten der 20ten Inf. Brigade als Awantgadre Batterie zugetheilt war, wurde Nachts ½ 1 Uhr in Chéhéry alarmiert und marschierte die Awantgarde dort um ¼ 2 Uhr ab über Chevanges nach der Maas bei Vrigne Meuse. Dort Uebergang über die Maas und Weitermarsch über Vivier au Court, Vrigne aux Bois längs der Maas hin bis vor St. Menges. Hier erhielt die Batterie den Befehl links von der Straße einen sehr steilen Abhang hinauf zu gehen. Es gelang dies nur mit 3 Geschützen und zwar zunächst mit dem Zug des Sec. Lieut. Wild in der Weise, daß zunächst die Protzen mit Beihülfe der gesammten Bedienungsmannschaft und hiernach die Laffeten durch die Mannschaft unter Beihülfe der [?] hinauf geschafft wurden. Die ganze Arbeit geschah unter dem heftigsten feindlichen Artilleriefeuer. Die 3 Geschütze nehmen auf der Höhe nordöstlich St. Menges Aufstellg. und feuerten auf 5000 Schritt gegen die auf der Höhe bei Floing aufgestellten feindlichen Geschütze. Den Rest der Batterie führte der Pr. Lieut. Rothenburg durch St. Menges hindurch nach der Aufstellung der 3 Geschütze. Da die Batterie hier keine geeignete Wirkung fand und keine weiteren Befehle eingingen ging die Batterie dem Kanonen-Donner nach und zwar im Trabe durch Fleigneux hindurch auf den linken Flügel der Artillerie-Aufstellung des 11ten Feld-Regiments neben der Batterie Kormann. Die 6te leichte Batterie nahm später noch Aufstellung links von der Batterie an einem einzel stehenden Gehöft. In dieser Stellung nördlich Illy beschoß die Batterie die feindlichen Batterien in den Entfernungen von 2000 bis 3600 Schritt mit sichtbaren Folgen. Protzen gingen in die Luft und feindliche Batterien wechselten oft ihre Stellung. Nachdem die feindlichen Truppen sich mehr gegen die Waldungen auf den Höhen hinter Catraire d´Illy zurückgezogen ging die Batterie bis auf circa 400 Schritt vor Illy vor und zwar gleichzeitig mit der der 6ten leichten Batterie. In dieser letzten großen Artillerie-Aufstellung hatte die Batterie so ziemlich das Centrum, rechts von ihr stand die 6te leichte Batterie und links von ihr fuhr später hier noch die 5te leichte Batterie auf.

In dieser Stellung bekämpfte die Batterie mit vorzüglichen Erfolgen, die mehrfach auf verschiedenen Punkten vorbrechende feindl. Infanterie, die Batterie war gegen diese Punkte so gut eingeschossen, daß man jede Granate richtig einschlagen sah, die vorgehende feindliche Infanterie kam nie weiter als circa 100 Schritt und ging dann im Laufschritt wieder zurück. Währenddem die Batterie keine Infanterie zu beschießen hatte, feuerte sie gegen die feindlichen Batterien auf den Höhen südlich Illy auf 4200 Schritt und wie es schien mit gutem Erfolg. Die Infanterieziele lagen von 1800 Schritt ab bis 2600 Sch. In allen 3 Stellungen wurde die Batterie mit feindlichen Granaten überschüttet ohne großen Schaden zu erleiden, Granaten schlugen mehrfach auf 1 bis 2 Schritt neben den Geschützen ein und verursachten keinerlei Verwundungen. Die Batterie hat an Verlusten nur einen Schwerverwundeten den Trompeter Werner und 6 leicht Verwundete Leute, ferner 2 todte und 3 leicht verwundete Pferde. An Munition hat sie in den 3 Aufstellungen zusammen verschoßen 439 Stück Granaten. Die Haltung der gesammten Mannschaft im Gefecht war vorzüglich. Die Batterie war von ½ 10 Uhr früh bis circa 4 Uhr Nachm. im Gefecht. Namentlich zeichneten sich aus:

  1. Sergeant Karsch (leicht verwundet)
  2. Unteroffizier Friedrich Borchard im Lazarett
  3. Unteroffizier Karl Seifert
  4. Unteroffizier August Manack
  5. Unteroffizier Gustav Kopke im Lazarett
  6. Gefreiter Stephan Bergelo
  7. Gefreiter Weichelt
  8. Kan. Lehmann im Lazarett
  9. Unterlazarettgehilfe Siemann

Außerdem erhielt die Batterie mehrfach Infanteriefeuer auf 1800 bis 2000 Schritt. –

Richard Schafer

Gegen 6 Uhr kehrte die Batterie zu der 20ten Infanterie-Brigade in die Vorposten-Stellung bei Calvaire d´Illy zurück und verblieb daselbst die Nacht. –

Den 2.9.70. Die Batterie verblieb mit der 20. Brigade auf Vorposten in Bereitschaft zur eventuellen Beschießung von Sedan, –

Den 3.9.70. Vormittags ½ 8 Uhr Abmarsch aus dem Bivouak bei Calvaire d´Illy denselben Weg zurück über die Maas ins Cantonnement zu Dom-le-Mesnil. –

Den 2.9.70. Mein [?] Pferd an Ar. abgegeben.

Den 3.9.70. abgegeben an Pferden an den [?] 1. die Tanne. 2. den Fuchs vom [?]- 3- Gustav u. 4. 1 Schimmel aus Henamenil.

Den 4.9.70. Vormittags 6 ¾ Uhr abmarschiert aus Dom. le Mesnil, eingerückt um 2 Uhr in das Cantonnement Faissault. –

Den 5.9.70. früh 6 ¾ Abmarsch aus Faissault eingerückt Nachmittags in das Cantonnement Tagnon.

Den 6.9.70. Ruhetag in Tagnon. –

Den 7.9.70. Aus Tagnon ausgerückt um 6 Uhr. Um 4 Uhr in das Cantonnement Reaumont eingerückt. –

Den 8.9.70. Ausgerückt aus Reaumont früh 6 Uhr und Nachm. ½ 3 Uhr in das Cantonnement Epernay [Épernay] eingerückt. –

Den 9.9.70. ausgerückt aus Epernay [Épernay] früh 5 Uhr. Die Batterie war der Awantgarde unter Kommando des Oberst von Henning zugetheilt und bezog um ½ 2 Uhr das Cantonnement Verdon. –

Den 10.9.70. Ruhetag in Verdon.

Den 11.9.70. Nachmittags 6 Uhr mit der Awantgarde ausgerückt auf sehr steilen und steinigen Wegen nach Vilfort [Viffort?] dort Cantonnement bezogen um 10 Uhr früh.

Den 12.9.70. In Vilfort [Viffort?] ausgerückt früh ½ 7 Uhr eingerückt um 11 Uhr in Sablonières [Sablonnières].

Den 13.9.70. Früh ¼ 7 Uhr ausgerückt aus Sablonières [Sablonnières] und Cantonnement bezogen um 11 Uhr in einem Dorf bei Doue gelegenen Gehöften Chateau Doue; zw. einer Inf. Bedeckung von 1 Offizier u. 60 Mann.

Den 14.9.70. In Chateau Doue Ruhetag.

Den 15.9.70. Abmarsch aus Chateau Doue um 7 Uhr. Die Batterie trat aus dem seitherigen Verhältnisse der Awantgarde heraus und marschierte mit ihrer Bedeckung nach Boissy. –

Im Abtheilungs-Verband weiter marschiert und Cantonnement bezogen in Crecy [Crécy-la-Chapelle] Mittags 1 Uhr.

Den 16.9.70. Ausgerückt aus Crecy [Crécy-la-Chapelle] um 8 Uhr und Cantonnement bezogen Mittags um ½ 2 Uhr in Fontenay. –

Vorm. Lieut. von. Rothenburg wurde von der Batterie abcommandiert und mit der Führung der 5ten leichten Batterie beauftragt.

Den 17.9.70. Früh 7 Uhr ausgerückt aus Fontenay und Nachmittags ½ 5 Uhr Cantonnement in Mandres [Mandres-les-Roses] bezogen, –

Den 18.9.70. Früh 5 Uhr Abmarsch aus Mandret [Mandres-les-Roses]; um 8 Uhr die Seine passiert bei Villeneuf [Villeneuve-Saint-Georges] und Cantonnement in Palaiseau Nachm. 5 Uhr bezogen.

Den 19.9.70. Früh ¾ 5 Uhr aus Palaiseau ausgerückt, zwischen 9 und 10 Uhr wurden die 4 Batterien der Abtheilung nach dem in der Richtung von Villacoublay vernehmbaren Kanonendonner im Trabe hindirigirt. Dort angekommen blieben sie als Reserve halten und kamen nicht zur Verwendung. Um Mittag wurde der Marsch gegen Versailles fortgesetzt. Diese Stadt Stadt gegen 3 Uhr passirt und um 5 Uhr von der Batterie Bivouak bei Chesnay [Le Chesnay] bezogen.

Den 20.9.70. Blieb die Batterie im Bivouak bei Chesnay stehen.

Den 21.9.70. Mittags ¾ 12 Uhr rückte die Batterie in Allarmquartiere nach Bougival ab. Das Detaschement zu dem die Batterie gehört war unter Kommando des Oberst Eberhard und löste die Vorposten um 3 Uhr in Bougival ab.

Den 22.9.70. Die Batterie blieb auf Vorposten in Bougival.

Den 23.9.70. Nachmittags 3 Uhr wurde die 6te schwere Batterie von der 2ten leicht. Batterie auf Vorposten abgelöst und rückte um ¾ 4 Uhr nach dem Cantonnement Marly le roi ab und traf dort um 5 Uhr Abends ein.

Den 24.9.70. Die Batterie blieb im Cantonnement Marly le roi.

Den 25.09.70. (Sonntag) Die Batterie marschierte um 7 Uhr nach Beauregarde woselbst in der Nähe Feldgottesdienst abgehalten wurde, von da aus marschierte sie in das Cantonnement du Chesnay eingerückt um 12 Uhr.

Den 26.9.70. Die Batterie blieb in du Chesnay. –

Den 27.9.70. Dasgl.

Den 28.9.70. Dasgl.

Den 29.9.70. Früh ½ 8 Uhr wurde die Batterie durch eine von der Abtheilung abgeschickte Ordonnanz allarmirt und marschierte nach dem Allarmplatze bei Beauregarde [Beauregard] um 10 Uhr rückte die Batterie wieder in du Chesnay ein und marschierte um ½ 1 Uhr nach Bougival ab, woselbst sie die dort auf Vorposten stehende 5te schwere Batterie ablöste. Dort wurde der Bau eines Geschützemplacement für 6 Geschütze von der Bedienungsmannschaft sofort in Angriff genommen.

Den 30.9.70. Die Batterie blieb auf Vorposten in Bougival. Das Geschützemplacement wurde beendet. –

Den 1.10.70. Ablösung in Bougival durch die 5te schwere Batterie Nachm. um 3 Uhr. Die Batterie rückte Nachm. 5 Uhr in das Cantonnement du Chesnay.

Den 2.10.70. Die Bedienungsmannschaft baute ein Geschützemplacement bei Beauregarde [Beauregard]

Den 3.10.70. Beendigung des Baues bei Beauregarde [Beauregard]. –

Den 4.9.70. Die Batterie blieb bei Chesnay stehen.

Den 5.10.70. Wurde durch die Bedienungsmannschaft Vorbereitung zum Anfertigen von Bedienungs-Material getroffen, es wurden 2 Faschinenbänke aufgeschlagen und Material zu Faschinen und Schanzkörben herbeigeschafft, die Arbeit dauerte von früh ½ 8 Uhr bis Mittags 2 Uhr .

Den 6.10.70. Spannte die Batterie früh ¼ 6 Uhr an und blieb im Geschützpark halten bis um 9 Uhr, dann marschierte die Batterie nach den Allarmplatz bei Beaugarde [Beaugard] und von da um ½ 11 ab zum Ablösen der 5ten schweren Batterie nach Bougival woselbst sie um ¾ 12 Uhr eintraf.

Den 7.10.70. Nachmittags 2 ¼ Uhr ließ mir der Kommandeur der äußersten Vorposten mittheilen, daß sich feindliche Truppen aus allen 3 Waffen bestehend gegen Chatou hinbewegen. Hierauf hin ließ ich sofort die Batterie ausrücken, dieselbe stand mit Ausnahme des 1ten Zuges der nach meinem Befehl gerade abgestellt hatte, nach 3 Minuten zum Abmarsch bereit. Ich befehligte nun den 3ten Zug unter Befehl des Second Lieutenant Schmidt zur Besetzung des Geschützemplacements an der Straße nach Rueil und ritt voran um mich vorn näher zu informieren. Da das Fort Valerien den Ort Bougival und die Höhen über demselben beschoß, ließ ich den 3ten Zug Position nehmen und die Protzen rechts in den Weg hineinfahren, ritt dann zurück und führte die beiden anderen Züge in das Geschützemplacement an der Seine. Auf der Straße nach Bougival die in Rueil selbst eine Biegung nach Osten macht versuchte der Feind verschiedentlich vorzugehen, er kam in Abtheilungen von 20 bis 50 Mann über die Straße und wurde daselbst auf 1400 [Schritt] vom 3ten Zug beschoßen, die Abtheilung machten jedesmal kehrt und gingen wieder zurück. Die 4 Geschütze an der Seine thaten 2 Schuß gegen Recognoscirungstrupps, die sich gegen Chatou bewegten und 3200 [Schritt], dieselben zogen sich danach wieder zurück. Die Batterie hat im Ganzen 7 Schuß gethan. Nach dem 2ten Schuß brach Feuer in Rueil aus. Der 3te Zug bivouakierte in seiner Stellung. Der übrige Theil der Batterie rückte Abends 6 Uhr nach den Quartieren in Bougival ab. Verluste hat die Batterie nicht gehabt. –

Um 11 Uhr Abends wurde die Batterie wieder alarmirt und rückten die 4 Geschütze auf Befehl des Abschnitts-Kommandeurs Oberst Eberhard in das Geschützemplacement an der Seine weil angeblich in der Nähe von Rueil circa 2000 Schritt vorwärts eine Batterie gebaut werde. Nachdem ausgefasste Patriuillen das Grundlose des Allarms überhaupt festgestellt, erhielten die 4 Geschütze um 3 Uhr Nachm. den Befehl wieder einzurücken.

Den 8.10.70. Früh 5 Uhr spannte die Batterie an und verblieb im Geschützpark in Bereitschaft bis um ½ 7 Uhr. Der 1te Zug löste um diese Zeit den 3ten Zug im Geschützemplacement an der Barrikade ab. Um 11 Uhr erhielt auch dieser Zug den Befehl wieder einzurücken. Abends um 11 Uhr schlugen schwere Granaten in der Nähe des Geschützparks ein und ließ ich deshalb sofort die Geschütze einzeln hintereinander dicht ab die auf der rechten Seite stehende Häuserreihe anfahren.

Den 9.10.70. Früh 5 Uhr rückte die Batterie wieder wie gestern in den Park und um 6 Uhr wieder in die Ställe und verblieb daselbst vollständig zum Ausrücken fertig bis 8 Uhr stehen. – Abends um ¾ 11 Uhr ab wurde Bougival wieder vom Forts Valerien beschoßen, um ½ 12 Uhr wurde die Batterie wieder allarmirt, weil sich feindliche Truppen von Westen her gegen das Forts Valerien bewegten, die Batterie erhielt nach einer halben Stunde den Befehl wieder einzurücken und in den Ställen bereit zu stehen. Um 2 Uhr Nachts wurde diese Bereitschaft wieder aufgehoben.

Den 10.10.70. Früh 5 Uhr wie gestern. Um ½ 1 Uhr wurde Bougival, namentlich der Beobachtungsposten bei la Jonchère bis gegen 2 Uhr beschossen.

Den 11.10.70. Früh 5 Uhr wie gestern. Von 11 bis 1 Uhr wurde Bougival vom Forts Valerien kräftig beschossen. Um 2 Uhr wurde die Batterie durch die 5 leichte Batterie abgelöst und bezog dieselbe gegen ½ 3 Uhr das Cantonnement Grand Chesnay.

Den 12.10.70. Die Bedienungs-Mannschaft ging früh ½ 8 Uhr zur Straucharbeit. Um 2 Uhr wurde die 10te Division alarmirt und rückte um ½ 5 Uhr wieder in das Cantonnement.

Den 13.10.70. Straucharbeit von früh ½ 8 Uhr bis Mittags 2 Uhr. –

Den 14.10.70. Straucharbeit von früh ½ 9 Uhr bis Mittags 2 Uhr.

Den 15.10.70. Straucharbeit wie gestern.

Den 16.10.70. Straucharbeit wie bisher. –

Den 17.10.70. Früh 11 Uhr rückte die Batterie auf den freien Platz im Park zu Beauregarde [Beauregard] woselbst Se. Königliche Hoheit der Kronprinz eine Anzahl Eiserne Kreuze an die 90te Division vertheilte. Hiernach Parademarsch vor Sr. Königl. Hoheit.

Den 18.10.70. wie 16.10.70.

Den 19.10.70. wie am 16ten.

Den 20.10.70. dasgle.

Den 21.10.70. Die Anfertigung des Batteriebaumaterials restirte statt dessen fertigte die Bedienungs-Mannschaft um ½ 8 Uhr bis 2 Uhr Bekleidungsmaterial für die Sappenarbeiten.

Nachmittags 2 Uhr wurde die Batterie allarmirt und marschierte hinter dem 2ten Bataillon des 37ten Regiments gefolgt von dessen 3ten Bataillon nach la Salle St. Cloud, in diesem Orte selbst verblieb sie in Reserve während des Gefechts bei Bougival, die Granaten vom Forts Valerien schlugen mehrfach in der Nähe der Batterie ein leicht verwundetes Pferd, um 6 Uhr rückte die Batterie wieder in ihr Cantonnement Grand Chesnay ein.

Den 22.10.70. Anfertigung von Bekleidungsmaterial wie am 21ten.

23.10.70. wie am 21ten

24.10.70. dasgle.

25.10.70. desgle.

26.10.70. Früh ½ 9 Uhr Abmarsch nach Bougival, Einrücken daselbst um ¾ 10 Uhr. Die Batterie blieb in ihrem Verhältniß als Batterie der Haupt-Reserve und erhielt die Auflage bei etwaigem Allarm die Geschütz-Emplacements in der Nähe der Seine zu besetzen. Die Bedienungsmannschaften arbeiteten die Nacht über an diesem Emplacement.

Den 27.10.70. Die Batterie baute in der Nacht ein Geschützemplacement bei Malmaison für 2 Geschütze.

Den 28.10.70. Fortsetzung der Arbeit vom 27ten die Nacht hindurch.

Den 29.10.70. Die Batterie löste die 6te leichte Batterie Nachmittags 3 Uhr aus Vorposten ab. Die Nacht hindurch Fortsetzung der Arbeit vom 27ten. –

Den 30.10.70. Die Batterie blieb auf Vorposten in Bougival.

Den 31.10.70. Vorm. 9 Uhr marschierte die Batterie mit Zurücklaßung nur eines Zuges (1ter Zug unter Sec. Lieutenant Wild) in das Cantonnement Louveciennes ab und trat daselbst in die Haupt-Reserve zurück mit der Auflage bei entstehendem Allarm auf den Allarmplatz nach Beauregarde zu rücken.

Der Zug in Bougival zählte zu den Vorposten und hat Stellung an der Barrikade von Rueil genommen, die Pferde sind in der Nähe in Ställen untergebracht. Die Protzen stehen dicht bei der Barrikade hinter einem Hause, in diesem Hause das bombensicher eingedeckt ist sind die Bedienungsmannschaften untergebracht.

Den 1.11.70. Die Batterie verblieb in dem angegebenen Verhältniße vom 31.10.70.-

Den 2.11.70. Wie am 31/10 70.

Den 3.11.70. dasgle.

Den 4.11.70 Nachm. 3 Uhr wurde der Zug in Bougival durch einen Zug der 5. leichten Batterie abgelöst und rückte in das Cantonnement Louveciennes ein. Die Batterie erhielt eine andere Verwendung, sie sollte für den Fall eines Allarms stellung auf der Höhe bei St. Michel nehmen und gegen Rueil hin wirken. Für den Fall des Zurückgehens der 10ten Division in die Stellung von Beauregarde sollte die Batterie in einer Stellung bei les Cresset das [Delouchieren?] der feindlichen Truppen aus la Celle St. Cloud verhüten.

Den 5.11.70. Die Bedienungsmannschaft richtete Geschütz-Emplacement bei St. Michl ein.

Den 6.11.70. dasgle

Den 7.11.70. dasgle

Den 8.11.70. dasgle

Den 9.11.70. Dasgle. Die Arbeit an dem Geschützemplacement wurde beendet. Dasgle die Ausbesserung der dahin führenden Wege zu Ende geführt.

Den 10.11.70. Die Batterie verblieb in Louveciennes.

Den 11.11.70. dasgle

Den 12.11.70. dasgle

Den 13.11.70. Nachmittags gegen 4 Uhr fielen vom Forts Valerien aus 4 Granaten in die ersten Häuser von Louveciennes resp. Voisin ohne Schaden zu verursachen. –

Den 14.11.70. Wie am 10.11.70.

Den 15.11.70. dasgle

Den 16.11.70. dasgle

Den 17.11.70. dasgle

Den 18.11.70. dasgle.

Den 19.11.70. Es wurde an den Geschützemplacements bei St. Michel durch die Bedienungsmannschaft die Arbeit wieder aufgenommen, die Emplacements wurden verstärkt. –

Den 20.11.70. Dasgle wie am 19.11.70.

Den 21.11.70. Dasgle.

Den 22.11.70. Vorm. 9 Uhr rückte Batterie auf Vorposten auf St. Michel ab und traf daselbst um 9 ½ Uhr ein zur Ablösung der 6ten leichten Batterie. –

Den 23.11.70. Die Batterie verblieb in St. Michel.

Den 24.11.70. Dasgle

Den 25.11.70. Dasgle

Den 26.11.70. Dasgle

Den 27.11.70. Dasgle

Den 28.11.70. Um ½ 10 Uhr früh wurde die Batterie durch die 5te leichte Batterie abgelöst und marschierte nach Gr. Chesnay.

Den 29.11.70. Früh ½ 10 Uhr wurden die Pferde der Batterie von einer Commission unter Vorsitz des Obersten Schon vom 14ten Dragoner-Regiment untersucht. Diese Untersuchung wurde um ½ 11 Uhr durch eine Allarmirung der 10ten Division unterbrochen. Die Batterie marschierte nach dem Allarmplatze bei Beauregarde und rückte um 12 Uhr wieder ein.

Den 30.11.70. Beendigung der Pferdeuntersuchung durch die genannte Commission.

Den 1.12.70. blieb in Gr. Chesnay

Den 2.12.70. verblieb die Batterie in Gr. Chesnay

Den 3.12.70. verblieb die Batterie in Gr. Chesnay

Den 4.12.70. verblieb die Batterie in Gr. Chesnay

Den 5.12.70. verblieb die Batterie in Gr. Chesnay

Den 6.12.70. verblieb die Batterie in Gr. Chesnay

Den 7.12.70. verblieb die Batterie in Gr. Chesnay

Den 8.12.70. verblieb die Batterie in Gr. Chesnay

Den 9.12.70. verblieb die Batterie in Gr. Chesnay

Den 10.12.70. verblieb die Batterie in Gr. Chesnay

Den 11.12.70. verblieb die Batterie in Gr. Chesnay

Den 12.12.70. verblieb die Batterie in Gr. Chesnay

Den 13.12.70. verblieb die Batterie in Gr. Chesnay

Den 14.12.70. verblieb die Batterie in Gr. Chesnay

Den 15.12.70. verblieb die Batterie in Gr. Chesnay

Den 16.12.70. rückte die Batterie um ½ 8 Uhr auf den Allarmplatz bei Beauregarde und verblieb daselbst bis die Vorposten bei Bougival abgelöst waren, hiernach gegen 9 Uhr marschierte sie nach dem Cantonnement St. Michel ab.

Den 17.12.70. Die Batterie verblieb in St. Michel.

Den 18.12.70. Die Batterie in St. Michel.

Den 19.12.70. Die Batterie in St. Michel

Den 20.12.70. Die Batterie in St. Michel.

Den 21.12.70. Früh 9 Uhr wurde die Batterie allarmirt und später in die Stellung bei St. Michel beordert da sich keine feindlichen Kräfte gegen Rueil hin zeigten, wurde das Einrücken der Batterie gegen 11 Uhr befohlen.

Den 22.12.70. Die Batterie wurde um 8 Uhr durch die 5te leichte Batterie abgelöst und marschirte in das Cantonnement Petit Chesnay.

Vom 22.12.70 bis zum 9.1.71. verblieb die Batterie in Petit Chesnay.

Den 9.1.71. Die Batterie löste früh 9 Uhr die 6[te] leichte Batterie in St. Michel ab.

Den 10.1.71. Die Batterie verblieb in St. Michel.

Den 11.1.71. Nachmittags ½ 2 Uhr rückte die Batterie auf Divisionsbefehl in die Geschützemplacements bei St. Michel und feuerte gegen den Bahnhof von Rueil auf 5300 [Schritt]; nach den Meldungen des Patroiullen hatte die Batterie 2 Treffer in das Bahnhofsgebäude und 1 Treffer in die daneben gelegene Schanze, einige Granaten gingen zu kurz und einige zu weit. Die Beobachtung vom Geschützstand war wegen des Schnees und der etwas nebligen Luft nicht möglich. Nachdem die Batterie 20 Schuß abgegeben hatte, rückte sie wieder ein. –

Den 12.1.71. Die Batterie verblieb in St. Michel.

Den 13.1.71. Die Batterie verblieb in St. Michel.

Den 14.1.71. Früh ¾ 6 Uhr rückte der 1te Zug in eine Stellung auf la Jonchère um die auf 1500 [Schritt] vor den dieseitigen Vorposten gelegene Villa Crochas zu beschießen. Sie Sache kam nicht zur Ausfphrung, weil ein dichter Nebel die Sicht nach der Villa verhinderte um 10 Uhr marschierte der Zug wieder nach dem Cantonnement ab.

Den 15.1.71. Wurde die Villa Crochar von la Jonchère aus auf 2900 [Schritt] beschossen, der 1te Zug gab 4 Schuß ab und hatte davon 3 Treffer in das Haus, –

um 9 Uhr wurde die Batterie in St. Michel durch die 5te schwere Batterie abgelöst, um ½ 11 Uhr rückte sie in dem Cantonnement Gr. Chesnay vor. –

Den 16.1.71. Die Batterie blieb in Gr. Chesnay

Den 17.1.71. Die Batterie blieb in Gr. Chesnay

Den 18.1.71. Die Batterie blieb in Gr. Chesnay

Den 19.1.71. Vorm. ¾ 10 Uhr wurde die Division allarmirt, die Batterie erhielt den Befehl sich der auf Vorposten befindlichen 20 Infanterie-Brigade zur Disposition zu stellen. Die Batterie marschierte deshalb sofort nach la Celle St. Cloud ab und erhielt dort vom General v. Walther den Befehl in die Emplacements am Schwanenteich einzurücken. Gegen 12 Uhr kam der Brigadebefehl, daß 4 Geschütze der Batterie nach der Stellung bei bei St. Michel abrücken sollten um die bei Rueil placirte feindliche Artillerie zu beschießen, eben dortselbst abgelangt, wurden diese 4 Geschütze auf Divisionsbefehl wieder nach dem Schwanenteiche zurückbeordert, hier verblieb die Batterie bis zur Beendigung der Schlacht in einer Stellung die ringsum von Wald umgeben ihr nicht gestattete auch nur einen Schuß zu thun, da sich ihr keinerlei Ziel darbot, während sie anhaltend feindliches Artillerie- und Infanterie-Feuer erhielt, ohne indeß dadurch Verluste erhalten zu haben.

Den 20.1.71. Die Batterie verblieb in Gr. Chesnay.

Den 21.1.71. Die Batterie verblieb in Gr. Chesnay.

Den 22.1.71. Die Batterie verblieb in Gr. Chesnay.

Den 23.1.71. Die Batterie verblieb in Gr. Chesnay.

Den 24.1.71. Die Batterie verblieb in Gr. Chesnay.

Den 25.1.71. Nachmittag 4 Uhr marschirte auf Divisionsbefehl der 1te Zug nach la Jonchère und gab dort 3 Schuß nach der Batterie am gesprengten Haus und 3 Schuß nach er Villa Crochar ab, nach letzterer wurden 3 Treffer beobachtet, während nach ersterem Ziele der Nebel die Beobachtung erschwerte. –

Den 26.1.71. Die Batterie löste früh 9 Uhr die 6te leichte Batterie auf Vorposten St. Michel ab. –

Den 28.1.71. Die Batterie rückte auf Divisionsbefehl Nachm. 2 Uhr in die Emplacements bei St. Michel und feuerte nach Rueil und dem Bahnhof von Rueil, sowie den daselbst gelegenen Geschützemplacements. Auf Corpsbefehl wurde um 3 Uhr das Feuer eingestellt. Die Batterie hatte 34 Schuß abgegeben, ohne daß ihr Feuer erwidert wurde.

Den 29.1.71. Um ½ 9 Uhr marschierte die Batterie nach dem Kiosk der Kaiserin, dort erhielt sie die Mittheilung, daß sie mit zur Besetzung des Mt. Valerien bestimmt sei. Hptm. Schmedes wurde zu der Commission commadirt die das Material der Forts Valerien zu übernehmen hatte und marschierte um 1 Uhr dahin ab. Sec. Lieut. Wild führte um 3 Uhr die Batterie nach dem Forts und traf um ½ 5 Uhr daselbst ein; die Batterie rückte dort in Cantonnementsquartier.

Den 30.1.71. Die Batterie verblieb auf dem Forts Valerien.

Den 31.1.71. Die Batterie verblieb auf dem Forts Valerien.

Den 1.2.71. Die Batterie verblieb auf dem Forts Valerien.

Den 2.2.71. Die Batterie verblieb auf dem Forts Valerien.

Den 3.2.71. Nachmittags 4 Uhr rückte die Batterie nach Rueil ins Quartier. Hptm Schmedes gab die Geschäfte des Platzes vom Forts Valerien an den Hptm. Keil des Festgs-Artillerie-Regiments Nr. 5 ab.

Den 4.2.71. Die Batterie verblieb in Rueil.

Den 5.2.71. Die Batterie verblieb in Rueil.

Den 6.2.71. Die Batterie verblieb in Rueil.

Den 7.2.71. Die Batterie verblieb in Rueil.

Den 8.2.71. Früh 9 Uhr marschierte die Batterie nach Bougival.

Den 9.2.71. Die Batterie rückte um 7 Uhr aus und marschierte über Versailles nach Longpont woselbst sie Abends um 6 Uhr einrückte.

Den 10.2.71. Ausgerückt um ½ 8 Uhr und eingerückt Nachmittags um 2 Uhr in Cuni [Cuny?].

Den 11.2.71. Ausgerückt um ¾ 8 Uhr und eingerückt Nachmittags 3 Uhr in Nanteaux.

Den 12.2.71. Ruhetag in Nanteaux.

Den 13.2.71. Abmarsch um 7 Uhr früh. Ankunft in le Veau [Le Veau Laurent?] Nachmittags 2 Uhr.

Den 14.2.71. Ausgerückt um 8 Uhr früh, eingerückt Nachmittags ½ 2 Uhr in Ouzoere [Ouzouer-sur-Loire].

Den 15.2.71. Ausgerückt früh 7 Uhr, eingerückt in les Brosses nachm. 3 Uhr.

Den 16.2.71. Nachm. ½ 2 Uhr ausgerückt aus les Brosses, eingerückt um ½ 5 Uhr in Gien.

Den 17.2.71. Früh ½ 9 Uhr wurde das Cantonnement allarmirt weil jenseits der Loire am Ende der Brücke eine Barikade errichtet und von da aus Schiffe gefallen waren, ein Zug wurde am diesseitigen Ufer aufgestellt und verblieb daselbst zur eventuellen Verwendung durch den Divisions-Commandeur jedoch ohne Bespannung stehen.

Den 18.2.71. Der Zug an der Loue wurde eingezogen.

Den 19.2.71. Vorm. 8 Uhr marschierte die batterie in ein Cantonnement la grosse Pière [La Grosse Pierre] und chetif puits [Chétif Puits]; es wurden zunächst eine ziemliche Reparatur des gesammten Materials des Anzuges vorgenommen, ferner diejenigen Pferde ausgewählt, die die batterie bei einer Reduction auf den Friedensfuß zu erhalten beabsichtig. Täglich fanden Park- und Exerziruebungen statt. – Die ganzen Fahrer wurden ausgewählt und dafür zur Entlaßung kommende Fahrer zur Bedienung gesetzt. Die jungen Fahrer erhielten Pferde zugetheilt, sie hatten täglich Reitunterricht in Pferdepflege, Geschirrkenntniß ect.

Den 10.3.71. früh 7 Uhr ausgerückt aus Chetif-puits eingerückt in Ouzouère sur la Trezè [Ouzouer-sur-Trézée].

Den 11.3.71. ausgerückt früh 7 Uhr aus Ouzuère eingerückt um 1 Uhr in Sept Fonds. –

Den 12.3.71. Ausgerückt früh 7 Uhr aus Sept Fonds eingerückt um 2 Uhr in Leugny. –

Den 13.3.71. Ausgerückt früh 7 Uhr aus Leugny, eingerückt um 2 Uhr in St. Brie [Saint-Bris-le-Vineux]. –

Den 14.3.71. Ruhetag in St. Brie [Saint-Bris-le-Vineux].

Den 15.3.71. Ausgerückt früh 7 Uhr aus St. Brie [Saint-Bris-le-Vineux] eingerückt um 2 ½ Uhr in Sacy.

Den 16.3.71. Früh ½ 8 Uhr ausgerückt aus Sacy eingerückt um 2 ½ Uhr in St. André en terre pleine.

Den 17.3.71. früh 8 Uhr ausgerückt aus St. André, eingerückt um 12 ½ Uhr in Courcelles les Fremois [Courcelles-Frémoy].

Den 18.3.71. früh ½ 8 Uhr ausgerückt aus Courcelles eingerückt um 1 ½ Uhr in Clamerey. – Die Batterie lag in 3 Ortschaften vertheilt.

Den 19.3.71. Ruhetag in Clamerey.

Den 20.3.71. Vormittags 7 Uhr ausgerückt aus Clamerey, eingerückt um 1 Uhr in Sombernon. –

Den 21.3.71. früh 7 Uhr ausgerückt aus Somberon, eingerückt um ½ 2 Uhr in Velars sur Ouche. –

Den 22.3.71. ausgerückt früh 9 Uhr aus Velars, Revue um 12 Uhr in Dijon vor Sr. Excellenz dem General von Manteufel, eingerückt um 4 Uhr in Arcelot.

Den 23.3.71. Vormittags 7 Uhr ausgerückt aus Arcelot, eingerückt um 12 Uhr in St. Sauveur.

Den 24.3.71. Ausgerückt früh 7 Uhr aus St. Sauveur eingerückt um 1 Uhr in Gray.

Den 25.3.71. Ruhetag in Gray. –

Den 26.3.71. ausgerückt früh ½ 8 Uhr aus Gray, eingerückt um ½ 2 Uhr in St. Maurice.

Den 27.3.71. Früh 7 Uhr ausgerückt aus St. Maurice eingerückt um 1 Uhr in Mailley. –

Den 28.3.71. Früh 7 Uhr ausgerückt aus Mailley eingerückt um 11 Uhr in Dampière les Montbozon.

Den 29.3.71. Ruhetag in Dampière.

Den 30.3.71. Früh 7 Uhr ausgerückt aus Dampière eingerückt um 11 ½ Uhr in Noroy les Bourg. –

Den 31.3.71. Vorm. 7 Uhr ausgerückt aus Noroy und um 11 Uhr Standquartier bezogen in Lure. –

Vom 31.3.71. bis 26.5.71. verblieb die Batterie in Lure. Es wurde täglich in 3 und wöchentlich 3 mal in 4 Reitklassen geritten; es fanden täglich Exercirübungen statt, desle. Uebungen im Wacht-Dienst, Honneures, militairischen Meldungen…. Täglich Vortrag in 3 Kanoniersklassen und 3mal in der Woche für die Avancirten… Soweit sich das Etablissement des Materials und der Bekleidung bewirken ließ, wurde dasselbe ausgeführt.-

Den 28.4.71. Wurde die Batterie durch Se. Excellenz, denm Herrn Divisions-Commandeur General Lieutenant von Schmidt besichtigt. –

Den 3.5.71. Wurde die Batterie durch den Herrn Abtheilungs-Commandeur, Oberstlieutenant Röhl besichtigt. –

Den 15.5.71. Führte die Batterie einen Uebungsmarsch mit den eingestellten jungen Fahrern aus. –

 

Eintrag auf der letzten Seite:

21.9.70.

Trains u. Colonnen bleiben bis auf Weiteres bei Jouny. Die große Bagage der Truppen ist von der Division morgen früh heran zu ziehen – Morgen früh 8 Uhr empfängt jeder Brigadestab eine, jedes Bataillon zwei, jede Eskadron eine, jede Batterie eine, beide Pion.Komp. zusammen einen Wagen von d. Prov. Kol. der Division und behält denselben vorläufig. Die Prov. Kol. der Division wird morgen ausgelöst – Die Bestände an Kaffe, Reis, Salz, Brot pp wurden vertheilt und können von den Truppen offerirt werden.

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Kriegstagebuch von Diedrich Blanke (21. Juli 1870 bis Ende März 1871)

Diedrich Georg Heinrich Blanke wurde am 29. September 1848 in Bierde geboren und verstarb am 9. September 1929 in Berlin. Am 5. August 1880 heiratete er Luise Karoline Wilhelmine, geb. Käseberg (*12. Mai 1856 – †23. September 1898) aus Gittelde am Harz. Das Ehepaar hatte insgesamt zehn Kinder: Hedwig (1881-1962), Paul (1883-1950), Georg (1884-1966), Robert (1886-1975), Mathilde (1888-1979), Erich (1889-1947), Arnold (1892-1980), Rudolf (1894-1963), Adolf (1884-1916) und Werner (1895-1991).

Sein jüngster Sohn Werner Blanke (1895-1991) schreibt in seinen Erinnerungen über seinen Vater Diedrich Blanke:

Mein Vater hatte zwei Bauernhöfe, einen Kaufmannsladen, Getreidehandlung und eine chemische Fabrik [in Ahlden]. Er war leichtlebig, leichtgläubig, freigiebig, kein Rechner und kein Kaufmann. Deshalb wurde er ausgenutzt und übers Ohr gehauen. Spekulationen brachten den Wohlstand zum Ruin. Doch ein Unglück kommt niemals allein. Meine Mutter starb in dieser Zeit [1898], die chemische Fabrik wurde in denkbar ungünstiger Weise verkauft. So stand mein Vater allein mit einer 10köpfigen Kinderschar. Die Sorge um sie war es, die ihn damals vom Selbstmord abhielt. Die Höfe waren verkauft, ein Wohnhaus und etwa 5 Morgen vom Park und Garten wurden veräußert. Dazu musste eine Anleihe gemacht werden, damit eine neue Fabrik gebaut werden konnte. Der Gläubiger verlangte Kompagnon zu sein und erhielt 50% des Verdienstes. Deshalb konnte das Terrazzo- und Kunststeinwerk, verbunden mit Zementfabrik sich nicht genügend ertragsbringend zeigen, zumal mein Vater seinen Vorteil nicht zu wahren verstand. So lebten wir nach außen im alten Glanz, aber in Wirklichkeit vielfach in bitterer Armut. In dieser Zeit führte meine Schwester [Hedwig] den Haushalt. […] Als ich 15 Jahre alt war [im Jahr 1911], wurde die Fabrik verkauft, ebenso das Heimathaus mit seinem Land. Durch gewissenlose Leute, die das Mitleid meines Vaters zu erregen wussten, sowie durch Häuserspekulation verlor mein Vater im Alter sein letztes Hab und Gut und wohnt jetzt bei meinem Bruder [Georg] in Berlin, der von uns anderen Brüdern dafür entschädigt wird.

Das Kriegstagebuch von Diedrich Blanke beginnt mit dem Datum 21. Juli 1870 und Ende mit seiner Rückkehr nach Deutschland Ende März 1871. Leider ist nicht überliefert, bei welchem Regiment Blanke eingesetzt war. Nach seinen Angaben war er an folgenden Orten in Frankreich eingesetzt: Raum Metz (30.08.-06.11.1870), Raum Thionville (Diedenhofen) (06.11.-02.12.1870), Montmédy (14.12.1870), Sedan (18.12.1870), Raum Charleville-Mézières (20.12.1870-10.01.1871) und dann zog er mit seiner Einheit von Boudreville nach Pontarlier, anschließend in die Nähe von Dijon (10.01.-28.02.1871).

Das Tagebuch wurde fast durchgehend mit Bleistift geschrieben. Insgesamt ist das Schriftbild sehr klein, aber überwiegend leserlich. Leider sind einige Seiten so verwischt, dass sie nicht komplett entziffert werden konnte. Hierzu zählt zum Beispiel auch die erste Seite, auf der er seine Fahrt Richtung Frankreich niederschreibt.

Auf dem Kriegerdenkmal in Ahlden, das von Diedrich Blankes ältestem Sohn Paul errichtet wurde, ist Diedrich Blankes Name verzeichnet als Teilnehmer des Krieges 1870/71. Dort wird sein Dienstgrad mit Musketier angegeben. Demnach war er höchstwahrscheinlich Soldat in einem Infanterie-Regiment.

Die von Diedrich Blanke gelassenen Lücken wurden übernommen und mit einem Strich _______ kenntlich gemacht. Nicht lesbare Worte wurden mit einem ? in eckigen Klammern kenntlich gemacht. Die korrekte Schreibweise der Ortsnamen wurde ebenfalls in eckigen Klammern ergänzt. Bis auf wenige Ausnahmen wurde die Schreibweise von Diedrich Blanke übernommen. Ansonsten werden Ergänzungen ebenfalls in eckigen Klammern angegeben.

Das Originaltagebuch befindet sich im Familienbesitz der Familie Blanke.

Diedrich Blanke (1848-1929)
Grabstelle von Diedrich Blanke in Berlin
Erste Seite des Kriegstagebuches von Diedrich Blanke

Kriegstagebuch von Diedrich Blanke (21. Juli 1870 bis Ende März 1871)

d. 21. Juli 1870

Celle

[?] Celle [?]

das unser Weg nach [?]

führt den Abend waren

wir in [?]

—–

d. 22

5 U. [?] Abgang

nach [?]

—–

Celle [?]

Hannover

Minden

d. 23

Hanau

Camen

Dortmund

Aachen

[W?] 1 Nacht

d. 24

Möln, hf Hilser

d. 25

Möln, 3 bis 8 Uhr

Apel

—–

d. 26. Juli

von Mölnn um 3 Uhr nach Wesel über Duisburg u. den Rhein um 12 Uhr, nach Aachen angek. um 7 Uhr, um halb 8 Uhr Apel mit Brd., wo uns unser bischen was wir bekommen abgenommen worden.

d. 27 Juli

Um 4 Uhr v. Aachen nach einen 3 Stündigen Marsch wurde ich von nun ahn marschbefreit, mußte einen Wagen der 8. C. [?] und fuhr nach Mützenich zwei Stunden dort und ging

—–

d. 27. Juli

nach Montjau [Monschau] eine Stadt bereits unmittelbaar zw. Bergen, Gewitter, und herlich bewirtet.

—–

d. 28. Juli

Gefahren von Montjau [Monschau] über Mützenich Imgenbruch [Imgenbroich] Achen [Aachen] ins Lazaret.

—–

d. 29.

—–

Nachdem die erst Nacht, die ich auf einen Strohsack und 1 Decke zum zu[de]ken verbracht hatte tagt der heutige Tag den Morgen wurde vom Artz untersucht und fand mich zieh[m]lich ernstlich krank.

Ich blieb in Aachen bis zum 5. Aug.

Den 5. Aug.

12 Uhr wurden wir p. Bahn nach Eschweiler gebracht von da p. Achse nach Jülich um wieder nicht in ein Lazaret sondern in der Citadella zukommen früher Unteroffizier Schulz wir kamen mit 6 Mann auf 1 Zimmer mein Nachbar war Hermann Norden daselbst blieb bis zum 10. Aug.

Den 10. Aug.

Kam ich in das Lazaret hieselbst Hermann war auch hier mein Nachbar hier kam auch ich bin ernstlich krank, einer hatte die Auszehrung ein anderen Brustkrankh. einen seine Krankheit konnte nicht ermittelt das Gestön und Weinen nahm kein Ende.

Den 23. Ag.

Von Jülich nach Düren zu fuß dann p. Bahn nach Cöln daselbst blieb bis z. 25. Aug. sah den Dom, Museum und Rhn. Brücke auf trafen krank u. gesunde Franzosen an. Dann ging es d. 25. Ag. 9 Uhr p. Bahn über Bonn Mehlem Rohlandsegge [Rolandseck] Neuwied Coblenz daselbst hatte der Kriegsverein, Wein, Brantwein, Brodt für die Soldaten verabreicht. Boppard St. Goar, Bingerbrück sind wir umgestiegen noch zu bemerken an Lore Ley [Loreley], p. [Mäusel?] Kreuznach.

[B? am stein?] [Staudernheim?] [Oberstein?] Kirche in Felsen

½ 10 Uhr kamen wir in Birkenfeld an wo wir die nach im Wagen schliefen um 9 Uhr d. 26. Ag. ging es weiter über St. Wendeln Neukirchen Sarbrücken [Saarbrücken] um ½ 6 Uhr angekommen den 27. Aug. fuhren wir p. Bahn von Saarbrücken um 11 Uhr über Forbach St. Avold angekom. den 28. 1 Uhr Morg.

Den 28. Aug.

Remmely, Bivouak im Lehm

Den 29

Marsch nach Verdi

Den 30.

bis Ars dann Augly wo die nacht in Scheune verbracht dank den franzosen wir bekamen Milch und Pellkartoffeln die uns ausgezeichnet schmekte, bis jetzt habe ich seit den 24. mein Zeug noch nicht ab gehabt.

Den 31. Aug.

marschierten wir von Augly über Marly nach Pouilly wo wir erfuhren das das Regiment 77 seit 11 Uhr morgens allarmirt und abgerückt seien, wir fanden das Bivouak hinter Pouilly sahen das dasselbe eiligst verlassen sei, denn es lagen noch verschiedene Gegenstände so wie Fleisch, Kartoffel etc. in Unordnung, die wir sofort zubereiteten und damit unsern hungrigen Magen erquickten, Brod fehlte gänzlich, beim fleißig Essen erfuhren wir daß unsre Bagagewagen ½ Stunde hinter uns waren, nachdem uns ge[p]flegt, gingen  nach dort und schliefen ¼ satt unter freien Himmel.

Den 1 Sept 70

fuhr ein wagen nach dem Platze wo meine Comp. war, St. Ibold nennt sich der Ort 3500 Schritt von Metz wo die 6. & 7. Cop. auf Feldwache war, heute wurden wir um 3 Uhr commandirt das Gepäck aufzuhängen eine Angst überfiehl mich die nicht zutreffend um 4 Uhr konnten doch wieder abhängen, die Nacht schliefen in der Scheue um 2 Uhr

Den 2. Sept.

wurden aufgeweckt um auf Vorposten zu ziehen der Nähe war jetzt von Metz 2000 Schritt paßirte aber nichts weiter um 3 Uhr morgens.

d. 3 Sept.

wurden abgelöst und zogen in Pouilly ein den Tag war ruhe Schlaf auf Hof

Den 4. Sept.

10 Uhr Apell den Nachmittag mußten Schanzarbeiten machen, auf den hof geschlafen.

Den 5. Sept.

Um 12 Uhr zogen wir das Schutzenzeug auf feldwache vor Pouilly, wieder sollte Allarmirt 4 Uhr werden blieb aber dabei, die Nacht verblieben alles ruhig ich ging Patrolie.

d. 6. Sept. 70.

blieben wieder auf derselben Wache Nachmittags 7 Uhr heftiges Gewitter mit starken Regen u. Wind war volkommen durchnäßt, um 10 Uhr hörte der Regen auf unser Lager war fast weggetrieben.

Den 7. Sept. 70.

Um 8 Uhr morgens es fliegen Granaten über unsern Kopf fast hunder[t] Schritt hinter uns schlagen Sie ein. 9 Uhr das Schießen hat aufgehört, wir sind noch auf Wache. 12 Uhr wir sind abgelöst und wieder auf einen Hof in Poully eingerückt heut Nachmittag war alles ruhig.

d. 8. Sept.

heute morgen alles ruhig, heftiger Regen der Regen dauerte bis Abend.

d. 9. Sept. 70.

Die Nacht weniger Regen, heut Morgen Regen u. Wind, es ist kaum noch erträglich

Gott gebe Frieden, denn man verzweifelt bald noch am Leben und wenn der liebe Wilhelm nicht wäre das der mich mit seinen lieben Briefen stärkte, ich glaube ich legte bald Hand an mich selbst, der Dreck ist im Bivouak u. Umgegend kaum zu gründen.

½ 6 Uhr es wird aufgebrochen u. abmarschiert wohin unbekannt uns ahnte nichts gutes, die Reserve Patronen müssen in Brodbeutel gesteckt werden, wir stehen auf ein feld, bis an beide Ohren im Lehm

7 Uhr Abds. aus 460 schw. Kanonen blitzt Feuer auf Metz zu, Gott beschütze die Unglücklichen.

8 Uhr, das Geschützes Donner hat auf gehört, was ist das? wir sind wieder marschirt und sind in unser altes Biv[ouak]. Der Regen dauert fort.

Den 10. Sept.

Die Nacht hatt es wenig geregnet doch heute morgen beginnt es auf neue, Politisch nicht.

Heute bis Mittag ferner Kanonendonner, wie müssen 11 Uhr abmarschiren. Wir sind angekommen in ein von andern Truppentheil früher bewohntes Bivouk in Pouilly statt früher im Dreck sind wir jetzt in Lehm gerathen die Witterung ist heller u. freundlich geworden Kartoffel mußten fast ½ Stunde von hier holen

d. 11. Sept. 70

heiterer Himmel frischer Sonnenschein (Sonntag) wir marschirten um 10 Uhr zum Gottesdienst schon lang sehnte ich mich danach. Es war ein breites Stoppelfeld 10 Minuten von unsern Bivouak es war ein Tisch mit einen rothen Tuch überdeckt, welches den Altar vorstellte Musick rechts vom Altar die Sonne blickte herrlich vom Himmel.

Der Gottesdienst begann zunächst mit Gesang, worin gesagt wird, das unser Leben nur ein Pillgern sei, nach dem dort obigen [K?]

Unser Epistel war aus dem 1 Buch Moses Cap. 28, 20-22 wo auch ein wanderer p.p….

Denn der Traum mit der Leiter beglückte diesen schönen Eindruck den mir diese gemacht vergesse ich niemals.

Heute Empfingen wir verschiedene schöne Liebesgaben zum ersten mal für 16 Mann 3 Flaschen Rum 1 Fls Wein etwas Taback und ein kl. Stck. Spreck.

Den 12. Sept. 70

heute morgen 7 Uhr rückte wieder in Pouilly ein um in Cantonamons [Cantonnement] [Gu?] zu kommen, oben im Haus auf harten Fußboden und der Tornister als Kopfkissen ohne etwas Schrot, wahrlich ein hartes Locager, Almächtiger führe mich bald zu den Lieben in Hudemühlen u. Bierde zurück.

d. 13. Sept. 70.

Die Nacht verlief ruhig obgleich wieder in Schußlinien von Metz, schlecht geschlafen 3 Züge haben nun Zivilisten geholt heute morgen kaufte ½ Brod, für 17 ½ Pf.

Jetzt fehlte es am Geld heute Nacht war doch auf den Boden worauf wir schliefen, das mann im waren Sinne des Worts sagen könnte das wir ein aufeinander lagen.

d. 14. Sept.

Heute morgen 2 Uhr maschirten auf Vorposten kam bis 8 Uhr erst auf posten, wir waren den Franzosen so nahe das sie auf unser Vorposten schießen Verluste haben nicht gehabt auch sind wir nicht allarmirt aber unser lieber Vater im Himmel schickte uns nach unser Meinung schlechtes Wetter Regen u. Wind um 8 Uhr musten Laden und auf einen ander Platz rüken, ohngefähr 30 Schritt weiter, es war Hohlweg, auf den rechten Ufer war Buschwerk in die Erde gesteckt das Bischen stroh worauf wir liegen sollten war weggetrieben, ich wollte nicht im Wasserliegen, ich legte meinen Tornister in den Morast und setzte mich auf denselben, mit den Rüken an einen Baumstam saß fast bis gegen 1 Uhr, da nahm doch der Frost überhand denn ich hatte auch nasse Füße bekommen, ich konnte kaum meine Füße wieder warm laufen um 3 Uhr wurden abgelöst rückten, indas schon früher gewesene und von den franzosen vor einigen Tagen gräulich beschossene Gehöfte St. Ibold. Hier lag noch eine nicht crepirte Granate.

d. 15. Sept

wir legten uns nach Ankunft in St. Ibold in die Scheune, worin Stroh war, wie wohl u. herlich schlief ich da, heute passirte nichts.

d. 16.

Morgens 3 Uhr rückte aus nach Pouilly und halten die Fahne marschirten als dann nach Marly, so eben waren hier Kochen das Fleisch ha[l]b mürbe die Kartoffel ¾ gar und da wurde Allarmiert alles wurde umgestoßen.

d. 17.

Marly alles ruhig, in des Schußlinien, heut Nachm. 4 Uhr mußten mit 3 Mann als Fourir nach Flaeriy [Fleury].

d. 18. Sept.

Masch. nach Flory [Fleury] gehts  nach Verny die ganze Companie in ein Haus wir blieben daselbst bis zum 24. Sept. etwas besonderes ist in der Zeit nicht vorgefallen nur das wir am 22 u. 23. Sept. Allarmirt wurden als dann maschirten aus u. kamen nach ca. 4 stunden wieder heim. Wenn jetzt wieder Allarmirt wird so denkt sich kein Mensch etwas dabei, sondern man meint es sei einmal so da niemals was paßiert.

Den 24. Sept.

Angekommen in Floiry [Fleury] heute Ruhe es thut uns ziemlich noth, da wir in Verny stram mit Gepäck exerzieren mußten und dann noch allarmirt es ist zum verzweifeln aber die lieben Briefe von Hudemühlen erquik. mich und erfreuen mein müdes Herz. Herr erhalte mich den treuen Wilhelm

ich komme auf Wache das fehlt noch um verrückt zu werden.

d. 25. Sept.

Gestern hatte einen thüchtigen Brand heute etwas Jammer hat leider Geld gekostet jetzt will ich aber spaaren. Ich bin nun Wache es ist Kirche auf freien Felde. Ade lieber Wilhelm ich will noch für dich u. mich beten. Die Kirche ist zu Ende dank dem Allerhöchsten ich bin gestärkt es wurde gepredigt über [?] v. 15 Sontg. nach Trinitatis u. Gesang gesungen Sollt ich meinen Gott nicht singen. Tiefer Eindruck jetzt will ich lieber Wilhelm ein par Worte schreiben.

d. 26. Sept. 70.

Heute nichts besonders. Exerzirt.

d. 27. Sept.

Heute morgen wurde wie gewöhnlich Exerzirt jedoch hörten wir um halb 9 Uhr heftige Kannonade. 9 Uhr wurden allarmirt, die Kanonade wurde heftiger, wir maschirten bis vor Pouilly, die Granaten schlagen rund um uns ein jedoch ohne uns zu schaden ein vor uns liegendes Höfte wurde in Brand geschoßen, um 2 Uhr rückten ohne geschoßen zu haben in Floiry [Fleury] wieder ein.

28. Sept.

Exerzirt, sonst alles ruhig.

d. 29. Sept.

Guten Morgen du lieber Wilhelm u. Schwester, liebe Eltern u. Brüder, die Sonne scheint herlich, und der Tag fängt an gut zu werden, mein Koch College, Chaliot weckte mich mit Gratulation, auch hatte er schon Caffe gekocht, nachher überraschten mich die Gratulationen der Unteroffiziere so wie mehrere der Cammeraden. Mittag halb 1 Uhr, ich habe eine prachtvolle Suppe gekocht und setzten uns zu Tisch, das heist lagen auf der Erde. Gesegnete Mahlzeit. Ihr werdet gewiß auch so eben gespeist haben, das wird Euch nicht besser geschmeckt haben wie mir, der Wein fehlte nicht und doch fehlte etwas.

Halb 4 Uhr die Franzosen schießen wieder mit Granaten, 10 Minuten wieder, so eben kommt der Befehl das wir alle im Quartiren bleiben hollten 1 Botteile 5.7.8. Cammeraden Alle u. wir blieben zurück, heute Abend kochten wir feine Chocolade in Milch.

d. 30. Septemb.

2 Uhr rückten auf Vorposten aber verdammte Nase, ich mit Chaliot erhielten Wachposten heute Morgen lebhaftes feuer unsere Vorposten das feuern geht den ganzen Tag unterbrochen fort. 8 Uhr Abends, so eben kommen wohlbehalten aus den verdammten Vorposten Gefecht eine Comp. der Franz. hatte sich hervor gewagt wir waren nur mir 1 ½ Zügen wir schwärmten an der Waldlinie aus und feuerten lebhaftig, unserer Deckung war brilant, unser Verlust soll sich nur auf 1 Todten 2 verwundete belaufen. Die Franzosen zogen sich mit mehreren Verlust zurück.

d. 1. October 70.

Die Nacht verlief für uns ruhig es wurde allenthalben um uns geschoßen ich kam jedoch nicht der Lage meine Patronen anzubringen jedoch die 4 Comp. sandte 1 Patrollie v. 20 Mann in das Dorf Peltre die dasselbe um 12 Uhr vollends in Brand steckten es lag grade vor uns ein herlich u. schön leuchtendes Feuer, heute morgen 8 Uhr der Brand dauerte fort, daß Schießen ist fast eingestellt nur noch einzelne Schüße das Wetter jetzt gut schöner Sonnenschein, heute Nacht war es recht kalt, auch habe ich so lange wir jetzt auf Feldwache nicht warmes auch nichts naßes geholt, da Wasser nicht zu finden ist, Gottlob endlich ist Wasser endtdeckt, aber da diese Feldwache so gefährlich sogar im Bereiche des Gewehrfeuers liegt soll für je 18 Mann aus 1 Kochgeschirr voll gekocht werden, gesegnete Mahlzeit es ist wie ein Tropfen auf einen heißen Stein, jedoch ein wahrer Göttertrank. Lieber Wilhelm, du hörst nicht das Knallen der Gewehre war inzwischen wieder begonnen, daß Schießen dauert fort um 8 Uhr wir sind abgerückt nach einem etwa 5 stündg. Marsch gelangten an ein Bivouak, es hieß bei den Gewehren Schlafen, Hungrig u. Durstig und eine Kälte nicht auszusprechen. Gott sei mir gnädig.

d. 2 Octob.

Morgens 10 ½ Uhr soeben angekommen in der Dorf Arslaqanexy [Ars-Laquenexy] wir hatten wieder seit 3 Uhr maschirt müde u. todthungrig angekommen, Abends 9 Uhr heute überraschten mich Briefe u. Packet von Hudemühlen, Hamburg, Hannover

d. 3. Octob.

Heute maschirte ich als Fourier nach Canency [Coincy?] das Wetter ist seitlangen sehr schön Abends, heute verlief alles ruhig.

d. 4. Octb.

Die Nacht verlief ruhig. Wetter wie immer schön, Abends 8 Uhr heute hörten mehrere Granatschüße sonst noch alles ruhig..

d. 5 Octb.

Die Nacht ruhig, mein Befinden, wovon noch nichts bemerk[t] war seit einigen schlecht u. ich habe jetzt die allgemeine Soldatenkrankheit Diare [Diarrhoe]. Mittags 12 Uhr wir ziehen auf Dorfwache, ich bekomme den Posten als Patrollie.

d. 6. Oct.

Befinden schlecht, Wetter schön, auch Patrollie nichts besd. zugestoßen um 12 Uhr wurden abgelöst.

d. 7. Octobre

Befinden noch schlecht. Morgens 3 Uhr wir maschieren wieder auf Feldwache, dieser Tag sollte aber ein Andenken für mein ganzes Leben bilden. Ein Andenken wofür ich dem Allmächtigen mein ganzes Leben dankbar sein muß.

Challiot ich u. 2 Mann wurden den morgen gegen halb 4 also sofort nach Ankunft in einen Schützengraben fast 250-300 Schritt vor der Vorpostenkette postirt, es war zwischen uns u. Ketten freies Terrein, 500 Schritt vor uns Feindliche Feldwache, halb 7 Uhr bestiegen dieselben Bäume und daß Schießen began auf uns, rechts u. links an meiner Mütze streiften die Kugeln, ich vermag es nicht so schwarz zu schreiben wir es war, das ich ohne Schaden davon gekommen kann ich und den guten Gott danken zu dem wir herzlich beteten, meine theuer Geliebten in der lieben Heimat ich hatte Abschied von Euch genommen u. dich geliebter Wilhelm befahl ich dem Schutze Gottes

Gottlob ich bin gesund geblieben um 7 Uhr Abends wurden abgelöst, nachdem das Feuern c. 2 Stunden aufgehört, in dieser Zeit habe nichts gegessen noch getrunken, weder Stuhlgang gethan mein Zustand war fast aufs äußerste gekom. 2 Patrollien muste noch wachen als dann brach ich zusammen. Um 4 Uhr wurden abgelöst, ich schlenderte der Comp. nach.

d. 8. Oct.

Wetter schlecht, Regen

Angekommen im Schloß Auybingy [Aubigny] wo in eine Scheune quartierten fiel ich wieder um u. schlief einen erquikenden Schlaf, doch war ich herzlich krank der Tag verging ruhig.

d. 9. Octb.

Regen. Herzlich krank sonst alles ruhig.

d. 10. Octb.

Regenwetter. Befinden etwas besser gehen als Fourier nach Mont [Haut Montoy?] am selben Tage wurde als Schreiber, keine Feldwache.

d. 11. Octb.

Befinden etwas besser, Wetter Regen. Alles ruhig.

12. Octb.

Befinden ziemlich gut. Das Wetter Regen.

Den morgen rückten aus wieder rechts von Coincy also dann wurde, wie ich hörte, in das französische Lager welches vor der Schanze aufgeschlagen mit Kanonen beschoßen jedoch glaube, das nichts getroffen ist, wir waren als [?]deckung der Kanonen, wie selbige aufgehört mit schießen rückten wir wieder in unser Quartir.

d. 13. Octb.

Befinden ziehmlich Wetter Regenerig sonst ruhig.

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d. 14. Octb.

Befinden ziehmlich. Wetter Regenich, sonst ruhig

———————–

d. 15. Octb.

Befinden besser. Wetter regnich, sonst ruhig

———————–

d. 16. Oct.

Dasselbe

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18. 17. Octb.

Dasselbe

19. Octb.

Dasselbe

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20. Octb.

Befinden gut also wieder hergestellt. Wir gingen als Fourier nach Ars-Laquenexy, um 2 Uhr follgte die Comp. Den Tag alles ruhig, Wetter regnich.

d. 21.

Wetter Renerich. Heute machte eine böse Erfahrung denn in der Comp. war die Krätze ausgebrochen, sofort war ärztliche revizion und wirklich waren einige der artige Kranken dabei, ich dahin gegen sitze voll Läuse, meine Unterjacke voll, Hemd habe ich weggeschmissen, und neue gekauft.

22.

Wetter ziehmlich. Gewehrfeuer hört man fast immer hin, Nachmittag 2 Uhr wurden allarmirt maschirten zum Allarmplatz, 3 Uhr waren wieder ein gerückt, das Feuer hat aufgehört, die Langsamgänger schienen sich aus dem Staube gemacht zu haben.

d. 23.

Wetter Regnich. Heute morgen hatte 6 Uhr quatirten in den Baracken, Strohgeld, die immer nicht ganz frei von Läuse sind und Wind u. Regen durchsaust, das Stroh, welches als Unterlage dienen sollte war der reine Mist, ich muste jedoch Schreiben und bekam ein anderes Quartir.

d. 24. Oct.

Regnich u. Wind, noch dasselbe man hört einige Kanonenschüße sonst alles ruhig.

d. 26. Octb.

Heute Morgen 3 Uhr daß Wetter ziehmlich trocken, wir maschirten auf Vorposten auch ich muste wieder mit, ich kam, wie das mal vorher auf einen detarchirten Unteroffzposten beim Sergeanten Rettig, den Morgen macht 2. Patrollien ohne das etwas vorkam, der Tag verlief ruhig bis Nachmittag sich wieder einige Kanonenschüße hören ließen auch verirten sich 2 Gewehrkugel nach unsern Stand. Abends 6 ½ Uhr sollt reconnoncirt werden was sich vom Feinde in Grigy befand, jedoch kann unsere Patrollie nichts erfahren da dieselbe vorher auf stärkeren Wiederstand stieß. Unser stand war rechts von La grang [La Grange au Bois] wo am 14. Aug. das Gefecht gewesen, ohne irgend Schutz in tiefsten Dreck standen wir da mit Gepäck, den Mittag aßen wir Erbsenwurst und Abends Caffee, den wir in einen großen Grapen kochten, wovon 43 Mann genießen mußten.

d. 26. Octbr.

Morgen 4 Uhr. Das Wetter wir[d] trüber, schon fängt es an etwas zu regnen wir werden abgelößt kommen aber wieder in Baracken, aber richtige Schweinestalle, man muß an den Boden hier Denken und man kann sich eine kleinen Begriff machen wie schmutzig man war, jedoch wir freuten uns etwas Ruhen zu können denn es regnete fortwährend, so waren wir alle bis zum umfallen müde, eben war das Gepäck abgeschmißen so hieß es wieder umhängen und Schützengraben besetzen, da ein Ausfall vermuthet wurde um 2 Uhr Mittags bezogen wir wieder unsere Ställe ohne das was vorgefallen war.

d. 27.

Regen. Endlich sind wir wieder unter heilem Dach und auf trockener Erde in Ars Laquenexy, man spricht fast von einer Übergabe v. Metz.

Den 28. Octb.

Wetter trocken. Die Übergabe von Metz wurde bekannt und bewieß sich auch als wahr, denn schon wurden anordnungen dazu getroffen, aber diese Freude auf den Gesichtern ist groß, nun war sollte sich nicht freuen, das Gott endlich unser Bitten erhört hatt, jedoch man muß sich nicht zu früh freuen, denn es heißt in denn Befehl das morgen die Gefechtsstellung eingenommen werden solle.

d. 29. Octb.

Wetter Regnich. Gefechtsstellung wurde um 11 Uhr eingenommen, um 12 Uhr trafen Gefangene, der ganze Weg von Ars Laquenexy bis Metz war von unsere Leute besetzt. Und an uns vorbei maschirten die Gefangenen in allerlei uniformen der Zug dauerte bis 5 Uhr.

d. 30.

Wetter Regen. Ebenfals Gefangenentransp. Wir blieben indes in unsre Wohnung.

d. 31.

Regen. 30000 Gefangene kamen wieder an und sollten Bivoak wo die andern gewesen, in den furchtb. Dreck, ja es ist bedauernswerth wenn man es sich ansieht wie die armen Leute leiden das wandern der [Bevölkerung?] raus u. nach Metz ist großartig.

d. 1. Novb.

Regen. Die Comp. ist auf Wache b. den Gefangenen, ich im Quartir, ich war heute hin zum Lager. Diesen Anblick will ich vergessen und nicht notieren.

Derselbe Anblick wird erhalten sich bis zum 5. Novemb. wo wir den Ort Laquenenxy verließen.

d. 5. November

Sonnaben[d] Wetter klar. Mittags 3 Uhr ankunft in Montoi [Montoy], dieses Dorf liegt ziehmlich nah an einer feindlichen Schanze jedoch etwas in ein Thal recht romantisch nur sieht man das auch hier die Granaten gewütet haben.

d. 6. Novemb.

Sonntag Frost. Halb 12 Uhr abmarsch über Puche nach Collingny [Colligny] 2 Uhr Aklunft daselbst, auch ein recht freundlicher Ort, 3 Häuser waren fast nieder gebrannt.

d. 7. November

Montag, Frost, ziehmlich stark, man spricht von einer 25 tägigen Waffenruhe, jedoch Niete.

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8. November

Ebenfals Frost. Nichts neues.

9. November

Abmarsch von Callingny [Calligny] über St. Barbe, Vigy [Sanry-lès-Vigy], Antillye [Antilly] nach Ay, um halb 7 Uhr früh maschirten ab und um 2 Uhr waren da, müde und abgespannt, dann noch mit den Gedanken u. leider weiß ich es zu gut, das unser Weg von einer Belagerung zur andern führt, nämlich nach Thyonville [Thionville].

Gott steh mir bei, du mein geliebter und theuerster Wilhelm! leb wohl ich empfehle Euch alle Ihr Theuersten Eltern Brüder und liebe Freundin C.N. in den Schutz des lieben Gottes, obgleich mir manchmal der Tod bitter schon angeschaut, dennoch mit Gottes Hülfe gut davon gekommen, so danke und hoffe ich wird derselbe Gott der mich bis hieher gelotst hat auch ferner führen.

Sollte indes mir ein tödliche Stück aus dieser Welt forthohlen und dieses Buch in Eure Hände kommen so bewarht es als das letzte Andenken von mir. Ich habe mein neben Mann die Adrß. gegeben, und er mir die seinige, die hinten in der Lasche steckt, Challiol ist sein Name, der wird wenn irgend möglich Sorge tragen.

10. Novemb.

Ay ein sehr gutes Quartir, hier sah ich den ersten Ofen, einen Kanonenofen, denn bis hieher hatten die Leute nur Camine vom Gutsbesitzer bis zum Bettler, die Leute sehr zuvorkommend.

11. Novemb.

Um 12 Uhr geht es weiter und zwar nur 1 ¼ Stunde weit nach Bletange [Blettange]. Das Quatir war nicht so sehr einladend, jedoch die Frau (La Fam) spricht deutsch, das man sich der doch kund geben kann. Ich muß aber fast ¼ Stunde weit gehen ganz allein, um Befehle zu empfangen jedoch das schadet ebenso viel nicht wenn die Befehle nur immer zur rechten Zeit dawären, indes man muß manchmal Stundenlang warten.

Den 12. Novb. 1870.

Noch in Bletange [Blettange]. Das Wetter hatt sich statt Frost wieder in Wind u. Regen verwandelt. Der Tag ist ohne das auch nur das Geringste vorgefallen vergangen, heute Abend jedoch mußte ich zum Befehlempfang um 8 Uhr in Bousse sein, und kehrte erst um halb 3 Uhr heim, da der Befehl so spät kam.

Den 13. Novb.

Abmarsch von Bletange [Blettange] 8 ½ Uhr nach Illange. Ankunft daselbst 11 Uhr.

Wetter gelinder Frost. Die Compagnie kam auf Vorposten, der Feldwebel ich pp. blieben daselbst in Quartir, nach Immeldange mußte täglich 3 Mal zum Büreaux jedoch mit den Schreiber der 7. Comp. Der Ort war fast ¾ Std. rückwärts. Merklich ist es das bei Metz alle Orte ly endeten, hier vor Thionville alle auf ange.

Den 14. Novb.

In Illange. Wetter gelinder Frost. Heute hörte den 1. Kanonenschuß v. Thionville sonst nichts neues.

Den 15. Novemb.

Wetter ruhig und gut. Wir marschir. nach Imeldange.

16. Novemb.

Wetter ruhig und gut noch in Imeldange. Das Quatir sehr gut, schlafen auf Strohsack.

17. Novb.

Wetter ziehmlich gut, noch in Imeldange. Kanonendonner hört man z.Z. Rollen.

18. Novb.

Wetter ziehmlich gut noch in Imeldange wie oben.

19. Novb.

Wetter sehr gut noch in Imeldange, soeben kehrte ich von Illange zurück, woselbst ich Befehle empfangen habe, ich ging so ruhig meinen Weg und sah wie ein Stern nach dem andern sich entwickelte auch den großen Himmelswagen sah ich, der Gedanke an Dich mein Theurer Wilhelm in der ferne überraschte mich und dachte ich ob Dein treuen Augen auch wohl oft an den schönen Punkt hängten wie du mir gesagt, auf der Chausee nach Eikeloh [Eickeloh]. Herr Gottvater führe mich bald wieder hin nach der süßen Heimat darum bitte ich Dich, Amen.

d. 20. November

Imeldange. Warten bis 21. wo in des bis dahin nicht das geringste vorfiel.

Den 21. Novembre.

Heute nichts vorgefallen.

d. 22 Novbr.

Bombardement von Thyonville [Thioville], 96 Geschütze waren von uns aufgefahren und kehrten unaufhörlich in die Festung, ein sehr _________

d. 23 Novb.

Dasselbe dauert fort. Meine hie gehabten Erlebnisse halte ich am

d. 24. Novb.

Halb 10 Uhr steckte die Festen die Fahne aus um 2 Uhr Nachts wurde die Capitulation bekannt gemacht. Das 1te mal in ein Bett geschlafen.

d. 25.

Heute 12 Uhr musten die Franzosen vor uns die Waffen abgeben.

d. 26. N.

in Ilange.

Den 2. Decber 70.

[?] [?]. Marsch über Thyonville [Thioville] nach Elange

Den 5 Decbr.

Über Hayange nach St. Suplett [Saint-Supplet] von morgens 7 bis Abends 8 Uhr. Der marsch sehr anstrengend hinter der Bagage Schnee 4“ hoch.

Den 6 Decb.

nach Grd. Faily [Grand-Failly].

Den 7. December

nach Remoiville

Den 8. Decemb.

nach Quincy [Quincy-Landzécourt] Quartir bei Schulmeist. 2 wunderschöne Töchter.

Den 9. Dcber.

Die Compagnie zieht nach Viguet.

 

Andenken an Quincy [Quincy-Landzécourt]

Ernestine Busson

Iustine

Quincy [Quincy-Landzécourt]

D. Blanke.

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Den 12. Decb.

begann das [?]

Den 13. Decb.

Abmarsch von dem [?] Quince [Quincy-Landzécourt]  abend 10 ½ Uhr nach Luppé [Louppy-sur-Loison].

Luppy [Louppy-sur-Loison] d. 14. Decb.

Ankunft hieselbst Nachts 1 Uhr nachmittags 3 17“ Uhr Abmarsch nach Balan [Baâlon], Montmedy [Montmédy] hab auf heute [Capihatel?] ankunft hieselbst 8 Uhr

Balon [Baâlon] d. 15. Decbr.

Algemeiner Ruhe. Ablon den 16. Decb.

Marsch über Stenay, Martincourt nach Inor.

Inor d. 17. Decb.

Marsch von halb 7 Uhr bis 4 Uhr über Moulins, Mouzon, Douzy, Barzeilles [Bazeilles], letzteres ist die Stadt welche von den Bayern in Brand gesteckt ist, weil die Einwohner auf dieselben geschoßen haben und jetzt noch eine Ruine zunennen, auch sah man deutlich wie die Gewehrkugel an den Häusern geschlagen waren,, rechts u. lings von der Chausee, Gräber gefallener Helden. Dann trafen da[s] Städtchen Balan [Baâlon], wo auch noch Spuren des Gefechtes zu sehen. Danach kamen in das berühmte Sedan.

Sedan d. 18. Decb.

Marsch über Flieze [Flize] nach Boutancourt, hinter Sedan sah man mehrfach Gräber, auch kamen an dem Schloß Bellevue vorbei, wo Napol. den Degen abgegeben, sahn auf die Berge wo unsre Geschütz sind aufgepflanst [?].

Boutancourt d. 19. Decb.

Marsch über Flieser [Flize] morgens 3 ½ Uhr nach Les Ayvelles Ankunft 6 Uhr, mußten aber auf die Straße bis 9 Uhr stehen da die 19 ner die Quartiere noch nicht geräumt hatten. Quartir ziehmlich gut.

Les Ayvelles d. 20. Decb. 1870

heute maschirten über Franchwill [La Francheville], wo wir 2 ¼ Stunde auf die 5 & 8 Compagnie warteten, aber vergeblich, da dieselben waren schon fort, hinter der Bagage ein schnecken u. trauer Marsch ist es zu einen denn hinter Francheville [La Francheville] mußten einen Berg erklimmen der über 2 Stunden Zeitverlust ging, 8 Pferde vor 1 Wagen und doch konnten dieselben keinen der wagen das machte der Lehm der über 2 Fuß tief war, um 4 Uhr kamen in St. Marceu [Saint-Marceau] an, um 7 Uhr Abmarsch nach Clavy wo wir dann auch um 10 Uhr ein ganz anständiges Quartir bezogen.

Clavy, d. 21. Decembr.

Dieser Tag war ein Ruhetag und sieht auch nichts besonderes vor. Nur die Nachricht wurde uns theil das wir am morgen der Lage einen Streifzug gegen Franktireur machen sollten und wirklich es geschah darum schritt auch zum Bef.

Clavy den 22. Decb.

Um 1 Uhr Nachts wurde aufgebrochen, hinter Clavy wurde geladen und marschirten Bergauf Bergab durch Wald und herein nach Les Schatle [Le Châtelet-sur-Sormonne] wo nach 1 Stunde gesund und wurde daraus sagten das in Rimonge gestern noch 2 Wachen von Franktireur gewesen sind sofort in die Stadt [?] die 6. Comp. war als Bedeckung der Attl. die 5.7.8. waren die Schützenzüge so wie auch die der 6. Comp. waren ausgeschwärmt, und bekamen die [?] die rechts nach [?] und waren Feuer auch wurde 1 Mann schwer verwundet, unser Standpunkt war [?] auf einen Berg wo wir immer mitten in die Stadt sahen konnte unsere Attl. feuerte sofort in die Stadt genau sah man die Wirkung der Granaten, nach ungefähr 1 Stunde Gefecht wurde avansirt und in einen nu rückten wir und waren mitten in die Stadt 4 Häuser waren in Brand geschoßen 3 angezündet und ca. 500 Frankt. gefangen genommen. Ich habe 17 Schuß gethan nach dem die Stadt genommen wurde durch maschirt und [?] Requarirt [?] maschirte noch bis Tournes wo wir um 2 Uhr ankamen und ein ziehmlich gut Quatir erhielten.

Tournes d. 23.

Der Tag verlief ruhig. Befinden schlecht. Abends 7 Uhr Abmarsch um auf Replic zu ziehen, ich ging um 8 Uhr mit den Befehl nach. Jedoch campirten nicht unter freien Himmel sondern in einer Scheune, auf empfing einen Brief von heiß geliebten W. der mir manches über einen [?] schreiben [?] ich bin unschuldig.

Replic d. 24. Debc.

Ohne große [?] löste die 4. Comp. uns um 1 Uhr Mittags ab und traten um 2 Uhr in Houldezy [Houldizy] an, heute abend wird uns für morgen, also am 1. Weihnachtstag eine traurige Aufgabe gestellt, Gott sei mir so wie allen Gnädig. Welch ein Unterschied zwischen Weihnachten 69 und 70. Wie mögen die Gedanken sein in H. u. B. Allmächtiger lasse mich bald dahin.

d. 25. Decebr

also am 1. Weihnachtstag, heute Nacht habe ziehmlich gut geschlafen, aber es ist sehr kalt, und doch stehen wir zum Gefecht bereit, sollte heute meinem Leben ein Ende gemacht werden, in den Schutze des Almächtigen habe ich liebster Wilh. sowie Euch ihr lieben Eltern, Schwester u. Brüder empfohlen.

Nachdem das Tagewerk vollbracht ergreife ich dieses Buch um es wiederum mit einem Jammerbild zu versehen.

Heute morgen 6 Uhr standen zum Abmarsch in Houldezy [Houldizy], von da ging es über Doumouzy [Damouzy] links auf einer Höhe Etion [Étion]. Sogleich fuhr unsre Feldartillerie grade vor uns auf und feuerte in Bel-air, wir bekommen, d.h. Führbo. und 3. Comp. v. 2. Btl. denn das 1. Btl war in der seiten Richtung von Bel-Air abgerückt auch ca. 9 Ctr. Granaten doch ohne zu schaden. Danach maschirten zu nächst in aufgelöster Schützenlinie dem 1. Batl. nach, die Führbo. zogen nach rechts in der Richtung v. Wark [Warcq] wir bekamen auch bald in unsern rechten Flanken Feuer, eroberten das Schloß Bel-Air und behaupteten es auch blieben drinnen gleich als Replic der Feldwache, Feldwache selbst wurde im [?] Bel-Air gestellt, mehre Granatenschüße bekamen wir noch doch ohne zu schaden um 2 Uhr ging als Begleitung mit dem Herrn Mayor Bresler nach Etion [Étion] um auch zugleich auf Befehle mit zurück zubringen um 9 ½ Uhr kam in Bel-Air wieder an, wohlbehalten. Das war der erste Weihnachtstag.

Den 26. Decb.

Im Schloß Bel-air bis um hal[b] 4 Nachmittag blieb alles ruhig, dann weckten uns mehre Granatschüße die dicht neben uns einschlugen und das Gefecht nahm seinen Anfang aufs neue 2 mal wurde aus dem Dorfe geschlagen 2 mal war es genommen und um 7 Uhr hatten wir vollkommen unsre vorige Stellung wieder verhältnismäßig wenig Verlust.

Am ersten Tag war unsre Speise gefrorenes troken Brod, heute haben noch Kartoffelbrei von gefrorenen Kartoffel gehabt. Das war der 2. Weihnachtstag.

Den 27. Decb.

Bel-Air um 7 Uhr morgens wurde abgelöst und maschirten nach Tournes wo wir um 12 Uhr ankamen der Tag verlief ruhig.

Tournes 28. Decb.

Bei uns alles ruhig waren, jedoch hörte man mehre Schüße auch schrieb heute einen Brief an H.

Den 28. Decb. 1870.

Tournes. Heute morgen 3 ½ Uhr standen wieder zum Weitermarsch, d.h. um auf Vorposten zu ziehen u. zwar nach Belair um 7 Uhr hatten abgelöst und helle wurde es auch um sich unseren Standpunkt anzusehen aber welch Erstaunen 200 Schritt vor uns in gedeckter Stellung, das heißt in einem Hause, war der Feind und sandten uns recht anständig blaue Bohnen, dieselben schoßen bis Abend ohne jemand zu verwunden unsrer seits fielen 4 Schuß die Nacht ruhig.

Vorposten Bel-air

Den 29. Decb.

Bei Beginn des Tages beginnt auch das unkluge Schießen der Franzosen mit wenig Abbrechung dauert es fort, um 6 Uhr Abends, wir werden abgelöst, und maschiren wieder nach Tournes wo wir um 10 Uhr Abends ankamen.

Tournes de. 30. Decb.

Noch immer kalt, heute morgen noch etwas Schnee heute alles ruhig.

Tournes d. 31. Decb.

Heute morgen Frost um 7 ½ Uhr beginnt das Bombardement auf Mesieres [Mézières]. Um 6 Uhr  waren 2 Comp. nach Scharlovill [Charleville] vorgerückt und nach dem dieselben Feuer bekamen wurde auf Scharlovill [Charleville] bombardirt, auf unsre Seite waren und Feldartillerie aufgepflanzt, vis à vis, aber die Schweren mit den 3 Schuß sah man das Feuer in Mesiere [Mézières] aufsteigen, in der Nacht von 12 bis 1 Uhr, Übergang vom alten zum neuen Jahr, wurde Schnellfeuier gegeben, dieses war kein Schießen mehr sondern nur ein Gebrüll.

Ende 1870.

Tournes den 1. Jan. 1871

Prosit Neujahr, Ihr Geliebten alle in der Heimath, o lieber Wilhelm könnt ich bei dir sein.

Heute um 10 ¼ Uhr morgens hörte das Bombardement auf, man spricht von Unterhandlungen, um 11 ½ Uhr man sagt das Meszieres [Mézières] capitulirt hat. 3 ½ Nachmittags wir maschiren nach Bel-air um das Replic zu besetzen, die Capitulation muß doch gegründet sein denn die Artillerie will die Geschütze fort haben, 6 ½ Uhr Abends angekommen im Schloß Bel-air so recht sieht man von hier das Flammenmehr in Mezieres [Mézières] u. Scharlovill [Charleville].

Bel-air den 2. Jan. 1871.

Heute morgen 6 Uhr rückten 5.7.8. Compagnien nach Scharlovil [Charleville] ab, wir musten hier zur Deckung des Rückens bleiben, in dem wir eine andere Front annehmen, Franktours sollen nämlich in den Walde hinter uns sein. Morgens 8 Uhr Fähnrich Krause nahm 20 Mann woran auch ich mich Schloß um Franktours zu fangen auch nahmen wir 43 Mann gefangen ohne verluste unserseits, 3 Franktr. hatten wir angeschoßen und kamen um 4 Uhr Nachmittags wieder in Bel air an.

Bel air d. 3. Jan.

Wir rückten in Quartir. Der Tag verlief ruhig, es bestätigte sich das Mezieres [Mézières] capitulirt hat.

Bell air 4. Jan.

Um 12 ½ Uhr werden abgelöst und maschirten nach Charloville [Charleville], sonst alles ruhig.

Charloville [Charleville] d. 5. Jan.

Der heutige Tag war voller Mühe. Morgens 1 Uhr maschirten über __________ nach Gr. ____________ ½ Stunde von Roeray wo unser Zug auf Vorposten. Tag um 1 ½ Uhr begann das Bombardement mit Feldgeschützen, obgleich es neblich war, gelang es dannach der Artillerie die Festung auf mehren Stellen in Brand zu schießen, um 5 Uhr capitulirte die Festung wir zogen dannach erfreut zu Hause, 2 ½ Uhr schlug die Uhr von Charloville [Charleville] [als] wir wieder eintrafen also 26 ½ Stunden auf den Beinen todtmüde kamen wir in unser, in der Nacht verlassenen Gut an, noch hab ich vergessen zu bemerken, das wir von Dorfe ______________ zurück gerufen wurden nach _______________ da wir vollkommen mit Granaten überschattet wurden kein Wort konnte man verstehen denn es war ein fortwärendes Gefühl der Granaten über uns, so etwas habe [ich] noch nie erlebt, Gott bewahre mich hier das 2 mal.

Lieber Wilhelm konnte ich bei dir sein, wie ruhig vergeht der Tag Euch und wir sind als Vieh täglich dem Tode ausgesetzt, ereilte er mich doch bald.

Charlovill [Charleville] d. 6. Jan.

Müde, matt und kaputte Füße von gestern, schlecht geschlafen weil ich zu übermüdet war, heute alles ruhig.

Charloville [Charleville] d. 7. Jan.

Allem Anschein nach kommen wir nach Paris, doch nicht, wir müssen nach Chattilon sur Seine [Châtillon-sur-Seine], gegen Garibaldy, der Allmächtige Gott der mich bisher geleitet rufe ich an mich ferner zu behüten und mich bald wieder in den Armen meines Wilhelms zurückführen.

Den 8. Jan.

Charloville [Charleville], alles ruhig.

Den 9. Ja.

Charloville [Charleville] alles ruhig und eisig kalt.

Den 10. Januar

Charloville [Charleville] um 6 Uhr morgens rückten aus über Lafronschville [La Francheville] nach Boulcecourt [Boulzicourt] wo wir auf die Bahn kommen um ___ Uhr Abfahrt über Rethel durch einen ziehmlich langen Tunnel nach Reims wo es Boulan u. Fbf. gab. Um 3 fuhren von Reims über ____________ nach Chamont [Chaumont] wo wir um 7 Uhr Morgens ankamen hier gab es verbrannte Erbsen und ein kleines Stück Speck, glü[ck]licher Weise erwischte noch 1 Glaß Glühwein um 8 Uhr am 11. Januar fuhren weiter über __________ nach Veuxhaules [Veuxhaulles-sur-Aube] wo wir um 1 Uhr ankamen nach Boudreville Ankunft 2 ½ Uhr NMitt.

Boudreville d. 12. Jan.

Heute Nacht nur zeitlich geschlafen, weil zu kalt, und zu müde war, der Tag verlief ruhig. Abends 6 Uhr, soeben kömmt der Befehl, das wir wieder maschiren sollen, u.z. nach Dancevoire [Dancevoir], flöthe frei weg maschirten durch obigen Ort, und wiederum befinden uns in einer Mühle auf Vorposten, ich habe dann auch das Glück auf Posten zu stehen u.z. 4 lange Stunden hinter einander.

Vorposten d. 13. Jan.

Die Nacht verlief ruhig um 10 Uhr wurde in den vor uns liegenden Dorfe ________ 1 Kuh, Brodt u. Wein requirirt, dieses alles wurde sofort vertheilt und jeder trug sein Fleisch im Kochgeschirr fort, erwartete mit Sehnsucht die Ablösung, um sich dann eine Suppe zubereiten zu können.

Um 2 Uhr wurden abgelöst und maschirten weiter so das wir um 3 ¼ in unsern Orte Dancevoire [Dancevoir], um 4 Uhr bezogen dann endlich die Quartire. Sofort wurde die Suppe resp. Fleisch zum Braten aufs Feuer gebracht, jedoch essen sollten wir nichts, denn um 5 Uhr musten schon wieder fort und maschirten nach Aubepiere [Aubepierre-sur-Aube] wo wir um 6 ½ Uhr ankamen. Dank unsern dummen Fourirer, denn erst um 9 Uhr konnten erst Quartire beziehen um 12 Uhr nachts muste ich zum Batl. Büreau um Befehle zu empfangen jedoch der Befehl ließ lange auf sich warten. Dan 6 ½ Uhr morgens kam der Befehl.

Aubepiere [Aubepierre-sur-Aube] d. 14. Jan.

Was der Befehl in sich hat, wird nachstehend. lehren, denn um 10 ½ Uhr muste das Batl. (eigen[t]lich die Divs.) zum weitermarsch stehen. Der König habe im Befehl gesagt das unsere Aufgabe eine sehr schwere sei. Gott sei mit uns. Wir maschirten über Arc-en-bois [Arc-en-Barrois] durch Berg und Thäler bis wir links ein Dorf trafen dieses war aber mit ca. 50 Mann Mobil-Garde besetzt, welche sich sofort verzogen, wie sie uns erblickten mit noch einigen Unterbrechungen maschirten wir vorwärts bis gegen 7 Uhr Abends, unsre Compag. sollte im Dorfe Marac die Feldwache beziehen. Das Dörfchen sollte noch mit ca. 40 Mann besetzt sein. Ein dichter Nebel umschwebte uns und so marschirten ohne Ahnung von irgend etwas forwärts bis ca. 20 Schritt vor das Dorf, welches wir aber nicht bemerkt haben bis uns dann mehre Salben [Salven] entgegenflogen. Der Schrecken war kein kleiner. Mit Sturm wurde das Dorf gesäubert und 4 Gefang. und 1 Fahne wurde erobert jedoch wie wir nach Beendigung des Gefechts um 1 Uhr Nachts uns betrachteten, beklagten leider

1 Vicefeldwebel Ramler

1 Unteroffizier Rölle

1 Gemeiner

als Tode 4 Mann Verwundet, und hatte unsre Compag. gegen 1. Batail. Garde-Mobil gekämpft, wir zogen auf Replic, und verblieb alles die Nacht über ruhig.

Maro [Marac] den 15. Jan.

Um 7 Uhr maschirten weiter über mehre Dörfer nach Courcelles [Courcelles-en-Montagne] ohne auf den Feindt zu stoßen, jedoch das Quat. war sehr überfüllt, des nachts um 1 ½ Uhr kam leider erst vom Büreau, bekam also wieder wenig oder gar kein Schlaf.

Courcell [Courcelles-en-Montagne] d. 16. Jan.

Abmarsch um 7 Uhr maschirten direct auf eine vor Langres liegende Schanze zu bis in der Nähe von ca. 4000 Schritt davor so wurde halt gemacht, wir erschreken aufs heftigste, aber es schien als ob der Feindt keine Kanonen hat, denn nachdem wir fast ¾ Stunden wie auf einen Teller gestanden fiel endtlich 1 Schuß wir zogen uns zurük verschiedene Schüße sandten sie uns noch nach jedoch ohne zu schaden, nur das der Feindt unsre Bagage angriff und einige Mann verwundet wurden sonst gelangten ruhig um 3 Uhr Nachmittg. in Noidant-Chatonois [Noidant-Chatenoy] um 7 Uhr muste zum Befehlsempfang nach Cohan kehrte leider am andern morgen 7 Uhr nach Noidant-Chatonois [Noidant-Chatenoy] zurück, also wiederum nicht geschlafen.

Noidant-Chatonois [Noidant-Chatenoy] d. 17. Jan.

Um 10 Uhr ging es weiter nach Torsney [Torcenay], wo wir um 2 ½ Uhr eintrafen, woselbst 9 Gefangene, ohne Verluste, gemacht wurden. Heute Abend muste ein anderer für mich zum Befehlsempfang.

Torsnay [Torcenay], d. 18. Januar

Abmarsch von hier um 7 ½ Uhr, ohne Caffee ging es weiter ohne auf den Feind zu stoßen nach Genevrieres [Genevrières] wo wir um 2 Uhr ohne Schaden ankamen, durch die Orten wo wir kamen waren die Feinde erst vor einigen Stunden geflohen höchstwarscheinlich stoßen wir bald auf denselben. Gott sei uns gnädig. Generieres [Genevrières] d. 19. Jan. 1871.

Abmarsch von hier morgens 8 ½ Uhr nach St. Fauntayn. Ankunft daselbst Abends 9 ½ Uhr, hieselbst wurde Qtir in 2 ärmlichen Wohnungen genommen heute hatten nur noch wenig Brod gehabt doch das Elend sollte noch größer werden denn hier fanden nur 1 Brod vor, Caffe war auch alle geworden. Nur den hunger stillen endlich fand sich noch 1 Sack mit Mehl, sofort wurde Mehlbrei und Klöze zum Abend u. morgentisch gemacht. Volon 20 Sze.

St. Fauntain d. 20. Jan.

Hungrich und durstig ging es morgens um 9 ¼ Uhr weiter welch ein Leiden, Stiefel sind das Sohlen entzwei, die Füße sind dick u. angeschwollen, der Magen leer, Wann wird dieses jämmerliche Leben aufhören, Gott der Herr gebe doch bald den Frieden. Unter vielen Schmerzen gelangten endlich Abends in Chambonnnay [Champtonnay] um 7 Uhr an, endlich! endlich giebt es etwas für den hungrh. Magen. Aber die Füße. Auch hatten wir Gefechtsstellung eingenommen, und erwarteten den Angriff.

Chambonnay [Champtonnay] d. 22. Jan.

Heute hatten doch mal einen Ruhetag, doch muste ich obgleich ich so schlechte Füße hatte zum Battl.-Büreau um 1 Uhr Mittags kehrte um halb 9 Uhr Abends zurück.

Chambonnay [Champtonnay] d. 23. Jan.

Abmarsch 8 Uhr morgens ohne auf den Feind zu stoßen gelangten in Boismury [Boismurie] um 2 ½ Uhr nachmittags an, um 4 Uhr hörten aus nicht ganz weiter Endtfernung den Donner der Kanonen indes es blieb alles ruhig um 7 ½ Uhr verstärkt der Donner, wir sind indes nicht in Bouismury [Boismurie] sondern in Pouillyfrançais [Pouilley-Français]

Pouillyfrançais [Pouilley-Français] d. 24. Jan.

Abmarsch von hier um 6 Uhr morgens über St. Vit nach den Doubs, eine ½ Stunde hinter St. Vit wurden in eine Pionier-Fähre übergesetzt wir langten alle wohlbehalten auf den diesseitigen Ufer an und kamen um 1 Uhr in Salons [Salans] an.

Noch zu bemerken am 19.1. passirten 6 Schiffbrücke der Sannes.

Der Tag verlief ruhig auch schlief ich diese Nacht in ein Bett.

Salons [Salans] den 25. Jan.

Abmarsch von hier um 8 ½ Uhr über Fresans [Fraisans], wo wir mit Musik durchmaschirten dann wieder über eine Pontonbrücke über den Doubs nach Dampiere [Dampierre] wo wir 10 ½ Uhr morgens ankamen.

Dampiere [Dampierre] den 26. Jan.

Heute Ruhe. Des Nachts z. Befehlsempf.

Dampiere [Dampierre] d. 27. Jan.

Abmarsch von hier über den Doubs, (Schwebebrücke) nach Fresan [Fraisans] weiter über die ___________ nach Porry [Paroy] wo wir um 11 ½ Nachts ankamen muste ich daselbst bleiben um Befehle zu erwarten, die Comp. maschirte weiter nach Chay. um 6 ½ Morgens kam der Befehl um 7 ¼ Uhr kam ich in Chay an.

Chay den 28. Jan.

Abmarsch 8 Uhr morgens nach Pouitvillers wo Rondesvous war, wir sollten den Feindt aus 3 Dörfer vertreiben indes maschirten durch herliche Berge, Klippen und Ansichten waren herlich, leider wurden schließlich zu müde denn allenhalben lag hier noch Schnee wir machten schließlich noch ziehmlich Gefangen ohne einen Schuß abzuschießen, matt u. müde kamen wir um 6 Uhr Abds. in Desert-Villers [Déservillers] 29 Jan.

Abmarsch um 9 Uhr vor dem Dorfe sammelte sich die Division, um 12 Uhr maschirten von dort ab durch den Schnee, denn von Chay ab haben wir in den Bergen maschirt wo Schnee bis ½-¾ Fuß hoch lag. Ohne auf etwas Feindliches zu stoßen gelangten äußerst Matt und Müde bis ungefähr 4000 Schritt vor Chaffois an wo wir als denn wieder mit Feuer empfangen wurden nach einer 2 ½ – 3 Stündigen harten Treffen gelang es uns an das Dorf zu kommen. Mitten im Sturm hörten mit einen mal das Waffenstillstand sei, Gefangene wurden sofort endtlassen unserseits wurden 4 Geschütze ca. 1500 Mann gefangen genommen. Wir bezogen für die Comp. 3 Häuser. Diese Freude als der Wassernstillst. groß war läßt sich denken.

Chaffois d. 30. Jan. 1871.

Heute soll eine Ortsveränderung stattfinden jedoch eben unterwegs so kam denn das Paris capitulirt indes für die Süd-Armee noch nichts beschlossen sei, wir kehrten in den alten Quatiren zurück unser Vorposten können den Feindlichen mit Steinen schmeißen keiner weiß daraus klug zu werden.

Chaffois den 31. Januar

Es geht wieder weiter um 12 Uhr wird abmasch. Schnee vielen Stellen 2 Fuß hoch. Heute wurden uns vom Feinde 3 Dörfer willig geräumt und gelangten wohlbehalten um 3 Uhr in Vuillecin an.

Vuillecin d. 1. Febr.

Heute ordnen sich alle 3 Corps zum Angriff. Heute wird die Endtscheidg. sein um 9 Uhr Morgens nahmen Aufstellung angesichts des Feindes gegen Pontalvil [Pontarlier]. Unsre Divs. hatte die Reserve wir standen bis Abends 6 Uhr hörte indes den ganzen Tag heftige Kanonendonner und Gewehrfeuer. Der Erfolg blieb uns unbekannt, wir maschirt. nach Bannas [Bannans] wo wir um 7 ½ Uhr ankamen.

Bannas [Bannans], den 2. Febr.

Abmarsch von hier um 9 Uhr über Arbois. Dieses Städtchen liegt unmittelbar am Fuße eines hohen Berges und war es wirklich Prachtvoll wie wir fast rund um rum maschirten und dieses Städtchen zu unsern Füßen. Um 12 ½ Uhr kamen wir in Viellette [Villette-lès-Arbois] an, ½ Stunde von Arbois.

Villette den 5. Febr.

Heute Ruhetag. Nachmittags war ich nach Arbois.

Viellette d. 6 Febr.

Abmarsch von hier nach Ounans des 7. Febr.

Marsch nach Dole. Dieser Marsch war äußerst anstrengend, die Füße sind endzwei, o welch ein Leiden, kömmt dennoch nicht bald der erwünschte Frieden. Trotzt meiner großen Müdigkeit muß heute Nacht noch zum Befehlsempfang.

Dole den 8. Febr.

Abmarsch um 8 ½ Uhr. Ankunft in Esbarres. 4 Uhr.

Esbarres d. 9. Febr.

Abmarsch 9 Uhr. Ankunft 3 ½ in Ovillars [Auvillars-sur-Saône]

Ovillars [Auvillars-sur-Saône] 10. Febr.

Abmarsch um 9 Uhr. Ankunft in Comblanchien um 3 ½ Uhr.

Dieses ist so recht das Land des Weins rechts umlieg. Weinberge, hier ist der Wein vorzüglich gut.

Comblancien [Comblanchien] 11. Febr.

Ruhe für die Mannschaften. Doch ich mußte den ganzen Tag schreiben.

Comblancien [Comblanchien] d. 12. Febr.

Ruhe doch nicht für mich. Ich mußte nach Nuits [Nuits-Saint-Georges] um einzukaufen.

Comblanchien den 13. Febr.

Unsre Ruhe ist wider alle wir maschiren weiter. Abmarsch um 9 Uhr. Ankunft 5 ½ Uhr in Blingny [Bligny-sur-Ouche]. Wir wohnen beim Kaufmann.

Blingny [Bligny-sur-Ouche] den 14. Febr.

Abmarsch um 8 Uhr. Ankunft um 1 ½ Uhr in Maconge Heute Abend 8 ¼ Uhr wurde uns der Befehl das der Waffenstillstand auch für uns sei [gegeben].

Maconge

Alhier verlebten die Zeit des Waffenstillstandes auch war uns das Wetter recht günstig, denn es war wie im Frühling, je nahe der 19. Febr. heranrückte als Endtziel der Ruhe je gespannter war der Aufenth. Endtlich am 18.ten Abends kam der Befehl das derselbe bis zum 24. Mittags verlängert sei, auch der 24. kam und wieder Verlängerung bis 26. Mitternacht, um auf alle Fälle vorbereitet zu sein wurde unser seits am 26. die neue Vorpostenstellung eingenommen. Wir maschirten um 11 ½ Uhr vor Maconge ab und trafen um 3 ½ Uhr in Veilly an, wir nahmen Quatir beim Maire. Das Weib war ein richtiger Drache nichts hatte sie.

d. 27.

Ich schmeichelte ihr ein bischen ums Maul dafür bekam ich wie ich im Zimmer allein war 1 Glaß Wein, nun war sie aber verrathen, nachdem Fähnrich K. wieder gekommen erzälte ich den Vorfall, und sofort wurde nach gesucht, es fanden sich 9 ½ Brod 2 Fäßer Wein, Speck u. Schmalz. Der Abend brachte uns den Frieden. So wurde einer geblasen nachdem eine Fakelzug im Dorfe gemacht und den Compagnien Cheffs ein Ständchen gebracht. O Dank dem Herrn und seh ich Dich geliebten Wilhelm bald wieder.

d. 28. Febr.

Abmarsch nach Blingy [Bligny-sur-Ouche]

Oremaux

Nuits

Dijon

Selongcy

Epinal 19 März

Nancy d. 23. [?]

Abfahrt 6 ½ Uhr Morgens

Arrikurt 9 Uhr 10 Minuten

Saarburg 9 ¾ Uhr

Savern (Cabern) 10.20

Straßbourg 1 Uhr

Zug vergisst Münster, [Gallen?]

Kleve Bombardements

Abfahrt von hier 5.40.

Kehl Apenbeier [Appenweier] – N.

Rastadt

Carlsruhe 9 ½ Uhr Abds.

Abfahrt 12 Uhr 55 M.

Heidelberg

Darmstadt 5 U.

Frankfurt d. 7 Uhr

[Gott danken?]

Frankfurt Abfahrt 9 ½ U. M.

Veröffentlicht unter Deutsch-Französischer Krieg 1870/71 | Schreib einen Kommentar

Kriegstagebuch des Gefreiten Gustav Goebel beim Reserve Feldartillerie Regiment 22 (2. April 1915 – 6. August 1916)

Karl Gustav Goebel wurde am 19. März 1889 in Epterode Großalmerode und verstarb am 31. März 1963 in Witzenhausen. Sein Vater, der Fabrikarbeiter Andreas Goebel (*1846) verstarb bereite 1889 im Alter von 43 Jahren. Seine Mutter war Marie Goebel, geb. Horn (*1853-†1908) stammte, wie auch sein Vater, gebürtig aus Eptenrode. Gustav Goebel übte, wie in der Heiratsurkunde nachzulesen ist, den Beruf des Buchhalters aus. Am 11. Mai 1878 heiratete er Katharine Auguste, geb. Horn (*1889-†1981), die ebenfalls gebürtig aus Epterode Großalmerode. Ihre gemeinsame Tochter war Hilde (*12. April 1914-†5. März 2006), die Goebel liebevoll „Hildchen“ im Kriegstagebuch nennt.

Gustav Goebel rückte bereits am 2. August 1914 in den Krieg ein, wie er in seinem Kriegstagebuch schreibt. Das Kriegstagebuch beginnt mit der Eintragung:

An Stelle des am 25/7.15 auf dem Wege nach Chauny verlorenen Tagebuches[.]

Er hatte also sein Kriegstagebuch am 25. Juli 1915 auf dem Weg nach Chauny verloren und fing deshalb in einem anderen Heft von Neuem an. Die Einträge beginnen am 2. April 1915. Er hat also den Zeitraum von April bis Ende Juli 1915 nachgetragen. Er diente damals als Gefreiter in der 1. Batterie des Reserve Feldartillerie Regiments 22. Im April 1915 war sein Regiment südlich von Noyon eingesetzt. Am 12. Juni 1915 ist Goebel dann in seinem Heimatort Großalmerode eingetroffen. Er hatte Sonderurlaub bekommen, da seine Schwester schwer krank war. Sie verstarb am 14. Juni 1915 und wurde am 17. Juni 1915 zu Grabe getragen. Am 19. Juni reiste Gustav Goebel dann wieder an die Front. Im November 1915 wurde die Einheit dann aus der Front herausgelöst und in den Raum Amange verlegt. Am 11. Dezember wurden die Einheit an die Aisne nach Attigny verlegt. Ende Januar erfolgte dann die Verlegung aus der Champagne zunächst nach Baâlons. Ab dem 6. März 1916 nimmt die Einheit an der Schlacht von Verdun teil. Hierzu schreibt Goebel:

Am Morgen des 6.3.1916 sind wir von der Madaleinenferme abmarschiert über Brieulles, Vilosnos, Bahnhof Consevoye [Consenvoye] nach dem Walde bei Forges [Forges-sur-Meuse], wo unsere Batterie im Abteilungsverbande im schwersten feindlichen Feuer einfahren mußte. Schnee u. Regen wechselten ab, es herrschte furchtbare Kälte. Unsere Division griff an, erstürmte Regneville [Regnéville-sur-Meuse], Forges [Forges-sur-Meuse], den Chaurettes [Caurettes]- u. Rabenwald, Teile des Toten Mannes und zuletzt noch Cumieres [Cumières-le-Mort-Homme]. Was hier geleistet worden ist, kann nicht belohnt werden. 14 lange Wochen in dieser Hölle, jeder Tag neue Verluste, Wasser in den Unterständen bis zum Meter hoch, Schießen und Schanzen bei Tag u. Nacht, Protzen lagen 4 Wochen im Freien an dem Bahndamm bei Consenvoye, kamen dann ins Sägewerk bei Vilosnes.

Am 12. Juni 1915 wurde die Einheit dann abgelöst und kam dann zur Ruhe in die Nähe von La Capelle, nordöstlich von Hirson. Allerdings weilte Goebel vom 4. bis 17. Juni 1916 auf Urlaub in der Heimat.

Am 31. Juni 1916 wurde die Einheit alarmiert und kam in den Raum Péronne an die Front an der Somme verlegt. Am 23. Juli 1916 wurde die Einheit dann abgelöst und kam über St. Quentin nach La Fère. Am 6. August 1916 kam Goebel wieder an die Front. Der Kriegstagebuch endet mit hier.

Die weiteren Seiten blieben unbeschrieben. Auf einer leeren Seite wurde das Foto eines Soldaten eingeklebt, das leider nicht beschriftet ist. Es könnte sich bei dem Soldaten auf dem Foto um Gustav Goebel handeln.

Eingeklebtes Foto eines Soldaten, vermutlich Gustav Goebel
Erste Seite des Kriegstagebuches von Gustav Goebel
Auf der rechten Seite ist der Name Gustav Goebel zu lesen. Die Aufzeichnungen beginnen jedoch vom anderen Ende des Heftes.

Kriegstagebuch des Gefreiten Gustav Goebel beim Reserve Feldartillerie Regiment 22 (2. April 1915 – 6. August 1916)

An Stelle des am 25/7.15 auf dem Wege nach Chauny verlorenen Tagebuches

 

2.4.15 (Karfreitag)

Mit dem heutigen Tage beginnt mein weiteres Tagebuch. Ich danke meinem lieben Gott unterm Kreuze von Golgatha, daß ich auch diesen Tag noch erleben durfte. Möge uns Gott bald einen siegreichen Frieden bescheren damit wir wieder in unseren gemütlichen Heime bei unseren Lieben in Ruhe weiterleben können.

4.5.15

Gefr. Reh bis aus weiteres nach Deutschland kommandiert.

5.4.15

Gefrt. Engmann wegen Mittelohrentzündung ins Lazarett Coucy le-Chateau.

7.5.15

Heute Stellungswechsel vorgenommen und nach Selens zum Exerzieren gekommen.

27.4.15

Außer Exerzieren und einigen kleinen Veränderungen nichts Besonderes.

Wachtmeister Knoch wegen kranken Fuß ins Lazarett Trosly-Loire.

Gefrt. Engemann zurück.

30/4.15

In der Nacht zum 1/5. wieder in die alte Stellung bei Vassens eingerückt.

1.5.15

Kriegsfr. Rehberg, Cornelius, Schanze zu überz. Gefrt. Befördert.

2.5.15

V.W. Bernemann zu 6/28 versetzt.

5.5.

Seelig, Thielecke u. Lehmann zu überz. Untffz. befördert.

18.5. Wachtmeister Knoch aus dem Lazarett Trosly-Loire zurück.

20.5.15 V.W. Bartholomäus durch Schrapnellsteckschuß im Rücken verwundet. Mit dem Auto ins Lazarett Trosly-Loire. Untffz. Bleibler Eis. Krz. II. Kl.

1.6.15

Leutnant Rühl zum Regtsstab und Lt. Degenhardt vom Regtsstab zur Batterie versetzt.

6.6.15-8.6.15

Heftige Durchbruchsversuche beim 9ten Korps bei Moulin-sus-Touvent [Moulin-sous-Touvent]. Gelangten bis in unsere vordersten Gräben.

10.6.15

Gefrt. Rüppel ins Lazarett Trosly-Loire (leichte Verletzung an Augen, Händen u Gesicht). Blindgänger geöffnet.

12.6.15

Fahrer Schmidt aus dem Lazarett Barisis [Barisis-aux-Bois] zurück. War heute infolge eines Telegramms an das Bette meiner heftig erkrankten Schwester geeilt. Kam Sonnabend, den 12.6.15 Abds. ½ 6 Uhr in Cassel über Charleville, Metz, Frankfurt – Bebra an, habe meine Schwägerin aufgesucht und sind wir dann zusammen nach Großalmerode gefahren, wo wir Abends um ½ 10 Uhr eintrafen. Mein Bruder Carl war am Bahnhof und holte uns ab. Wir gingen gleich nach meiner kranken Schwester, wo ich meine liebe Auguste auch traf u. begrüßte. Außerdem waren mein Schwager Carl, oben Karoline, August, Dina und Jahnsen da. Meine Schwester lag totenbleich und furchtbar abgemagert auf dem Bette. Etwas konnte sie mich trotz ihrer Schwäche doch noch erkennen. Wer hätte sich ein solches Wiedersehen ausgedacht, als ich sie am 2/8.14 gesund und kräftig verließ, um in den Krieg zu ziehen.

Sind denn nach vorne gegangen und sind um 2 Uhr zur Ruhe gegangen. Mein kleines Mäuschen lag im Bett, war jedoch nicht wach zu kriegen.

Sonntag, 13.6.15

Nachdem der Tag graute, meldete sich auch mein kleines Hildchen und wollte zu ihrer Mutter, wo sie so schön sprechen konnte. Neben mich verstummte sie erst, gewöhnte sich aber schnell an mich und kletterte nach kurzer Bekanntschaft auf mir herum. Nachdem wir Kaffee getrunken hatten und uns angekleidet hatten besuchten wir den Gottesdienst. Nachdem habe ich noch verschiedene begrüßt und darnach wieder meine Schwester aufgesucht. Bei der war es noch so, wie am vorherigen Tage. Nachmittag hatten wir Besuch von Epterode.

Montag, 14.6.15

Heute auf dem Rathaus gewesen und mich angemeldet. Nachmittags gegen 2 Uhr ist meine Schwester sanft im Herrn entschlafen. Ich konnte ihr die Augen zudrücken. Sie hat einen guten Kampf gekämpft, darum möge ihr die Erde leicht sein. Der Arzt stellte Magen- und Leberkrebs fest. Die Augen meiner heißgeliebten Schwester sind nun auf immer gebrochen. Kein freundliches Lächeln empfängt einen beim Eintreten in den vertrauten Raum. Wer weiß, was sie für mich gewesen ist, kennt meinen großen Schmerz um sie, meine einzige liebe Schwester. Haben Nachmittag Beerdigung und Sarg bestellt.

Dienstag, 15.6.

Heute Direktor A. aufgesucht. Heute Abend in Epterode gewesen. Haben dann noch etwas Dünger nach der Schulwiese gefahren und Bohnenstangen gesteckt.

Mittwoch, 16.6.

Heute auch wieder auf der Schulwiese gearbeitet. Sonst zu Hause verlebt.

Donnerstag

Heute haben wir meine liebe gute Schwester unter zahlreicher Beteiligung zu Grabe getragen. Text: Ich werde über Dir im Dunkeln wohnen. Predigt hielt Herr Pfarrer Holzapfel. Auch er konnte bestätigen, daß sie in Gott heimgegangen sei. Es waren noch mit Carl Poßmann Landw. Inf. Regt. 83 und Wilh. Oetzel von Laudenbad. Abends sind Dina, August und meine Schwägerin wieder abgefahren.

Freitag, 18.6.15

Heute noch mal meinen Gef. besucht und Nachmittags mit meinen Lieben photographieren lassen.

Sonnabend, 19.6.15.

Heute war meine achttägiger Urlaub wieder abgelaufen und ich mußte leider wieder von meinen beiden Lieben scheiden. Was meine Auguste und meine Hildchen mich erfreut haben, läßt sich nicht in Worten ausdrücken. Sie waren rührend gut und nochmal gut. Heute um ½ 1 Uhr bin ich nach schwerem Abschied wieder losgefahren. Meine beiden Lieben brachten mich zur Bahn. Ich mußte mich anstrengen, um meine Trauer zurückzuhalten. Ach, wie ist es doch schwer, einen solchen schweren Schicksal entgegenzusehen und von den Liebsten Abschied zu nehmen. Auch das ist nun vorrüber und ich sitze nun mit Onkel Carl, der bis Epterode mitfährt und mit Obersteiger Kamm, der mich nach Cassel begleitet, im Zug und fuhr über Cassel – Frankfurt a.M. Metz Charoville [Charleville] Laon bis nach Chauny, wo ich Sonntags gegen ½ 12 Uhr Mittags eintreffe. Gefrt. Gerth holte mich da mit dem selben zweirädrigen Karren ab und wir fahren, von allen Kameraden aufs beste begrüßt in unsere Feuerstellung nach Vassens, wo sich inzwischen nichts wesentliches ereignet hat.

20.6.15

Oblt. Backwinkel auf 6 Wochen nach Deutschland beurlaubt. Hptm. Vorweck als Batl. Gruppenführer Führung der Batterie übernommen.

27.6.15

Oblt. Rehe von 5/22 Führung der Batterie übernommen.

28.6.15

Überz. Untffz. Zum Viezewachtmeister mit Gebührnisse befördert (Offz. Asp.).

4.7.15

Trgtr. Kaiser wegen Blutarmut und Nervenschwäche ins Lazarett Trosly-Loire.

5.7.15

Vizew. Bartolomäus aus dem Lazarett zurück. Am 1.7.15 zum Leutnant befördert.

7.7.15

Gefrt. Hilgenberg eis. Kreuz II. Kl. erhalten.

9.7.15

Gefrt. Rüppel aus dem Lazarett Clauny zurück.

15.7.15

Trgtr. Kaiser aus vom Lazarett Barisis zum Ersatz-Truppenteil 11 Cassel versetzt.

30.7.15

Kan. Stieglitz beim Abspringen vom Postwagen Bein versprungen und kompl. Unterschenkelbruch rechts erlitten.

31.7.15

Untffz. Bender Volland Podschuweit, Kan. Rode, Biermann, Rappe, Eubel, Ubermann, Spehan, Ritter, Schmidt, Recker, Schüler, Wille, Hoppe, Volkmann, Klem, Seidel, Burghardt, Rechberg, Schanze, Schön, Becker, Klapp, Möller, Lehrmann, Heulbrink, Derse, Brael, Weinzierl zur 4. Batt. Res. Feldartl. Regt. 18 versetzt.

Gefrt. Leebich v. Ersatz Abt. zur Batterie zurück.

2.8.15

Gefr. Ickler an Stelle des zum Leutnant beförderten Vizewachtm. Bartholomäus zum Unffz. ernannt. Sergt. Reinhardt, Untffz. Wirtz und Gefrt. Zettinghausen mit dem Eis. Kreuz II. Kl. ausgezeichnet, überztg. Gefrt. Camann zum überz. Untffz. befördert. Oberleutnant Backwinkel von seinem 6wöchigen Heimat-Urlaub zurück und die Führung der Batterie übernommen. Oblt. Rehe wieder zur 5. Batterie zurück.

3.8.15

Nacht 145 Stellungswechsel vorgenommen und kam nach Nogent-Mühle bei Coucy-le-Chateau [Coucy-le-Château-Auffrique] in Armee-Reserve. Überz. Untffz. Thielcke zum Vizew. (Offz. Aspir.) befördert. Thielecke und Seelig erhalten, weil Offz. Aspir., etatmäßige Löhnung. Vizew. Seelig 8.8.-6.9.15 zum Offizier-Aspiranten-Kursus für Feldartillerie nach Jüterbog kommandiert.

9.8.15

Lt. Bartholomäus zur Et. Munit. Kol. 6 versetzt.

24.8.15

Lt. v. Buttlar mit dem Eis. Krz. I. Kl. ausgezeichnet.

30.8.15

Gefrt. Gottschalk Eis. Krz. II. Kl. erhalten.

7.9.15

Kan. Asbrand vom Wagen gefallen. Lazarett Trosly-Loire.

9.9.15

120 Mittags hört das Gen. Kdo. als Kommando des IV. Res. Korps auf. Sind nunmehr dem 9ten Korps unterstellt. I. Res. Divis. ausgewechselt durch 16. Divis.

15.9.15

Vizew. Seelig vom Kursus zurück (Kursus 8/8.15-5.9.15 – Urlaub 6/9.-15/9.15.). Prüfung lt. Befähigungszeugnis vom 6/9.15 Ausbildungskommando für die Feldartillerie in Jüterbog No. 1345/15 P. Bestanden.

18.9.15

V.W. Seelig Revolverschuß in die linke Bauchseite, Gefrt. Rippel Streifschuß in r. Hand. Revolver beim Probieren losgegangen. Beide in das Lazarett Trosly-Loire.

20.9.15

Kan. Asbrand aus dem Lazarett entlassen. In der Nacht vom 21. zum 22/9. Stellungswechsel vorgenommen. Stellung bei Ferme Forêt, Protzen und Pferde in Trosly-Loire.

22.9.15

830 Abds. ist Vizew. Seelig an seinen Wunden erlegen.

24.9.15

Vizew. Seelig auf dem Friedhofe Trosly-Loire beerdigt. Vater war mit zur Beerdigung und hat am 25.9.15 die Bekleidungsstücke von seinem Sohn mitgenommen.

26.9.15

Mit dem 2/9.15 120 Mittags tritt unsere Divis. in den Verband des 8. A.K. über.

5.10.15

Heute wurde die Staffel von Trosly-Loire nach Selens verlegt.

12.10.15

Gefrt. Rüppel aus dem Lazarett entlassen.

18.10.15

Heute habe ich meinen Schwager Carl bei der 1. Comp. Inf. Regt. 94, 38. Div. in Lombray hinter Blerancourt [Blérancourt] besucht. Wiedersehensfreude war groß. Wilh. Oetzel und Carl Goßmann sind auch bei ihnen in der Comp. Letzterer war in Stellung, konnte ihn daher nicht treffen. Wie ich hörte, soll Goßmanns Theodor auch gefallen sein. Schade, um den netten jungen Burschen. Nachmittags gegen 4 Uhr war ich wieder zurück.

20.10.15

Überz. Kriegsfr. Untffz. Volpers u. Albrecht treten lt. Abt. Bef. zur L. A. K. I zurück. Es kommen neu zur Batterie von der Ers. Abt. 11, Cassel am 16.10.1915 abgeschickt:

Untffz. Klaus

Gefrt. Dieckmann

Kriegsfreiw. Steerham

Wehrmann Pieper

Wehrmann Hasenohr

21.10.15

Heute wurde unsere Infanterie herausgenommen und durch die 16. Inf. Div. abgelöst. Wir kommen in den nächsten Tagen auch fort. Bestimmungsort unbekannt.

31/10.15

Liegen heute immer noch in Selens und warten auf unsere Ablösung. Heute Kirchgang mit anschließendem Abendmahl.

In der Nacht vom 7. zum 8.11.15 durch 3/23 abgelöst. Quartier Trosly-Loire.

9.11.15

915 Von Trosly-Loire nach Landricourt marschiert und dort verladen zusammen mit dem Regtsstab. Gefahren von 230 N. über Laon, Montcornet – Liart und gegen 10 Uhr Abends in Alland-Huy [Alland’Huy-et-Sausseuil], 2 Stationen hinter Amange ausgeladen. Kamen Nachts gegen 2 Uhr in Novy-Chevrieres [Novy-Chevrières] an. Quartier in einem einzelnen freundlichen Häuschen- Neywirth lag auch mit in Novy und haben wir uns öfters besucht. Meine Bettdecke habe ich mir auch dort gekauft.

18.11.15

Gefrt. Engemann Eis. Krz. II. Kl.

24.11.15

Kan. Müller wegen Diphtherie-Verdacht ins Laz. Rethel.

29.11.15

Rohr No. 2968 gegen Rohr No. 6736 ausgetauscht.

Heute an dem Geburtstage meines einzig lieben Gustchen überkommen mich allerlei Gefühle. Oh wie schrecklich ist es doch, gerade in solchen denkwürdigen Tagen von den Lieben weg zu sein. Möge es Gott geben, daß wir diesen Tag im nächsten Jahre gesund und munter als Sieger zu Hause feiern können.

Dieses ist mein sehnlichster Wunsch.

8.12.15

  1. W. Schaefer zur Intendantur 22. Res. Divis. Kdt.

10/12.15

Heute um 70 O. ersten Zug abmarschiert.

11/12.15

Heute um 630 O. zweiten Zug abmarschiert über Amange-Attigny, Bemont Fme und 3. Batt. Feld. Art. Regt. 18 abgelöst. Protzen ins Barackenlager Bemont-Fme. Bei Attigny war infolge des fortwährenden Regens die Aisne über die Ufer getreten und hat die ganze Straße überschwemmt. Wagen standen bis zur Achse im Wasser. Wenn nicht die Telegrafenstangen gewesen wären, wer weiß, in welche Löcher und Teiche wir reingefahren wären. Aber gottlob es ging alles gut. Ein kolosaler Schlamm empfing uns. Meine Gamaschen habe ich an den Haken gehängt und mir ein paar neue lange Stiefel verpaßt. Aber einen trockenen Fuß hatte man nie. Zweimal mit der Feldküche die Feuerstellung besucht. Den ersten Abend mußten wir hinter dem vollständig zerschossenen Dorfe Somme-Py [Sommepy] halten, da kurz vor uns die Straße mit Schweren beschossen wurde. Beim zweiten mal wurden wir beim Einfahren in die Stellung mit Schrapnells beschossen. Ging aber alles gut ab. Fast alles eine verödete u. wilde Gegend. Alles nur Heide und Kreide und Schlamm.

24.12.15

Heute die Kriegsfr. Förstermann u. Hulsberg von Ers. Abt. Cassel eingetroffen. Heute Abend haben wir so gut es die Verhältnisse eben gestatteten, Weihnachten gefeiert. Drau0en regnete es in Strömen. Die meisten Fahrer kommen spät zurück und sind nur noch mit Schlamm bespritzt und sind ermüdet, haben Munition gefahren. Alles muß 8 oder 10 spännig gefahren werden. Alles angesichts Granatlöcher eine beschwerliche Arbeit. Haben ein paar Weihnachtslieder gesungen und dann Kamerad Schadeberg eine dem Tage entsprechende Ansprache gehalten. Ja, was wir im letzten Jahre bestimmt hofften, dieses Weihnachten bei unseren Lieben daheim zu feiern, hat sich leider nicht erfüllt. Noch dauert dieses gewaltige Völkerringen ungemindert und noch heftiger fort. Unsere Feinde sind gegen uns und neue Freunde sind mit uns gegangen. Aber nichts vermochte diesen entsetzlichen Kriege ein Ziel zu setzen. Gott allein vermag es und so wollen wir unseren Dank gegen Ihn, der uns im vergangenen Jahre neben dem Erretten aus vielen Gefahren auch noch große Siege geschenkt hat, aufs neue geloben, im Vertrauen auf Gott und unsere gerechte Sache aus Liebe zur Heimat u. Vaterland, als Beschützer der Lieben, auszuhalten, bis zum siegreichen Ende. Gott helfe und beschütze uns.

25.12.15

Heute am 1. Weihnachtstag nahm ich am Weihnachtsgottesdienst der 17. Inf. Div. teil. Brennde Lichter und 3 Tannenbäume erhalten. Das große Zelt, das bis zu letzten Ecke ausgefüllt war. Der Divisionskommandeur nebst seinem Stab war auch dabei. Text: Weihnachtsevangelium.

26.12.15

Heute sind wir mit unseren Protzen und Pferden nach dem neuen im Wald errichteten Lager Wilhelmshöhe übergesiedelt. Wie immer, Regenwetter mit Schnee. Lager ist mitten im Kiefernwald, und schön sowie gesund. Nur die Anmarschwege sind misserabel. Die armen Pferde müssen war mitmachen.

1.1.16

Das dritte Kriegsjahr hat begonnen. Ich habe es ohne besondere Feier angefangen und bin Gott dankbar, daß es ich noch erleben durfte. Möge uns nun Frieden und eine glückliche Heimkehr bringen. Das walte Gott.

9.1.16

Kan. Kaiser wegen Lungenkatarrh ins Lazarett Liry, von da weiter nach Vouziers und Sedan.

Heute (Sonnabend) habe ich südlich von Liry (halbwegs Liry-Marvaux) im „Jonaslager“ meinen Bruder Carl besucht. Die Freude war groß. Es geht im soweit noch ganz gut. Leider ist er am anderen Tage abmarschiert und somit war ein weiteres Zusammentreffen unmöglich.

10/1.16

Wachtmeister Knoch bis zum 30/1. beurlaubt. Vizew. Ehrenberg mit der Führung des Wachtmeistergeschäft beauftragt.

18.1.16

Oblt. Rackwinkel zum Hptm. ernannt.

20/1.16

Gefrt. Franz Engemann aus Volkmarsen heute Mittag 120 an den Folgen eines Unglücksfalles (Explodieren eines Zünders) verstorben und auf den Friedhof bei unserer Feuerstellung beerdigt.  Kan. Gross II ist durch Splitter von dem explodierten Zünder an beiden Oberschenkeln verwundet.

24.1.16

Lt. Proebsting 3/22 zur Batterie versetzt.

27.1.16

Champagne verlassen, Fußmarsch ab Lager Wilhelmshöhe – Bemont-Ferme – Attigny – Charbogne nach Baalons [Baâlons] ins Quartier. Döring Eis. Krz. erhalten. Kaiserhoch zum Geburtstage wurde bei einem kleinen Halt ausgebracht. Gefrt. Heckmann ins Laz. Attigny wegen Bindehautentzündung (Verletzung durch Minensplitter).

4/2.15

Kan. Wilh. Brahm wegen Mittelohrentzündung ins Lazarett Ecordal.

5.2.16

Gefrt. Sommer Eis. Krz. II. Kl. bekommen.

7.2.16

Heute von d.l. (F.) A.K. erhalten: Kriegsfreiw. Künneke, Landst. Gieseke, Ers. Res. Schaumlöffel, Ers. Res. Böttger.

10.2.16

Untffz. Arno Koch wegen tuberkolösen Halsdrüsen ins Lazarett Ecordal.

22/2.16

Kan. Zaun ins Lazarett. Kriegsfr. Förstemann aus Keilsberg zu Gefreiten ernannt, Untffz. Cornelius zu Vizew. (Offz. Asp.) befördert. Hier in Baalons [Baâlons], südlich von Charleville-Mezieres sind wir gut untergekommen. Wohne in einem früheren Gasthause im Fremdenzim. Schöne gedielte Stube, hoch und luftig mit Untffz. Nückel ins Lazarett wegen Bluterguß im Knie.

Am 29.2.16 in Baalons [Baâlons] alarmiert. Abends 50 weitermarschiert über Bouvellement – Le-Chesne nach der Sartellen-Ferme bei Haricourt. Altes verlassenes u. ödes Gehöft, im Freien war eiskalt u. auf den alten Heuboden war es auch nicht angenehm. Haben die in Umgebung zerstreut liegenden Heldengräber aufgesucht. Hauptmann Backwinkel war wegen Todes seines Vaters in Urlaub u. kam am 5.3. zurück. Lt. Grube führte die Batterie.

Am 5.3. von der Sartellen-Ferme weitermarschiert über Buzancy nach der Madaleinen-Ferme und da eine Nacht verbracht. Am Morgen des 6.3.1916 sind wir von der Madaleinenferme abmarschiert über Brieulles, Vilosnos, Bahnhof Consevoye [Consenvoye] nach dem Walde bei Forges [Forges-sur-Meuse], wo unsere Batterie im Abteilungsverbande im schwersten feindlichen Feuer einfahren mußte. Schnee u. Regen wechselten ab, es herrschte furchtbare Kälte. Unsere Division griff an, erstürmte Regneville [Regnéville-sur-Meuse], Forges [Forges-sur-Meuse], den Chaurettes [Caurettes]- u. Rabenwald, Teile des Toten Mannes und zuletzt noch Cumieres [Cumières-le-Mort-Homme]. Was hier geleistet worden ist, kann nicht belohnt werden. 14 lange Wochen in dieser Hölle, jeder Tag neue Verluste, Wasser in den Unterständen bis zum Meter hoch, Schießen und Schanzen bei Tag u. Nacht, Protzen lagen 4 Wochen im Freien an dem Bahndamm bei Consenvoye, kamen dann ins Sägewerk bei Vilosnes.

Tote: Sergt. Reinhardt, Untffz. Presler, Untffz. Dallrupp, Gefrt. Förstemann, Gefrt. Bettinghausen

Verwundete: Hptm. Backwinkel, Leutnant Proebsting, Lt. Grebe u. Lt. v. Buttlar, Sanitäts-Untffz. Wirtz, Untffz. Heckmann, Kan. Mähler, Ringets, Schaumlöffel, Asbrand, Jak. Brahm, Hoffmann, Fischer, Schwarzkopf, Glade, Hülsberg, Künneke, Gieseke, Illian, Appel, Flöther,

Erkrankt: Wildschütz, Loch, Böttger, Lt. Timm, Dippmann, Schnanages, Behle, Sturhann, Dippmann, Eisler, Gross II, Hasenohr, Bommer, Schütz, Hose, Dittschar, Winter, Paul, Banze, Linoke,Menge, Alsleben,

Pferde Verluste 6

Geschütze 4

1 Beob. W. durch Volltreffer.

Die Kämpfe sind eingetragen „Schlacht bei Verdun“ 6.3.-12.6.16.

6.3.16-10.3.16 Kämpfe im Rabenwald, 24.-29.5.16 Kämpfe um Cumierès. Am 12.6. abgelöst, in Stenay verladen und über Hirson nach La-Capelle gefahren, dort ausgeladen und nach Buironfosse bei den Bürgermeister ins Quatier gekommen. Gute Leute, gutes Quartier, konnten für wenig Geld Butter, Milch u. Kuchen bekommen.

Vom 4.-17.6. war ich auf Urlaub bei meinen Lieben in der Heimat. Da war es einfach entzückend, mein Gustchen u. mein kleines Hildchen habe ich mit Freuden überraschen können. Hildchen ging gleich bei mich und es war rührend, wie das kleine Liebchen an mir hing. Die ganzen 14 Tage ging sie bei mir nicht fort, sie wollte immer sehen, was Papa so macht. Sie kann alles schön fließend sprechen und läuft sicher. Hat ein freundliches Gesichtchen und geht bei jeden. Dieses waren entzückende Tage, die ich im Kreise meiner Lieben verleben durfte. Meinen Schwager Carl habe ich auf dem Landkrankenhause in Cassel besucht. Meine Schwägerin Louise ist mit mir nach Hause gefahren und hat uns zwei Tage helfen beim Kartoffelhacken. Auch ich habe geholfen, konnte sie aber wegen zu schlechtem Wetter nicht fertigmachen. Auf dem Werke war ich mal, auch beim Direktor ist alles im langsamen Betriebe.

Wilhelm hat mich am ersten Pfingsttag u. ich habe ihn am dritten Pfingsttag mal besucht. Haben uns zusammen die Bahn Großalmerode – Witzenhausen angesehen. Mein Nachbar Fritz Persch war auch zu gleicher Zeit mit in Urlaub. Heimfahrt Strecke Vilosnes – Sedan – Metz – Frankfurt – Cassel und Rückfahrt Strecke Cassel – Gießen – Coblenz – Trier – Charleville – Hirson – La-Capelle benutzt. Am 19/6.16 an der Straßenkreuzung Novion – Guise – Hirson Parade vor unserem Kaiser gehabt. Hat sich über die Leistungen der Division in den 14 langen Wochen vor Verdun sehr lobend ausgesprochen und zahlreiche Auszeichnungen verteilt. Nach der Besichtigung folgte ein Parademarsch, der gut klappte.

Am 23.6. wurden wir in La-Capelle wieder verladen und kamen ins Quatier nach Ham, wo ich, Hilgenberg u. Faulbaum bei einer alten Tante von 73 Jährlein unterkamen. Hatten ein schönes Bett mit einem luftigen Zimmer, Vizewachtmeister Ehrenberg führte die Geschäfte, da der Wachtmeister Knoch in Urlaub war. Ham ist ein von zahlreichen Gärten u. Gärtnereien umgebenes Städtchen, ist ziemlich Industrie da. Mehrere male wurden wir Nachts alarmiert, am Tage wurde es dann wieder aufgehoben, dann von der Front machte sich eine starke Artillerie-Vorbereitung unserer Gegner bemerkbar. Nur war es nicht klar, an welcher Stelle das eigentliche Angriff stattfinden sollte.  Eines Nachts wurden unsere Geschütze mit den Kraftwagen weg geholt und dem 14. Res. Korps bei Bapaume als Ersatz für unbrauchbare überwiesen. Wir bekamen andere geliefert.

Am 31.6.16 wurden wir kurz nach Mittag alarmiert und marschierten über Atties nach Noss-en-Chausee, wo weitere Befehle kamen. Die Franzosen und Engländer hatten nach siebentägiger Artillerie- und Gasvorbereitung unsere zerschossenen ersten Linien an mehreren Stellen erobert und wollten nun ihr Ziel, den Durchbruch unserer Linien, erreichen. Dieses mußte verhindert werden. Unserer Division hat in schweren Kämpfen die feindlichen Waffen Franzosen, Engländer und die schwarzen Bundesbürger aufgehalten und somit ihre schwere Aufgabe erfüllt. Unsere erste Stellung war bei Hem hinter Clery [Cléry-sur-Somme], Protzen lagen in Allaines, Geschütze mußten eine weiter zurückliegende Stellung bei Feuillecourt [Feuillaucourt] gebracht werden, da der Franzmann kraft seiner vielfachen unsere schwach besetzte Infanterielinien zurückdrängte. Allaines wurden wurden vom Militär und auch von den Zivilisten geräumt. Unsere Quartierwirtin in Allaines, der ihr Mann auch [im] Felde war, eine Frau in den dreißiger Jahren, mußte Nachts gegen 3 Uhr mit ihren drei kleinen Kinderchen u. ihrer sechzigjährigen Mutter plötzlich fort, mußte alles stehen und liegen lassen. O, du entsetzlicher Krieg. Da die Stellungen bei Feuillecourt [Feuillaucourt] u. Hall wegen schweren Feuers nicht zu halten war, wurde am 10/7.16 wurde die vierte Stellung bei Perronne [Péronne] bezogen. Diese war entschieden besser. Nach dem Verlassen von Allaines lagen unsere Protzen erst im Park u. dann im Dorfe Bussu. Dieses wurde am 8.7.16 plötzlich mit Schweren beschossen u. mußte auf schnellstem Wege verlassen werden. Trotz heftigsten Feuers und trotz des Durcheinanders kam bei uns alles mit heiler Haut davon. Bei andern Truppen sind leider Verluste eingetreten. Am 8.7.16 wurde das im heftigsten feindlichen Feuer liegende Städtchen Perronne [Péronne] von Zivilisten geräumt. Ein recht trauriger Anblick, wenn gesunde und kranke, alte Greise u. kleine Kinder mit ihrer notwendigsten Habe. Danach kamen die Protzen ins Frei bei in den Wald Tincourt, wurden mehrmals von Fliegern mit Bomben beworfen. Glück gehabt.

Tot: Kan. Knüttel [laut Volksbund: Georg Knüttel] 10.7.16

Verwundete: Thielecke, Schach, Böhm, Hege, Epring, Flöther, Krähmer, Wiesemann

Nervensch.: Ehrenberg, Kanter

Krank: Koch, Schedtler

Kan. Knüttel aus Jesberg am 12.7.16 auf dem Militärfriedhof St. Quentin beerdigt.

Am 23.7.1916 abgelöst durch 1/14 marschiert über Vermand – St. Quentin nach La Fère, wo wir Abends gegen 7 ankamen. Quartier bei gebürtigen Deutschen, die uns freundlich aufnahmen u. uns in unsrer Landessprache begrüßten. Muttersprache, Mutterlaut, wie so vernommen, so traut. Leider blieben wir nur eine Nacht da, anderen Morgens 10 Uhr wurde unsere Batterie schon wieder verladen. Kan. Wagner u. ich fuhren erst noch mal nach St. Quentin und haben ein schlichtes Holzkreuz auf das Grab unseres Kameraden Gg. Knittel gesetzt. Sind Abends nach La Fère zurückgefahren und mit der 3. Batterie fortgemacht. Kamen am 25.7.16 morgens in Betheniville [Bétheniville] an und sind dann die Russenstraße entlang gefahren bis zum Waldlager. Lager u. Stellung waren gut, der Feind ziemlich ruhig. Vor uns lagen St. Souplet – Auberive [Aubérive] – St. Hilaire – Mormelon – Grand [Mourmelon-le-Grand]. Am 6.8. kam ich in Stellung u. wurde dem ersten Geschütz zugeteilt. Dienst war zu ertragen, hatte jede zweite Nacht Wache.

Eis. Krz. bekamen: Dippmann, Glade, Heckmann, Werner, Groß II, Knittel, Ludwig, Scharf, Felgenbauer, Eckardt, Paul, Ganzert, Küthe, Lossin, Leppert, Gerhold, Kerlbann, Cornelius, Benicke, Gutjahr, Dieckmann, Henkel, Schweinebraten, Hädrich, Behle, Ramta, Herse, Wethof, Böhm, Schudnagis, [Das Tagebuch bricht hier ab. Die folgenden Seiten sind unbeschrieben.]

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Kriegserinnerungen des Gefreiten Theodor Schalkamp beim Landwehr Infanterie Regiment 53 (1. August – 20. Oktober 1914)

Theodor Schalkamp sen. (*21. September 1886-†1980) stammte aus Westkirchen im Kreis Warendorf. 1910 gründete Schalkamp, von Beruf Kaufmann, mit seiner Frau Elisabeth, geb. Kissmann eine Leder- und Lederwarenhandlung in Borbeck, damals Niederstr. 32. Theodor Schalkamp verstarb 1980, sein ältester Sohn Theodor jun., der auch in seinen Kriegserinnerungen erwähnt wird, folgte im 1982.

Theodor Schalkamp sen. war Gefreiter beim Landwehr Infanterie Regiment 53 in der 6. Kompagnie. Bereits am zweiten Mobilmachungstag (Montag, 02. August 1914) musste sich Schalkamp zum Militärdienst stellen. Zunächst war seine Einheit als Bahnwache im Ruhrgebiet eingeteilt. Ab dem 19. August 1914 war Schalkamp dann mit seiner Einheit am Einmarsch nach Belgien beteiligt. Besonders eindringlich und schrecklich ist seine Schilderung der Ereignisse in Löwen am 25. August 1914. Seine Einheit war an dem Abbrennen eines Löwen Stadtteils beteiligt. Auch wurden zahlreiche Belgier erschossen. Schalkamp schreibt hierzu:

Nach längerm Halt gings in die Quatiere, sofort gings ans Waschen den wir waren durch den Staub ganz schwarz geworden! Gerade im Begriff es uns gemütlich zumachen wurden wir alamiert und schon fielen hier und dort Schüsse in der Stadt. Es war gerade Dunkel geworden, sofort maschierten wir in der Richtung der Schüsse, Gewehr Schußbereit im Arm gings durch die Straßen, draußen tobte der Kampf, wir besetzten den Eingang der Stadt am Südausgang und warteten weitere Befehle, nach ungefähr einer Stunde rückten wir zum Bahnhoff ab und bald waren wir mitten im Feuer. Aus Kellerfenstern, aus den Dächern aus den Etagen schoß man auf uns, und schon begannen wir mit der Strafe ein großes erstes Geschäftsviertel wurde in Brand gesteckt es sah schrecklich aus. Doch weiter gings hier und da lagen Uniformen von unsern braven Kameraden umher wahrscheinlich waren sie tot oder verletzt vom roten Kreuz aufgelesen und in Sicherheit gebracht um uns pfeifen die Kugeln, am Bahnhoff angekommen machten wir halt, aus der Ferne hören wir schießen, bald aber auch wieder vor uns, das Viertel der Hotels am Bahnhoff war hell erleuchtet und anscheinend leer, doch auf einmal kracht es aus allen Ecken auf uns und wir nicht blöde, wir schossen daß die Steine nur so von oben fielen, das Hôtelviertel wird umstellt und die Trommel geschlagen, einmal -zweimal – dreimal, es kommen viele Frauen und Kinder heraus, sie werden fortgeführt, und sind gerettet, aber Männer kamen nur wenige heraus die aber herauskamen werden erschossen, schrecklich – Dann wird alles angesteckt und einige Stunden später ist alles ein Feuermeer, gar mancher hat hier seinen Tod gefunden, auf kurze Zeit ruhten wir aus von der Aufregung, Truppenweise werden die Männer erschossen und allmählich wird es still! Blutigroter Himmel zeigt das Strafgericht von Löwen, sie hatten es nicht anders gewollt! Mit dem 3ten Zuge etwa 50 Mann gehen wir hinaus in die blutigrote Nacht, um Verwundete zusuchen und überall stoßen wir auf tote Pferde, brennende Häuser – schaurig, traurig […].

Seine Einheit nach dem Marsch durch Belgien in den Raum Noyon verlegt, wo Schalkamp Zeuge und Beteiligter des beginnenden Grabenkrieges wurde. Der letzte Eintrag stammt vom 20. Oktober 1914. Darunter ist zu lesen:

Noyon d. 22. XI. 14.

Theo Schalkamp

Gefr. d. L. R. 53 VII. Korps

Schalkamp selbst betitelt seine Aufzeichnungen mit Kriegserinnerungen. Anscheinend hatte er diese Aufzeichnungen dann am 22. November 1914 beendet. Die nachfolgenden Seiten des Heftes blieben leer. Ob noch weitere Hefte mit Aufzeichnungen existiert haben, ist unbekannt.

Für biographische Informationen zu Theodor Schalkamp sen. danke ich dem Kultur-Historischen Verein Bombeck e.V.!

Erste Seite der Kriegserinnerungen von Theodor Schalkamp
Letzte Seite der Kriegserinnerungen von Theodor Schalkamp mit dem Datum 22.XI.14

Kriegserinnerungen von Theodor Schalkamp (1. August bis 20. Oktober 1914)

Der Krieg 1914

An einem heißen Julitag des Jahres 1914 gingen die Gerüchte um, von der Mobilmachung des Russischen Heeres und voller Spannung erwartet das gesamte Deutschland den Befehl Sr. Majestät zur Mobilmachung der gesamten bewaffneten Macht des großen Deutsche Vaterlandes. Endlich nach tagelangen langen Stunden traf in Borbeck die Mobilmachungs-Ordre ein!

Es war Samstagabend, gar bald fühlten sich die Straßen mit Menschen und bis spät in die Nacht dauerten die begeisterten Kundgebungen.

I. Tag

Schon in der Frühe des Sonntages strömten die Deutschen in großen Scharen zur Kirche zum stillen Gebet für sich selbst und für die Lieben die das Kaisers Befehl traf, einzustehen mit Blut für Deutschlands Ehre und Größe, auch ich ging mit meiner lieben Gattin zum Tisch des Herrn und beteten recht einig zum Lenker der Schlachten daß er mich beschützen möge und uns glücklich nach dem Krieg wieder vereinen möchte am heimatlichen Herd, bei unsern lieben Kindern! Noch manches Geschäftliche mußte erledigt werden und so rüstete man sich allgemein zum Abschied. Den Nachmittag besuchten wir zum letzten Male unsere Schwager und Schwägerin in Rellinghausen um Abschied zu nehmen; gar viele der Thränen haben wir des Abends im stillen Kämmerlein geweint, doch wir mußten uns schicken und setzten all unsere Hoffnung auf den Herrn und seiner Hl. Mutter.

II. Tag

Nach einer ruhigen Nacht brach er an der Tag der uns trennen sollte, wer weiß wie lange, man tröstet sich gegenseitig damit es könne nicht lange dauern, dies Menschenwerden und so brach gar bald die Stunde an wo wir uns zum letzten Mal herzen und küßen durften vor meinen Fortgang, den schon früh um 1030 vormittags mußte ich mich in Essen, Alfredstraße stellen so lautete mein Gestellungsbefehl! Meine liebe Gattin hatte sorgfältig meine Koffer gepackt und noch mancherlei schöne Sachen hinein gethan um mein Herz zuerfreuen und leichter zumachen! Noch ein letzter Kuß ein Blick in ihre schönen braunen Augen, ein Händedruck und fort riß es mir, das Schicksal weiß wie lange! Schweigend, die Zähne fest zusammen gebissen die Thränen fortgemacht bestieg ich die Elektr. Bahn und erreichte frühzeitig den Gestellungsplatz. Nachdem wir alle verlesen traten wir eine Gruppenkolonne bildend den Marsch z. Bahnhoff an, unterwegs stellte ich schon fest daß sich sehr viele Borbecker bei mir befanden z.T. sogar Bekannte. Von den Spalier bildenden Publikum stumm begrüßt welches mit Tränen in den Augen unsern Abmarsch sah und noch ein letztes Lebewohl und kehrt glücklich wieder, und fort gings nach Wesel zum einkleiden!

Nach langer Fahrt trafen wir endlich dort ein und erwarteten weitere Einteilungen ich wurde zur 6. Comp. Regt. 53 L.I.R geschrieben und erhielten als Quatier die höhere Töchterschule, wo wir uns auf Stroh so bequem machten als es ging! Geschlafen haben wir wohl wenig, aber an die Lieben gedacht um so mehr. Endlich brach der Tag an!

III. Tag

Es wurde angetreten und eingeteilt und schon gings am empfangen der Ausrüstung! Gegen Mittag war auch dies zum größten Teile erledigt ein jeder versuchte sich als Feldgrüner zu verkleiden! Am Abend fuhr ich zum Quatier nehmen nach Oberhausen, nachdem uns die freudige Nachricht zu teil geworden, daß wir bis zum 16./8 zum Schutze des Bahnnetzes im Industriebezirk bleiben würden!

Freudigen Herzens warteten wir 4 Stunden am Bahnhof in Wesel bis endlich 11 Uhr uns ein Zug nach O. brachte. Dort brauchten wir die Nacht bei den Eltern unseres Interesse zu und am andern Morgen gingen wir zu Fuß nach Lipperheidebaum.

4. Tag

In Dellwig meine l. Heimatsort so nah gelegenen Ort sollte ich Quatier machen, welche Freude da ich jetzt sicher war noch öfters die Lieben Daheim von Angesicht zu Angesicht sehn zu dürfen! Als Quatier wurde uns die Wirtschaft Göllner angewiesen, doch ein Beamter vom Bürgermeister-Amt klärt uns dahin auf daß wir auf der Höhe beim Wirt Tiefhaus in Quatier kömen, gesagt gethan und mit großer Freude wurden wir von Herrn Wirth empfangen und in kurzer Zeit war unser Quatier fertig und es gab für mich einen Augenblick Zeit, da unsere Compagnie noch nicht zu sehen war, wo ich es nicht wiederstehen konnte und mir ein Rad lieh und zu Hause fahren war das Werk einiger Minuten.

Die Freude kann sich jeder denken der ähnliches mit machen mußte! Nachdem ich mich tüchtig gestärkt hatte und meine Lieben geherzt und geküßt mußte ich fort zum Quatier ab [da] die Compagnie schon da war. Ich warte vergebens endlich trifft die Nachricht ein, Quatier ist bei Göllner und so mußte ich, wenn auch nicht gern wieder umziehen.

Die Wachen wurden eingeteilt und Posten ausgestellt. Ich blieb zurück z. Verfügung der Hauptwache und so hab ich dann jeden Morgen, jeden Abend den Posten Essen besorgen müssen, welches vom Quatiergeber gestellt wurde. Die ersten Male fuhr ich mit einer Lokomotive von einem Posten zum anderen und fuhr so daß erste Mal auf so ein Ding, wo ich, wenn der Krieg nicht ausgebrochen wäre, wohl in meinem Leben nicht drauf gekommen wäre. So vergingen denn die Tage vom 5.-8. August in fröhlichster Stimmung, auch an jeden Tage ging ich zu meinen Lieben und am – 9. August es war Sonntag besuchte mir meine liebe Frau und mein kl. Theo und freudig erregt nehmen wir Abschied bis Morgen.

10. August

Nachdem ich erwacht und den Wachen den Kaffee gerade bringen wollte erreicht mir eine traurige Botschaft mein Mieter Herr Riegel bringt mir das Attest des Artztes daß meine l. Frau gestern nach so munter war, plötzlich erkrankt sei! Da ich sofort Urlaub erhielt brachte mir die Straßenbahn an ihr Krankenlager, Gott [sei] Dank war es nicht so schlimm als ich mich vorgestellt und so bin ich dan bei ihr geblieben bis es wieder der Artzt erlaubte aufzustehen, so hatte ich dann die schönste Zeit um ein Geschäft gut auf zu passen, obwohl ich des Morgens früh, Mittags und Abends einige Stunden fort mußte, sorgend, daß die Wachen Essen bekamen, so war ich doch wieder schnell daheim.

Doch kaum hatte meine l. Frau die Tage überstanden als ein heftiges Unwohlsein und Fieber mich am

13. August

zu Bette warf und der Arzt eine starke Erkältung festgestellt hatte! Herr Feldwebel Kehsler, sehr besorgt um mich besuchte mich am selbigen Abend und war froh daß ich Aussicht hatte in einigen Tagen wieder hergestellt zu sein. Der sorgsamen Pflege meiner l. Gattin, gelang es dann auch mir in 3 Tagen wieder Dienstfähig herzustellen und so konnte ich am

16. August

meinen Dienst wieder versehen!

Da am Montag, den

17. August

der Abmarsch nach Oberhausen und von dort Fahrt nach Gelsenkirchen, nachdem ich herzlichst von meinen Lieben Abschied genommen so fuhren wir vergnügt den neuen Ziele entgegen! In Gelsenkirchen wurden wir mit 2 Compagnien in Kath. Gesellenhause einquatiert, es gab warme Erbsensuppe und Butterbrot nebst ein Stück Fhisch! Am Morgen des

18. August

standen wir schon früh auf da wir sehr schlecht geschlafen hatten tranken unsern Becher mit Kaffee nebst 2 Brötchen und fort gings zur Bahn unserm neuen Ziele Aachen entgegen! Überall wo nur immer der Zug hielt wurde uns von roten Kreuzdamen Butterbrote und Kaffee gereicht und bald waren wir in dem schönen Aachen angekommen. Nach kurzer Rast am Bahnhoff maschierten wir singend zur Stadt wo ich direkt neben dem alten ehrwürdigen Dom einquatiert wurde bei Geschwister ____________ in der Kleinmaschierstraße hatten herrliche Betten und wurden östlich bewirtet! Am andern Morgen den

19. August

war früher Abmarsch mußten deshalb schon früh aufstehen nachdem wir überreichlich gegessen hatten, erhielten wir von unsern lieben Quatierdamen noch jeder 2 Eier und Kuchen und Butterbrot eingepakt und fort gings mit den besten Wünschen auf glückliche Heimkehr. – Jetzt wendet sich das Bild aber schnell in 2 Stunden erreichten wir die feindliche belgische Grenze und hier und dort machten sich Anzeichen des Krieges bemerkbar, dort lag ein kaputer Wagen in Graben dort wieder ein Automobil. So kamen wir dann schon bald an zerschossenen Häusern ein Zeichen daß hier schon die Einwohner auf unser Heer geschossen hatten, viele waren verlassen, andre leer oder abgebrannt! Gegen Mittag kamen wir in Henry-Cappelle [Henri-Chapelle] ins Quatier in einem großen Gehöft in Ställe und Scheunen, da es sehr heiß war an diesem Tage waren wir froh uns tüchtig waschen zu können, was einen noch so langen Marsch besser thut als Essen oder trinken und so legten wir uns dann in der warmen Sonne wieder bis es Abend wurde wo wir unser Mittagessen einnahmen. Am andern Morgen

20. August

gings weiter ca. 18 km nach „Herve“ [Herve], unterwegs lagen tote Pferde, zerschossene Häuser und ganz abgebrannte Dörfer erinnerten uns an den Krieg so war daß Dorf Radike vollständig abgebrannt, unterwegs nahmen wir noch einige 20 Stück Kühe Schlachtvieh von den Weiden mit, wozu auch ich kommandiert wurde, der Besitzer bekam einen „Bon“ zahlbar nach Schluß des Krieges und Wohl oder Übel mußte er sein letztes Vieh hergeben. Doch es war in dieser Gegend an Vieh kein Mangel, da es hier nur Weiden und gar kein Ackerland gibt, so langten wir nach beschwerlichen Marsche mit unsern Viehtransport bald in Herve an, sogleich wurde abgekocht und gegessen und es schmeckte, als ein Festtagsbraten daheim! Auch Herve hatte schwer gelitten fast die Hälfte war abgebrannt und verlassen von den Einwohner; hier habe ich auch wieder Kühe melken gelernt war ich schon lange nicht mehr gethan hatte und die Milch schmeckte uns köstlich.Wir schliefen des Nachts bei unseren Kühen und rückten am

21. August

früh Morgens wieder ab nach Wandrey [Wandre] unweit Lüttich! Unsere Kühe, welche am ersten Tage nicht gerne mitgehen wollten, (ab und zu warfen sie uns im Chausseegraben oder versuchten ganz fortzulaufen) gingen heute schon viel besser und nicht lange dauerte es da leuchtete vor uns auf einem Hügel die deutsche Fahne es war was erste Forts vor Lüttich, hier lagen die Waffen und Anzüge aller Art der belgischen Truppen umher und große Massengräber erinnerten uns an die schweren Kämpfe welche hier von unserm tapferen 25+53 aktiven ausgefochten waren wie wir nachher hörten sollen von ihr allein 1200 vor Lüttich gefallen sein!

Ehre sei ihrem Andenken!

So langten wir dann am Nachmittage in Wandrey [Wandre] an. Wandrey [Wandre] ist eine größere Stadt an der Maaß und liegt tief im Thale, es war vom Kriege ganz verschont geblieben, ein Zeichen daß die Einwohner sich brav verhalten hatten!

Wir lieferten hier unser Vieh an die Etappen-Kommandantur ab und gingen wieder zur Kompagnie, in unserm Quatier hatten wir Halle, Belgien das Glück nach ein Bett zu finden, welches ich für mich belegte! Nach guten Schlafe gings am

22. August

weiter nach St. [?] wo wir nach langen Marsche über 30 km in ein Bauernscheune einquatiert wurden hier hörten wir die ersten Kanonen donnern aus der Ferne, es war bei Namur. Da heute Sonntag war, hofften wir Morgen einen Ruhetag zu haben, doch vergebens in der Frühe des Sonntags es war am

23. August

gings quer feldein nach St. Troud [Sint-Truiden] wo wir vollständig erschöpft gegen Mittag eintrafen! Unterwegs hörten wir das brüllen unserer Geschütze vor Namur und wir dachten schon bald an den Feind zu kommen, welches sich aber nicht erfüllte! In der Stadt St. Troud [Sint-Truiden] angekommen kamen wir in ein halbfertiges Haus zuliegen, da aber die Einwohner sehr freundlich waren suchte ich mich ein Quatier welches ich bald gefunden hatte. Bei einer Witwe mit 4 hüpschen Mädels im Alter von 15-22 Jahren wurde ich mit noch 3 Gefreiten aufgenommen als Freunde und wirklich die Leute waren gut, gaben uns zu essen und sorgten für uns so gut sie es nur vermochten, sogar unsere Stiefel welche noch nie geputzt waren, haben sie uns blitzeblank geputzt obwohl wir es nicht dulden wollten, auch zum Abendessen hatten sie alles war nur in ihren Kräften stand, aufgetischt sogar Bier und Obst und bis in später Nacht saßen wir in lautrer Sommernacht alle zusammen draußen und da die Leute holländisch sprachen konnte ich mich ganz nett verstehen mit ihnen! Sogar ihre eigenen Betten haben sie uns überlassen und selbst sich beholfen,so gut es ging. Zu Bett brachten sie uns alle und weil wir am 20./8 geimpft waren war mein Arm ganz dick angeschwollen, sofort sollte unsere liebenswürdige Wirtin eine Wundsalbe und die kl. Mädels haben mit zarter Hand mein wunden Arm gepudert, das steht besonders gut. Ein herrliches gut Nacht und wir schlafen wie im Himmelbett! Leider mußten wir schon früh am andern Tage am

24. Auguste

Abschiednehmen, nachdem wir ihr versprochen, falls wir zurück kamen ihr zu besuchen oder zu schreiben und die folgende Adresse notiert hatten ________________ gingen wir schweren Herzens von den guten Leuten fort, sie währen gern Deutsch sagten sie uns noch und ich glaube es ihnen gern, auch schenken sie uns jeder eine geweihte Medaille von Lurdes [Lourdes]! Noch ein Händedruck und fort gings! Bald kamen wir an eine gesprengte Brücke, ein Zeichen daß der Feind, er kurz abgezogen war und tathsächlich war er erst 2 Tage von hier fort! Wir kamen nach Gondelak wo wir zunächst ohne Quatier waren und uns auf einen Stoppelfelde einquatierten, auch zu essen hatten wir nichts und so mußten wir uns denn selbst was besorgen, indem wir auf die Bauernhöfe gingen, andere besorgten Wasser, welches sehr knapp war und Kartoffeln, welche man hier ab und zu schon wieder antraf in Ostbelgien gibts keine Kartoffeln, und so kochten wir uns Hühnersuppe welche, halb gar ganz gut schmeckte! Gegen Abend zogen wir eine halbe Stunde seitwärts auf einen Bauernhoff wo wir es uns im Stroh gemütlich machten! Hier gibt es viele weiße Eierpflaumen welche uns reichlich von Leuten gebracht wurden und sie schmeckten so herrlich! Nach ruhiger Nacht erwarteten wir am Morgen des

25. August

den Befehl zum Abmarsch. Da dieser nicht kam, schickte unser Compagnieführer eine Ordonnanz hin welche zu unserm Erstaunen die Meldung brachte Regiment ist schon abmarschiert Richtung Löwen! Da es sehr heiß war folgten wir um 9 Uhr nach! Gegen 3 Uhr etwa 1 Stunde vor Löwen stießen wir zu unserm Regiment und marschierten dann stolz in die schöne Stadt ein. Nach längerm Halt gings in die Quatiere, sofort gings ans Waschen den wir waren durch den Staub ganz schwarz geworden! Gerade im Begriff es uns gemütlich zumachen wurden wir alamiert und schon fielen hier und dort Schüsse in der Stadt. Es war gerade Dunkel geworden, sofort maschierten wir in der Richtung der Schüsse, Gewehr Schußbereit im Arm gings durch die Straßen, draußen tobte der Kampf, wir besetzten den Eingang der Stadt am Südausgang und warteten weitere Befehle, nach ungefähr einer Stunde rückten wir zum Bahnhoff ab und bald waren wir mitten im Feuer. Aus Kellerfenstern, aus den Dächern aus den Etagen schoß man auf uns, und schon begannen wir mit der Strafe ein großes erstes Geschäftsviertel wurde in Brand gesteckt es sah schrecklich aus. Doch weiter gings hier und da lagen Uniformen von unsern braven Kameraden umher wahrscheinlich waren sie tot oder verletzt vom roten Kreuz aufgelesen und in Sicherheit gebracht um uns pfeifen die Kugeln, am Bahnhoff angekommen machten wir halt, aus der Ferne hören wir schießen, bald aber auch wieder vor uns, das Viertel der Hotels am Bahnhoff war hell erleuchtet und anscheinend leer, doch auf einmal kracht es aus allen Ecken auf uns und wir nicht blöde, wir schossen daß die Steine nur so von oben fielen, das Hôtelviertel wird umstellt und die Trommel geschlagen, einmal -zweimal – dreimal, es kommen viele Frauen und Kinder heraus, sie werden fortgeführt, und sind gerettet, aber Männer kamen nur wenige heraus die aber herauskamen werden erschossen, schrecklich – Dann wird alles angesteckt und einige Stunden später ist alles ein Feuermeer, gar mancher hat hier seinen Tod gefunden, auf kurze Zeit ruhten wir aus von der Aufregung, Truppenweise werden die Männer erschossen und allmählich wird es still! Blutigroter Himmel zeigt das Strafgericht von Löwen, sie hatten es nicht anders gewollt! Mit dem 3ten Zuge etwa 50 Mann gehen wir hinaus in die blutigrote Nacht, um Verwundete zusuchen und überall stoßen wir auf tote Pferde, brennende Häuser – schaurig, traurig, doch weiter gehts draußen weit vor der Stadt soll unsere Divisionsbagage überfallen sein und tatsächlich sie hatte stark gelitten wir fanden sie und die freuten sich, jetzt Infanterie zu ihrem Schutz bei sich zu haben; jetzt machte sich auch der Hunger bemerkbar wir hatten seit 9 Uhr morgens fast nichts gehabt, wir bekamen von den Train Brot und Wein und bald schliefen wir, im Angesicht der brennenden Stadt auf bloßer Wiese den Schlaf der Gerechten! Gegen 5 Uhr wurden wir wach und da wir kalt waren steckten wir noch eine alte Scheune und eine herrliche Villa in Brand vorher hatten wir viele hundert Flaschen Wein darin gefunden da aber aus ihr geschossen war mußten sie bestraft werden.

26. August

Weiter gings mit leerem Magen nach Brüssel 25 km dort suchten wir unser Regiment fanden es nicht kamen dort gegen 6 Uhr Abends todtmüde an,wir quatierten uns in der Kaserne ein, und hofften essen zu können,aber wir hatten nichts und so gings mit leerem Magen auf Strohsäcke. Schlecht geschlafen. Morgens

27. August

ein Stück Brot und 1 Dose Fleischkonserve und weiter gings Richtung Antwerpen dort hatten unsere Truppen ein Gefecht, südlich von Mecheln doch als wir kamen waren die Engländer und Belgier schon laufen gegangen, und so machten wir in „Perk“ [Perk] halt und bezogen auf einem Acker Biwack.

Endlich konnten wir abkochen und uns satt essen, wir hatten also seit 3 Tagen fast nichts gehabt!

28. August

1. Ruhetag bis Mittags 2 Uhr und dann gings zur Bahnwache nach Nassechem [Nossegem] angeblich auf längere Zeit, doch kaum hatten wir Posten bezogen, kamen 36er Landsturmleute aus Hamburg und lösten uns ab und so zogen wir zum Bahnhoff in ein Wärterhäuschen wo wir die Nacht mit 10 Mann drin schliefen, auf der bloßen Erde!

29. August

Wache in Nassechem [Nossegem]!

30. August Sonntag

Großer Marsch sehr früh nach „Hall“ [Halle] über Brüssel nach Frankreich zu. In einer Schule auf Stroh geschlafen, aber zu essen gab es genug!

31. August

Marsch von Hall [Halle] nach Nass (unsere Kompagnie hatten wir in Perk am 27. wiedergefunden). Dritter Zug Straßenwache wegen Rufen von Schimpfwörtern. Ich blieb verschont davon und hatte ein schönes Quatier mit voller Verpflegung und „Bett“ seit langer Zeit mal wieder! Mit frischen Kräften gings am andern Tag weiter nach Mons.

1. September

Die ganze Nacht über donnerte unsere schweren Brummer vor Maubeuge die franz. Festung südöstlich Mons. Auch heute ist der Donner der schw. Geschütze deutlich zu hören. Frohes Mutes gings nach Mons, einer ziemlich großen belg. Grenzstadt. Dort wurden wir in der Jägerkaserne einquatiert. Verpflegung mußte die Stadt stellen war aber recht mäßig!

2. September

Abmarsch nach Je-Mappes [Jemeppe-sur-Sambre] von dort p. Bahn nach Frankreich. Der Bahnhoff war zerstört durch Feuer und Geschosse. Ein Zug mit Engländern und Franzosen ging nach Deutschland ab. Gegen 4 Uhr wurden wir verladen und fort gings nach Frankreich hinein und um 8 Uhr passierten wir die Grenze singend! Die Wacht am Rhein. Deutschland über Alles! Die Nacht blieben wir in Valenciennes, im Zuge geschlafen II. Kl.

3. September

Zurück gefahren bis „Bouchren“ [Bouchain] von dort nach Duai [Douai] maschiert. Eilmarsch. In Cirkus einquatiert.

4. September

I. Ruhetag.

5. September

Benzin, Mehl, Zucker, Korn requiriert in der Stadt und Umgebung! Große Mengen Pulver ins Wasser geworfen, Kanonen unbrauchbar gemacht. 10 Wagen mit Waffen aller Art nach Chambre [Cambrai] gebracht, von Duai [Douai] um ½ 6 Abends abgefahren als Begleitung und Bewachung der Waffen um 1 Uhr Nachts in Chambre [Cambrai] angekommen, in der Kürasier-Kaserne geschlafen.

6. September Sonntag

Zurück nach Duai [Douai], Ankunft 8 Uhr Abends. Entfernung 26 klm.

7. September

Marsch nach Henri de Court Quatier mit 12 Mann mit Verpflegung natürlich auf Stroh geschlafen!

8. September

Marsch nach Ba-Paume [Bapaume] Wache gehabt, stille Nacht. Nachricht erhalten vom Fall von Maubeuge 40000 Gefangene! Hurra!

9. September

Marsch nach Albert schöne Stadt!

10. September

Abmarsch nach Amien [Amiens]. Sehr heiß und weit, sehr müde. Quatier Artillerie-Kaserne. Ankunft spät Nachmittags. Viel Wein getrunken! Gut geschlafen.

11. September

10 Uhr Abmarsch nach Dunat Sur la Luce [Domart-sur-la-Luce], schreckliches Regenwetter durch und durch naß, aber voller Humor. Ohne Feuer ein Quatier. Naß geschlafen, naß abmaschiert am

12. September

nach Roye wo wir ermüdet gegen Mittag ankamen. Wir an englische Lagerstellen vorbei, es lagen noch halbe Pferde umher, wahrscheinlich waren dieselben verzehrt! Da heut Samstag hofften wir für Morgen einen Ruhetag zu haben, und richtig gingen wir ohne Parole für den nächsten Sonntagmorgen zur Ruhe. Gegen 5 Uhr am Morgen des

13. September weckte uns der Alarm auf und eine Stunde später marschierten wir in der Richtung Noyon etwa 24 km ab. Kurz nach dem Abmarsch erfahren wir, vor uns liege das 9. Korps im Gefecht und wir sollen miteingreifen, so zogen wir den mutig dem Kampf entgegen! Es wärte nicht lange das hörten wir schon Kanonendonner aus der Ferne und kurz vor Noyon machten wir längere Rast, dann maschierten wir weiter nach Süden, der Kanonendonner wurde immer lauter und ohn Rast gings vorwärts durch einen steilen Bergwald querfeldein, da gingen wir in Schlachtordnung oder Gefechtsstellung. Fast totmüde kamen wir nur langsam vorwärts es war auch sehr heiß, unsere Feldflaschen waren, ach, schon lange leer und nirgends gab es Wasser; so legten wir uns am Waldrand in eine Thalmulde nieder, bereit dem Feinde jeden Augenblick anzugreifen, doch hatte er uns kommen sehen und jetzt schlugen die Schrappnels bei uns ein, über neben und hinter uns, es waren die ersten in meinem Leben und eine Melodie sangen sie schaurig schön. In diesen Augenblick erhielten wir die schon längst erwartete eigne Artillerie Unterstützung. Im selben Augenblick hörte die feindliche Artillerie auf zu schießen denn unsere hatte seine Stellung erkannt und brannte ihm gründlich welche aufs Fell, unserer Rettung. Wir gingen jetzt zum Angriff über und warfen die Franzosen ins Dorf zurück! Unsere Verluste waren gering. Jetzt brach die Nacht herein, im Sturm nahmen die 55. welche rechts von uns standen das Dorf und es wurde allmählig ruhig! Wir hofften jetzt rückwärts ins Dorf im Quatier zukommen, doch vergebens; nach stundelangen umherziehen im Dunkel der Nacht 12 Uhr kamen wir in die Nähe eines großen verlassenen Gutes, es war aber schon von unseren andren Truppe belegt und da wir totmüde waren, dazu – ohne essen und trinken seit 5 Uhr auf die Beine, legten wir uns im Felde auf bloßer Erde hin und schlafen, aber ohne Wasser war es mir unmöglich einzuschlafen und so ging ich zum Gehöft um Wasser zu holen, aber nichts war mehr zu haben die Brunnen leer, aber in der Pferdetränke war noch etwas und begierig, wie feinstes Bier trank ichs herunter, Hafer und Häcksel wieder ausspuckend. So legte ich mich zu den anderen Kameraden und dankte Gott für mein Leben und empfahl mich dem Schutze unserer lieben Mutter Gottes.

13. September

In der Frühe weckte man und wir waren ganz naß vom Regen hatte es aber nicht gefühlt wir waren ja zu müde, und weiter gings, erst wollten wir abkochen im Felde da es aber unaufhörlich regnete gingen wir weiter rückwärts an eine Stunde in Dorf in ein Gehöft,es war eine wundervolle Geflügel-Züchterei, wo ich meine Freude dran hatte! Schnell wurde etwas gekocht, zuvor hatten wir die Wasserleitung fast leer getrunken und nach 2 Stunden gings schon wieder den Feind entgegen, kamen aber nicht ins Gefecht, sondern bezogen gegen Abend einen Bauernhoff wo wir im Stroh uns ausruhen wollten.

Kaum hatten wir abgelegt, als es auch schon wieder weiterging doch diesmal einen angenehmen Befehl, wir kamen zum Stabe der 18. Divisions auf ein Schloß als Wache. Hier waren wir wohl Wind und Regen ausgesetzt aber nicht so sehr dem feindlichen Feuer. So gingen wir früh in unser Zelt schlafen, zwar hatten wir etwas gegessen, viel gab es nicht das Meiste mußten wir uns stehlen gar manches Huhn hat hier zum letzten Mal gekräht.

15. September

Gegen 2 Uhr Morgens erfolgte plötzlich wie auf Kommando ein Angriff unserer Truppen und es setzte eine Kanonade ein als sollte die Welt untergehen weit und breit war der Himmel blutigrot, ab und zu schlugen auch feindliche Granaten in unserer Nähe ein. Gegen 5 Uhr verstummte das Feuer ganz. 6 Uhr setzte es wieder ein bis gegen Abend.

16. August [sic!]

Schloß Wache bei Vassens beim Stabe der 18. Division! Morgens 615 setzte das Gefecht wieder ein! Bis in die Nacht hinein!

17. September

Schloß Wache. Heftiger Artilleriekampf.

18. September

Schloß-Wache. Ab und zu schlagen Granaten ein ohne Schaden zu thun.

19. September

Schloß Wache. Der Kampf dauert unverändert an.

20. September

Abmarsch ins Gefecht, es war sehr nasses Wetter und bald gings im Sturm vor über uns pfeifen die Granaten aber vorwärts geth es fallen die ersten Kameraden, es stöhnen die Verletzten, bald haben wir einen Wald gestürmt, viele Franzosen bedecken das ganze Gelände, aber auch von uns ist so mancher geblieben im Felde der Ehre! Weiter gings hier und dort werden Gefangene gemacht, bald sind wir zu weit vorgekommen und jetzt beschießt uns auch unsere eigene Artillerie wir gingen schnell im Walde zurück, bald wieder vor bis Abend 10 Uhr, da verstummte das Gebrülle der Kanonen und die Kugeln pfeifen nicht mehr, nur noch das Schreien der Verw. dringte in die dunkle Nacht! Nachdem wir ca. 1 Stunde zurück gegangen sind kommen Feldküchen und bringen uns für heute daß erste Essen! Dann geths ans Schützengraben auswerfen und bald ist es Mitternacht.

21. September

Mein Geburtstag den ich im ganzen Leben nicht vergessen werde! Wir arbeiten weiter an unseren Gruben und totmüde bricht der Morgen langsam an, wir erwarten in unseren Höhlen, was da kommen soll! Der Feind hat uns bald entdeckt durch Flieger und um 11 Uhr sausten die Granaten in unsere Nähe. Aber aushalten mußten wir, es regnete tüchtig!

22. September

Daßselbe! Wir sind durchnaß.

23. September

Viele französische Gefallene beerdigt unter feindlichen Feuer, es schlagen fortwährend Granaten ein.

24. September

Im Schützengraben am Rande eines Waldes in Reserve aber im Feuer des Feindes.

25. September

Tag und Nacht das Waldbefestg halten, wir hatten keine Verluste, essen und trinken wurde uns in der Nacht gebracht.

26. September

Daßselbe! Im Walde bei Vassens.

27.,28., 29., 30. immer hier im Walde wir schlafen in Laubhütten, hatten also Laubhüttenfest.

1. Oktober

Abgelöst und 1 Stunde zurück in ein Dorf einquatiert, es hieß Ou dien Court [Audignicourt]. Zum ersten Male mal wieder gewaschen seid 8 Tagen.

2. Oktober

Abmarsch nach Epagni [Épagny]. Dort ein Quatier, haben die erste Nacht draußen geschlafen es war erbärmlich kalt! Sonst hatten wir es hier ganz gut in der Reserve!

Am 3. 4. 5. daßselbe!

6. Oktober

Abmarsch nach Vezaponin [Vézaponin] daßselbe wie in Epagni [Épagny].

7. Oktober

Abmarsch nach Labroy [Larbroye] bei Noyon, ein schrecklicher Eilmarsch; Ankunft Nachts. Quatier in Scheune.

8. Oktober

Abend 6 Uhr Abmarsch in die Schützengräben bei Tieskorte [Thiescourt] ungefähr in 200 mt Entfernung vor den Feind!

9. Oktober

Ständig im Graben stehn und liegen, Wetter schön, die Franzosen beschießen und unaufhörlich zwecklos! Abends französischer Angriff abgeschlagen; kolosales Feuergefecht, eine Granate schlägt meine Brustwehr durch sonst keine Verletzten! Endlich wird es still, Angriff abgeschlagen. 10 Uhr essen holen, großer Hunger, die Nacht ist still, ständig Wachen.

10. Oktober

Heute bleibt alles ruhig ab und zu schießen die Franzosen mit Granaten ohne Erfolg.

11. Oktober

Es bleibt alles wie gestern bis gegen ½ 6 Uhr plötzlich starkes Feuer einsetzt wir stehen vor den Schießscharten erwarten der Angriffe. Die Granaten schlagen ein eine platz[t] neben mir ein Stück fliegt mit an den Kopf, leicht verletzt, es blutet mäßig und sehr angeschwollen, ich verbinde mich und allmählich wurde es still. Gegen 9 Uhr gehe ich zurück mit den Leuten wo Essen holen und komme ins Revier, 2 Tage Ruhe sagt der Artzt.

12. Oktober

Im Graben passiert wenig anderes wie die Tage vorher, ich wasche und pflege mich so gut es geht. Mache Kreuze für die gefallenen Kameraden vom 11./10. ein Gefreiter aus Essen und Kompagnieführer Herr Benz aus Essen beide von einer Granate tot.

13. Oktober

Pflege mich so gut es geth. Kopf tuht sehr wehe. Abend muß ich wieder in Graben, da ein Angriff erwartet wird, welcher aber nicht stattfindet, außer einige Schießen!

14. Oktober

Ständig wachen, beim Schießen haben wir wieder einige Verluste und 2 Tote!

15. Oktober

Daßselbe, ständig wachen. Tag + Nacht.

16. Oktober

Viele sind krank vor Ermattung, aber keine Ablösung ist vorhanden.

17. Oktober

Wir sollen abgelöst werde. Gott sei Dank leider bleibt die Ablösung aus!

18. Oktober

Früh um 6 Uhr es wird schon hell, kommt die lang ersehnte Ablösung Gott sei wenig Dank. Wir hatten 10 Nächte und 9 Tage 200 meter vor dem Feind gelegen und hatten 5 Tote und 12 Verletzte. Wir waschen uns und legen uns zum schlafen in eine alte Scheune! Der Artzt stellt fest daß die ganze Compagnie erkrankt ist, zum Teil schwer z. Teil leicht also bekommen wir Schonung! Wir essen und trinken seit 10 Tagen wieder warm und regelmäßig.

19. Oktober

Wir erhalten Liebesgaben Cigg. Taback. Ciggaretten und alle möglichen Sachen und um 6 Uhr abends maschierten wir nach Noyon in Quatier! Ankunft spät Abends in einem Stall übernachtet.

20. Oktober

Wir finden eine schöne Villa verlassen und quatieren uns schnell um. Machen es uns so gemütlich als möglich und wechselten unsere Wäsche und halten große Wäsche ab.

Von jetzt ab beginnt ein schönes Leben für uns welches wir nicht erwartet hatten es treffen alle Tage fast Liebesgaben ein, Cigg. in Menge und Schnaps,Wein, und andre schöne Sachen, wir schreiben fleißig nach den Lieben in der Heimat.

Morgens haben wir ein bis 2 Stunden Dienst und dann mal ein Appell und gehen in die verlassene Stadt spazieren und ab und zu ziehen wir auf Wache. Requirieren Lebensmittel und machen Arbeitsdienst, so haben wir in einer Nacht von 10-1 Uhr 17 große Geschütze abgeladen und so fort. Wir sind durch 63 Mann Ersatz verstärkt und erwarten weitere Befehle!

 

Noyon d. 22. XI. 14.

Theo Schalkamp

Gefr. d. L. R. 53 VII. Korps

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Kriegstagebuch des Unteroffiziers Friedrich Noll (01. August 1916 bis 22. Februar 1917)

Friedrich Noll wurde am 29. März 1891 in Niederwürzbach geboren. Seine Eltern waren der Glashüttenarbeiter Joseph Noll und Maria Noll, geb. Schnepp. Friedrich Noll verstarb am 10, Juni 1974 in Niederwürzbach. Noll heiratete am 1. Mai 1914 Sofia Noll, geb. Herrmann aus Niederwürzbach. Sofia Noll wurde am 1. Januar 1891 in Niederwürzbach geboren. Das Sterbedatum ließ sich bisher nicht ermitteln. Wie wir aus der Kriegsstammrolle erfahren, hatte das Ehepaar zwei Kinder. Er wohnte mit seiner Familie in der Distriktstraße 78 in Niederwürzbach.

Der Bergmann Friedrich Noll versah ab Oktober 1911 seinen Militärdienst beim 22. Bayerischen Infanterie Regiment in der 5. Kompagnie. Am 1. November 1912 wurde er zum Gefreiten ernannt und am 20. September 1913 wurde er in die Reserve entlassen.

Am 1. August 1914 wurde er dann durch die Mobilmachung wieder einzogen zu seiner alten Kompagnie (22. IR, 5. Komp.). Sein Regimente kämpfte an der Westfront in Frankreich. Am 5. September 1914 kam er dann, vermutlich wegen eines Handschusses, ins Reserve-Lazarett nach Rastatt, wo er bis 15. Oktober 1914 verblieb. Anscheinend war er dann nicht mehr kriegsverwendungsfähig, denn er musste zunächst nicht mehr ins Feld ziehen. Am 15. Oktober 1915 wurde er zum Unteroffizier befördert.

Am 6. August 1916 änderte sich diese Situation jedoch und er musste wieder zu seiner Kompagnie nach Russland. Seine Reise an die Front begann Noll am 1. August 1916 in Zweibrücken, wo er dann am 6. August 1916 bei seinem Regiment in Poworsk (heute Ukraine) ankam. Hier hielt es sich jedoch nur bis 9. August 1916 auf, da sein Regiment dann nach Rumänien verlegt wurde. Noll war ab dem 12. Oktober 1916 im Lazarett in Szolnok (heute Ungarn), anschließend vom 1. bis 3. November 1916 im Lazarett in Budapest. Der Grund für den Lazarettaufenthalt ist nicht bekannt, da dieser in der Kriegsstammrolle unleserlich ist. Noll selbst erwähnt ihn nicht.

Von Budapest fährt Noll dann zu seinem Regiment an die Front in Rumänien, wo er dann bis Mitte Januar beim 22. Bayerischen Infanterie Regiment bei der 5. Kompagnie mitkämpft. Anschließend wird das Regiment in den Raum Schlettstatt im Elsaß verlegt, wo Noll am Maschinengewehr ausgebildet wird. Das Tagebuch endet am 22. Januar 1917. Jedoch erfahren wir aus der Kriegsstammrolle, dass Noll auch weiterhin bei seinem Regiment mitkämpfte, bis er am 30. März 1918 nach Niederwürzbach entlassen wurde.

Das Kriegstagebuch von Friedrich Noll beginnt am mit dem Satz:

Ich bin am 6. August [1916] daß 2 mal ins Feld nach Russland zur 5. Komp. 22. I.R.

Ob Noll bereits während seines ersten Einsatzes im August/September 1914 ein Kriegstagebuch geführt hat, ist nicht bekannt. Das Kriegstagebuch endet am 22.2.1917. Der eigentliche Eintrag nach dem Datum ist herausgerissen. Das Buch ist auch vollgeschrieben. Vermutlich existieren noch weitere Bände, die mir allerdings nicht vorliegen.

Die Abschrift des Kriegstagebuches erfolgt buchstabengetreu. Zur besseren Lesbarkeit wurde Kommas und Punkte eingefügt, da Noll darauf zumeist verzichtet hat. Die Schreibung der Ortsnamen wurde von Noll übernommen. Soweit seine Schreibweise von der heutigen abweicht, habe ich die heutige Schreibweise der Ortsnamen in eckigen Klammern ergänzt. Leider konnte ich bisher nicht alle rumänischen Orte, die Noll erwähnt, ausfindig machen.

Der Text des Kriegstagebuches wird hier komplett wiedergegeben. Am Anfang sind deshalb Informationen wie seine Heimatadresse zu lesen, aber auch Angaben über Geldsendung an seine Familie. Am Ende des Kriegstagebuches finden sich Angaben über die Soldaten seiner Gruppe sowie ein Gedicht, das er über den Einsatz seines Regiments am Fluss Stochod verfasst hat.

Erste Seite des Kriegstagebuches von Unteroffizier Friedrich Noll

Kriegstagebuch des Unteroffiziers Friedrich Noll (1. August 1916 bis 22. Februar 1917)

Untffz. Noll

5. Komp. 22. bay. I. Rgt.

6. bayr. Inft. Div.

Unterffz. Noll

Frau Friedrich Noll

 

Kriegstagebuch aus Rumänien

10.11.1916

Unffz. Noll

5/22

aus Nieder Würzbach

geboren den 29. März 1891

 

Unterffz. Noll

22. bay. Inft. Rgt.

Erkennungsmarke 192

Gasmaske No. 28

Wolldecke No. 28.

 

II Zug

 

Geld heimgeschickt

Russland 20 M. 30M.                     50 Mark

In Lucheny Ungarn 9. Nov.           20 Mark

In Rumänien 24. Nov.                    10 Mark

In Rumänien 3 Dez.                        10 Mark

In Rumänien 20 Dez.                      20 Mark

 

Adsse. meiner Frau

Frau Friedrich Noll

Niederwürzbach Districktstr. 78

Pfalz

 

Meiner Eltern

Familie

Joseph Noll

Niederwürznach Huhsstr. 20

Pfalz

Zwei Löhnungsrücksendungen von KuK Res. Spital Gruppe III Szolnock vom 21.10.16 und 1.11.16. Empfangen pro Dekate 1 Krone.

 

Ich bin am 6. August dass 2mal ins Feld nach Russland zur 5. Komp. 22 I. Rgt. Am 1. August in Zweibrücken vormittags 505 abgefahren über Ludwigshafen Leipzig Bebra, Breslau, Lods [Łódź], Warschau Komel Powursk [Poworsk] zum Rgt.

 

Geld heimgeschickt in Russland.

mal 20 Mark mal 30 Mark                           50

In Lugany in Ungarn am 9. Nov.                20

In Rumänien am 24. Nov.                            10

In Rumänien am 3. Dez.                                10

In Rumänien am 20. Dez.                             20

 

Ich war vom 6. August 1916 bis zum 9. 10.11. in Russland. Am 3.10.16 in Russland noch Nachmittags Abmarsch über Powursk [Poworsk] nach Kriviadki angekommen. Nachts 12 Uhr verpflegt, um 1 Uhr verladen Abfahrt des Zuges 130 über Kovel, Vladimir-Volinski [Wolodymyr-Wolynskyj]. Dort verpflegt. Weiterfahrt Porizk-Sokal verpflegt, Bels-Bawa-Ruskov verpflegt. 11.10.: Jaroslau, Pryemysl [Przemyśl] – Zyrow durch die Karpaten weiter Nstry – Ramanza verpflegt Luykow nach Ungarn hinein Hamona [Humenné]-Satraljauiheli [Sátoraljaújhely] verpflegt 12.10. Miskols [Miskolc] verpflegt Mözököweyd [Mezőkövesd] – Hardwan [Hatvan] verpflegt. Jasberreny [Jászberény] Szolnok. Dort ins Lazarett bis zum 1. Nov. und Lazarett nach Budapest dort 2 Tage 3ten Abends 930 Abfahrt nach Arad Töwis hier eine Nacht morgens weiterfahrt hier Ettappen gemeldet wurden verpflegt und bekommen noch für 2 Tage Fleisch Brot Zucker Kaffe Taback mit. Ich fuhr zurück über Küskagust nach Iöwer von dort über Karlsburg Piski Shela nach Petroseny [Petroșani] am 6 Abends kam ich nach Petroseny [Petroșani] an und melde mich bei der 11. bayr. I.D. Von dort kam ich ins Unterkunftshaus, wurden verpflegt Fleisch mit Brot und Pulion, nur eine Nacht dort und ging morgens 8 Uhr noch weiter der Bahn nach bis Vulkau von dort nach Lugeny zur Komp. hier noch im Quartier bis zum 10. Nov. Am 9. war hier der Rgts. Inhaber und Fürst v. Wilh. v. Hohenzollern. Am 10. Nov. Marsch von Lugeny ins Gebierg nach dem Forsthauß. Biwack im Wald am 11. Nov. Marsch über Vulkan geht nach Bolika dort Verpflegungsrast weitermarsch bis zum Waldrand. Die preußische 41. I.D. griff an diesem Tag an. Am 12 mittags Abmarsch zirka 3 km vor dann Biwack. Am 13. Vormarsch bis in die tiefe Schlucht von Veiden, 2 Zug EW 14.

Am 14. Nov.

Mittags Abmarsch aus den Bergen raus ins eine Ortschaft. Wir sind jetzt aus dem Gebirg. Die Gegend ist herlich.

Am 15. Nov.

Früh 5 Uhr Abmarsch wir maschierten weiter links durch Sambutin über die Brücke über den Jui, werden gegen Abend in eine Ortschaft einquatiert, hier viel Wein Schnaps auch 2 Hühner geschlachtet.

Am 16. Nov.

Morgens 6 Uhr antreten zum Abmarsch, lagen an der Straße bis mittags, bekommen 5 Fleischbüchsen für die Gruppe, maschierten dan bis Abends in eine Ortschaft, einquatiert, eine Ente geschlachtet und ein Huhn. Nachtlager auf dem Speicher, schlechtes Wetter Regen und Schnee.

Am 17. Nov.

Wir maschierten mitt Marschsicherung in eine Ortschaft, unser Zug FW III in die Ortschaft die 1 Gruppe als U.P. an die Straßengabel, die Straßen wurden verbarrikadirt. Kavalerie Patroulie reiten.

Am 18. Nov.

Vormittags griffen die Rumänen rechts von uns die 7. und 8. Komp. an, wurde aber unter großen Verlusten zurückgeschlagen. Ich machte mittags eine Patroulie, Verbindung mitt dem 3 Rgt. 3 Ortschaften vor der Front in einen Hof bekam von dem Bauer Schweinebraten und Wein, in der Ortschaft fand ich noch 30 Eier.

Am 19. Nov.

Mittags wurden wir abgelöst und kamen auf die Höhe als FW, es war sehr kalt und liegt Schnee. Ich kam auf U.P, wir sitzen die ganze Nacht um ein Feuer eine sächsische Radfahrer Komp. war auch bei uns als FW.

Am 20. Nov.

Wir rückten morgens zurück in die Ortschaft in die Kirsche, um 8 Uhr maschierten wir ab, unser Battl. unsere Komp. als Spitzenkomp. Bei uns ist 1. und 2. Battl. des 152 Inft. Rgts., wir maschierten nach Nordosten, gegen Abend kamen wir ins Quatier, hier wurden wir von Civilisten beschossen. Wir lagen im Schulhaus zwei Welschhühner geschlachtet. 4 Civilisten wurden erschossen, auch viele verwundet und erschossen von unseren Patroulien. Viel Honig Wein Nüsse und Obst fanden wir hier.

Am 21. Nov.

Abmarsch 35 km in eine Ortschaft einquatiert.

Am 22. Nov.

Früh Abmarsch wir kamen wieder zum Rgt., um 1 Uhr mittags verpflegungsrast und Post gefast, um 2 Uhr weider in eine höhere Ortschaft Quatier, schlachten ein Schwein, Wein Schnaps gabs auch hier.

Am 23. Nov.

Früh Abmarsch wir maschierten als linke Flankendeckung 32 km. Battl. wird einquatiert, II. Zug als FW in einen schönen Guthshof, von 12 Uhr bis morgens 7 Uhr meine Gruppe auch NP sehr kalt und Regen. Durch den Ru. Dolmetscher wurden bei dem Gutsbesitzer 50.000 Ztr. Weizen, 20.000 Ztr. Welchkorn 6000 kg Benzin und viele Sachen beschlagnamt. Der Bauer hatte zwei große Walzenmühlen, hier auch das erste Bett geschlafen in Rumänien.

24. Nov.

Morgens Abmarsch werden in eine Ortschaft einquatiert.

Am 25. Nov.

Früh Abmarsch durch daß Städchen Lubsu, nach 5 stündigen Marsch machten wir Rast, dann weiter ins Quatier (35 km)

26. Nov.

Früh 1 Uhr wurden wir Allarm wird maschierten ca. 2 Stunden bis Mamura an der Alt. Bei Tag sollten wir übergesetzt werden über den Fluß reihenfolge 7-6. MGK. Gr. W. 5. 8. Komp. Die 7. Komp. setzte über unter starken Verlusten, die 6. Komp. kam nur noch zwei Gruppen über. Der Angriff wird eingestelt. Die 5. Komp. maschierte zurück in die Ortschaft 5 Verwunden. Am Abend muste der 2. u. 3. Zug vor an den Fluß auch FW. Ich kam mitt 12 Mann auf NP weider rechts an die Übergangsstelle. Die 7. Komp. wurde wärend der nacht durch Pioniere zurück geholt. Wir wurden bei Tagesanbruch zurückgeholt in die Ortschaft. Die Rumänen gingen zurück. Wir konten noch etwas schlafen in einem Hause.

27. Nov.

Um 8 Uhr maschierten wir rückwärts bis 11 Uhr und rasten dann an der Straße nach Statina. Hier gabs Gebirgsschuhe Hosen und Post. Die Meldung kam daß die Rumänen die Alt-Linie geräumt haben und sich zurückgezogen haben. Wir maschierten um 5 Uhr bis zur großen Alt-Brücke vor Slatina. Diese war zerstört, einzelne Teile waren noch passierbar. Als die Spitze des Rgts auf der Brücke ist, bricht diese ganz zusammen. Es gab. u.a. auch ertrunken welche (die Alt ein stark reisender Fluß). Die Pioniere schlugen eine Schiffsbrücke, diese wird noch Nachts um 1 Uhr fertig. Wir passierten dan und kamen um 130 Uhr nach Slatina, eine schöne Stadt, hier gabs viel zu Essen und zu Trinken und Allerhand schöne Sachen.

28. Nov.

Morgens 7 Uhr Abmarsch am Bahnhof vorbei, dort Branten große Gebäude Schuppen, wir werden gegen Mittag einquatiert in eine Ortschaft zu Zigeuner. I. Battl. kam in eine andre Ortschaft unsere Artll. schoß die Rum. nach. Dort erst um 3 Uhr maschirten wir wieder weiter 35 km, hier gabs noch Post.

29. Nov.

Um 6 Uhr morgens Abmarsch. Es werden für die Komp. 3 Offizierswagen requiriert und die Tornister gefahren. Wir maschierten ca. 38 km über Mirozy [Miroși] um 6 Uhr Abends werden wir Einquatiert.

30. Nov.

Marsch feindliche Kavalerie zeigt sich, wurde von unserer Attl. beschossen.

Am 1. Dec.

7 Uhr Abmarsch nach ca. einer Stunde Rast hält Alles. Rumänische Arttl. beschießt daß preusich. Battl. 18er hinter uns. Wir maschierten in die nächste Ortschaft und rasten dort. Hier Löhnungsappel. Mittags maschierten wir ab. Wir halten noch mal weil daß Schützen Battl. die Ortschaft wo wir quatiert werden sollten zuerst nehmen muß. Wir werden gegen 11 Uhr Abends einquatiert.

Am 2. Dez.

Dasß III. Battl. geht bei Nacht über die Brücke über den Argesul. Die Rumänen hatten vor der nächsten Ortschaft eine gute Stellung. Daß III. und I. Battl. nehmen die Stellung (1200 Gefangene). Wir machten als linke Flankendeckung links hinaus unsere Komp. zunächst als Artll.-Deckung. Beim Vormarsch kam 8. und 6. Komp. mitt Rumänischer Nachhut ins Gefecht, trieben sie zurück und machten ca. 400 Gefangen. Die Komp. maschierte am Abend zum Battl. vor. Ich war am Argesul endlang auf Patroulie. Abends Ortsunterkunft, schlachten ein Schweinchen.

Am 3. Dez.

Maschiert die 5. Komp. vor und besetzt einen Waldrand. Wir gruben Schützenlöcher. Ich machte Patroulie nach Titu, dem Bahn und Straßenknotenpunkt nach Bukarest. Zum 3. Battl. Abends kamen wir aus dem Wald in die Ortschaft und stelten ein Untffz. P. auf.

Am 4. Dez.

Mittags Abmarsch. Wir werden durch daß Alpenkorps abgelöst und maschierten durch Titu, kamen gegen Abend in eine große Ortschaft, wo wir Quatier bezogen, kaum im Quatier kam der Befehl antreten. Wir maschierten 8 km. Dort soll die Komp. VP beziehen an der Bahn, hier war Kavalerie und 6 Minenwerfer und M.G.K. eingebaut. Wir lösten Husaren ab. Da kam unser Battl. wieder. Maschiert und wir musten nach 8 km vor daß erste Battl. von uns und daß Battl. 18er gehen rechts von uns vor (Wir geben Zeichen durch Leuchtkugel). Die Ortschaft Balteni ist frei. Wir werden einquatiert und stelten FW und III. Zug kam hier auf FW.

5. Dez.

Wir werden 5 Uhr geweckt und graben uns am Ortsrand ein. Rechts von uns wird daß 1. und III. Battl. heftig angegriffen. Wir maschierten zur Unterstützung auch hin. Wir sollten durch einen Stoß in die gegnerische linke Flanke die andere Battl. entlasten. Die 5. Komp. nimt am Ortsrand von Balanesti [Bălănești] Stellung. Die andere Komp. gehen links vor. Der Gegner hatt schwere Artllr. und nimt uns auch unter Feuer. Wir hatten (1 Toter und 5 S. verwunde). Nach einbruch der Dunkelheit musten wir den vor uns liegenden Wald durchstoßen bis zu einem Bach. Die Rum. haben sich zurückgezogen. Wir gehen wieder nach Balanesti [Bălănești] zurück in Unterkunft. Quatier ein Heuschuppen, sehr kalt und den ganzen Tag und Nacht Regen.

Am 6. Dez.

7 Uhr Abmarsch. Wir maschierten mitt vielen Unterbrechungen bis zum Abend ein. Daß Battl. in Quatier kommt müssen wir wieder in eine Ortschaft in der Artllr. liegt. An diesem trag machten die 41. I.D. eine ganze Rum. Div. zu Gefangen. 7000 Mann 1. General.

7. Dez.

Marsch in eine Ortschaft vor Bukarest nördlich.

8. Dez.

Rasttag. Wir schlachten zwei schwere Schweine, hatten viel Wein. Mittags hatten wir Gewehrappel. Hier bekam ich seid 8 Wochen die erste Post. 3 Briefe und eine Karte.

9. Dez.

Marsch bei sehr schlechtem Wetter und Regen ins Quatier.

Am 10. Dez.

Vor morgens 10 Uhr ab marschbereit, um 2 Uhr Löhnungsappel, um 230 Abmarsch, sehr schlechtes Wetter und eine sehr schlechte Straße und kamen um 520 nach Gratchi ins Quatier.

11. Dez.

Von 8 Uhr ab marschbereit, um 2 Uhr kam der Befehl Marschbereitschaft aufzuheben, ein Schwein geschlachtet, um 5 Uhr kam Befehl daß wir hier bleiben, um 6 Uhr wurden Liebesgaben gefast. Der Mann 10 Cigarren, Speck wurde auch gefast, im Quatier viele Läufe u. Flöh.

Am 12. Dez.

Um 5 Uhr morgens antreten zum Morgen Post fassen. Inn mitt Ruhe von 7 Uhr ab marschbereit, um 8 Uhr kam Befehl Marschbereitschaft aufzuheben, um 10 Uhr kam Befehl antreten. 38 km Marsch, um 4 Uhr mittags maschierten wir über den Fluß Jalomitu [Ialomița]. Die Brücke war 2 mal gesprengt. Daß Wetter war schlecht. Wir maschierten dan der Bahn entlang über den Bahnhof von Jalomita [Ialomița], hier waren die große Getreideschuppen der Bahnhof abgebrant. Hier standen 15 rumänische Lokomotiven. Die Bahn zerstört. Den ganzen Tag nichts zu Essen, um 12 Uhr kamen wir ins Quatier.

Am 13. Dez.

Früh 7 Uhr Essen gefast, heute 23 Eier gefunden, wir waren in Radulesti [Rădulești] im Quatier (gut), eine schlecht bewohnte Gegend. Mittags Pfannenkuchen gebackt, um 3 Uhr musten wir ausziehen an den Ostausgang vor der Ortschaft. Die 378er Artllr. und Kav., schönes Wetter viel Wein, neues Quatier auch gut, in der Ortschaft viel Gedreite Weizen und Taback. Hier ging daß Gerücht daß der deutscher Kaiser unserm Feinde den Frieden angeboten hatt mitt rücksicht auf unsere Erfolge in Rumänien.

14. Dez.

Morgens 930 Abmarsch 9 km nach Urzyzeni [Urziceni], hier ins Quatier. Wohnung eines rumänischen Oberst Ltn. gut, angekommen um 3 Uhr, hier daß erste Bett in Rumänien.

15. Dez.

630 Abmarsch Gotorca [Cotorca] nach Smardanul [Smârdan] 24 km um 315 Quatier bezogen (sehr schlecht). Gegend schlecht bevölkert. Eine Gans geschlachtet. Wetter sehr nebelich. Straße schlecht und aus gefahren.

16. Dez.

Ruhe Tag. Mittags ein Schwein geschlachtet, sehr nebeliches Wetter und kalt.

17. Dez.

Von morgens 8 Uhr ab maschierte. Um 1015 Uhr Abmarsch 20 km, schönes Wetter nach Caldaresti [Căldărăști]. Dort in Quatier, hier kamen wie wieder von der 41. p. zur 11. bayr. I. Div. vor der Ortschaft war eine gute russische ausgebaute Stellung.

18. Dez.

Morgens um 8 Uhr Abmarsch nach einem Gutshof ins Quatier, schöner Hof. Hier lag kolosal viel Getreite, heute kam osteuropäische Zeit herraus eine Stunde später. Im Hof standen 300 Gefangne Russen, Gutshof Lubiul am Fluß Calmätnin.

19. Dez. Jamar 50 km

Morgens 430 Abmarsch über Bülteni [Bălteni]-Boseti [Rosetti], Sordila–Greci [Surdila-Greci] nach Bahnhof Faurei [Făurei]. 26 km Marsch, eine Stunde Verpflegungsrast, um 1 Uhr kamen wir an den Bahnhof. Gefechtsbereit, die 11. bayr. I.D. griff heute um 3 u. 13 Rgt. machten den Angriff. Um 3 Uhr kam Befehl daß II. Battl. 22 zurück maschieren nach Faurei [Făurei] ins Quatier, hier fanden wir Bratwürste und Schweinefleisch, auf dem Bahnhof Faurei [Făurei] standen 3 bis 4 Transport und Petroliumzüge. Bahnhof selbst war viel zerschossen.

20. Dez.

Morgens von 5 Uhr abmarschbereit blieben doch hier. Mittags 139 Gewehr und Löhnungsappel, heute machten die Russen bei der 11. I. Div. ein Gegenstoß, wurden aber abgewiesen über großen verluste. Abends machten wir uns Kartoffelsalat und Fleischkuchel.

21. Dez.

Wieder Ruhe Trag um 4 Uhr mittags musten wir ausziehen, musten den bayr. Kavallerie Platz machen (heute 3 mal Pfannenkuchen und Fleischkuchel gebackt).

22 Dez.

10 Uhr Appel mitt Patronen und Eiserm Bestand, 230 Uhr antreten um 3 Uhr Abmarsch in Stellung, lösten daß III. Battl. 22 ab. Wir lösten die 11. Komp. ab, schlechte Stellung. Nachts schanzen.

23. Dez.

Morgens 40 Uhr Kaffe kochen, um 700 Uhr schweres Artilleriefeuer links bei der 9. Armee. Wir waren am linken Flügel der Donau Armee (Makensen). Abends um 9 Uhr wurde unser Zug abgelöst und kam zurück in Reservestellung. Schützenlöcher, die Nacht sehr kalt.

24. Dez.

Heute sollte der Sturm auf daß Gut Filipesti [Filipești] sein, wurde verschoben auf 25. Dez. Nachts muste ich auf Patroulie gegen daß Gut, sonst den Tag hindurch Ruh. Abend um 10 Uhr gingen wir in Sturmstellung, um 2 Uhr war die Stellung ausgehoben. Die Russen waren ziemlich ruhig, um 3 Uhr herum kam eine Russisch Patroulie, die wir unter Feuer nahmen.

25. Dez.

Morgens um 8 Uhr setzte daß Vorbereitungsfeuer der Artllr. und Minenwerfer ein von 9 bis 10 Uhr. Trommelfeuer. Punkt 10 Uhr gingen wir zum Sturm vor ohne Verluste, erbeute 2 M.G.K., gingen zuerst vor bis übers Gut um 12 Uhr vor über daß Dorf Filipesti [Filipești]. Dort musten wir uns eingraben und lagen hier bis 9 Uhr. Dan wurden wir durch die 6. Komp. abgelöst. Der Sturm wurde gemacht von I/22 und der 5. Komp. 22. Wir kamen Abends zurück ins Gut in einen Stall, sehr schlecht und kalt.

Heute ist auch unser Zugführer gefallen Vz. Feldw. Remlinger, ein sehr guter Führer, er liegt an der Kirche auf Gut Filipesti [Filipești] begraben.

26. Dez.

Ruh. Heute bekommen wir den Ersatz 50 Mann in die Komp.

27. Dez.

Morgens 445 Antreten die Komp. antreten, um 5 Uhr. Abmarsch nach Filipesti [Filipești]. Dort die Komp. Rgt. Res. um 10 Uhr bekam daß Artllr.feuer um 220 Uhr ging die Inft. zum Sturm vor, nicht geglückt. Die 5. Komp. wurde Nachts eingesetzt und wurde morgens um 5 Uhr abgelöst und kam zurück nach dem Bahnhof Faurei [Făurei] auf den Speicher, hier bekam die Komp. nach langer Zeit Post. Ich bekam eine Karte.

28. Dez.

Den Tag auf dem Bahnhof in Ruh.

29. Dez.

Um 715 antreten der Komp. 730 Abmarsch nach Filipesti [Filipești]. Hier lagen wir von 930 bis 130 und wurden verpflegt um 130 Abmarsch nach Detulesti [Deduleşti], dort ins Quatier gut.

30. Dez.

Morgens 630 antreten der Komp. um 730 kam der Befehl daß der Gegner abgezogen ist, wir maschierten 15 km und kamen nach Racowita [Racovița] ins Quatier.

31. Dez.

Morgens 730 Abmarsch des Battl. über Grüdin nach Scortarul-Vou [Scorțaru Nou] 15 km. Dort ins Quatier dazwischen verpflegt. Den ganzen Tag Regen. Quatier gut. III. Zug kam auf FW. hinaus.

1. Januar [1917]

Über Tag im Quatier ein Schwein geschlachtet, mittags Löhnungsappel 630 Uhr II. Zug Abmarsch auf FW. Wir lösten den I. Zug hier ab, lagen in den Schützenlöchern 1000 Meter vor den Russen.

2. Januar

Morgens um 630 durch den III. Zug auf FW abgelöst, zurück in die Ortschaft. Quatier war abgebrant, mittags Alarm, musten den Ortsrand besetzen. Abends hatten wir in Sturmstellung, wurde aber verschoben.

3. Januar

Über Tag Alarm. Quatier, ein Huhn gemacht und Kartoffel gebraten. Mittags um 2 Uhr wurde die Ortschaft von den Russen ohne Erfolg beschossen.

Abends 420 gingen wir vor in Stellung.

4. Januar

Nachts 130 Uhr hingen wir in Sturmstellung wärend wir in Stellung gingen, wurden wir von R.M.G.K. beschossen, von meiner Gruppe wurde ein Mann verwundet. Morgens 8 Uhr fing unsere Artll. an zu schießen, von 10 bis 11 Uhr Wirkungsschießen. Um 1130 gingen wir zum Sturm vor, wurde etwas aufgehalten am Drahtverhau. Die Russen wurden unter großen Verlusten zurück geworfen, machten viele Gefangen und 2 M.G.K. gingen vor bis vor Tetulesti, schanzten uns dort ein. Nachts blieb der II. Zug auf FW. Draußen sehr kalt, 12 Nachts verpflegt.

5. Januar

Morgens samelte daß Rgt. und ging mitt Schützenschleier gegen den Fluß Sereht [Sereth] vor gegen 11 Uhr wurden wir von den Russen beim vorgehen stark mitt Schrappnel beschossen. Um 12 Uhr kam Befehl daß Rgt. halten, um 2 Uhr gingen die 3 Battl. zurück ins Quatier, vor uns fuhr noch die Rumänische Eisenbahn.

6. Januar

Morgens 700 Uhr Abmarsch zurück über Scardanul [Scorțaru]. Dort begegneten wir der Bulgarischen Div., die uns ablöste, nach Konstantinesti [Constantinești]. Dort in die alte Quatiere (20 km) Marsch. Um 300 kamen wir hieran, schon 2 Tage schlechtes Wetter Schnee und Regen.

7. Januar

Morgens 645 Uhr Abmarsch über Janka [Ianca]. Dort eine Stunde Rast, hier bekamen wir Post, ich eine Paket, eine Karte. 11 Uhr weitermarsch nach Detulesti [Dedulești]. Dort ins Quatier, schlecht. 19 km Marsch, um 130 kamen wir hier an.

8. Januar

Morgens 700 Uhr Abmarsch über Filipesti [Filipești]-Faurei [Făurei] ohne Rast 25 km nach ____________. Hier ins Quatier, sehr müde. Quatier aber gut.

9. Januar

Rasttag, mittags Gewehrappel und appel mitt Bekleidungsstücke, um 4 Uhr Löhnungsappel.

10. Januar

Rast[t]ag. Ein Rind geschlachtet, gehaktes gemacht, mittags um 2 Uhr Appel mit dem Eisernen Bestand. Kaltes naßes Wetter.

11. Januar (8. u. 7. Komp. verladen)

Morgens 840 Uhr antreten der Komp. 900 Uhr abmarsch des Battls zur verlade Stelle nach Ruseti [Rosetti] nach Cilibia [Cilibia] ins Quatier, im Quatier zimlich Fette und Butter gefunden, auch haben wir uns Brot gebackt. Auf dem Marsch dursch ein Sumpf, wir waren sehr naß und voll Dreck. 12 km Marsch 6 Stunden maschiert.

12. Januar

Morgens in Cilibia im Quatier gebraten und Pfannenkuche gebackt, mittags um 300 Uhr Abmarsch zum Bahnhof Cilibia. Dort um Feuer gelegen bis 900 Uhr, um 1000 Uhr verladen, schlechter Wagon. Abfahrt 1200 Uhr über Ploiesti [Ploiești]. Dort angekommen um 800 Uhr früh.

12. Januar

Morgens angunft in Ploesti [Ploiești] um 800 Uhr, verpflegt. Dann zur Entlausungs-Anstalt, erste echte Entlausung, um 12 Uhr zurück in die Bahn, um 100 Abfahrt, in Ploesti [Ploiești] waren sehr große Voräte an Petroleum, sehr große Tanks waren zerstört und abgebrant. Um 100 Uhr Abfahrt des Zuges über Brags nach Civinia, angunft 400 Uhr. 1 Stunde Halt, verpflegt Brot Wurst und Suppe gefast.

13. Januar

Fahrt über Titu Pitesti [Piteşti]. Dort verpflegt, um 745 Uhr früh auch Wurst gefast, weiter Fahrt über Slatina.

14. Januar

800 Uhr früh Angunft in Herrmannstadt [Hermannstadt; heute: Sibiu), verpflegt Kaffe und Brot. 900 Uhr weiterfahrt über Piski [heute: Simeria] und Liga.

15. Januar

Über Dewa [Deva] nach Arad. Dort Abends 500 Uhr verpflegt Bohnensuppe und Brot.

16. Januar

Fahrt über Szolnock [Szolnok] verpflegt.

17. Januar

Rakus verpflegt morgens 745 Uhr Kaffe und Wurst, weiterfahrt über Budapest. Dort 1 Stunde Halt um 10 Uhr weiterfahrt über Helemba [Chľaba] der Donau endlang bis nach Rarkani. Dann nach Nana. Dort verpflegt.

18. Januar

Fahrt über Ersukujivar [Nové Zámky] morgens Wien Böheimkirchen St. Pölten. Dort verpflegt Kaffe und Brot. Fahrt über Melk sehr schöne Gegend. Amstädten verpflegt.

19. Januar

Morgens 230 Salzburg, eine schöne Stadt.

20. Januar

Morgens 700 Uhr Ankunft in Rosenheim. Dann zur Entlausungsanstalt gebaden und saubere Wäsche bekommen, nach dem Baden um 11 Uhr bekammen wir daß Essen, eine sehr gute Suppe Kartoffel Brot, nach dem Essen gabs noch eine guten Tee, nach den Endlausung wurden wir ganz neu Eingekleidet. Um 7 Uhr Abmarsch nach Kolbermohr [Kolbermoor] ins Quatier, ein Saal sehr gut.

20. Januar

Den ganzen Tag in Kolbermohr [Kolbermoor] auch eine schöne Ortschaft hier gabs viel und billig zu Essen. Abends 810 Uhr Abmarsch nach Bahnhof Rosenheim. 10 Uhr verpflegt.

12 Uhr Abfahrt des Zuges über München Augsburg Ulm.

21. Januar in Ulm verpflegt Suppe Brot und Kaffe (um 800 Uhr Sonntag)

Fahrt über Kebbingen württembergische Zell-Ober-Edlingen – Ludwigsburg 400 Uhr Pforzheim – Durlach – Karlsruhe – hier um 600 Uhr verpflegt, eine gute Suppe, weiterfahrt um 700 Uhr über Rasstadt nach Schlettstadt [Sélestat]. Dort Ankunft 12 Uhr. Ausgeladen, dann ein Marsch von 12 km nach Ebfieg [Epfig] hier ins Quatier gekommen morgens zu einen guten Bauer Quatier sehr gut.

22. Januar

Den ganzen Tag Ruh gehabt.

23. Januar

Mittags 300 Uhr Abbel mitt Anzug Feldmütze.

24. Januar

Morgens 1000 Uhr Appel mitt Gewehr, mittags Appel um 300 Uhr mit Patronen und abliefern der scharfen Patronen 120 Stück jeder Mann.

25. Januar

Morgens Appel mitt Helm und Mantel, mittags um 200 bis 400 Uhr Dienst. Ich hatte die Schuhe übernommen um 10 Uhr morgens viele Post empfangen, 10 Brief und 4 Karte.

26.1.17

Morgens 1000 Uhr Appel mitt Schanzzeug und Patronentasche, um 8 Uhr kams Battl. und die 7. Komp. von Transport, mittags von 2 bis 400 Uhr Exerzieren. Abends um 1000 Uhr Wirtschaftspatrolie mitt 2 Mann.

27.1.17

Heute Kaisergeburtstag, morgens um 9 Uhr Kuchenparade, 11 Uhr Post fassen, um 2 Uhr Löhnungsappell, 4 Uhr Gesundheitsbesichtigung. Heute gabs 4 M. Erfrischungszuschuß 1 M. Kaisergeld.

28.1.17

Sontag. Eine Fahrt nach Schlettstadt. Die Stadt nicht besonders schön.

29.1.17

Morgens 10 Uhr Appel mitt Lederzeug und Tornister, mittags von 2 bis 4 Uhr Einzelexerzieren.

30.1.17

Morgens von 10 bis 11 Uhr Unterricht, von 2 bis 4 Uhr Einzelexerzieren. Abends um 6 Uhr nochmals antreten, wurden Untffz. und Mannschaften ausgesucht zu M.G.K.

31.1.17

Morgens Exerzieren.

Morgens 1015 antreten um 1045 Abmarsch zum Rgt. daß Regt. wurde heute besichtigt durch seine Exzellenz von Kindel Oberbefehlshaber der Armeegruppe 3, mittags um 3 Uhr wurde die ganze Komp. geimpft gegen Tiphus, auch wurden heute Liebesgaben gefasst, Cigarren und Cigaretten.

1.2.17

Morgens von 9 bis 10 Exerzieren, mittags von 2 bis 330 einzelexerzieren, von 4 bis 5 Uhr Löhnungsappel Zucker Honig und Wein gefasst.

2.2.17

Morgens von 930 bis 11 Uhr Exerzieren, mittags um ein Uhr bin ich auf Wache gezogen, Rathaus Epfig mitt 6 Mann. Abends um 7 Uhr wurde ich abgelöst.

3.2.17

Morgens um 8 Uhr musten wir uns bei der 2. M.G.K. melden zum ausbilden 8 bis 9 Unterricht, dan ins Gelände Exerzieren, mittags von 2 bis 445 Unterricht und M.G. reinigen.

4.2.17

Sontag morgens um 1030 Appel und austeilen der Weinachtsliebesgaben, ich bekamm eine Flasche Wein ein Taschentuch eine schöne Holzfeife Taback eine Dose Ölsardinen und Zuckergebäck, mittags um 3 Uhr Durstappel.

5.2.17

Morgens von 8 bis 11 Uhr Unterricht und Exerzieren, mitt M.G.K. mittags von 2 bis 4 Uhr Unterricht und Reinigen der M.G.K.

6.2.17

Morgens 10 Uhr Kirchgang der Katholiken, mittags von 2 Uhr ab Unterricht und Exerzieren mit M.G.K. Abends hatte die Komp. Weinachtsfeier im Rathaus Epfig gabs Bier und Cigarren, war sehr schöne Unterhaltung.

7.2.17

Morgens kein Dienst, mittags Exerzieren bei M.G.K.

8.2.17

Morgens von 830 bis 11 Uhr Exerzieren M.G.K. Ex.-Platz, mittags Unterricht und Exerzieren.

9.2.17

Morgens von 830 bis 11 Uhr Exerzieren M.G.K., mittags von 230 bis 4 Uhr Unterricht und Exerzieren mitt Gewehrreinigen. Heute gefiel dem Zornig Hilfendegen der Reisemarsch ausnahmsweise sehr gut, was selden der Fall ist.

10.2.17

Morgens von 830 bis 11 Uhr Exerzieren M.G.K., mittags von 2 bis 3 Uhr Unterricht über Schißverfahren am M.G. 330 Gesundheitsbesichtigung, um 5 Uhr Löhnungsappel mit Dienstappel, gab auch Post, ein Brief, eine Karte.

11.2.17 (Sontag)

Morgens 10 bis 11 Uhr Unterricht mittags ging ich nach Schlettstadt.

12.2.17

Morgens um 830 bis 11 Uhr Exerzieren M.G.K. Mittags ging die ganze 5. Komp. nach Schlettstadt zum Baden. 230 Abfahrt des Zuges. Die Komp. badet in der Badeanstalt vom Jäger Battl. No. 18, ein gutes Bad. Dann zurück an der Bahn um 545 Abgefahren, um 615 zurück nach Epfig.

13.2.17

Von Morgens 830 Exerzieren mitt M.G.K. Mittags von 230 bis 440 Richt- und Zielübungen mitt M.G. Abend um 600 ging ich nach Gagenheim [Kogenheim] (Bahnstation) (von Epfig bis Gogenheim [Kogenheim] 8 km) um 11 Uhr kam ich zurück. Heute landete ein Flieger aus Freiburg, hier beim Landen ist der Apprat umgestürzt und war defegt geworden. Den Flieger machte es nichts. Meine Gruppe stelte die Fliegerwache bis Abends.

14.2.17

Morgens 830 Abmarsch zum Schießplatz Schulschießen (Einzelfeuer), gut geschossen. Die Komp. hatte um 10 Uhr Kirschgang. Mittags um 3 Uhr ab hatten wir daß Reinigen der Maschinengewehre.

15.2.17

Morgens 830 bis 11 Uhr M.G. Exerzieren. Mittags Unterricht Schießvorschübe und Gewehrreinigen.

16.2.17

Den ganzen Tag Exerzieren mit M.G.

17.2.17

Die M.G. Komp. ging heute nach Schlettstadt zum Baden, wir hatten keinen Dienst. Mittags ging ich um 3 Uhr nach Eichhofen [Eichhoffen] und um 6 Uhr nach Sturtzheim [Stotzheim]. Kam Abends um 900 Uhr zurück.

18.2.17 (Sontag)

Ging herüber nach Eichhoffen. Spazieren mitt e. Frau.

19.2.17

Morgens Exerzieren M.G. Mittags hatte ich dienstfrei und ging nach Eichhofen [Eichhoffen] spazieren und kam Abends um 800 Uhr zurück.

20.2.17

Morgens 615 Antreten der M.G. Komp., gingen zur Bahn um 720 Abfahrt des Zuges nach Schlettstadt, maschierten auf den Flugplatz, besichtigten die Kampflugzeuge und die M.G. der Flieger, auch wurden Flüge gemacht, sehr schön, gingen um 1230 zur Bahn Rückfahrt nach Epfig um 110 mittags, hatten wir eine Stunde Gewehrreinigen.

21.2.17

Den ganzen Tag dienstfrei. Mittags Löhnungsappel.

22.2.17

[Der Rest der Seite ist herausgerissen.]

 

 

 

Rumänien

In Rumänien waren wir vom 11. Nov. bis zum 5. Januar, wurden dursch die 41. bulgarische Division abgelöst am Gefecht, kammen zurück und wurden noch 3mal einquatiert bis wir am 12.1.17 verladen wurden auf dem Bahnhof Cilibia.

Rumänien den 12.1.17.

Untffz. Noll

5. Komp. 11. I.Rgt.

 

 

In gröseren Städte waren wir wärend des Vormarschs in Rumänien

In der Walachei

Balsu

Slatina

Kitesti

Titu

Urzizeni

Faurei

Sancka

Vom 10. Nov. bis 4. Januar.

 

Wir waren in Russland am Stochod in St. Unury rechts der Bahnlinie Kowel-Luk [Luzk], eine schlechte Gegend, sehr sumpfich, wir hatten hier eine schöne Stellung, aber ein sehr schlechtes Wetter ga[b]s hier. Wir waren hier von Juli bis zum 9. Oktober 1916. Dan kamen wir vort nach Rumänien.

Geschrieben in Russland am Stachod den 9.10.16 Untffz. Noll 5/22

 

Ober Elßaß

Wir kammen am 22ten 1.17 morgens nach Epfig im O. Elßaß in Ruh, es ist eine ganz schöne gegend, auch wird zimlich Wein hier gebaut. Epfig hatt zirka 2500 Einwohner und sind fast hundert Bauern hier, es ist eine ältere Ortschaft, von hier hatt man eine schöne Aussicht gegen die Vogesen, wir lagen hier in Ruhe bis zum

Epfig den 31.1.17 Noll Untffz. 5/22

4 Gruppen II. Zug 5. Komp. 22. I.R.

Untffz. Noll

Gefr. Appel Oggersheim

Inft. John Sand

Inft. Geiger Obernusstadt

Inft. Herger Bocksbrunn

Inft. Krauss Laz.

Inft. Klag Mannheim

Inft. Lagenmanier Werrishofen

Inft. Rupprecht Karlsstadt

Inft. Fertig Amorbach

Inft. Ziegler Donauwörht

 

 

2. Gruppe II. Zug 5. Komp. 22. I.R.

Untffz. Noll

Geft. Assel von Lautern

Geft. Hütter von Bottenbach

Geft. Steingas von Mannheim

Geft. Rückt von Otterbach

Geft. Jonson von Aschaffenburg

Geft. Müller von Bösostheim

Geft. Mayer von Erbach

Vz. Feldw. Remlinger

Gefallen am 25. Dez. 16 bei Filipesti [Filipești] in Rumänien

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Kriegstagebuch Leutnant d. R. H. Reich 12. Bayr. Inf. Reg. (25. Juli 1917 bis 7. Juni 1918)

Über den Verfasser dieses Kriegstagebuches, Leutnant der Reserve H. Reich, ist leider nicht viel bekannt, weder sein Wohnort noch sein vollständiger Vorname.

Nach der Regimentsgeschichte des 12. Bayerischen Infanterie Regiments „Prinz Arnulf“ war H. Reich im Nai 1917 Vizefeldwebel der Reserve in der 1. Kompanie. Spätestens mit Beginn des Tagebuches, also am 25. Juli 1917, wurde er dann zum Leutnant d. R. befördert.

Während der Zeit von Juli 1917 bis Juni 1918 war Reich mit seinem Regiment an der Westfront in Frankreich eingesetzt.

Vorsatz des Kriegstagebuches von H. Reich mit Namenseintrag und Einheit
Erste Textseite des Kriegstagebuches von H. Reich

Kriegstagebuch Leutnant d. R. H. Reich 12. Bayr. Inf. Reg. (25. Juli 1917 bis 7. Juni 1918)

25.7.17. Keine besonderen Ereignisse. Heute früh die Franzosen an 3 oder 4 Stellen, doch nicht bei uns. Es ist ein Empfinden wie bei einem Erdbeben. Morgens wird L. Ittameier in Urlaub fahren. Ist ja nicht gerade angenehm, weil ich selber in Urlaub möchte u. auch dürfte u. infolge dessen hingehalten bin. Vielleicht wird bald ein anderer L. mit der Führung betraut, u. ich kann doch weg. Am Abend bei der linken Nachbarkomp. bis spät in die Nacht hinein Minen.

06.7.17. Früh 400 wieder eine Quetschung beim 15. Inf. Regt. Am Abend eine Gewehrgranate auf den Unterstand. Schöne heiße Sommertage.

27.7. Ittameier auf 3 Wochen in Urlaub.

28.7.17. Starkes Gewitter, der ganze Graben schwimmt.

29.7.17. Nichts besonderes.

30.7.17. Noch immer die alte Comp.

31.7.17. Nicht Neues.

Bis 3.8.17. In der Stellung.

Bis 7.8.17. Im Schreinertal als Arbeits-Kompagnie.

Bis 11.8.17. In Lager Bomaswalde. Regenwetter.

11.8.17. Nachm. wieder in Stellung u. zwar in U. Absch. Reserve mehr im Lager Küchental. Unterkunft gut, persönlich einen schönen Unterstand.

Bis 19.8.17. Hier. Es ist zum Aushalten. Stets Gewitterregen u. Sonnenschein.

Am 19.8.17 wird L. Ittameier eintreffen sodaß ich denn in Urlaub darf. Die Tage werden recht langweilig.

20.8. in Urlaub.

21.8.17. Das Wetter während des Urlaubs durchschnittlich sehr schön. Hute 29.8.17 Regentag.

 

[In anderer Schrift am 31.8.1917]

31.8.17. Mit Herrn Leutnant in Gersthofen, wunderschöner Regentag, beim Straßer im feuchten Eden besichtigt Herr Leutnant den Flugplatz von Gersthofen. Amen Julia Ebert

31.8.17. ½ 9 Uhr Herr Leutnant ist zur Zeit sehr stark in anspruch genommen, er träumt wie mir scheint von seinem früheren lieben Kußerl und ist infolgedessen mit einemal gänzlich verstreut. Hoffe Ihn wieder in balde aus seinem Traum erwecken zu können.

Mit Gruß Julia

 

1.9.17. Angenehmes Wetter.

Am 5.9.17. Abend bei strömendem Gewitterregen in Stellung Ulm II. mittleren (II. Zug) übernommen. Wetter schön. Stellung gut ausgebaut, wenig Feuer, links von uns heute 9.9.17 abend 9h starkes Feuer.

10.9.17. Nichts Besonderes.

11.9.17. Wie die Vortage, herrliches Wetter.

12.9.17. Wird die Komp. in I. Linie abgelöst u. kommt ins Mittellager.

Am 19.9.17. Komp. vom Mittellager (wo der Gegner einmal 10 Granaten 22,5 Kal. reinsetzte u. auch meinen Unterstand verschüttete) wieder in I. Linie (Ulm II). Im allgemeinen ruhig, nur nachts Ulm I. und M. IV. zeitweise starkes Artillerie- u. Minenfeuer.

Am 22.9.17 eine größere Unternehmung bei den 20 mit starken Artillerie- u. Minenfeuer jedoch ohne Erfolg. Am Abend vorher erwischte eine Patrouille der 8. Komp. links von uns 2 Franzosen.

Seit 21.9. bin ich wieder Komp. Führer, da L. Ittameier auf 8 Tage in [?] nach Berlin kommandiert ist. Während dieser Zeit bis heute 23.9.17 nichts besonderes.

26.9.17. früh abgelöst durch 2/12 u. nach Lager Eyach-Nord ([Keensagne?]) ein ungemütliches Lager, liegt namentlich nachm. unter ziemlich starken Feuer aus schweren Kal.

Bisher 28.9.17 sind wir ziemlich verschont geblieben. Würde ja nicht viel ausmachen, mal die Unterstände sehr gut sein. Mein Unterstand (Komp. Frhr.) steht allerdings ziemlich unter Wasser. Es muß ständig gepumpt werden. Werden bis 3.10.17 hier sein u. dann wieder nach Ulm II kommen; alsdann hoffe ich auf 7 Tage Ruhe in Bois Emont. L. Ittameier wird am 1.10. auch wieder eintreffen.

Das Wetter ist herrlich, ein großartige Altweibersommer. Zur Zeit nehme ich an einem mehrtägigen M.G. Kurs teil. Interessiert mich u. ist eine ganz nette Unterhaltung. Den Unterricht erteilt L. Welz 1. M.G.K. im Mittellager. Heute erhielt ich von meiner Braut endlich ein Contrefait, auf das ich schon längst wartete.

3.10.17. früh wieder Ulm II. 1. Linie. G. Lt. Hiller ist dem 1. Rgts. Battl. als stellv. Komp. Führer bestimmt; ärgert mich, aber es macht nichts. Ist noch ruhig, Wetter hat umgeschlagen; teilweise Regen.

5.10.17 1. Kp. übernommen. Auf wie lange weiß ich nicht. Eyach-Nord noch am Abend nach Eyach-Süd. Die Bude ist wenigstens trocken; bombensicher ist sie ja nicht.

6.10.17. Heute früh Regenwetter. Noch 8 Tage in Ulm II., dann abgelöst durch 6./12. und 8 Tage in Ruhe in Emont-West.

12.-13.10. Die Komp. ist Baukompagnie u. arbeitet in einer neuen R Stellung an Unterständen bei Very [Véry]. Während der 8 Tage ein flotter Kasinobetrieb.

Am 21.10. 11h abends Abmarsch in die Stellung (Unterstützungs-Komp. im Westend-Lager (Lustnau).

Am 25.10. früh 400 soll Unternehmen Müller stattfinden. Bin neugierig.

25.10.17. Unternehmen Müller mißglückte. Die Leute machten kehrt. Auf jeden Fall klappte nicht alles.

28.10.17. Löste die Komp. 3./12 in Ulm IV ab. Der Abschnitt ist recht schlecht. Zusammengeschossen u. eingefallen u. sehr viel Wasser. Feuer wenig.

Am 4.11.17 früh wird die Komp. durch 4./118 I.R. (Hessisch) abgelöst. Wohin es jetzt wieder geht weiß ich noch nicht. Auf jedenfall wieder in Großkampf. Große Freude u. Befriedigung lösen zur Zeit die schönen Erfolge der Deutschen u. Österreichischer an der Franzosenfront aus. Bisher heute sind über 180000 Gefangene u. 15600 Geschütze eingebracht. Für alle Fälle ist das noch nicht der Enderfolg. Wahrlich ein herrlicher Sieg! Obwohl diese Nachricht im Ententelager nicht ernüchtert?

Bin nur gespannt wo uns jetzt das Schicksal, d.h. unsere Oberste Heeresleitung, jetzt uns wieder hin versetzt. Gleichwol wohin tun unsere Schuldigkeit, dann wird es auch wieder recht werden.

Mit Gott, für König u. Vaterland!

Einige Tage in Stenay. Im dortigen Offiziersheim einige ganz volle Tage verlebt. Die Unterkunft geht an. Habe ein Zimmer u. eine Matratze.

Stenay ist ein ganz altes kleines Städtchen: Es sind dort noch ziemlich Zivil. jetzt auf Hilfsdienst. Nach 4 Tagen abtransportiert nach dem Sündgau (Oberelsaß). Die Komp. ist in Waldighofen untergebracht (Fabrik). Sind jetzt 16.11.17 circa 8 Tage hier. Obwohl nur 7 km von der Front entfernt ist die ziemlich große Ortschaft noch bewohnt. Die Zivilisten aber nicht besonders gut auf die Soldaten zu sprechen. Die dauernde Einquartierung aller möglichen Truppen wird sie natürlich recht verstimmt haben. Bin hier schon 3 mal umgezogen; jetzt mag ich nicht mehr; habe jetzt eine leidliche Bude mit einem ganz guten Bett. Leider fehlt es an Braumaterial.

Machte heute einen größeren Geländeritt nach Pfirt. Diese Ortschaft ist zwischen Burgen gekrönten Bergkegeln schön gelegen. Führe ab gestern 16.11.17 wieder I.V. die Komp.

17.11.17 früh 645 steht die Komp. am Bahnhof Waldighofen verladebereit gegen 1000 dann Abfahrt. In Schlettstadt gegen 400 nachm. gute Verpflegung. 18. Mittags Ankunft in Chauvency [Chauvency-le-Château] bei Montmedy [Montmédy], hier Landmarsch (ca. 15 km) nach Thonne la Long, größere Ortschaft nahe der belgischen Grenze.

19.11.17. Ruhetag. Die Quartiere sind durchwegs sehr schön.

20.11.17. Vormittags Exerzieren.

21.11. Exerzieren. Regentag.

22.11.17. Entlausen u. Baden in Breux ca. 1 Stunde entfernt. Dort ist die 2. Kp. untergebracht.

23.11.17. Übung bei Virton (Besichtigung einer Abtlg. vom 9. Feld. Art. Regt. I/12 (3. Kp.) benötigt)

24.11.17. Ruhetag.

25.11.17 marschbereit. ½ 12h kam der Abmarschbefehl, kurz vor dem Essen 130 nachm., sollten wir in Montmedy [Montmédy], Kleinbahnhof Süd sein; kamen infolge der knappen Zeit (Es sind 2 Stunden Marsch) ¾h zu spät. Von hier mit Kleinbahn nach Damvillers. 600 abends. Marschierten dann nach Etraye [Étraye] wo wir einquartiert werden sollten. (Die Ortschaft lag übrigens unter starkem Feuer) Doch gleich darauf kam der Befehl wir würden mit Autos nach Flabas gefahren u. kamen gleich in Stellung. So war es auch. Der Anmarschweg von Flabas nach der Stellung lag unter starkem Feuer, hatten auch ziemlich Verluste bis heute 27.11. sind mir als Offiziersverluste bekannt H. Lt. Dresler, †, H. Lt. Schütze verwundet, Oberarzt †, H. Lt. Kauz. H. Lt. Schmidinger verwundet. Sind am linken Flügel des Batl. bei Samogneux in Granattrichtern in Stellung, zu Essen bekam heut 25.11. Mittags die Komp. bis heute noch nichts. Heute Abend soll Verpflegung eintreffen. 21.11.17. nichts besonderes: Verpflegung traf endlich ein. In der Nacht vom 30.11. auf 1.12.17 wird das Batl. durch I/R.I.B. 245 (Sachsen) abgelöst. Ablösung vollzog sich ohne Verluste. Marschierten nach Etraye [Étraye] wo uns Mittags 12h Autos abholten u. nach Grand Failly verbrachten. Quartiere gehen an.

2.12.17 hier großer Reinigungsdienst.

3.12.17. Nachm. Grand Failly. Abende 700 bei H. Hauptmann. „Belohnung?“ über Äußerung meinerseits die ich am Abend vorher gemacht hatte. Abend wurde nunmehr die H. Komp. Führer zum Bierabend geladen. Macht auch nichts.

4.12.17. Warte auf meinen Urlaub. Der könnte heute kommen.

Ab 5.12.17 auf Urlaub. Mußte leider mit dem Batl. vorher noch den Umzug nach Lager _______? (bei Damvillers) mit machen, weil ich kein Fuhrwerk für meinen Koffer auftrieb, kam so leider 1 Tag später heim.

Heute 22.12.17 ist der Urlaub, der nur zu rasch wieder verging wieder vorbei. Muß jetzt um 10h weg. Bis 500 nachm. hier in Montmedy [Montmédy] warten bis das Kleinbähnle nach Damvillers fährt.

Bis 30.12.17 in Stellung als Komp. Führer i.V.

Nette Sylvester u. Weihnachtsfeier im Lager Morimont, aber sehr kalt.

Am 4.1.18 fuhr ich weg in M.G. Ausbildungskurs für Offiziere nach Waulsort bei Dinant. Sitze jetzt 4.1.18 nachm. 200 wieder im Offiziersheim in Montmedy [Montmédy] u. esse zu Mittag u. versuche mich etwas aufzuwärmen, bin auf der Kleinbahn schrecklich erfroren. Will sehen wann ich heute Nacht in Waulsort ankomme.

5.1.18. Beginn des Kurses. Kam am 5.I. früh 100 in Waulsort an; der Bahnhof liegt ¼ Stunde vom Ort entfernt. Meldete mich gleich an u. erhielt Quartier Unter Weg 5, Zimmer 1. Das Zimmer geht an. Licht, Bett, Ofen sind vorhanden. Bin der 2. Lehrkomp. zugeteilt.

Die Umgebung (Maas mit dem hohen, felsigen Ufer) sehr schön. Unterricht nicht zu viel. Das Leben endet aber heuer. Esse im Hotel Modana:

Kaffee 1 M

Dinner 4 M

Saufen 3.20 M

Es wird allerdings täglich ein Verpflegungsgeld von 8 M ausgezahlt. Aber trotzdem sitze ich heute 20.I.18 recht trocken. Freue mich auf die morgige Auszahlung.

7.II. Kursschluß. Nachm. 3h abfahrt nach Charleville. Dort Übernachten; annehmbare Unterkunft.

8.II. Fahrt nach Longuyon und Longwy. Hier übernachten u. abwarten der Ankunft meines Gepäcks (Hotel Cannace, Essen sehr gut u. billig).

9.II. nachm. Durch Gui mit dem Füchsen der Comp. abgeholt u. abends ankunft in Villers la Montagne. Dort Unterkunft leidlich bei Madame Frizou, die 1842 geboren ist. Dort Aufenthalt bis zum 18.III.18. Übungen in größeren u. kleineren Verbänden. Bei den Div.-Übungen meist sehr weiter Märsche, am weitesten von sämtlichen Truppen der Division. War in Villers la Montagne sehr nett. Eine große Ortschaft (vielleicht 1000 Einwohner) Zivilbevölkerung anständig.

Am 18.III.18 früh 700 abmarsch nach Constantine Ferme, wo wir nachm. 300 ankamen. Unterkunft den Umständen entsprechend. Während der Nacht feindl. Flieger auf den dortigen Flugplatz Bomben geworfen. 2 Bomben schlugen in nächster Nähe (80-100 m) ein. 1 Telephonhäusl zerstäubt. 1 Mann tot 2 schwer verwundet. Derselbe Flieger bewarf auch Longwy. Der dortige Bahnhof abgebrannt. 17 Waggon eines Munitionszuges in die Luft geflogen.

19.III. früh Abmarsch nach Morimont. Nachts 1100 Abmarsch wieder nach Constantine Ferme 300 früh ankunft Villers la Montagne in die alten Quartiere. Dort am 21.III.18 früh bewegung, sollen bereits die 8. Division sein, die diese Manöver machte. Hoffe noch auf einige schöne Tage hier, werde das Bett noch tüchtig ausnutzen. Das Wetter hatt sich wieder gebessert. Morimont am 19.III. regnete es ungeheuer. Die Straßen schwammen; bin meiner guten Stiefel froh.

22.III.18. ab 1200 Mittags marschiert.

23.III.18. abends 8oo Abmarsch in Villers la Montagne. Am 24.III. früh 400 in Audun le Romagne verladen.

25.III. nachm. ankunft in Cambrai. Quartier in St. Vaast rue No. 47.

26.III. früh Abmarsch in Cambrai nach Raillencourt (1h entfernt).

26.III. abends von hier Weitermarsch nach Havrincourt, dort im Schloßpark Biwack. Fror mich ungemein.

27.III. 18 früh Weitermarsch Bertincourt, Unterkunft in Baracke.

28.III. früh Marsch nach Ligny-Tylloi [Ligny-Thilloy], mir wohl bekannt aus der Sommeschlacht, dort Biwack bezogen. Abends 700 Rückmarsch nach Betincourt bei strömendem Regen. Dort die ganze Komp. in 2 kleine Baracke, völlig durchnässt zusammengefercht.

29.III.18. Weitermarsch nach Moisleins [Moislains] (auch wohlbekannt). Dort Biwack. Wetter bessert sich weiter. Das eroberte Gelände ist sehr interessant. Englische Ausrüstungsgegenstände der verschiedensten Art. Tote (Englische u. deutsche, Pferde, Gefangene etc.).

30.III. früh Weitermarsch nach Estrées im Gebiet der Sommeschlacht. An der großen Straße nach Amiens, in Deniecourt [Deniécourt] in Zelten u. alten Unterständen Unterkunft. Abends bei ekelhaftem Regen Marsch nach Herleville (noch nie deutsch). In einer kleinen zerschossenen Hütte 2 Komp. untergebracht.

31.III. 730 Abmarsch nach Beaucourt en Santerre 17 km südlich. Dort 2h ankunft. In dem Wäldchen östlich Verpflegung.

1.4.18. Hier Biwack, ebenfalls am

2.4.18 u. 3.4.18. Wetter geht an, Regen u. Sonnenschein. Fliegergefahr. Ein Flieger schoß unseren Feldballon ab u. wurde dann von unserem M.G. abgeschossen. Er soll erschlagen worden sein. Finde ich nach meinem Empfinden nicht recht. Heute früh sprang schon 1 Fuchs im Lager rum, war anscheinend im Wäldchen im Bau u. bekam Junge.

3.4. Abend 10h in Bereitstellung vor Ville aux Erables [Villers-aus-Érables].

4.4.18. früh 6h-810 setzte unser Artilleriefeuer ein. 810 trat unsere Artillerie zum Sturm I/12 Divisions-Reserve. Vormittags nachgezogen bis nach Morisel-Süd (Festung). Um 320 Nachm. treten wir zum Sturm auf die Höhen westlich Morisel an. Ziemliche Verluste durch Artillerie- u. Inf. Feuer.

5.6.7.8./4.18. in Stellung. Befehl zum eingraben u. die Stellung unter allen Umständen halten. Wetter sehr schlecht. Friert uns bis auf die Knochen.

9.4.18 früh bei Tagesgrauen durch Rgt 57 abgelöst. 1 Nacht 2 Lager bei Beaucourt.

10.4.18. Rückmarsch nach Rosières Biwack.

12.4.18. Seit heute abend eine Baracke.

13.4.18 heute windiges Wetter.

14.4.18. Noch hier (abscheulicher Sturm, fror uns ein)

15.4.18. Noch hier.

16.4.18. Ab nachm. so bereit halten, daß 1 Stunde nach Eintreffen des Abmarschbefehls abmarschiert werden kann. Ab heute nachm. I.V. Komp. Führer 1./12. I.R. H. Lt. Rösch fußkrank. H. Ittameier weigerte sich mich zum Verdienstorden 4. Kl. vorzuschlagen. Macht auch nichts. Bin es ja gewöhnt.

17.4.18 nachts 2h kommt Befehl, daß ich mit Herrn Lt. Spörl zum III. Batl. versetzt bin, gleichzeitig marschbereit. 530 früh antreten auf die Alarmplätze; wie verlautet, damit die die wieder vermutete französische Angriff erfolgen sollte, gleich antreten können. Melden uns nach Ausfindigmachen des III. Batl. gleich beim H. Kommandeur Hptm. Schäffer. Dieser teilt mich der 10., Lt. Spörl der 12. Komp. z. Herr Lauenstein, Führer 10./12. I.R. recht liebenswürdig, hoffe, auch mit ihm gut auszukommen. Der erste Eindruck ist recht nett. / Die Marschbereitschaft wurde 1100 früh wieder aufgehoben; sind wieder in die früheren Quartiere abgerückt. Hoffe, daß wir hier noch einige Tage sind. / Aß heute mit Herrn Lauenstein Roßleber u. Herz: schmeckte nicht übel. /

18.4.18 früh wieder marschbereit. 1000 wieder aufgehoben, um 1020 vorm. Aufstellung vor dem Kommandeur. (Fällt aus, Abmarsch nach Beaucourt).

18.4.18. Abend I.V. Komp. Frhr. 12/12. am abend noch in ein anderes Waldlager (wo wir vor dem 1. Einsatz waren) umgezogen (wegen Beschießung).

19.4.18 abend in Stellung. 10h Abmarsch.

20.4.18 früh 200 12./84.7 I. R. in  1a an der Straße Moreuil-Thennes abgelöst. Schönes Wetter. Will sehen was weiter geht. Komp. Abschnitt bisher ziemlich ruhig. Bisher Gottlob keine Verluste.

H. Lt. Lauenstein (10./18.) wurde verwundet, ebenso Spörl, der die Komp. übernehmen mußte.

21.4.18. Gefechtstätigkeit wie gestern. Heute früh 5-600 starkes fdl. Artilleriefeuer; 11. Komp. hatte eine Patrouille zu machen. Wetter gestern u. heute schön. Nachts Reif u. daher recht kalt.

22.4.18. Nichts Neues. abends u. während der Nacht leichter Strichregen.

23.4.18. Heute wieder schönes Wetter. Sonst ohne Neuigkeit.

24.4.18. Während der Nacht besuchte Pfarrer Auwander die Komp. Früh Angriff angesetzt. Um 600 vorm. beginnt der Artillerie-Wirkungsschießen. Um 700 vorm. beginnt rechts u. links der Angriff. Das verabredete grüne Leuchtzeichen zum Angriff bei 15. I.R. blieb aus. Starke Vergasung, die Luft undurchsichtig. 830 dann Vorrücken der Komp. in 2 Wellen, 1. Welle bis über die bisherige Vorpostenlinie hinaus, starkes M.G. u. Inf. Feuer von halbrechts. Rechts der Straße 15. I.R. kam aus der Stellung nicht heraus. Die Komp. blieb aber als dann liegen. Später einsetzen der eigenen Artilleriefeuer verursachte empfindliche Verluste, 4 Tote u. mehrere Verwundete, worauf sich der Rest des rechten Flügels der 2 Welle wieder in Ausgangsstellung u. nach links zog. Es kam dann der Befehl um 1200 abermals anzugreifen. Komp. drang vor bis 40 m vor die gegnerische Stellung 2 l M.G. Rechts abermals keine Unterstützung, links kam der angriff nicht nach u. ins Stocken. Komp. blieb in der genommenen Linie liegen u. hängte sich ein. Um 1100 nachm. Ablösung durch 7./12 die am weitesten vorgedrungen Teile wurden zurückgenommen. Verluste namentlich infolge eigener Artillerie u. fdl. M.G. u. Inf. Feuer recht empfindliche 9 Tote 13 Verwundete.

25.4.18. Komp. in Bereitschaft bei Lepigny Ferme. Fdl. Artilleriestreufeuer. Heute abend stürmt (wurde nichts) I. Batl. Sandgrube u. Wäldchen westlich davon. Von Ablösung noch nichts bekannt. Hoffe nicht mehr vor zu müssen.

26.4.18. Noch in Stellung bei Lepinoy-Ferme. Sonst nichts Neues. Einige Granaten auf die Stellung. Der Tag im Großen u. Ganzen ruhig, trübes Wetter. Von Ablösung vermerkt nichts. Ebenso heute den 27.4. noch nicht. Tag über starke Feuerüberfalle u. Streufeuer. Eigener Flieger abgeschossen in der Nähe der Komp. abgestürzt. Beobachter tot. Führer Bauchschuß, von der Komp. verbunden u. zurück gebracht. Am abend noch umziehen, weiter links, vorwärts, I. Batl. wird abgelöst u. kommt nach Beaucourt.

28.4.18. Der Raum in dem die Komp. liegt ist bisher auch noch feuerfrei.

29.4.18 Noch hier ohne besondere Ereignisse.

Ebenso 30.4.18. Nebeliges Wetter.

1. Mai 1918. Wetter trüb. Fdl. Artillerie sehr lebhaft. 1 Überfall kam sehr nahe. Sonst nichts Besonderes. Wie verlautet sollen wir erst 3 auf 4 abgelöst werden. Schöne Aussicht!

2. Mai herrliches Wetter, tagsüber starke Artillerietätigkeit (fdl.); ab 500 nachm. sehr stark bis Einbruch der Dunkelheit. Gott Lob ging es ohne Verluste ab.

3. Mai 1918. Hoffe, daß es heute wieder besser wird. Sollen heute endlich einmal abgelöst werden durch 80 I.R.

4. Mai 1918 früh 100 durch 4/80. I.R. abgelöst. Auf dem Rückweg wurde H. Lt. Wirth 9./12 noch ziemlich schwer verwundet. Stieß in Villas auf ihn u. ließ durch meine Leute ihn zurückschaffen in Lager Beaucourt nach Casse [Caix] gefahren, dann Weitermarsch nach Rosières.

Abend 800 auf einen Bauzug verladen u. nach Brie gefahren. Sollten nach Villers Carbonelle [Villers-Carbonnel] in Baracken kommen, als wir jedoch dort ankommen nach 1h Marsch, hieß es wir können nach St. Christ [Saint-Christ-Briost]. Blieb also nichts übrig als wieder zurückmarschieren.

5.5.18 früh 300 kommen wir in St. Christ an u. wurden leidlich in Baracken untergebracht. Ich selber hatte eine Zeltbaracke u. war zufrieden. (Kahnfahren, Fischen, Reiten).

6.5.18 u. 7.5.18 noch dort. Am 8.5. früh Marsch nach Peronne [Péronne] ca. 10 km. Um 10 kamen wir dort an u. mußten bis abends ½ 900 warten bis ein Bauzug kam der uns nach Cambrai brachte. Dort kamen wir am 9.5.18 früh 400 an. Von da Weitermarsch über Solesmes nach Bousies. Um ½ 300 Ankunft. Eine schöne große Ortschaft, gute Unterkunft.

10.5.18 hier und heute Nacht gut geschlafen u. ausgeruht. Bagage kam heute Mittag 100 an. 11.5. 12.5. 13.5. 14.5. 15.5. 16.5. 17.5. hier, ohne viel Neues. Dienst in der Komp. in dem sehr schönen Forêt de Mormal. Wetter sehr schön.

18.5.18. Paradeaufstellung der Division in Bahnhof Salesches wo Seine Majestät König Ludwig III. 1040 vorm. Einfahrt des Hofsonderzuges u. Königshymne. Abschreiten der Front durch Seine Majestät. Alsdann Verleihung von Verdienstorden u. Verdienstkreuzen durch S. M. an Angehörige der Division. S. M. unterhält sich lange mit den gesondert aufgestellten Inhabern der Tapferkeits-Medaillen E.K.I. Klasse. Dann Ansprache des Divisions Kdr. v. Zöllner. S.M. erwiderte.

Alsdann Abrücken der Truppen. Offiziere zu S.M. gerufen. Vorstellung der Kdr. und wieder Offiziere die sich besonders ausgezeichnet. Zog alle ins Gespräch. Nebenbei bemerkt Gefolge von S.M. Ministerpräsident Dandl ebenfalls. Als dann besteigen des Hofsonderzuges der dann gemächlich unter den Hurrarufen des Offizierskorps den Bahnhof verließ.

Das Wetter war sehr schön, leider zu heiß, sodaß manche Leute umfielen.

Vor der Ankunft waren fdl. Flieger in der Nähe, sodaß die Div. in Deckung ging. Aber Gottlob verlief die Aufstellung selbst friedlich.

6.6.18. Besichtigung der Komp. im Gefechtsschießen. Ausgezeichnetes Lob erhalten, vom [?] Brigadekdeur, Div. Kdr. [?], General.

7.6.18 Abtransport, verladen 1000 abends, Landrecies.

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Unteroffizier Friedrich Noll – 22. Bayerisches Infanterie Regiment (06. August 1916 bis 22. Februar 1917)

Friedrich Noll wurde am 29. März 1891 in Niederwürzbach geboren. Seine Eltern waren der Glashüttenarbeiter Joseph Noll und Maria Noll, geb. Schnepp. Friedrich Noll verstarb am 10. Juni 1974 im Alter von 83 Jahren in Niederwürzbach. Noll heiratete am 1. Mai 1914 Sofia Noll, geb. Herrmann aus Niederwürzbach. Sofia Noll wurde am 1. Januar 1891 in Niederwürzbach geboren. Das Sterbedatum ließ sich bisher nicht ermitteln. Wie wir aus der Kriegsstammrolle erfahren, hatte das Ehepaar zwei Kinder. Er wohnte mit seiner Familie in der Distriktstraße 78 in Niederwürzbach.

Der Bergmann Friedrich Noll versah ab Oktober 1911 seinen Militärdienst beim 22. Bayerischen Infanterie Regiment in der 5. Kompagnie. Am 1. November 1912 wurde er zum Gefreiten ernannt und am 20. September 1913 wurde er in die Reserve entlassen.

Am 1. August 1914 wurde er dann durch die Mobilmachung wieder einzogen zu seiner alten Kompagnie (22. IR, 5. Komp.). Sein Regimente kämpfte an der Westfront in Frankreich. Am 5. September 1914 kam er dann, vermutlich wegen eines Handschusses, ins Reserve-Lazarett nach Rastatt, wo er bis 15. Oktober 1914 verblieb. Anscheinend war er dann nicht mehr kriegsverwendungsfähig, denn er musste zunächst nicht mehr ins Feld ziehen. Am 15. Oktober 1915 wurde er zum Unteroffizier befördert.

Am 6. August 1916 änderte sich diese Situation jedoch und er musste wieder zu seiner Kompagnie nach Russland. Seine Reise an die Front begann Noll am 1. August 1916 in Zweibrücken, wo er dann am 6. August 1916 bei seinem Regiment in Poworsk (heute Ukraine) ankam. Hier hielt es sich jedoch nur bis 9. August 1916 auf, da sein Regiment dann nach Rumänien verlegt wurde. Noll war ab dem 12. Oktober 1916 im Lazarett in Szolnok (heute Ungarn), anschließend vom 1. bis 3. November 1916 im Lazarett in Budapest. Der Grund für den Lazarettaufenthalt ist nicht bekannt, da dieser in der Kriegsstammrolle unleserlich ist. Noll selbst erwähnt ihn nicht.

Von Budapest fährt Noll dann zu seinem Regiment an die Front in Rumänien, wo er dann bis Mitte Januar beim 22. Bayerischen Infanterie Regiment bei der 5. Kompagnie mitkämpft. Anschließend wird das Regiment in den Raum Schlettstatt im Elsaß verlegt, wo Noll am Maschinengewehr ausgebildet wird. Das Tagebuch endet am 22. Januar 1917. Jedoch erfahren wir aus der Kriegsstammrolle, dass Noll auch weiterhin bei seinem Regiment mitkämpfte, bis er am 30. März 1918 nach Niederwürzbach entlassen wurde.

Das Kriegstagebuch von Friedrich Noll beginnt am mit dem Satz:

Ich bin am 6. August [1916] daß 2 mal ins Feld nach Russland zur 5. Komp. 22. I.R.

Ob Noll bereits während seines ersten Einsatzes im August/September 1914 ein Kriegstagebuch geführt hat, ist nicht bekannt. Das Kriegstagebuch endet am 22.2.1917. Der eigentliche Eintrag nach dem Datum ist herausgerissen. Das Buch ist auch vollgeschrieben. Vermutlich existieren noch weitere Bände, die mir allerdings nicht vorliegen.

Die Abschrift des Kriegstagebuches erfolgt buchstabengetreu. Zur besseren Lesbarkeit wurde Kommas und Punkte eingefügt, da Noll darauf zumeist verzichtet hat. Die Schreibung der Ortsnamen wurde von Noll übernommen. Soweit seine Schreibweise von der heutigen abweicht, habe ich die heutige Schreibweise der Ortsnamen in eckigen Klammern ergänzt. Leider konnte ich bisher nicht alle rumänischen Orte, die Noll erwähnt, ausfindig machen.

Der Text des Kriegstagebuches wird hier komplett wiedergegeben. Am Anfang sind deshalb Informationen wie seine Heimatadresse zu lesen, aber auch Angaben über Geldsendung an seine Familie. Am Ende des Kriegstagebuches finden sich Angaben über die Soldaten seiner Gruppe sowie ein Gedicht, das er über den Einsatz seines Regiments am Fluss Stochod verfasst hat.

Erste Seite des Kriegstagebuches von Friedrich Noll
Beginn der Tagebuchaufzeichnungen von Friedrich Noll auf der rechten Textseite

Kriegstagebuch von Friedrich Noll (6. August 1916 bis 22. Februar 1917)

Untffz. Noll

5. Komp. 22. bay. I. Rgt.

6. bayr. Inft. Div.

Unterffz. Noll

Frau Friedrich Noll

 

Kriegstagebuch aus Rumänien

10.11.1916

Unffz. Noll

5/22

aus Nieder Würzbach

geboren den 29. März 1891

 

Unterffz. Noll

22. bay. Inft. Rgt.

Erkennungsmarke 192

Gasmaske No. 28

Wolldecke No. 28.

 

II Zug

 

Geld heimgeschickt

Russland 20 M. 30M. 50 Mark

In Lucheny Ungarn 9. Nov. 20 Mark

In Rumänien 24. Nov. 10 Mark

In Rumänien 3. Dez. 10 Mark

In Rumänien 20 Dez. 20 Mark

 

Adsse. meiner Frau

Frau Friedrich Noll

Niederwürzbach Districktstr. 78

Pfalz

 

Meiner Eltern

Familie

Joseph Noll

Niederwürznach Huhsstr. 20

Pfalz

Zwei Löhnungsrücksendungen von KuK Res. Spital Gruppe III Szolnock vom 21.10.16 und 1.11.16. Empfangen pro Dekate 1 Krone.

 

Ich bin am 6. August dass 2mal ins Feld nach Russland zur 5. Komp. 22 I. Rgt. Am 1. August in Zweibrücken vormittags 505 abgefahren über Ludwigshafen Leipzig Bebra, Breslau, Lods [Łódź], Warschau Komel Powursk [Poworsk] zum Rgt.

 

Geld heimgeschickt in Russland.

mal 20 Mark mal 30 Mark 50

In Lugany in Ungarn am 9. Nov. 20

In Rumänien am 24. Nov. 10

In Rumänien am 3. Dez. 10

In Rumänien am 20. Dez. 20

 

Ich war vom 6. August 1916 bis zum 9. 10.11. in Russland. Am 3.10.16 in Russland noch Nachmittags Abmarsch über Powursk [Poworsk] nach Kriviadki angekommen. Nachts 12 Uhr verpflegt, um 1 Uhr verladen Abfahrt des Zuges 130 über Kovel, Vladimir-Volinski [Wolodymyr-Wolynskyj]. Dort verpflegt. Weiterfahrt Porizk-Sokal verpflegt, Bels-Bawa-Ruskov verpflegt. 11.10.: Jaroslau, Pryemysl [Przemyśl] – Zyrow durch die Karpaten weiter Nstry – Ramanza verpflegt Luykow nach Ungarn hinein Hamona [Humenné]-Satraljauiheli [Sátoraljaújhely] verpflegt 12.10. Miskols [Miskolc] verpflegt Mözököweyd [Mezőkövesd] – Hardwan [Hatvan] verpflegt. Jasberreny [Jászberény] Szolnok. Dort ins Lazarett bis zum 1. Nov. und Lazarett nach Budapest dort 2 Tage 3ten Abends 930 Abfahrt nach Arad Töwis hier eine Nacht morgens weiterfahrt hier Ettappen gemeldet wurden verpflegt und bekommen noch für 2 Tage Fleisch Brot Zucker Kaffe Taback mit. Ich fuhr zurück über Küskagust nach Iöwer von dort über Karlsburg Piski Shela nach Petroseny [Petroșani] am 6 Abends kam ich nach Petroseny [Petroșani] an und melde mich bei der 11. bayr. I.D. Von dort kam ich ins Unterkunftshaus, wurden verpflegt Fleisch mit Brot und Pulion, nur eine Nacht dort und ging morgens 8 Uhr noch weiter der Bahn nach bis Vulkau von dort nach Lugeny zur Komp. hier noch im Quartier bis zum 10. Nov. Am 9. war hier der Rgts. Inhaber und Fürst v. Wilh. v. Hohenzollern. Am 10. Nov. Marsch von Lugeny ins Gebierg nach dem Forsthauß. Biwack im Wald am 11. Nov. Marsch über Vulkan geht nach Bolika dort Verpflegungsrast weitermarsch bis zum Waldrand. Die preußische 41. I.D. griff an diesem Tag an. Am 12 mittags Abmarsch zirka 3 km vor dann Biwack. Am 13. Vormarsch bis in die tiefe Schlucht von Veiden, 2 Zug EW 14.

Am 14. Nov.

Mittags Abmarsch aus den Bergen raus ins eine Ortschaft. Wir sind jetzt aus dem Gebirg. Die Gegend ist herlich.

Am 15. Nov.

Früh 5 Uhr Abmarsch wir maschierten weiter links durch Sambutin über die Brücke über den Jui, werden gegen Abend in eine Ortschaft einquatiert, hier viel Wein Schnaps auch 2 Hühner geschlachtet.

Am 16. Nov.

Morgens 6 Uhr antreten zum Abmarsch, lagen an der Straße bis mittags, bekommen 5 Fleischbüchsen für die Gruppe, maschierten dan bis Abends in eine Ortschaft, einquatiert, eine Ente geschlachtet und ein Huhn. Nachtlager auf dem Speicher, schlechtes Wetter Regen und Schnee.

Am 17. Nov.

Wir maschierten mitt Marschsicherung in eine Ortschaft, unser Zug FW III in die Ortschaft die 1 Gruppe als U.P. an die Straßengabel, die Straßen wurden verbarrikadirt. Kavalerie Patroulie reiten.

Am 18. Nov.

Vormittags griffen die Rumänen rechts von uns die 7. und 8. Komp. an, wurde aber unter großen Verlusten zurückgeschlagen. Ich machte mittags eine Patroulie, Verbindung mitt dem 3 Rgt. 3 Ortschaften vor der Front in einen Hof bekam von dem Bauer Schweinebraten und Wein, in der Ortschaft fand ich noch 30 Eier.

Am 19. Nov.

Mittags wurden wir abgelöst und kamen auf die Höhe als FW, es war sehr kalt und liegt Schnee. Ich kam auf U.P, wir sitzen die ganze Nacht um ein Feuer eine sächsische Radfahrer Komp. war auch bei uns als FW.

Am 20. Nov.

Wir rückten morgens zurück in die Ortschaft in die Kirsche, um 8 Uhr maschierten wir ab, unser Battl. unsere Komp. als Spitzenkomp. Bei uns ist 1. und 2. Battl. des 152 Inft. Rgts., wir maschierten nach Nordosten, gegen Abend kamen wir ins Quatier, hier wurden wir von Civilisten beschossen. Wir lagen im Schulhaus zwei Welschhühner geschlachtet. 4 Civilisten wurden erschossen, auch viele verwundet und erschossen von unseren Patroulien. Viel Honig Wein Nüsse und Obst fanden wir hier.

Am 21. Nov.

Abmarsch 35 km in eine Ortschaft einquatiert.

Am 22. Nov.

Früh Abmarsch wir kamen wieder zum Rgt., um 1 Uhr mittags verpflegungsrast und Post gefast, um 2 Uhr weider in eine höhere Ortschaft Quatier, schlachten ein Schwein, Wein Schnaps gabs auch hier.

Am 23. Nov.

Früh Abmarsch wir maschierten als linke Flankendeckung 32 km. Battl. wird einquatiert, II. Zug als FW in einen schönen Guthshof, von 12 Uhr bis morgens 7 Uhr meine Gruppe auch NP sehr kalt und Regen. Durch den Ru. Dolmetscher wurden bei dem Gutsbesitzer 50.000 Ztr. Weizen, 20.000 Ztr. Welchkorn 6000 kg Benzin und viele Sachen beschlagnamt. Der Bauer hatte zwei große Walzenmühlen, hier auch das erste Bett geschlafen in Rumänien.

24. Nov.

Morgens Abmarsch werden in eine Ortschaft einquatiert.

Am 25. Nov.

Früh Abmarsch durch daß Städchen Lubsu, nach 5 stündigen Marsch machten wir Rast, dann weiter ins Quatier (35 km)

26. Nov.

Früh 1 Uhr wurden wir Allarm wird maschierten ca. 2 Stunden bis Mamura an der Alt. Bei Tag sollten wir übergesetzt werden über den Fluß reihenfolge 7-6. MGK. Gr. W. 5. 8. Komp. Die 7. Komp. setzte über unter starken Verlusten, die 6. Komp. kam nur noch zwei Gruppen über. Der Angriff wird eingestelt. Die 5. Komp. maschierte zurück in die Ortschaft 5 Verwunden. Am Abend muste der 2. u. 3. Zug vor an den Fluß auch FW. Ich kam mitt 12 Mann auf NP weider rechts an die Übergangsstelle. Die 7. Komp. wurde wärend der nacht durch Pioniere zurück geholt. Wir wurden bei Tagesanbruch zurückgeholt in die Ortschaft. Die Rumänen gingen zurück. Wir konten noch etwas schlafen in einem Hause.

27. Nov.

Um 8 Uhr maschierten wir rückwärts bis 11 Uhr und rasten dann an der Straße nach Statina. Hier gabs Gebirgsschuhe Hosen und Post. Die Meldung kam daß die Rumänen die Alt-Linie geräumt haben und sich zurückgezogen haben. Wir maschierten um 5 Uhr bis zur großen Alt-Brücke vor Slatina. Diese war zerstört, einzelne Teile waren noch passierbar. Als die Spitze des Rgts auf der Brücke ist, bricht diese ganz zusammen. Es gab. u.a. auch ertrunken welche (die Alt ein stark reisender Fluß). Die Pioniere schlugen eine Schiffsbrücke, diese wird noch Nachts um 1 Uhr fertig. Wir passierten dan und kamen um 130 Uhr nach Slatina, eine schöne Stadt, hier gabs viel zu Essen und zu Trinken und Allerhand schöne Sachen.

28. Nov.

Morgens 7 Uhr Abmarsch am Bahnhof vorbei, dort Branten große Gebäude Schuppen, wir werden gegen Mittag einquatiert in eine Ortschaft zu Zigeuner. I. Battl. kam in eine andre Ortschaft unsere Artll. schoß die Rum. nach. Dort erst um 3 Uhr maschirten wir wieder weiter 35 km, hier gabs noch Post.

29. Nov.

Um 6 Uhr morgens Abmarsch. Es werden für die Komp. 3 Offizierswagen requiriert und die Tornister gefahren. Wir maschierten ca. 38 km über Mirozy [Miroși] um 6 Uhr Abends werden wir Einquatiert.

30. Nov.

Marsch feindliche Kavalerie zeigt sich, wurde von unserer Attl. beschossen.

Am 1. Dec.

7 Uhr Abmarsch nach ca. einer Stunde Rast hält Alles. Rumänische Arttl. beschießt daß preusich. Battl. 18er hinter uns. Wir maschierten in die nächste Ortschaft und rasten dort. Hier Löhnungsappel. Mittags maschierten wir ab. Wir halten noch mal weil daß Schützen Battl. die Ortschaft wo wir quatiert werden sollten zuerst nehmen muß. Wir werden gegen 11 Uhr Abends einquatiert.

Am 2. Dez.

Dasß III. Battl. geht bei Nacht über die Brücke über den Argesul. Die Rumänen hatten vor der nächsten Ortschaft eine gute Stellung. Daß III. und I. Battl. nehmen die Stellung (1200 Gefangene). Wir machten als linke Flankendeckung links hinaus unsere Komp. zunächst als Artll.-Deckung. Beim Vormarsch kam 8. und 6. Komp. mitt Rumänischer Nachhut ins Gefecht, trieben sie zurück und machten ca. 400 Gefangen. Die Komp. maschierte am Abend zum Battl. vor. Ich war am Argesul endlang auf Patroulie. Abends Ortsunterkunft, schlachten ein Schweinchen.

Am 3. Dez.

Maschiert die 5. Komp. vor und besetzt einen Waldrand. Wir gruben Schützenlöcher. Ich machte Patroulie nach Titu, dem Bahn und Straßenknotenpunkt nach Bukarest. Zum 3. Battl. Abends kamen wir aus dem Wald in die Ortschaft und stelten ein Untffz. P. auf.

Am 4. Dez.

Mittags Abmarsch. Wir werden durch daß Alpenkorps abgelöst und maschierten durch Titu, kamen gegen Abend in eine große Ortschaft, wo wir Quatier bezogen, kaum im Quatier kam der Befehl antreten. Wir maschierten 8 km. Dort soll die Komp. VP beziehen an der Bahn, hier war Kavalerie und 6 Minenwerfer und M.G.K. eingebaut. Wir lösten Husaren ab. Da kam unser Battl. wieder. Maschiert und wir musten nach 8 km vor daß erste Battl. von uns und daß Battl. 18er gehen rechts von uns vor (Wir geben Zeichen durch Leuchtkugel). Die Ortschaft Balteni ist frei. Wir werden einquatiert und stelten FW und III. Zug kam hier auf FW.

5. Dez.

Wir werden 5 Uhr geweckt und graben uns am Ortsrand ein. Rechts von uns wird daß 1. und III. Battl. heftig angegriffen. Wir maschierten zur Unterstützung auch hin. Wir sollten durch einen Stoß in die gegnerische linke Flanke die andere Battl. entlasten. Die 5. Komp. nimt am Ortsrand von Balanesti [Bălănești] Stellung. Die andere Komp. gehen links vor. Der Gegner hatt schwere Artllr. und nimt uns auch unter Feuer. Wir hatten (1 Toter und 5 S. verwunde). Nach einbruch der Dunkelheit musten wir den vor uns liegenden Wald durchstoßen bis zu einem Bach. Die Rum. haben sich zurückgezogen. Wir gehen wieder nach Balanesti [Bălănești] zurück in Unterkunft. Quatier ein Heuschuppen, sehr kalt und den ganzen Tag und Nacht Regen.

Am 6. Dez.

7 Uhr Abmarsch. Wir maschierten mitt vielen Unterbrechungen bis zum Abend ein. Daß Battl. in Quatier kommt müssen wir wieder in eine Ortschaft in der Artllr. liegt. An diesem trag machten die 41. I.D. eine ganze Rum. Div. zu Gefangen. 7000 Mann 1. General.

7. Dez.

Marsch in eine Ortschaft vor Bukarest nördlich.

8. Dez.

Rasttag. Wir schlachten zwei schwere Schweine, hatten viel Wein. Mittags hatten wir Gewehrappel. Hier bekam ich seid 8 Wochen die erste Post. 3 Briefe und eine Karte.

9. Dez.

Marsch bei sehr schlechtem Wetter und Regen ins Quatier.

Am 10. Dez.

Vor morgens 10 Uhr ab marschbereit, um 2 Uhr Löhnungsappel, um 230 Abmarsch, sehr schlechtes Wetter und eine sehr schlechte Straße und kamen um 520 nach Gratchi ins Quatier.

11. Dez.

Von 8 Uhr ab marschbereit, um 2 Uhr kam der Befehl Marschbereitschaft aufzuheben, ein Schwein geschlachtet, um 5 Uhr kam Befehl daß wir hier bleiben, um 6 Uhr wurden Liebesgaben gefast. Der Mann 10 Cigarren, Speck wurde auch gefast, im Quatier viele Läufe u. Flöh.

Am 12. Dez.

Um 5 Uhr morgens antreten zum Morgen Post fassen. Inn mitt Ruhe von 7 Uhr ab marschbereit, um 8 Uhr kam Befehl Marschbereitschaft aufzuheben, um 10 Uhr kam Befehl antreten. 38 km Marsch, um 4 Uhr mittags maschierten wir über den Fluß Jalomitu [Ialomița]. Die Brücke war 2 mal gesprengt. Daß Wetter war schlecht. Wir maschierten dan der Bahn entlang über den Bahnhof von Jalomita [Ialomița], hier waren die große Getreideschuppen der Bahnhof abgebrant. Hier standen 15 rumänische Lokomotiven. Die Bahn zerstört. Den ganzen Tag nichts zu Essen, um 12 Uhr kamen wir ins Quatier.

Am 13. Dez.

Früh 7 Uhr Essen gefast, heute 23 Eier gefunden, wir waren in Radulesti [Rădulești] im Quatier (gut), eine schlecht bewohnte Gegend. Mittags Pfannenkuchen gebackt, um 3 Uhr musten wir ausziehen an den Ostausgang vor der Ortschaft. Die 378er Artllr. und Kav., schönes Wetter viel Wein, neues Quatier auch gut, in der Ortschaft viel Gedreite Weizen und Taback. Hier ging daß Gerücht daß der deutscher Kaiser unserm Feinde den Frieden angeboten hatt mitt rücksicht auf unsere Erfolge in Rumänien.

14. Dez.

Morgens 930 Abmarsch 9 km nach Urzyzeni [Urziceni], hier ins Quatier. Wohnung eines rumänischen Oberst Ltn. gut, angekommen um 3 Uhr, hier daß erste Bett in Rumänien.

15. Dez.

630 Abmarsch Gotorca [Cotorca] nach Smardanul [Smârdan] 24 km um 315 Quatier bezogen (sehr schlecht). Gegend schlecht bevölkert. Eine Gans geschlachtet. Wetter sehr nebelich. Straße schlecht und aus gefahren.

16. Dez.

Ruhe Tag. Mittags ein Schwein geschlachtet, sehr nebeliches Wetter und kalt.

17. Dez.

Von morgens 8 Uhr ab maschierte. Um 1015 Uhr Abmarsch 20 km, schönes Wetter nach Caldaresti [Căldărăști]. Dort in Quatier, hier kamen wie wieder von der 41. p. zur 11. bayr. I. Div. vor der Ortschaft war eine gute russische ausgebaute Stellung.

18. Dez.

Morgens um 8 Uhr Abmarsch nach einem Gutshof ins Quatier, schöner Hof. Hier lag kolosal viel Getreite, heute kam osteuropäische Zeit herraus eine Stunde später. Im Hof standen 300 Gefangne Russen, Gutshof Lubiul am Fluß Calmätnin.

19. Dez. Jamar 50 km

Morgens 430 Abmarsch über Bülteni [Bălteni]-Boseti [Rosetti], Sordila–Greci [Surdila-Greci] nach Bahnhof Faurei [Făurei]. 26 km Marsch, eine Stunde Verpflegungsrast, um 1 Uhr kamen wir an den Bahnhof. Gefechtsbereit, die 11. bayr. I.D. griff heute um 3 u. 13 Rgt. machten den Angriff. Um 3 Uhr kam Befehl daß II. Battl. 22 zurück maschieren nach Faurei [Făurei] ins Quatier, hier fanden wir Bratwürste und Schweinefleisch, auf dem Bahnhof Faurei [Făurei] standen 3 bis 4 Transport und Petroliumzüge. Bahnhof selbst war viel zerschossen.

20. Dez.

Morgens von 5 Uhr abmarschbereit blieben doch hier. Mittags 139 Gewehr und Löhnungsappel, heute machten die Russen bei der 11. I. Div. ein Gegenstoß, wurden aber abgewiesen über großen verluste. Abends machten wir uns Kartoffelsalat und Fleischkuchel.

21. Dez.

Wieder Ruhe Trag um 4 Uhr mittags musten wir ausziehen, musten den bayr. Kavallerie Platz machen (heute 3 mal Pfannenkuchen und Fleischkuchel gebackt).

22. Dez.

10 Uhr Appel mitt Patronen und Eiserm Bestand, 230 Uhr antreten um 3 Uhr Abmarsch in Stellung, lösten daß III. Battl. 22 ab. Wir lösten die 11. Komp. ab, schlechte Stellung. Nachts schanzen.

23. Dez.

Morgens 40 Uhr Kaffe kochen, um 700 Uhr schweres Artilleriefeuer links bei der 9. Armee. Wir waren am linken Flügel der Donau Armee (Makensen). Abends um 9 Uhr wurde unser Zug abgelöst und kam zurück in Reservestellung. Schützenlöcher, die Nacht sehr kalt.

24. Dez.

Heute sollte der Sturm auf daß Gut Filipesti [Filipești] sein, wurde verschoben auf 25. Dez. Nachts muste ich auf Patroulie gegen daß Gut, sonst den Tag hindurch Ruh. Abend um 10 Uhr gingen wir in Sturmstellung, um 2 Uhr war die Stellung ausgehoben. Die Russen waren ziemlich ruhig, um 3 Uhr herum kam eine Russisch Patroulie, die wir unter Feuer nahmen.

25. Dez.

Morgens um 8 Uhr setzte daß Vorbereitungsfeuer der Artllr. und Minenwerfer ein von 9 bis 10 Uhr. Trommelfeuer. Punkt 10 Uhr gingen wir zum Sturm vor ohne Verluste, erbeute 2 M.G.K., gingen zuerst vor bis übers Gut um 12 Uhr vor über daß Dorf Filipesti [Filipești]. Dort musten wir uns eingraben und lagen hier bis 9 Uhr. Dan wurden wir durch die 6. Komp. abgelöst. Der Sturm wurde gemacht von I/22 und der 5. Komp. 22. Wir kamen Abends zurück ins Gut in einen Stall, sehr schlecht und kalt.

Heute ist auch unser Zugführer gefallen Vz. Feldw. Remlinger, ein sehr guter Führer, er liegt an der Kirche auf Gut Filipesti [Filipești] begraben.

26. Dez.

Ruh. Heute bekommen wir den Ersatz 50 Mann in die Komp.

27. Dez.

Morgens 445 Antreten die Komp. antreten, um 5 Uhr. Abmarsch nach Filipesti [Filipești]. Dort die Komp. Rgt. Res. um 10 Uhr bekam daß Artllr.feuer um 220 Uhr ging die Inft. zum Sturm vor, nicht geglückt. Die 5. Komp. wurde Nachts eingesetzt und wurde morgens um 5 Uhr abgelöst und kam zurück nach dem Bahnhof Faurei [Făurei] auf den Speicher, hier bekam die Komp. nach langer Zeit Post. Ich bekam eine Karte.

28. Dez.

Den Tag auf dem Bahnhof in Ruh.

29. Dez.

Um 715 antreten der Komp. 730 Abmarsch nach Filipesti [Filipești]. Hier lagen wir von 930 bis 130 und wurden verpflegt um 130 Abmarsch nach Detulesti [Deduleşti], dort ins Quatier gut.

30. Dez.

Morgens 630 antreten der Komp. um 730 kam der Befehl daß der Gegner abgezogen ist, wir maschierten 15 km und kamen nach Racowita [Racovița] ins Quatier.

31. Dez.

Morgens 730 Abmarsch des Battl. über Grüdin nach Scortarul-Vou [Scorțaru Nou] 15 km. Dort ins Quatier dazwischen verpflegt. Den ganzen Tag Regen. Quatier gut. III. Zug kam auf FW. hinaus.

1. Januar [1917]

Über Tag im Quatier ein Schwein geschlachtet, mittags Löhnungsappel 630 Uhr II. Zug Abmarsch auf FW. Wir lösten den I. Zug hier ab, lagen in den Schützenlöchern 1000 Meter vor den Russen.

2. Januar

Morgens um 630 durch den III. Zug auf FW abgelöst, zurück in die Ortschaft. Quatier war abgebrant, mittags Alarm, musten den Ortsrand besetzen. Abends hatten wir in Sturmstellung, wurde aber verschoben.

3. Januar

Über Tag Alarm. Quatier, ein Huhn gemacht und Kartoffel gebraten. Mittags um 2 Uhr wurde die Ortschaft von den Russen ohne Erfolg beschossen.

Abends 420 gingen wir vor in Stellung.

4. Januar

Nachts 130 Uhr hingen wir in Sturmstellung wärend wir in Stellung gingen, wurden wir von R.M.G.K. beschossen, von meiner Gruppe wurde ein Mann verwundet. Morgens 8 Uhr fing unsere Artll. an zu schießen, von 10 bis 11 Uhr Wirkungsschießen. Um 1130 gingen wir zum Sturm vor, wurde etwas aufgehalten am Drahtverhau. Die Russen wurden unter großen Verlusten zurück geworfen, machten viele Gefangen und 2 M.G.K. gingen vor bis vor Tetulesti, schanzten uns dort ein. Nachts blieb der II. Zug auf FW. Draußen sehr kalt, 12 Nachts verpflegt.

5. Januar

Morgens samelte daß Rgt. und ging mitt Schützenschleier gegen den Fluß Sereht [Sereth] vor gegen 11 Uhr wurden wir von den Russen beim vorgehen stark mitt Schrappnel beschossen. Um 12 Uhr kam Befehl daß Rgt. halten, um 2 Uhr gingen die 3 Battl. zurück ins Quatier, vor uns fuhr noch die Rumänische Eisenbahn.

6. Januar

Morgens 700 Uhr Abmarsch zurück über Scardanul [Scorțaru]. Dort begegneten wir der Bulgarischen Div., die uns ablöste, nach Konstantinesti [Constantinești]. Dort in die alte Quatiere (20 km) Marsch. Um 300 kamen wir hieran, schon 2 Tage schlechtes Wetter Schnee und Regen.

7. Januar

Morgens 645 Uhr Abmarsch über Janka [Ianca]. Dort eine Stunde Rast, hier bekamen wir Post, ich eine Paket, eine Karte. 11 Uhr weitermarsch nach Detulesti [Dedulești]. Dort ins Quatier, schlecht. 19 km Marsch, um 130 kamen wir hier an.

8. Januar

Morgens 700 Uhr Abmarsch über Filipesti [Filipești]-Faurei [Făurei] ohne Rast 25 km nach ____________. Hier ins Quatier, sehr müde. Quatier aber gut.

9. Januar

Rasttag, mittags Gewehrappel und appel mitt Bekleidungsstücke, um 4 Uhr Löhnungsappel.

10. Januar

Rast[t]ag. Ein Rind geschlachtet, gehaktes gemacht, mittags um 2 Uhr Appel mit dem Eisernen Bestand. Kaltes naßes Wetter.

11. Januar (8. u. 7. Komp. verladen)

Morgens 840 Uhr antreten der Komp. 900 Uhr abmarsch des Battls zur verlade Stelle nach Ruseti [Rosetti] nach Cilibia [Cilibia] ins Quatier, im Quatier zimlich Fette und Butter gefunden, auch haben wir uns Brot gebackt. Auf dem Marsch dursch ein Sumpf, wir waren sehr naß und voll Dreck. 12 km Marsch 6 Stunden maschiert.

12. Januar

Morgens in Cilibia im Quatier gebraten und Pfannenkuche gebackt, mittags um 300 Uhr Abmarsch zum Bahnhof Cilibia. Dort um Feuer gelegen bis 900 Uhr, um 1000 Uhr verladen, schlechter Wagon. Abfahrt 1200 Uhr über Ploiesti [Ploiești]. Dort angekommen um 800 Uhr früh.

12. Januar

Morgens angunft in Ploesti [Ploiești] um 800 Uhr, verpflegt. Dann zur Entlausungs-Anstalt, erste echte Entlausung, um 12 Uhr zurück in die Bahn, um 100 Abfahrt, in Ploesti [Ploiești] waren sehr große Voräte an Petroleum, sehr große Tanks waren zerstört und abgebrant. Um 100 Uhr Abfahrt des Zuges über Brags nach Civinia, angunft 400 Uhr. 1 Stunde Halt, verpflegt Brot Wurst und Suppe gefast.

13. Januar

Fahrt über Titu Pitesti [Piteşti]. Dort verpflegt, um 745 Uhr früh auch Wurst gefast, weiter Fahrt über Slatina.

14. Januar

800 Uhr früh Angunft in Herrmannstadt [Hermannstadt; heute: Sibiu), verpflegt Kaffe und Brot. 900 Uhr weiterfahrt über Piski [heute: Simeria] und Liga.

15. Januar

Über Dewa [Deva] nach Arad. Dort Abends 500 Uhr verpflegt Bohnensuppe und Brot.

16. Januar

Fahrt über Szolnock [Szolnok] verpflegt.

17. Januar

Rakus verpflegt morgens 745 Uhr Kaffe und Wurst, weiterfahrt über Budapest. Dort 1 Stunde Halt um 10 Uhr weiterfahrt über Helemba [Chľaba] der Donau endlang bis nach Rarkani. Dann nach Nana. Dort verpflegt.

18. Januar

Fahrt über Ersukujivar [Nové Zámky] morgens Wien Böheimkirchen St. Pölten. Dort verpflegt Kaffe und Brot. Fahrt über Melk sehr schöne Gegend. Amstädten verpflegt.

19. Januar

Morgens 230 Salzburg, eine schöne Stadt.

20. Januar

Morgens 700 Uhr Ankunft in Rosenheim. Dann zur Entlausungsanstalt gebaden und saubere Wäsche bekommen, nach dem Baden um 11 Uhr bekammen wir daß Essen, eine sehr gute Suppe Kartoffel Brot, nach dem Essen gabs noch eine guten Tee, nach den Endlausung wurden wir ganz neu Eingekleidet. Um 7 Uhr Abmarsch nach Kolbermohr [Kolbermoor] ins Quatier, ein Saal sehr gut.

20. Januar

Den ganzen Tag in Kolbermohr [Kolbermoor] auch eine schöne Ortschaft hier gabs viel und billig zu Essen. Abends 810 Uhr Abmarsch nach Bahnhof Rosenheim. 10 Uhr verpflegt.

12 Uhr Abfahrt des Zuges über München Augsburg Ulm.

21. Januar in Ulm verpflegt Suppe Brot und Kaffe (um 800 Uhr Sontag)

Fahrt über Kebbingen württembergische Zell-Ober-Edlingen – Ludwigsburg 400 Uhr Pforzheim – Durlach – Karlsruhe – hier um 600 Uhr verpflegt, eine gute Suppe, weiterfahrt um 700 Uhr über Rasstadt nach Schlettstadt [Sélestat]. Dort Ankunft 12 Uhr. Ausgeladen, dann ein Marsch von 12 km nach Ebfieg [Epfig] hier ins Quatier gekommen morgens zu einen guten Bauer Quatier sehr gut.

22. Januar

Den ganzen Tag Ruh gehabt.

23. Januar

Mittags 300 Uhr Abbel mitt Anzug Feldmütze.

24. Januar

Morgens 1000 Uhr Appel mitt Gewehr, mittags Appel um 300 Uhr mit Patronen und abliefern der scharfen Patronen 120 Stück jeder Mann.

25. Januar

Morgens Appel mitt Helm und Mantel, mittags um 200 bis 400 Uhr Dienst. Ich hatte die Schuhe übernommen um 10 Uhr morgens viele Post empfangen, 10 Brief und 4 Karte.

26.1.17

Morgens 1000 Uhr Appel mitt Schanzzeug und Patronentasche, um 8 Uhr kams Battl. und die 7. Komp. von Transport, mittags von 2 bis 400 Uhr Exerzieren. Abends um 1000 Uhr Wirtschaftspatrolie mitt 2 Mann.

27.1.17

Heute Kaisergeburtstag, morgens um 9 Uhr Kuchenparade, 11 Uhr Post fassen, um 2 Uhr Löhnungsappell, 4 Uhr Gesundheitsbesichtigung. Heute gabs 4 M. Erfrischungszuschuß 1 M. Kaisergeld.

28.1.17

Sontag. Eine Fahrt nach Schlettstadt. Die Stadt nicht besonders schön.

29.1.17

Morgens 10 Uhr Appel mitt Lederzeug und Tornister, mittags von 2 bis 4 Uhr Einzelexerzieren.

30.1.17

Morgens von 10 bis 11 Uhr Unterricht, von 2 bis 4 Uhr Einzelexerzieren. Abends um 6 Uhr nochmals antreten, wurden Untffz. und Mannschaften ausgesucht zu M.G.K.

31.1.17

Morgens Exerzieren.

Morgens 1015 antreten um 1045 Abmarsch zum Rgt. daß Regt. wurde heute besichtigt durch seine Exzellenz von Kindel Oberbefehlshaber der Armeegruppe 3, mittags um 3 Uhr wurde die ganze Komp. geimpft gegen Tiphus, auch wurden heute Liebesgaben gefasst, Cigarren und Cigaretten.

1.2.17

Morgens von 9 bis 10 Exerzieren, mittags von 2 bis 330 einzelexerzieren, von 4 bis 5 Uhr Löhnungsappel Zucker Honig und Wein gefasst.

2.2.17

Morgens von 930 bis 11 Uhr Exerzieren, mittags um ein Uhr bin ich auf Wache gezogen, Rathaus Epfig mitt 6 Mann. Abends um 7 Uhr wurde ich abgelöst.

3.2.17

Morgens um 8 Uhr musten wir uns bei der 2. M.G.K. melden zum ausbilden 8 bis 9 Unterricht, dan ins Gelände Exerzieren, mittags von 2 bis 445 Unterricht und M.G. reinigen.

4.2.17

Sontag morgens um 1030 Appel und austeilen der Weinachtsliebesgaben, ich bekamm eine Flasche Wein ein Taschentuch eine schöne Holzfeife Taback eine Dose Ölsardinen und Zuckergebäck, mittags um 3 Uhr Durstappel.

5.2.17

Morgens von 8 bis 11 Uhr Unterricht und Exerzieren, mitt M.G.K. mittags von 2 bis 4 Uhr Unterricht und Reinigen der M.G.K.

6.2.17

Morgens 10 Uhr Kirchgang der Katholiken, mittags von 2 Uhr ab Unterricht und Exerzieren mit M.G.K. Abends hatte die Komp. Weinachtsfeier im Rathaus Epfig gabs Bier und Cigarren, war sehr schöne Unterhaltung.

7.2.17

Morgens kein Dienst, mittags Exerzieren bei M.G.K.

8.2.17

Morgens von 830 bis 11 Uhr Exerzieren M.G.K. Ex.-Platz, mittags Unterricht und Exerzieren.

9.2.17

Morgens von 830 bis 11 Uhr Exerzieren M.G.K., mittags von 230 bis 4 Uhr Unterricht und Exerzieren mitt Gewehrreinigen. Heute gefiel dem Zornig Hilfendegen der Reisemarsch ausnahmsweise sehr gut, was selden der Fall ist.

10.2.17

Morgens von 830 bis 11 Uhr Exerzieren M.G.K., mittags von 2 bis 3 Uhr Unterricht über Schißverfahren am M.G. 330 Gesundheitsbesichtigung, um 5 Uhr Löhnungsappel mit Dienstappel, gab auch Post, ein Brief, eine Karte.

11.2.17 (Sontag)

Morgens 10 bis 11 Uhr Unterricht mittags ging ich nach Schlettstadt.

12.2.17

Morgens um 830 bis 11 Uhr Exerzieren M.G.K. Mittags ging die ganze 5. Komp. nach Schlettstadt zum Baden. 230 Abfahrt des Zuges. Die Komp. badet in der Badeanstalt vom Jäger Battl. No. 18, ein gutes Bad. Dann zurück an der Bahn um 545 Abgefahren, um 615 zurück nach Epfig.

13.2.17

Von Morgens 830 Exerzieren mitt M.G.K. Mittags von 230 bis 440 Richt- und Zielübungen mitt M.G. Abend um 600 ging ich nach Gagenheim [Kogenheim] (Bahnstation) (von Epfig bis Gogenheim [Kogenheim] 8 km) um 11 Uhr kam ich zurück. Heute landete ein Flieger aus Freiburg, hier beim Landen ist der Apprat umgestürzt und war defegt geworden. Den Flieger machte es nichts. Meine Gruppe stelte die Fliegerwache bis Abends.

14.2.17

Morgens 830 Abmarsch zum Schießplatz Schulschießen (Einzelfeuer), gut geschossen. Die Komp. hatte um 10 Uhr Kirschgang. Mittags um 3 Uhr ab hatten wir daß Reinigen der Maschinengewehre.

15.2.17

Morgens 830 bis 11 Uhr M.G. Exerzieren. Mittags Unterricht Schießvorschübe und Gewehrreinigen.

16.2.17

Den ganzen Tag Exerzieren mit M.G.

17.2.17

Die M.G. Komp. ging heute nach Schlettstadt zum Baden, wir hatten keinen Dienst. Mittags ging ich um 3 Uhr nach Eichhofen [Eichhoffen] und um 6 Uhr nach Sturtzheim [Stotzheim]. Kam Abends um 900 Uhr zurück.

18.2.17 (Sontag)

Ging herüber nach Eichhoffen. Spazieren mitt e. Frau.

19.2.17

Morgens Exerzieren M.G. Mittags hatte ich dienstfrei und ging nach Eichhofen [Eichhoffen] spazieren und kam Abends um 800 Uhr zurück.

20.2.17

Morgens 615 Antreten der M.G. Komp., gingen zur Bahn um 720 Abfahrt des Zuges nach Schlettstadt, maschierten auf den Flugplatz, besichtigten die Kampflugzeuge und die M.G. der Flieger, auch wurden Flüge gemacht, sehr schön, gingen um 1230 zur Bahn Rückfahrt nach Epfig um 110 mittags, hatten wir eine Stunde Gewehrreinigen.

21.2.17

Den ganzen Tag dienstfrei. Mittags Löhnungsappel.

22.1.17

[Der Rest der Seite ist herausgerissen.]

 

 

Rumänien

In Rumänien waren wir vom 11. Nov. bis zum 5. Januar, wurden dursch die 41. bulgarische Division abgelöst am Gefecht, kammen zurück und wurden noch 3mal einquatiert bis wir am 12.1.17 verladen wurden auf dem Bahnhof Cilibia.

Rumänien den 12.1.17.

Untffz. Noll

5. Komp. 22. I.Rgt.

 

In gröseren Städte waren wir wärend des Vormarschs in Rumänien

In der Walachei

Balsu

Slatina

Kitesti

Titu

Urzizeni

Faurei

Sancka

Vom 10. Nov. bis 4. Januar.

 

Wir waren in Russland am Stochod in St. Unury rechts der Bahnlinie Kowel-Luk [Luzk], eine schlechte Gegend, sehr sumpfich, wir hatten hier eine schöne Stellung, aber ein sehr schlechtes Wetter ga[b]s hier. Wir waren hier von Juli bis zum 9. Oktober 1916. Dan kamen wir vort nach Rumänien.

Geschrieben in Russland am Stachod den 9.10.16 Untffz. Noll 5/22

 

Ober Elßaß

Wir kammen am 22ten 1.17 morgens nach Epfig im O. Elßaß in Ruh, es ist eine ganz schöne gegend, auch wird zimlich Wein hier gebaut. Epfig hatt zirka 2500 Einwohner und sind fast hundert Bauern hier, es ist eine ältere Ortschaft, von hier hatt man eine schöne Aussicht gegen die Vogesen, wir lagen hier in Ruhe bis zum

Epfig den 31.1.17 Noll Untffz. 5/22

 

 

4. Gruppen II. Zug 5. Komp. 22. I.R.

Untffz. Noll

Gefr. Appel Oggersheim

Inft. John Sand

Inft. Geiger Obernusstadt

Inft. Herger Bocksbrunn

Inft. Krauss Laz.

Inft. Klag Mannheim

Inft. Lagenmanier Werrishofen

Inft. Rupprecht Karlsstadt

Inft. Fertig Amorbach

Inft. Ziegler Donauwörht

 

 

2. Gruppe II. Zug 5. Komp. 22. I.R.

Untffz. Noll

Geft. Assel von Lautern

Geft. Hütter von Bottenbach

Geft. Steingas von Mannheim

Geft. Rückt von Otterbach

Geft. Jonson von Aschaffenburg

Geft. Müller von Bösostheim

Geft. Mayer von Erbach

Vz. Feldw. Remlinger

Gefallen am 25. Dez. 16 bei Filipesti [Filipești] in Rumänien

 

 

Am Stochod

Wer kent diesen Namen nicht

Wo jeden Russenwelle bricht

Ein kleiner Fluss der Stochod

Mancher Russ holt sich den Tod

Der anrant voll Illission

An die 11 Bayr. Division.

 

Dort war einst schönes Guth

Jetzt ist es gedrängt von Russenblut

Lauter kurz geschossne Bäume

Steht in Trümer auch ein Häuschen

Und eine Grabesstädte ist es schon

Weises Haus nant es die 11. Div.

 

Bei Julewitche stand ein Kirchlein

Ist auch so schon u. fein

Als die Russen kamen

Ging es in Flammen

Dort viel auch mancher Sohn

Von der 11. bayr. Division.

 

Russland den 9.10.1916

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Kriegserinnerungen von Ewald Lochte (Oktober 1914 bis Juli 1916)

Ewald Lochte stammt aus Wolfenbüttel. Er verstarb im Juni 1965 im Alter von 79 Jahren. Er war mit Mally Lochte, geb. Römer verheiratet.

In dem kleinen Büchlein hat Lochte seine Erinnerungen an den 1. Weltkrieg eingetragen, jedoch hat er diese nie fertiggestellt. So gibt es zwar eine Seite betitelt „Meine Erinnerungen aus der Mobimachungszeit 1914. August – September in Wolfenbüttel“, aber die folgenden Seiten sind leer.

Seine Aufzeichnungen beginnen im Oktober 1914 mit seiner Zeit als freiwilliger Militärkrankenwärter in den Reserve-Lazaretten Wolfenbüttel und Helmstedt. In diesem Abschnitt sind lokalhistorische interessante Informationen zu diesen Reservelazaretten zu finden.

Von Januar bis April 1916 wurde Lochte beim Ersatzbataillon Reserve-Infanterie-Regiment 73 in Hannover zum Soldaten ausgebildet. Im Februar 1916 bat Lochte seinen Freund, den Kompagnieführer Leutnant Oppermann um Versetzung zur 19. Reserve-Division an die Front bei Verdun, was auch tatsächlich gestattet wurde. Am 2. Mai 1916 wurde er auf dem Bahnhof Hannover verladen und kam nach Frankreich in den Raum Verdun.

Lochte berichtet ausführlich über seine Einsatz und die von ihm erlebten Abenteuer während der Kämpfe bei Verdun.

Ende Juni wurde Lochte dann in die Argonnen verlegt. Am 30. Juni 1916 endet das Kriegstagebuch. Die restlichen Seiten sind leer.

Die leeren Stellen im Originaltagebuch werden unterstrichen wiedergegeben. Ergänzungen von mir werden mit eckigen Klammern kenntlich gemacht.

Einband des Kriegstagebuches von Ewald Lochte aus Wolfenbüttel

Kriegserinnerungen von Ewald Lochte aus Wolfenbüttel (Oktober 1914 bis Juni 1916)

Meine Erinnerungen aus der Zeit als freiwilliger Militair-Kranken-Wärter in den Reserve-Lazaretten Wolfenbüttel und Helmstedt

1. Oktober.

Morgens 7 Uhr Abfahrt zum Bezirks-Kommando II. Braunschweig. Mittags Abfahrt nach Helmstedt mit noch ca. 12 Mann, größtenteils Lehrer und Pastöre, die sich auch zum Sanitätsdienst freiwillig gemeldet hatten, nach dem Res. Lazarett in Helmstedt.

Dort gegen 4 Uhr nachmittags angekommen. Löhnungsempfang, Essen (Gänsebraten.)

2. Oktbr.

Morgens 7 Uhr zum Einkleiden nach Braunschweig, erhalten blaue Uniformen. 92er Nachm. Abfahrt nach Helmstedt ins Res-Laz. „Petzolds-Hotel“ als Mil. Krankenwärter.

3. Oktbr.

Als Krankenwärter. Arbeitsdienst: Reinigen der Zimmer, Aufwaschen der Fußböden usw. Verwundete sind zur Zeit nicht im Lazarett,

4.-30. Oktbr.

Dienst der übliche. Nachm. Üben im Krankendienst u. Ausbildung im militärischen Benehmen, Grüßen lernen u.s.w.

1.-15. Novbr.

Morgens Beschäftigung auf der Schreibstube des Lazaretts. Am 4. d. Mts. erhalten wir im Laz. Verwundete aus d. Kämpfen um Dixmuiden, Ypern.

11.-21. Novbr.

Beschäftigung wie sonst.

22.-3. Dezbr.

Wegen Erkrankung meines Schwagers nach Wolfenbüttel, welcher am 30. Novbr. morgens verstarb.

Am 3. Dezbr. Beerdigung dortselbst.

4.-20. Dezbr.

Beschäftigung wie sonst. Meine Schwester schreibt ein Gesuch um Versetzung in der Res. Laz. Wolfenbüttel.

21. Dezbr.

Abfahrt zum Res.-Laz. Wolfenbüttel morgen 8 Uhr Ankunft dortselbst gegen ½ 1 Uhr mittags. Gemeldet b. Ober-Inspektor Stellv. Wendroth. Einstellung ins Laz. Antoinettenruh (Laz. Insp. Wallbaum).

23. Dezbr.

Beschäftigung: Morgens 7 Uhr aufstehen, bis 9 Uhr reinige d. gr. Saales, in denen ca. 120 Verwundete untergebracht sind. Ich werde zum Geschäftszimmer d. Lazarettes gerufen und erhalte die Verwaltung der Wäschekammer sämtl. Lazarette (Sternhaus, Antoinettenruh, Genesungsheim) durch Laz.-Inspektor Bock. Übernahme d. Wäschekammer. (Untffz. Habekost).

24. Dezbr.

Heiligabend. Gegen 7 Uhr abds. Feier der Verwundeten im gr. Saale durch den Lazarettgeistlichen. Die Verwundeten sowie wir Kranken-Wärter erhalten Geschenke vom Frauen-Verein Wolfenbüttel in Gestalt von Nähzeug[,] Tabak, Cigarren, Cigarette, kurze Pfeife, Lesebücher[,] Bleisift, Wall-+Haselnüsse, Honig-Kuchen.

25. Dezbr.

Morgens 9 Uhr: Andacht durch den Lazarett-Geistlichen. Mittags Fest-Essen (Kranken-Wärter d. Lazaretts: Antoinettenruh

Bockelmann

Lönneckre

Bank

Greinert

Rollwage

Bätge

Bothe

Dietrichs

Lochte.

Sanitäts-Untffz.+Mannschaften

Utffz Rost.

25.-31. Dezbr.

Die übliche Beschäftigung

Am 31. abends 8 Uhr Beginn der Sylvesterfeier mit Punsch + Glühwein bis ½ 1 Uhr nachts.

Neujahrsfeier durch den Lazar.-Geistlichen.

2.-6. Januar.

Urlaub.

7.-31. Januar.

Beschäftigung: Reinigen des gr. Sales morgens, um 10 Uhr Visite des Sanitätsrates Dr. Kirchberg. 12 Uhr: Essen tragen. Krankenwärter essen in der Küche der Frau Beilicke. Darnach bis gegen 3 Uhr Mittagspause. Dann Kaffeetrincken um 3 Uhr, um 6 Uhr abends: Essen, um 9 Uhr Zapfenstreich. Ich schlafe rechts der Bühne über der Herrentoilette mit noch 4 Kameraden näml. Bockelmann, Greinert, Bäthge, Rollwage.

Februar:

Am 8. Februar werde ich auf Wunsch d. Insp. Bock zum Lazarett Genesungsheim versetzt. Meine Beschäftigung ist dort Morgens: Reinigen der mittleren Station, darnach Dienst auf der Wäschekammer, Mittags Essentragen + Essen, darnach Mittagspause, um 3 Uhr nachmittags Kaffeetrinken, um 6 Uhr abds. Abendessen, 9 Uhr Zapfenstreich.

Mil. Kr. Wärter d. Genesungsheims

Jürgensmeier (Bega/Lippe)

Illemann (Braunschweig)

Kassebaum (Langelsheim)

Bock (Hannover)

Schöneborn (Hannover)

Diestel (Osterlinde)

Geifrig (Holzminden)

Lambrecht (Lutter a/Bbge)

Alle Woche für Reinigen bezw. Wachen der Wäsche sorgen. Das Wachen + Desinfizieren wird im Städt. Krankenhause besorgt. Gespanne zum Fortschaffen stellen uns die Wolfenbüttler Gärtner freiwillig (Asmuss, Beddig, Oppermann)

März – Mai 1915

Die übl. Beschäftigung. Einige Verwundeten-Transporte kommen an.

Juli – September 1915

Die übl. Beschäftigung. Im August (8.) Überführung eines Schwerkranken nach dem Krankenhause Britz b/Berlin.

Oktober – Dezbr. 1915

Die übl. Beschäftigung. Bei Löhnungsappells helfe ich dem Insp. Bock beim Auszahlen des Geldes. Die Station Genesungsheim wird seit August Station für Lungenkranke. Nacht- und Tagwacht müssen gestellt werden. Ich bekomme die mittl. Station, in der Schwerkranke untergebracht sind. Zimmer 5 sogen. Sterbezimmer. Unter andern (3 Schwerkranke: Lungentuberkulose) auch einen Kanonier Schumacher. Vom Beruf Schmied, zuletzt Portier in Berlin, der im Felde an Lungenentzündung schwer erkrankte. Sch. War einer meiner besten + zufriedensten Kranken, ein Mann[,] der sein Loos mit Geduld ertrug. Obwohl er genau wußte, dass sein Leiden unheilbar war, war er bis zum letzten Augenblick heiterer Laune. Er bekam fast tägl. Mehrere Blutstürtze, die ihn sehr schwächten. Seines ausgezeichneten Körperbaues wegen, (seiner Kräfte) ist es auch zuzuschreiben, das er noch längere Zeit leben durfte wie andere Kameraden gleicher Krankheit. Er starb am ___. Novbr. Morgens 8 Uhr. Die letzten Nächte durfte ich auf Befehl des ordin. Arztes Sanitätsrats Dr. Engelbrecht nicht mehr bei ihm verbringen, da ich zu abgespannt durch die Pflege geworden war. Noch gegen Mittag verlangte er, mich zu sprechen, war aber leider nicht im Lazarett. Ich kam gerade, als er seinen letzten Atemzug tat. Einige Tage später wurde er auf dem Friedhof Wolfenbüttel mit milit. Ehren beigesetzt. Als letztes Liebeszeichen bette ich seinen Leichnam in Blumen ein. So starb in aller Ruhe ein Held, dessen guten Karakter ich stet im Gedächtnis behalten werde. Er stand im Alter von 28 Jahren kurtz ca. 14 Tage vorher besuchte ihn noch aus Rostock sein alter 83jähriger Vater, der ihn thränenden Auges wieder verliess.

Während meines Aufenthalts starben noch 4 Kameraden dort an Lungen- + Darmtuberkulose. Etwas Schlimmeres giebt es wohl kaum, als Schwindsüchtige sterben zu sehen.

Unter den Lungenkranken (Trempler m/Namen) befand sich auch ein Nervenkranker (Simulant), der es ausgezeichnet verstand, die Gebährden eines Kranken nachzuahmen. Trotz des Verstellens wurde er durch sorgfältige Beobachtung überführt und zur Bestrafung seinem Truppenteil überwiesen. Er ahmte Nervenzucken nach. Durch abwechselnde warme + kalte Wasserüberschüttungen wurde er nach einigen Tagen zusehends besser, konnte ohne fremde Hilfe gehen[,] essen u.s.w. Aufmerksam sind wir auf diesen erst durch Schuhmacher gemacht, der einige Zeit mit ihm zusammen auf einem Zimmer lag.

Am 24. + 25. Dezbr. Weihnachtsfeier.

Am 31. Dezbr. Silvesterfeier im Genesungsheim.

Am 17. Novbr. Wurde ich z. Gefreiten ernannt.

1.-9. Januar 1916

Dienst wie sonst.

Auf mein Gesuch an das stellv. Sanitsamt in Hannover erde ich zwecks Ausbildung im Dienst m. d. Waffe dem Ers. Batl. Res. Inf. Regt. 73, Hannover überwiesen.

 

Meine Ausbildungs-Zeit in Hannover beim Ers.-Batl. Res. Inft. Rgt. 73

Januar 1916 – April 1916

Am 10. Januar 1916 wurde ich zwecks Ausbildung im Dienst mit der Waffe auf mein Gesuch hin dem Ers.-Batl. Res.-Inft.-Regt. 73, Hannover, Kestnerschule, überwiesen.

Ich wurde zunächst dem Rekruten-Depot zugeteilt.

Fhrer: Oberltnt. Wolter

Kmpg. Feldwb. Haller.

Wohnung hatte ich in der Stadtstrasse ___, blieb jedoch nur 8 Tage dort, um nach Annenstr. 9I b. Frau Voges zu ziehen.

Grund des Fortzuges: Bei mir wohnte ein Ldstm. Tangermann, durch dessen unaufhörliches Schnarchen ich ständig in meiner Nachtruhe gestört wurde.

Während meiner 4 wöchentl. Ausbildungszeit im Rekr.-Depot lernte ich all den nötigen Schliff unter meinem Korporalschaftsführer Utffz. Schwabe Hannover.

Mitte Februar wurde ich zur 4. Kompagnie versetzt.

Komp.-Führer : Hptm. Geitmann.

Komp.-Feldw: Frie

Zugführer: Fldwb.-Ltnt: Schleusener und Ltnt Döscher.

Unsere Übungen, größtenteils auf der Gr. Bult abgehalten, bestand in Schwärmbewegungen, Schützen-Ausbildung, Vorpostenaufstellung, Exerzieren, Zielen, Fechten, Handgranatenwerfen, Schützengrabenbau, Schießen u.s.w.

Der Schießstand befand sich auf der Kl. Bult, hinter der Stadthalle und neben d. Zooligischen Garten.

Gruppen- + Zugschießen wurden in Kaltenweide abgehalten.

Im Februar schrieb ich an meinen Freund Kompagnieführer Ltnt. Oppermann aus Wolfenbüttel, der seit Beginn des Krieges im Felde seht und die 4. Komp. Res. Inft. Regt. 73 führte um Versetzung zur 10. Res.-Division.

Durch seine Vermittlung werde ich zum Battl.-Adjutanten unseres Ers.-Battl. Gerufen, wo mir mitgeteilt wurde, dass ich beim nächsten Transport zur 4. Komp. Ins Feld versetzt würde. Am 1. Ostertage 1916, als ich von Wache am Döhrener Munitionslager kam, erhielt ich 4 Tage Heimaturlaub. Nach Ablauf des Urlaubs meldete ich mich zurück. An diesem Morgen (27. April) haten wir Schießen mit russischen Gewehren auf der Kl. Bult. Hier wurde mir vom Htpm. Geitmann mitgeteilt, dass ich voraussichtl. am 2. Mai ins Feld käme. Auf dem Wege zur Kestnerschule erhielt ich von einer Ordonanz d. Btls.-Geschäftszimmers den Befehl, mich sofort beim Btls.-Adjutanten zu melden, woselbst mir gesagt wurde, dass ein Transport Spielleute am 2. Mail z. Regiment abtransportiert würde. Ich fuhr dann sofort mittags wieder auf Urlaub in die Heimat bis Sonntag, den 30. April.

Am Montag den 1. Mai wurde ich eingekleidet u. am 2. Mai morgens 8.55 Uhr wurden wir auf dem Haupt-Bahnhof Hannover verladen.

Während meiner Ausbildungszeit wohnte mit mir zusammen ein Kamerad[,] welcher ca. 8 Tage vor Ostern zum Rekr.-Depot der 19. Res.-Division in Marville versetzt wurde. H. war ein netter Kamerad, mit dem ich manche fidele Stunden verlebte u. häufig draußen im Felde getroffen habe. Er fiel in den Kämpfen an der Somme durch Granatvolltreffer am ____. Oktober 1916. H. war in der 5ten Kompagnie.

Meine Erlebnisse im Felde Mai – Juli 1916

I. Verdun

II. Argonnen

2. Mai 1916.

Morgens 7.30 Uhr Antreten in der Kestnerschule z. Abtransport ins Feld 13 Tamboure, 2 Hornisten, 2 Vizefeldwebel (Gronau + Wilhelmi) und ich, als einziger mit Gewehr. Um 8 Uhr Abmarsch vom Schulhof durch die Lavesstraße zum Bahnhof. Tamboure spielen fröhliche Weisen, alle mit Blumen beschmückt.

Um 8.55 Uhr Abfahrt über Wunstorf Cöln nach Trier. Beim Passieren der Rheinbrücke b. Cöln bläst der Hornist Opel das Lied des Trompeters von Säckingen: „Behüt Dich Gott, es wär so schon gewesen“.

Ankunft in Cöln gegen 3 Uhr nachm. Dort einige Stunden Aufenthalt, dann weiter nach Trier. Ankunft dort gegen 12 Uhr nachts. In Artilleriekaserne dicht am Bahnhof übernachtet.

3. Mai

Abfahrt von Trier morgens 5 Uhr über Wasserbillig, Grevenmacher nach Luxemburg, dann weiter über Autel (Belgien) nach Arlon. Vo[n] dort, wo man schon Kanonendonner hört, mittags 1 Uhr wieder über Autel nach Longwy Ankunft gegen 4 Uhr nachm. Nach einigen Stunden Besichtigung der Stadt Longwy-Bas u. Longwy-Haut (Festungswerke durch den Kronprinzen eingenommen, Bahnhofsgebäude zerstört, Eisenwerk) weiterfahrt nach Longuyon. Stadt vollständig zu Anfang des Krieges zerstört, Häuser vernichtet. Wir haben hier wieder Aufenthalt u. besichtigen die Stadt. Gegen 8 Uhr abds. weiter nach Montmedy. Hier angekommen marschieren wir unter dem Klang der Trommeln u. Pfeifen in Montmedy ein. Wie werden hier durch die Ortskommandantur verpflegt. Inzwischen ist es dunkel geworden u. beziehen Unterkunft in einem ehemaligen Kuhstall unterhalb der Festungswerke, die oben auf einem Berge liegen, durch unsere 42er zerstört. Der Kommandant der Festungswerke erschoss sich bei Übergabe der Festung. Nach ziemlich schlafloser Nacht (unaufhörlicher Geschützdonner von Verdun her) brechen wir von hier auf u. gehen in die Stadt. Auf dem Marktplatz Autos u. starker Verkehr.

4. Mai

Vom Marktplatz aus zum Bahnhof. Hier wird bis zur Abfahrt des Zuges mittags 12 Uhr gelagert. Man hört das Brüllen der Geschütze schon deutlicher. Es ist ziemlich heiß. Um 12 Uhr Abfahrt mit einer Kleinbahn weiter im Tal Richtung Verdun. Unterhalb der Stadt Montmedy ein Flugzeugpark.

Stationen der Kleinbahn: Montmedy [Montmédy], Juvigny, Remoiville, Jametz, Peuvillers, Damvillers, Wavrille, Gibercy, Ville devant Chaumont, Romagne s. l. Côtes.

Um 3 Uhr nachm. Ankunft im Viller Wald. Dort wird abgestiegen. Der Wald durch schwere feindl. Artillerie stark beschossen. In der Luft Fliegerkämpfe. Wir fahren mit einer Benzolbahn weiter nach Romagne sur les Côtes (Im Viller-Wald sehe ich den ersten 42er). Um 4 Uhr kommen wir dort an. Als ersten Bekannten treffe ich einen Trainsoldaten, Thoreu aus Wolfenbüttel. Nach einer Stunde Ruhe brechen wir wieder auf u. marschieren über einigen Berge nach Chaumont z. Standort uns. Batl. Ich melde mich in der Schreibstube des Bataillons. Anfangs sollte ich einer anderen Kompagnie zugeteilt werden, auf meinen Protest hin, ich sei für die 4. Komp. bestimmt, antwortete mir, bezw. Fragt mich der Offizier, aus welchem Grunde ich gerade zur 4. wolle, worauf ich erwiderte, ich wäre ein Freund von Ltnt. Oppermann, und auch aus Wolfenbüttel, Herr Ltnt. O. hätte auch deswegen an der Ers.-Batl. Geschrieben. „Der Offizier antwortete mir: Komisch, alle Wolfenbüttler wollen in die 4. Komp. Machen Sie, das Sie dorthin kommen. Kehrtwendung und schon war ich fort. Ich meldete mich darauf in der Schreibstube der 4. Komp., welche im ersten Hause rechts an der Straße Ville-Chaumont ihr Quartier aufgeschlagen hatte. Feldwebel Gohl nahm mir meine Papiere (Soldbuch u. Pass) + die Erkennungsmarke an. Ich bezog Quartier in demselben Hause, über der Schreibstube, fand dort mehrere Kameraden vor u. richtete mich häuslich ein. Hier erfuhr ich auch, dass die 4. Komp. Heute Nacht aus Stellung käme. Von der Reise müde u. abgespannt, begab ich mich etwa gegen 10 Uhr, nach noch einem kleinen Spaziergang durch das kl. U. zerschossene Dorf. (In der Schreibstube war auch der Untffz. Tarvernier anwesend, nichts ahnend, dass ich später in seine Korporalschaft kommen sollte.) Mein Bett bestand aus einem Holzwollsack, der auf dem dünnen Fußboden ausgebreitet war, als Kopfkissen mein Tornister.

Vergeblich suchte ich einzuschlafen, das unaufhörliche Schießen, vielmehr das Platzen der schweren Geschosse vor dem Dorfe liess mir nicht Ruhe; die noch wenigen vorhandenen Fensterscheiben klirrten fortwährend. Anfangs hatte ich angenommen, es seien Abschüsse unserer Geschütze, nachdem ich aber nach einigen Stunden mich erhob, wurde ich gewahr, dass der furchtbare Krach jedesmal ein Einschlag feindlicher Geschosse war, die um Ville herum platzten.

Das Dorf Ville, das in einem Tale lag[,] war auch gänzlich zerschossen, ebenso wie Chaumont. So verbrachte ich wiederum auch diese Nacht schlaflos.

Nach einigen ungeduldigen und ruhelos verbrachten Stunden hörte ich draußen gegen 4 Uhr morgens menschliche Stimmen. Ich erhob mich von meinem Lager und wanderte hinaus. Blutrot war der Himmel von dem unaufhörlichen Aufblitzen der Geschütze schwersten Kalibers, dazwischen sah man hellaufleuchtende Stellen, das waren Leuchtkugeln, die weithin das Gelände erhellten.

5. Mai

In diesen schaurig schönen, so viel Tod u. Verderben stiftenden Anblick, mischte sich das Rufen + Schimpfen der Munitions-Kolonnen, das Rasseln der Munitionswagen und das Stampfen u. Schnauben der Rosse, die bei den aufgeweichten Straßen wahrlich Schweres zu leisten hatten (einige Tage vorher hatte es stark geregnet). Gegen 5 Uhr morgens kam nun ein Teil der 4. Komp. vor der Schreibstube an. Ich suchte in der Dunkelheit Leutnant Oppermann, konnte ihn aber nicht finden. Ich frug nach Untffz. Cohn, auch ein Wolfenbüttler u. Mitglied d. Verbandes ehem. Realschüler zu Wolfenbüttel u. fand ihn vor der Feldküche sitzend, gegen wie Wand des Hauses gelehnt. Nach herzlichem Begrüßen bot ich ihm von meinen heimatlichen und mitgebrachten Lebensmitteln, wie Knackwurst, Mettwurst, Käse u.s.w. an, er wollte aber nichts weiter vor Ermattung als nur condens. Milch u. Zucker. Ich gab es ihm gern. Nach etwa einer halben Stunde wurde mir von einem Kameraden mitgeteilt, Ltnt. Oppermann sei in der Schreibstub. Ich stellte mich darauf vor den Hauseingang u. wartete auf sein Erscheinen. Es dauert auch nicht lange, so trat er heraus u. ich meldete: „Gef. Lochte vom Ers.-Batl. Res. Inf. Regt. 73 zur…“ Weiter lies er mich nicht kommen u. unterbrach mich. „Du S…….f, weshalb kommst Du gerade in diese Schweinerei nach hier?“ Ich antworte ihm darauf, wie es gekommen sei.

Als ich so mit ihm zusammen plauderte einen herzl. Gruss von seinen Eltern u. ihm mitteilte, dass ich ein Paket mit Sülze, Zwiebeln[,] Essig usw. (sein Lieblingsessen) von seinen Eltern mitgebracht hätte, bemerkte ich bei Morgendämmern erst, wie dreckig u. leidend er aussah. Das Eiserne Kreuz I. Klasse war fast nicht vor Dreck u. Schmutz zu erkennen.  Ich sagte ihm: er sähe in seinem angehenden Spitzbart aus wie das Leiden Christi selbst. Dann bat er mich, ihm am anderen Morgen gegen 11 Uhr zu besuchen, der habe um die Zeit sich etwas von der Strapazen erholt u. ich möchte ihm weiter von seinen Eltern daheim erzählen. Er ging fort u. ich begleitete ihn noch ein Stückchen mit. Dann verabschiedeten wir uns u. ich suchte Utffz. Cohn wieder auf, der inzwischen seinen stärkenden Kaffee eingenommen hatte. Mittlerweile war es hell geworden, die Sonne stieg am Horizont mehr u. mehr empor. Ich schritt zu dem vor dem Dorfe liegenden Wiesen, um meine Morgentoilette zu beginne. Als Waschgefäß benutzte ich eine leere Dose von Bismarck-Heringen, die mir von einem Kameraden angewiesen wurde und ihre Platz unter einem Stege hatte. Wasser schöpfe ich aus dem nahen Bache, obwohl wenig sauber, hatte es doch eine erfrischende Wirkung. Auf der Wiese tummelten sich die Rosse der Artillerie u. der Munitionskolonnen im Schein der Sonne, am Himmel sah man Flieger, die zur Abwehr feindlicher Flugzeuge u. zu Erkundigungen aufgestiegen waren. Den Vormittag hielt ich mich auf der Wiese auf u. sah dem Leben u. Treiben hinter der Front zu. Mittags 1 Uhr holte ich mir mit meinen übrigen Kameraden aus unserer Gulasch-Kanone Essen u. darnach ging ich fort Ltnt. Oppermann aufzusuchen. Er hatte sein Heim auf dem Berge bei Chaumont in der Holzbaracke. Ich ging die Dorfstrasse entlang, die Anhöhe hinauf. Über einige ehemalige Schützengräben u. zerstörte Drahthindernisse hinweg erreichte ich die Spitze des Berges. Ich sah mich um und hatte vor mit eine herrl. Aussicht. Zu meinen Füßen das kleine Chaumont, weiterhin das zerschossene Ville, rechts von den Höhen der Côtes Lorraine das Dorf Flabas. Links das Kap der Guten Hoffnung, mit dem Bahnhof unserer Feldbahn, Azannes, Gremilly, u. noch andere Ortschaften[,] Fesselballons, sowohl unsere wie auch feindliche sanden am Himmel, um Beobachtungen über die Wirkung der Artillerie zu machen.

Auf den vor mir liegenden Höhenzüge, im Wavrille Wäldchen, im Herbebois u. Soumazannes konnte man deutlich das Einschlagen feindl. schwerer Granaten (Kal. 28) sehen, erst der weiten Entfernung wegen das Aufspritzen der Erde, Steine u.s.w. u. dicht hinterher das unheimliche Sausen u. den furchtbaren Krach. So ging es den ganzen Tag. Ich wendete mich wieder um und kam an ein kl. Buschwerk vorbei, das auch von Schützen+ + Laufgräben durchwühlt war, jenseits zu den ehem. Stellungen unserer Artillerie. Diese Stellungen waren aus Beton hergestellt und zogen sich die ganze Höhe entlang. In ungefähr 150 m dahinter waren Holzbaracken aufgestellt, in denen z. Zt. neue Truppen aus dem Rekr.-Depot der 19. Res.-Division Unterkunft gefunden hatten. Ich schritt hinzu u. hörte plötzlich einen Knall und gleichzeitig einen Schrei. Vor mir stand ein jüngerer Kamerad vom Res.-Regt. 78, der eine Sprengkapsel einer Handgranate gefunden hatte und nichts ahnend damit gespielt. Sie entzündete sich u. riss ihm die Fingerspitzen der linken Hand ab, ein Sprengstück traf noch einen anderen Kameraden unterhalb des rechten Auges. Ich verband beide und lieferte den ersteren Kameraden an einen Feldwebel ab, der ihn halb ohnmächtig zur Komp. brachte.

Inzwischen hatte sich eine ziemliche Menschenmenge angesammelt, darunter befanden sich auch einige Kameraden von Hannover her (Warsen, Hillemann + Hartmann), die sich natürlich sehr wunderten, mich hier im Felde zu treffen. Meinten sie doch, ich sei noch in Hannover. Nach erzählen ihrer Erlebnisse beim Rekr.-Depot, von einem Fliegerangriff in Marville, versprach ich Ihnen, sie mal wieder aufzusuchen[.] Darauf verabschiedete ich mich von Ihnen und traf nach einiger Zeit meinen Freund Ltnt. Oppermann, auf einer Decke liegend, sich im Sonnenschein von dem 18tägigen Aufenthalt in der Kampffront ausruhend. Er begrüßte mich herzlichst und ich musste ihm von Haus berichten. Gleichzeitig überreichte ich ihm sein Paket mit Sülze u.s.w., er verspürte jedoch wenig Apetit, da er über seinen Magen, wie auch über große Ermattung klagte. Neben ihm lag noch ein Vizefeldwebel. Er stellte sich mit vor als Uzfldw. Tepe, den ich von Ansehen bereits von Hannover her kannte und als Zugführer in der 4. Komp. gewesen war. Ebenso lernte ich noch Ltnt. Spitzbarth kennen. Nach einigen Stunden Unterhaltung bei einer Flasche hellen Bieres tranken wir vor seiner Behausung Kaffee, den uns seine Ordonanz, namens Mögenburg, servierte. Bis gegen 6 Uhr blieb ich bei Ltnt. Oppermann u. ging mit ihm zum Geschäftszimmer der 4. Komp. Es fand dann Befehlsausgabe statt. Dienst wurde für den folgenden Tag nicht angesetzt, da alle zu ermüdet waren. Nach Beendigung der Parole, wurde und neuer Ersatz zugeteilt, unterwiesen auch die 3 Kameraden Hillemann, Warsen + Hartmann, Hillemann + Warsen kamen in meine, 5. Korporalschaft (Korporalschaftsführer: Utffz. Tavernier). Ich traf an dem Abend auch noch einen ehema. Hannoveraner, den Wehrmann Dura (auch 5. Korporal)

Mannschaft der 5. Korporalschaft: 4/R. 73

Utffz: Tavernier (Hannover)

Gefr. Koch

Gef. Lochte (Wolfenbüttel)

Wehrm. Dura

Res. Müller

 

Als neues Quartier erhielten wir eine Scheune an der Dorfstr., wie an der Kirche vorbei, nach Gibercy führend. Abendportionen wurden empfangen, bestehend aus Feigenmarmelade und einer Art Mettwurst, sogen. Gummiwurst (wegen ihrer Zähigkeit). Alle 2 Tage empfingen wir Kommisbrot 1 ½ Pf. schwer.

Die Nacht über schlief ich schon etwas besser. Ich wachte verschiedentlich auf durch ein Zucken am ganzen Körper. Die Läuse, die es dort draußen gab, machten sich bemerkbar. Auch durch den anhaltenden Geschützdonner aufmerksam gemacht, eilte ich hinaus. Wiederum war der Himmel hell erleuchtet durch das Aufblitzen der Geschütze, wie auch durch Leuchtkugeln + Leuchtsignale. Schwere Geschosse fielen in den vorunsliegenden nahen Viller Wald und auf die Straße Ville-Azannes. Im Viller Wald bei Azannes + Flabas standan unsere schweren Geschütze, die 42er Mörser, im Walde bei Romagne ein 38er Langrohrgeschütz. Gegen 2 Uhr nachts leuchtet ein hellgelbes Licht am fernen Horizont auf, was sich zusehends vergrößert und die umliegende Gegend wunderbar erkennen läßt. Ein großes Munitionslager ist in die Luft geflogen, ob von unserer Seite oder vom Feinde habe ich nicht erfahren können.

6. Mai 1916

Morgens 7 Uhr wird sich vom Lager erhoben, am nahen Brunnen in einer Büchse (ehemals eine Dose v. Schmalzersatz) gewaschen. Einer aus der Korporalschaft hat inzwischen in Kochgeschirren Kaffee von der Feldküche geholt. Bei einer Scheibe Kommisbrot wird der edle Mokka eingenommen. Ich ziehe mich bis auf die Haut aus und suche Läuse. 7 Stück sind das Ergebnis der Jagd. Tagsüber hört das Brüllen der Geschütze nicht auf. Ich besuche nachmittags Ltnt. Oppermann, er teilt mit, dass er wahrscheinlich ins Lazarett nach Montmedy kommt. Ltnt. Werner wird mein Zugführer,. Gegen Abend zieht schwarzes Gewölk am Himmel auf, ein starker Wind macht sich bemerkbar, es reißen sich plötzlich die französ. Fesselballons los und überfliegen unsere Gegend, von unseren Abwehrgeschützen lebhaft beschossen. Ener unserer Ballons landet in der Nähe von Montmedy[,] ein feindlicher, wie ich nachher erfahre, ohne Insasse in der Nähe von Broistedt auf der Strecke Braunschweig-Hildesheim. Nachts übliche Beschießung.

Morgens 2-5 Uhr heftiges Geschützfeuer in Richtung Verdun. Franzosen beschießen Ville mit schweren Schiffsgeschützen. Mann hört ganz deutlich das Sausen der Granaten. Tagsüber beschießen unsere 42er Verdun. Mächtig erdröhnt die Erde bei jedem Abschuss, unheimlich gurgelt das Geschoss durch die Luft. Gegen Abend Regen.

8. Mai 1916

Regen. Wir liegen seit 9 Uhr morgens im Alarm, Sturmgepäck wird geschnürt, sonst das übliche Geschützfeuer. Gegen 3 Uhr nachm. Alarm aufgehoben, das II. Btl. geht in Stellung. Ich treffe die 5. Komp. vor der Kirche u. rufe nach Heidorn, der sich auch meldet und nicht wenig erstaun[t] ist, mich auch hier zu finden.

Ich übergebe ihm sein Taschenmesser, welches er bei seinem Aufbruch von Hannover bei unserer Wirtin liegen liess. Ich wünsche ihm viel Glück und er geht in Stellung, Lebensmittel nach vorn schaffen. Ltnt. Oppermann verabschiedet sich, Lazarett.

9. Mai 1916

Sonnenschein, Wir lausen uns wieder draußen auf der Wiese. Sonst das übliche Schießen. Wir stehen in Korpsreserve.

10. Mai 1916

Sonnenschein, nichts von Bedeutung[.]

11. Mai 1916

Morgens 7 Uhr Abmarsch des Regts. Bei Regen von Chaumont über Gibercy, Damvillers, Peuvillers, Vittarville, Dombras, nach Rupt. Unterwegs bei Damvillers treffe ich Offi. Stellvertreter Willi Kuntze (Wolfenbüttel), ein ehem. Schulkamerad, der mit seiner Komp. (8./R. 78) unterwegs n. Chaumont ist. Die Straßen sind sehr aufgeweicht u. schlecht zu passieren. Bei Peuvillers wird Halt gemacht u. Kaffee aus den Feldküchen geholt. Um 2 Uhr nachm. Ankunft in Rupt. Ich beziehe mit meiner Korporalschaft Quartier an der Hauptstraße inmitten des Dorfes. Mir gegenüber hat der Btls-Führer Haptm. Fink sein Quartier, Ltnt Spitzbarth[,] Ltnt. Werner, Ltnt. Ruf, VizFldw. Tepe[,] Wilhelmi.

Hier in Rupt noch Civilbevölkerung. Ich hole Milch u. Eier zusammen mit Utffz Cohn. 1 Ltr. Milch = 18 Pfg., 1 Ei = 10 Pfg.

12. Mai 1916

Vorm. 9.10 Uhr Exerzieren auf den Feldern in der Umgegend v. Rupt, nachm. Appell.

13. Mai 1916

Vorm. 9-10 Uhr Exerzieren. Nachm. Appell. Während meiner freien Zeit sehe ich mir das Dorf an. Ein Teil der Häuser zerschossen. Unten im Tal ein Gutshof, mehr Schloß, mit großem Park. Hinter unserem Quartier eine Anhöhe mit etwas Wald, wo wir uns tägl. Ausruhen. Ich nehme Sonnenbäder. Gegen Abend Regen.

14. Mai 1916 (Sonntag)

Morgens 11 Uhr Feldgottesdienst im Park (I. Btl.) Regen. Unsere Regimentskapelle begleitet die Gesänge.

15. Mai 1916

Warm. 8 Uhr Übungsmarsch über Petit Failly, Ham les St. Jean, Marville nach Rupt. Hinter Marville holt uns unsere Regts-Kapelle ab. Schönes Wetter.

16. Mai 1916

Vormittags Exerzieren, Überwinden von Hindernissen.

Nachmittags Verpassen von Gasmasken im Stinkraum durch den Gasoffizier Ltnt. Reusche. Gewehrreinigen (Sonnenschein)

17. Mai 1916

Vorm. Exerzieren, nachm. Gewehrrevision

Wir baden indem Bach Othain; dort zufälliger Besuch des Kanoniers Röhmann (vor mehreren Jahren Lehrling bei meinem Schwager in Wolfenbüttel[)] Röhmann kam vom Toten Mann per Rad, um seine Bruder, der bei unserer 3. Komp. war, zu besuchen. Wir blieben noch bis gegen 10 Uhr auf der Wiese mit ihm zusammen.

Gegen Abend: Empfang von Liebesgaben v. Hannov. Provinzialverband (1 Trinkbecher Rotwein, 4 Cigarren, 6 Cigaretten, Steinhäger)

18. Mai 1916

Vormittags: Unterricht im Stellungs-Krieg

Nachmittags: Turnspiele unten in der Wiese. Stafettenlauf, Dritten abschlagen, Wettlaufen.

Nachts Flieger über uns.

19. Mai 1916

Morgens 4 Uhr Abmarsch zur Entlausungsanstalt in Carignan über Petit-Failly, Ham les St. Jean, Marville, Villers les Rond, Chareny-Vezin. Von dort mit der Bahn über Montmedy [Montmédy], Chauveny, Lamouilly, Magut-Fromy nach Carignan. Der Weg nach dort geht durch die genannten teilweise gänzlich zu Anfang des Krieges zerschossene Ortschaften. Am Tunnel von Montmedy [Montmédy] kann man noch die Wirkung der Sprengung am Ein- u. Ausgang wahrnehmen, die Drahtverhaue. In Carignan selbst werden wir in Abteilungen von 30-40 Mann zum Lausoleum einer früheren Mühle geführt. Das Zeug, sämtliche Bekleidungsstück[e][,] werden abgegeben u. gefangene Russen müssen sie in großen Kesseln durch Dampf erhitzen. Während dieser Zeit nehmen wir in einem Raum Brausebäder u. reinigen unseren von Staub u. Dreck beschmutzten Körper gründlich. In noch heissem Zustande empfangen wir nach etwa einer Stunde unsere Kleidungsstücke wieder und zogen uns an, um aus dieser von den schlechtesten Zeuggerüchen durchzogenen Atmosphäre zu verschwinden. Ich traf mich draußen mit meinem Zugführer Vizefeldw. Wilhelmi u. noch einem Leutnant d. 3. Komp. um den vor dem Orte liegenden Flugpark zu besichtigen. Unter Führung eines Flieger-Unteroffiz. sahen wir die Kampf-Doppeldecker, die Einrichtung der Zelte u.s.w.

Um ½ 6 Uhr abds. brachen wir von Carignan nach Verpflegung auf dem dortigen Bahnhof wieder nach Rupt auf (Sonnenschein sehr heiss.)

20. Mai 1916

Morgens 9 Uhr Unterricht über Märsche.

Nachm. 5 Uhr Appell (Sonnensch.)

21. Mai 1916

11 Uhr vormitt. Löhnungsappelll (Sonnenschein)

Nachm. unternehme ich einen Ausflug in die Umgegend v. Rupt. Auf der Straße n. Grand-Failly mehrere alte Schützengräben + Kriegsgräber. In derselben Straße ein Kruzifix und Reste einer ehem. Holzbrücke, da die alte steinerne Brücke gesprengt war. Ich unterhalte mich mit einem 80jährigen Franzmann, der mir seine Erlebnisse vom Kriege 1870 u. dem jetzigen erzählt.

22. Mai 1916

Morgens 8 Uhr Exerzieren (Sonnensch.) (Sturmangriffe) nachm. Baden u. Turnspiele unten in der Wiese am Othain.

Gegen Abend unternehme ich einen Spaziergang in den nahen Wald u. kehre gegen ½ 9 Uhr zurück[,] inzwischen waren wir alarmbereit geworden.

23. Mai 1916

Morgens 3.15 Uhr Abmarsch von Rupt nach Marville um anderen Truppen Platz zu machen. Alarm aufgehoben. (Sonnenschein)

24. Mai 1916

Morgens Exerzieren, Nachm. Baden in der dortigen Badeanstalt (Gewitter)

25. Mai 1916

Morgens Exerzieren. Nachm. Uniformen verpassen durch Feldw. Schünemann. Ich besuche Vizefeldw. Wilhelmi und unternehme mit ihm einen Spaziergang durch Marville.

Marville ist ein Städtchen von ungefähr 3000 Einwohnern (zu Friedenzeiten) und eine der ältesten Niederlassungen, älter als Trier. M. ist festungsartig angelegt, ehemals wichtiger Ort in der Geschichte. Wir gehen auf den sogenannten Schädelberg, der auf seinem Gipfel eine Kapelle u. Kirchhof trägt. In einem kl. Häuschen sind ca. 40.000 Schädel u. Beinknochen bis unter die Decke gestapelt. Was sie zu bedeuten haben, konnte ich nicht erfassen. Oben konnte man wieder starkes Artilleriefeuer von Verdun her hören.

Wir sind wieder marschbereit.

26. Mai 1916

Morgens 4 Uhr Abmarsch über Delut, Vittarville, Peuvillers, Damvillers, Gibercy nach Chaumont. Wir sind in Korpsreserve. Mittags besucht mich Gefr. Heidorn aus d. 5. Komp. u. ladet mich ein z. Schweinebraten essen. Ich habe auch von Hand Pakete erhalten. Gegen 6 Uhr abends, wir sitzen vor dem Quartier Heidorns u. lassen uns den Braten, den wir über ein Feuer erhitzt haben, gut schmecken. Kaffee hatte ich gekocht. Die Garderegt. 6.+7. kommen durchs Dorf, ebenso auch Bayern (Regen)

27. Mai 1916

Nichts neues (Regen)

28. Mai 1916

Morgens Grüßen üben (bewölkt)

29.+30. Mai 1916

Morgens Exerzieren (bewölkt)[,] ich treffe unter dem neuen Ersatz einen Ldstm. Meyer aus Wolfenb.

31. Mai 1916

Morgens Exerzieren.

Nachm. Turnspiele. 5. Korporalsch. Erhält im Stafettenlauf den 1. Preis = 1 Flasche Cognac.

1. Juni 1916 (Himmelfahrt)

Morgens ¾ 11 Uhr Löhnungsappell. Nachm. dienstfrei.

42er schießen. Ich sitze morgens gegen 9 Uhr in der Wiese, hatte mir vom Untffz. Hasenlust (Gr. Benkte) ein Fernglas geborgt und beobachte die 42er, als plötzlich ein Gegenstand mit unheimlichem Sausen durch die Luft fliegt. Ungefähr 100 m links von mir schlägt er in die Erde. Alles flüchtet erst entsetzt, kommt aber wieder zusammen an der Stelle 1 m vor einer Kantine. Dort liegt ziemlich tief in der Erde ein Gegenstand aus Stahl. Es war das Rohr des 42ers geplatzt u. ein Sprengstück (ungef. 3 Ctr. Scher) aus 1 km Entfernung hier her geflogen. Es wurde ausgegraben, man konnte deutlich die abgenutzten Züge erkennen. Ein anderes Stück (1 Ctr. Scher) war bei der Telefunken-Station nieder gefallen.

Nachts ein Uhr.

Bis 12 Uhr nachts hatten wir in unserem Kuhstall Ratten fangen wollen beim Schein der elektr. Taschenlampen, jedoch nichts erreicht. Gegen 1 Uhr erwache ich plötzlich durch das Geknatter der Maschinengewehre. Der Ruf: „Flieger! Licht aus!“ wird laut. Ich krieche in der Dunkelheit aus meiner Schlafkoje heraus u. gelange auch an den Ausgang uns. Kuhstalles. Vorsichtig auge ich hinaus u. sehe am nächtlichen Himmel bereits Scheinwerfer spielen. Ein Krach und ich war wieder in meiner Behausung verschwunden. Ungefähr 150 m von mir entfernt hate das feindl. Flugzeug eine Bombe fallen lassen, in der Nähe dort liegende Mannschaften getötet u. verwundet (2 Mann tot, 4 verwundet). Ich habe mir kurze Zeit darauf die Stelle angesehen u. hörte noch das Schreien u. Wimmern der Verwundeten.

2. Juni 1916

Morgens Exerzieren. Ich werde als Sturmtruppführer ausgebildet.

Nachm. werde ich zum Unterricht am franz. Maschinengewehr n. Romagne abkommandiert.

Gegen Abend komme ich von dort wieder zurück.

Ca. 2000 Franzosen passieren die Straße von Azannes.

3. Juni 1916

Vorführung des Sturmtrupps vor Hauptmann Fink (Btl.-Führer) in Gegenwart der 1.-3. Komp. Wir bekommen Stahlhelme.

Nachm. 4 Uhr bei Regenwetter über Gibercy, Damvillers, Merles nach Waldlager bei Dombras. Wir liegen in Baracken aus Vasenholz.

4. Juni 1916 (Sonntag)

Tagsüber nichts von Bedeutung. Ich gehe in den nahen Wald u. finde Erdbeeren. (Sonnenschein).

5. Juni 1916

Morgens Exerzieren auf der vor unserem Waldlager sich hinziehenden Waldwiese. Sturmangriff üben. Bewölkt gegen Abend Regen.

Utffz. Cohn erhält d. Braunschw. Verdienst-Kreuz.

6. Juni 1916

Morgens Besichtigung durch d. Divisionskommandeur eur. Excell. v. Wartenberg.

Nachm.: Dienstfrei (Regen).

Es heisst: Der Herzog v. Braunschweig will uns morgen besichtigen.

7. Juni 1916

Mittags bei Regen Abmarsch vom Waldlager Dombras über Merles, Damvillers, Wavrille, Gibercy, Ville devt. Chaumont nach dem Bois de Ville (in der Nähe vom Bois les Vaux Hordelle)[.] Gegen 8 Uhr abds. kommen wir bei Regen dort an. Die Schlucht sogen. Brunnenschlucht, in die wir kommen, liegt links (westlich) der Straße Ville-Beaumont ca. 1 ½ km südl. Ville. Der Weg Ville-Beaumont der oberhalb des Tales (Küchenschlucht) am Abhang d. Bois le Comte in süd-südwestli. Richtung sich hinzieht, wurde vom Franzmann abw. Beschossen, besonders mittags u. abends. In der Schlucht standen die Feldküchen. Die Wege waren aufgeweicht, der Dreck floss förmlich die Wege hinab. Unteroffizier Tarvernier, der als Quartiermacher voraus geeilt war, hatte uns einen Wellblechunterstand gesichert. Dahinein kam meine 5. Korporalschaft. Nur wenig Holzwolle stand uns als Unterlage zur Verfügung. Wir warfen unsere Waffen und sonstiges Gepäck ab u. richteten uns häusl. ein. Ich kochte Kaffee und briet mir Kartoffeln mit Speck, die ich in der äussersten Ecke d. Unterstandes neben einem beinahe leeren 25 Pf. Eimer Feigen-Marmelade entdeckte. Ich war noch nicht mit meiner Braterei zu Ende, als der Befehl kam, mit Gasmasken, aber ohne Gepäck und Koppel auf dem in der Brunnenschlucht sich hinziehenden Weg anzutreten, um Stollenbretter vom Pionierpark im Fosses-Wald nach der Kapelle am Wege Chambrettes-Ferme-Pfefferrücken zu transportieren. Auf schlüpfrigen Pfaden, teilweise bis an den Stiefelschäften im Schlamm, traten wir unseren Marsch an längs der Strasse Ville-Beaumont.

Etwa 2 ½ km neben der Fahrstrasse her, bogen wir nach Südosten, um die Anhöhe hinauf, weiter durch den Wavrille-Wald, dann über die Chaussee Cap d. guten Hoffnung – Beaumont, am ehem. Gefechtsstand der Artillerie vorbei über die unbewaldete Höhe ca. 1 km östl. von Beaumont. Vor uns breitete sich der Fosses-Wald aus. Dieser Weg dorthin wurde vom Franzmann ständig, wenn auch nicht stark unter Feuer genommen, besonders die Umgegend von Beaumont. Der Ort selbst war gänzlich zerschossen. Die erste Schlucht (sog. Panzerschlucht) war sehr steil, durch den Regen glitt man auf dem aufgeweichten Lehmboden häufig hin, Fluchen u. Schimpfen war an der Tages-Ordnung. Die schweren Geschosse sausten über uns hin und schlugen krachend um uns (aber ziemlich weit) ein. Der Fosses Wald hatte durch das ewige Einschlagen der Granaten stark gelitten. Die Bäume lagen zersplittert über und unter einander, sodass es bei der inzwischen eingetretenen Dunkelheit sehr beschwerlich wurde, den richtigen Weg inne zu halten. So kam es auch verschiedentlich vor, dass die Verbindung abriss u. erst mit vieler Mühe wiederhergestellt werden konnte. Nachdem die Höhe von der Panzerschlucht aus nach Osten unter diesen Schwierigkeiten erstiegen war, kamen wir in der Fosses-Schlucht an. Die ganze Strecke bis hier unten zum Pionierpark am Grunde der Schlucht wurde in schnellstem Schritt zurückgelegt, teilweise sogar im Laufschritt. Vor dem Pionierpark angekommen, ruhten wir uns erst man von den Strapazen aus, ich  nahm diese Gelegenheit wahr und füllte meine inzwischen leer gewordene Feldflasche aus einem Granattrichter wieder, nachdem ich mich selbst gestärkt hatte; obwohl das Wasser stark lehmig war. Im Pionierpark empfing nun meine Komp. die Stollenbretter, und schleppten meine Kameraden nicht gerade leicht daran, solch ein Brett wiegt wohl immer ca. 40-50 Pf., zumal sie noch vom Regen getränkt waren. Im Gänsemarsch ging es nun weiter wieder eine steile Anhöhe hinauf, durch den Wald, ca. 200 m südl. an der Chambrettes-Ferme vorbei zur sogen. Kapelle, welche ich aber nicht zu sehen bekam. Beim Austritt aus dem Fosses Wald konnte man durch das von Leuchtkugeln erhellte Gelände die Wirkung der feindl. Geschosse erkennen, alles ringsherum war von Granatendurchwühlt, ein Granatloch neben das andere. Unsere Artillerie feuerte auch lebhaft besonders die 21er Mörser, die damals im Fosses-Walde lagen, ebenso auch die Langrohr-Geschütze. Nachdem wir die Stollenbretter dort abgeliefert, vielmehr hingeworfen hatten, traten wir den Heimweg wieder im Laufschritt an. Vor uns marschierte die 3. Komp. Abermals hatten wir Schwierigkeiten. Auf der Höhe östlich von Beaumont bekamen wir plötzlich ca. 300 m vor dem Wavrille-Walde, heftig. Feuer. Da die Granaten näher kamen, suchten wir Deckung in den Granatlöchern. Nach ca. ½ Stunde erhoben wir uns wieder. Gerade beim Eintritt in d. Wald ging dasselbe nochmals los. Schnell waren wir am Boden verschwunden, als ich ein Stöhnen u. Rufen nach dem Sanitäter hörte. Ich kroch vorsichtig heran. Vor mir sassen hinter einem zerschossenen Baume zwei verwundete Kameraden, rechts ca. 10 m von mir vor einem Granatloche lag ein Toter der 3. Kp. Auf das Ersuchen den beiden zu helfen, verband ich den einen, welcher einen Granatsplitter im Rücken unterhalb des Schulterblattes bekommen hatte, mit Hilfe meiner Verbandpäckchen. Der andere, ein gewisser Musk. Böhmann aus Börssum hatte nur eine unbedeutende Wunde an der linken Hand (Handgelenk). Inzwischen hatte meine Gruppe die entstandene kleine Feuerpause benutzt u. laufend diesen gefährlichen Ort verlassen. Leider war es mit nicht möglich, den Verwundeten weiteren Beistand zu leisten, sondern mußte schleunigst aufbrechen, um meine Gruppe wiederzufinden. Nach wiederholtem Rufen u. schnellstem Laufen, wobei ich mehreremale über Drahthindernisse stolperte u. hinfiel, kam ich endlich bei meiner Gruppe an. Für den weiteren Abtransport der Verwundeten sorgten die Sanitäter der 3. Komp., die ich nachher noch traf. Um 5 Uhr morgens kamen wir nach diesen Strapazen u. denen des vorangegangenen Tages müde in unserer Küchenschlucht wieder an.

8. Juni 1916

Es wird Kaffee getrunken u. bis Mittag geschlafen. Gegen Mittag wieder Befehl „Stollenbretter nach vorn schaffen.! Diesmal aber von Ville zum Pionierpark in der Vasseschlucht. Unter Leutn. Rufs Führung gegen wir nach dem nahen Dorfchen Ville u. empfangen Stollenbretter. Abermals saure Arbeiten, Schimpfen u. Fluchen. Doch schießt der Franzmann nicht mehr so stark wir am vorherigen Tage. Ohne Verlusten kommen wir wieder um 12 Uhr nachts an. Dann wird sich wieder ausgeruht.

9. Juni 1916

Tagsüber beschießt der Franzmann wieder mit schweren 28ern die Küchenschlucht. Es schwirren die unheimlichsten Parolen in der Luft, man erzählt sich, das es heute Nacht in Stellung gehen soll.

Gegen Abend 7 Uhr Befehl: „Sturmgepäck fertig machen!“

Um 9 Uhr abs. Abmarsch, wohin, unbekannt. Man sieht unruhige Geister, allgem. gedrückte Stimmung. Wieder geht’s denselben Weg wie an den Tagen vorher. Bis zur Panzerschlucht keine Verluste. Hier kommen wir in der Reservestellung der Res. 74 an. Wir suchen uns Bunker aus, da wir annehmen, dass wir das Regiment ablösen sollen. Nach ¾ Stunden, etwa gegen 12 Uhr nachts, brechen wir wieder auf. Wir wissen jetzt, wohin es geht, in Stellung. Bei unserem Aufenthalt bei den 74ern spürten einige Kameraden einen kleinen Ballon Schnaps auf. Auf schnellstem Wege werden die Feldflaschen gefüllt. Ich verzehre ein Stückchen Kom[m]isbrot mit Feigenmarmelade u. dazu Schnaps. Einige meiner Kameraden haben sich des Guten zuviel getan u. schwanken bedenklich. Aufbruch. Der Weg geht weiter durch den Fosses Wald. Es entstehen Verluste durch die Strapazen der vergangenen Tage, einige bleiben vor Ermattung u. dem genossenen Alkohol abseits am Wege liegen. Sanitäter sorgen für das weitere. Es geht an der Chambrettes-Ferme vorbei, der Kapelle am Laufgraben entlang zur „Totenschlucht“. Der Franzmann schiesst wieder heftiger. Die Verbindung reist ab. Liegen ¾ 1 Uhr kommt Meldung durch die Kette: [„]Uffz. Cohn verwundet.“ Cohn war der letzte unserer Komp. Eine Granate hatte ihm den linken Arm abgerissen. Bei dieser Meldung liegen wir unterhalb des Chauffour Waldes, am Anfang der Totenschlucht. Nach ungefähr 10 Minuten brechen wie wieder auf. Heftige Kanonade rechts und links. Kaum etwas  vorwärts, wieder Aufenthalt – immer an den gefährlichsten Stellen – dann plötzlicher Aufbruch, im Laufschritt geht’s weiter. Stolpern, Fluchen, Schimpfen, Höhenkamm u. Schlucht unter starkem Feuer, Graben vielmehr Pfad verschüttet, links im Chauffour Reservestellungen, Aufenthalt, dann geht’s wieder plötzlich weiter durch die Totenschlucht; hier herrscht wirklich der Tod. Kein grünes Fleckchen mehr, alle aufgewühlt, vereinzelte Baumstämme starren in die Luft, die Leichen werden immer zahlreicher. Es herrscht furchtbarer Gestank. Unser Führer hat den Weg verloren in der Dunkelheit. Begegnung mit einem Truppenteil, Zusammenstoß, Drängerei. Wir sind an der Minzeschlucht angekommen. Einige Verwundete werden in der Dunkelheit angestossen und schreien laut auf. Es geht wieder eine Anhöhe hinauf. Endlich finden wir wieder einen Laufgraben. Hinein um wenigstens etwas Deckung zu haben. Hier Aufenthalt[.] Wieder weiter, erst langsam, dann rascher. Ich trete auf eine weiche Masse im Schlamm, ein Schaudern geht durch meinen Körper – ein Toter -. Nach Kriechen u. Rennen sind wir in der Tettau-Schlucht angekommen. Wieder die steile Anhöhe hinauf u. über Löcher, Steintrümmern u. Leichen hinweg. Eine Granate platzt in ca. 50 m Entfernung von mir, ich fliege zur Erde um mich vor den Splittern zu schützen. Lntnt. Werner erhält endlich Befehl mit einem Teil der Komp. in Stellung, ungefähr 400 m vor uns, zu gehen, der andere Teil bleibt als Relaisposten zurück. Das ist ungefähr um 2 Uhr nachts. Ich bekomme Posten 10 in der Tettauschlucht, ungefähr 1 ¼ km westl. Fort Douaumont. Ich gehe unter Führung von einem Kameraden des Res 78er mit noch 4 Mann meiner Gruppe dorthin. Über zerwühltes Gelände hinweg kommen wir am Stollen an. Im Eingang verschiedene Kameraden, welche Schutz suchen.

10 Juni 916

Ich übernehme den Posten 10, die Abgelösten verbleiben noch bis gegen 4 Uhr morgens bei uns. Als Läufer zur Überbringung von Befehlen sind bei mir

Wehrm. Dura

Ldstpft. Eckelmann

Ldstpft. Kruse

Ldstpft. Meyer

Ich habe die Verbindung aufrecht zu erhalten mit dem Bataillonsunterstand am Eingang zur Tettauschlucht und Minenwerfern oberhalb meines Stollens. Unaufhörlich feuert der Franzmann rechts (gegen Osten) sehe ich b. Tagesanbruch die Reste d. Forts Douaumont etwas westlich davon das Dorf D., nur noch ein Trümmerhaufen.

Der Stollen ziemlich tief, ca. 6 m unter der Erde u. 6 m in die Erde hinein. Unser Sturmgepäck, Gewehr u.s.w. hängt unten an einem in die Wand geschlagenen franz. Seitengewehr[.] Decken, natürlich sehr verlaust, dienen als Unterlage und zum Zudecken. Bei Tagesanbruch gehe ich hinaus vor den Stollen. Vor dem Eingang eine mannshohe Wehr zum Schutz gegen Sprengstücke u.s.w. Die Kanonade hört nicht auf. Von Fort Vaux oder Damloup her werden wir mit 28ern bedacht. Tagsvorher ist der Nachbar-Unterstand dadurch verschüttet. Mehreremale müssen die Läufer Befehle z. d. Minenwerfern u. d. Posten 9 überbringen. Verwundete kommen vobei. Die Hitze u. der Gesatnk werden unerträglich. Flieger beobachten das Gelände, jedesmal b. Sichtung eines feindl. Fliegers ertönt eine Signalpfeiffe, alles verkriecht sich eiligst. Gegen 10 Uhr vormitt. gehe ich zum Zugführer, vielmehr laufe unterwegs bis zum Posten 1 bekomme ich Masch. Gewehr, woher? Ich komme dort gut an, bitte um eine Flasche Wasser u. um Verpflegung[,] ich erhalte einen Trinkbecker voll Wasser, eine Flasche Schnaps von einem Kameraden. – Dann wieder zurück nach Posten 10, habe Anweisung erhalten, bei Posten 5 (Gefr. Helmedag) muß ich länger verweilen, da ich Sperrfeuer bekomme, wieder weiter, ich verfehle den Laufgraben, da völlig eingeebnet[,] ich krieche zurück, finde ihn wieder, erhalten von rechts Masch.-Gewehrfeuer, bleibe hinter der Grabenwand liegen, krieche langsam über deine Leiche hinweg u. verliere meine Flasche mit Schnaps. Schliesslich finde ich sie im Schlamm versteckt wieder. Dann geht’s in Windeseile durch die Tettauschlucht, wieder die steile Höhe hinauf u. befinde mich im Laufgraben vor dem Batl.-Unterstand. Gott sei Dank, ich bin aus der gefährl. Zone heraus u. komme zu meinem Posten 10 zurück. Ich verteile den mitgebrachten Schnaps – wenigstens eine Stärkung für den Durchfall, an dem wir alle leiden mußten. Dan ganzen Tag hört der Franzmann nicht auf mit Schießen. Gegen Abend bei Anbruch der Dunkelheit verstärkt sich das Feuer Trommelfeuer, der Franzmann trommelt die Umgebung ab, unten im Unterstand brennen wir Stearinkerzen, über unserem Unterstand liegen zwei Pioniere begraben, darunter wohnen wir. Man kann den Gestank der verwesenden Leichen wahrnehmen. Befehle kommen während der Nacht verschiedentlich an und werden weitergegeben. Immer im Laufschritt. Gegen Mitternacht Sperrfeuer. Die Truppenverstärkungen u. Verpflegungstrupps kommen heran. Schnaufend und in Schweiß gebadet erhalten wir durch Läufer vom Unteroffizier Ahring (Posten 9) unsere Verpflegung bestehend aus einem Kommisbrot, einen halben Becher schwarzen Kaffee u. etwas Mettwurst sogen. Gummiwurst. Unterhalb Douaumont quillt aus einem Gemäuer Wasser, Dura u. Eckelmann gehen dort mir Kochgeschirr u. Feldflaschen hin. Nach einer ½ Stde. kehren beide zurück. Der Weg dorthin war beschwerlich. S[c]hrappnells platzten in der Nähe der Quelle, ohne Schaden anzurichten. Um ihnen herum liegen die Leichen, halb vom Schmutz bedeckt.

11. Juni 1916

Von dem mitgebrachten Wasser wird Kaffee gekocht u. gleichmäßig unter uns verteilt. Von der Hitze macht sich großer Durst bemerkbar; die Feldflaschen werden leer, trotzdem sparsam mit den vorhandenen Flüssigkeiten umgegangen wird. Nur der Gaumen wird damit angefeuchtet[.] Schrecklich dieses Dürsten. So geht es während der ganzen Zeit unseres Dortseins. Wenig Flüssigkeit, wenig zu essen. Das Artilleriefeuer beginnt am Mittag stärker zu werden, am Abend steigert es sich noch mehr. Die gegenüberliegende Höhe mit Gasgranaten beschossen. Ein Schwefelgeruch macht sich bemerkbar, wir legen unsere Gasmasken bereit. Die Nacht versucht der Franzmann einen Angriff bei Fort Douaumont. Gewehrfeuer ist aus aller nächster Nähe hörbar. Gegen Morgen ruhiger. Die Artillerie schießt nicht mehr so stark wie am Abend vorher. Dura u. Kruse holen wieder Wasser, kommen aber mit leeren Gefäßen zurück. Sie erhalten starkes Feuer und müssen umkehren. Bei Morgengrauen steht ich vor dem Stollen. Ein Transport etwa 121 gefangene Franzosen werden den Abhang zu unserer Schucht fortgeführt, eine Granate schlägt in die Gruppe ein, zwei bleiben unverwundet, 4 tot, die anderen teils leicht, teils schwer verwundet.

12. Juni 1916

Tagsüber wieder heftiges Geschützfeuer in Richtung Fosseswald Chambrettes-Ferme. Es regnet etwas. Wir spannen vor unserem Stollen meine Zeltbahn aus, und fangen das zusammengelaufene Regenwasser in ein untergehängtes Kochgeschirr auf. Feiner Sprühregen, es dauert lange bis ein Kochgeschirr voll ist. Einige Male erhalten wir wieder Kohlenkästen (28er) vor unseren Unterstand. Mir gegenüber am anderen Abhang liegt ein toter Franzmann. Verschiedentlich wird er durch Granaten ein- u. wieder ausgewühlt, bis er ganz u. gar verschwunden ist. Im Grunde der Schlucht ein franz. Zertrümmertes Geschütz.

In der Nacht gegen 1 Uhr werde ich abgelöst u. übernehme Posten 11., der noch weiter vorn liegt in d. Albain-Schlucht.

Posten 11 ein ehemal. französ. Telephonunterstand, enger Eingang nach Süden, also dem Franzmann zu. Ich muß Verbindugn halten mit dem vordersten Gaben und Posten 9, bezw. Bataillonsunterstd. Es kommt der Befehl durch nur Briefe tagsüber zu befördern mit dem Vermerk „eilig“ oder „eilt sehr“. Im Unterstand sind:

[Namen fehlen!]

Beim Hinaustreten aus dem Unterstand bekommen wir aus der linken Flanke Maschinen-Gewehrfeuer. Drei Läufer der Relaiskette meine Vorgängers sind verwundet, Müller, Warsen, Beiß.

Tagsüber wieder heftiges Geschützfeuer, nachts noch stärker.

Gegen Morgen schwächer werdend. Im Unterstand ein Kamerad Lege (4. Komp.)[.] Im Graben durch Gewehrschuss am linken Oberarm verwundet wollte er sich zum Sanitätsunterstand begeben, wurde aber vom Franzmann nochmals in unsere Nähe beschossen und blieb in einem Granatloch hilflos liegen. Durch sein Rufen aufmerksam geworden, meldete mir ein Läufer. Ich wollte ihn holen lassen, konnte jedoch vor Sperrfeuer nicht ran. Es gelang uns am nächsten Abend erst. So hatte er noch einen Tag und eine Nacht drauß0en im Granatfeuer zubringen müssen. Wir hatten ihn schon längst aufgegeben, denn tagsüber war es uns nicht möglich ihn zu holen. Bei Anbruch der Dunkelheit des 14. Junis meldete er sich. Trotz seiner zweiten Verwundung, Schuss durch den linken Oberschenkel unter Verletzung des Knochens war er ganz in die Nähe unseres Unterstandes gekrochen. Ich holte ihn mit noch anderen Kameraden u. so gut es ging brachten wir ihn in die äusserste Ecke des gerade nicht allzu großen Unterstandes. Nachdem er sich gestärkt hatte mit einigen Bissen trockenen Brotes u. etwas Kaffee, erzählte er von seinen Erlebnissen dort draußen. Er hatte sich mit Hilfe des noch unverwundeten rechten Armes und der Zähne mit seinem Hosenträger das linke Bein abgebunden. Es blieb noch bis zum anderen Abend in unserem Unterstand u. lieferten ihn unter großen Schwierigkeiten beim Sanitätsunterstand in der Tettauschlucht ab. Meldung darüber hatte ich meinem Komp.-Führer Ltnt. Werner gemacht. Den 14. Juni verbachten wir unter dem üblichen Artilleriefeuer.

Nachts 12 Uhr setzte ein unheimliches Trommelfeuer des Franzmannes ein, welches bis zum 15. Juni mittags 12 Uhr dauerte. Flachbahngeschosse sausen über uns in einigen Metern Entfernung vorüber. Granaten schwersten Kalibers platzen ganz in unserer Nähe. Stine und Granatsplitter fliegen in den Eingang unseres Unterstandes, wir kriechen nach rückwärts und kauern dort zusammengepfercht in einer Ecke. Man sieht Angst in den Gesichtern der Kameraden. Steine und Erde bröckeln von der Decke herab. Ein herber Schlag, unsere Stearinkerze erlischt, dicht vor dem Eingang platzt eine Granate, der Eingang ist zugewühlt. Hacken und Spaten werden hastig ergriffen, wir sind verschüttet doch nur der Eingang. Zersplitterte Balken, Bretter[,] Erde und Steine versperren uns den Eingang. Sofort wird alles weg geräumt[,] um Luft zu bekommen. Von draußen hört man dumpfe Schläge, das Unwetter ist noch nicht vorbei. Das war gegen 3 Uhr morgens. Wir bessern den Schaden nur notdürftig aus, stützen die Decke ab, die einzufallen droht. Kaum sind wir damit fertig, wieder ein furchtbarer Krach[.] Wiederum werden wir von allem möglichem überschüttet. Diesmal aber mehr wie vorigesmal. Die Luft wird dünner, mit Händen und Füßen werden die Splittern beseitigt, nach rückwärts geworfen. Eingang vollständig zu. Ein bedrücktes Gefühl. Angstschweiß bedeckt die Stirn[.] Wir sind verloren. Blitzschnell fliegt das Leben an uns vorbei[.] Alle nur erdenklichen Augenblicke gehen durch das Gehirn. Wir werden schlapp. Erstickungsgefahr droht mehr u. mehr. Da bekommen wir durch ein kleines Loch frische Luft, das Loch wird größer gerissen, erleichtert atmet alles auf. Wir sind gerettet[.] Immer noch wütet draußen das fürchterliche Trommel- bezw. Sperrfeuer.

Mittags 12 Uhr tritt plötzliche Ruhe ein. Der Franzmann greift an. Wird aber zurückgeschlagen. Unser[e] Kompagnie vorn versucht einen Gegenangriff im Verein mit der 3. Komp. Gefr. Sasse leitet den Sturmtrupp. Er erreicht den französ. Graben[.] Später erhält er dafür das Eiserne Kreuz I. Kl. Utffz. Mittendorf verwundet.

Abends gegen 10 Uhr setzt wieder Sperrfeuer ein. Wir erhalten keine Verpflegung, Wasser ist schon seit 2 Tagen nicht mehr vorhanden, wir leiden alle an Durchfall. Unsere Bedürfnisse verrichten wir in leeren Konservendosen, die erst nachts in einem Sandsack fortgeschafft werden können. Es herrscht deshalb in unserem Unterstand ein grässlicher Gestank.

16. Juni 1916

Wieder den ganzen Tag über das übliche Trommelfeuer, jedoch nicht so stark als die Tage vorher. Nach mehreren Tagen Fastens u. Dürstens erhalten wir wieder nachts Verpflegung und gleichzeitig die Meldung, dass wir diese Nacht noch abgelöst werden sollen. Um 2 Uhr kommt die Ablösung. Vorher ist schon alles zurecht gelegt, um möglichst schnell diesen Ort zu verlassen.

17. Juni 1916

Gegen ½ 3 Uhr morgens verlassen wir fluchtartig den Unterstand, laufen über zerwühltes Gelände hinweg die Höhe hinauf und erreichen keuchend den Bataillons-Unterstand in der Tettauschlucht. Wir erholen uns einen Augenblick. Ich sinke vor Erschöpfung um, Utffz. Ahring reicht mir kalten Kaffee und einige Cigaretten. Nach ¼ Stunde brechen wir wieder auf[,] laufen vielmehr stürzen den Abhang hinab in die Totenschlucht. Räder, Balken, Trümmern häufen sich dort auf. Unser Weg führt in der Schlucht entlang. In der Dunkelheit verlieren wir ihn, wir laufen zu weit, erhalten Feuer, kehren um, halten uns aber mehr nach Osten, endlich finden wir wieder einen Laufgraben. Treffe Utffz. Mittendorf verwundet, der auch zum Zugführer, Ltnt Ruf will. Endlich erreichen wir ihn in der Minze. Ich erhalte Erlaubnis, zum Sanitätsunterstand zu gehen, um mir Tannalbintabletten u. Opiumtinktur zu holen wegen meines Durchfalls. Bis gegen 12 Uhr bleibe ich dort. Das Trommelfeuer lässt nach. Vom Zugführer erhalte ich Befehl Posten 6 u. 7 zu übernehmen. Gegen 1 Uhr. Ich befinde mich vor dem Posten 2, wo ich den Kameraden Schmidt au[s] Wolfenbüttel treffe (Sohn des Kirchendieners). Da der Franzmann sich ruhig verhält, beschliesse ich Wasser aus einer Quelle gegenüber der Minzeschlucht zu holen. Mit einigen Kochgeschirren u. Feldflaschen laufe ich hin, erhalten aber Schrapnellfeuer unterwegs und nehme Deckung in einem Granatloch. Gott sei Dank waren es nur 3 Schuss. Bei der Quelle angekommen trinke ich mich erst mal satt und verschwinde dann eiligst wieder mit meinen gefüllten Behältern. In der Totenschlucht platzt ein 28er, ich falle hin, die Kochgeschirre sind nur noch halb voll. Endlich komme ich wieder bei Posten 2 an. Wir kochen Kaffee. Ich sitze am Stolleneingang, da sehe ich meinen Kameraden Heidorn den Graben entlang kommen. Er erkennt mich erst nicht, seine Brille ist entzwei gegangen. Er will eine neue holen aus Gibercy. Ich bekomme als Entschädigung für einen Trunk Wasser 3 Cigarren. Gegen 4 Uhr nachm. Aufbruch nach Posten 6 u. 7. Bei Posten 4. Muß ich wegen Granatfeuer halt machen. Ich will in den Unterstand, ist jedoch schon überfüllt, ich bleibe im Eingang sitzen. Nach 1 Std. kommt ein Befehl durch ein Läufer, muß ihn weiterbefördern. Da ich nicht den richtigen Weg weiß, schliesse ich mich ihm an. Nach vielem beschwerlichen Laufen erreichen wir Posten 6 trotz Maschinengewehrfeuer wohlbehalten. Ich erkundige mich nach der Lage von Posten 7. Im Stollen 6 befindet sich ein Braunschweiger mit Namen Bienäcker. Ich nehme meinen kleinen Raum im Stollen ein. Er ist so groß, dass eben nur 2 Personen hineinpassen, aufrecht stehen kann man nicht. In der Nacht kamen mehrere Befehle durch. Bienäcker spielt trotz des Trommelfeuers Mundharmonika. Galgenhumor.

18. Juni 1916

Morgens erhalten wir Nachricht, dass wir diese Nacht abgelöst werden sollen, um in Ruhestellung zu kommen. Wir atmen auf. Der Tag will garnicht hingehen. Gegen Abend: „Diese Nacht um 12 Uhr wird abgelöst.“ Wir machen alles fertig, nach langem Warten ungefähr gegen ½ 4 Uhr, es wird schon wieder hell, erscheint die Ablösung. Raus aus dem Stollen. Der Franzmann schießt auf uns mit Masch.-Gew. Es wird niemand verwundet. Halb kriechend halb laufend kommen wir in der Minze an. Hier wird Gruppenweise gesammelt und im Gänsemarsch, vielmehr Lauf, geht’s zurück. 19. Juni 1916 Gott sei Dank, der Franzmann ist ruhig. Wir erreichen den Fosseswald. Trotz der Anstrengung machen wir nur kurze Zeit Pause, wir erholen uns nur notdürftig. Der Durst macht sich wieder bemerkbar. Wir erreichen die Höhe vor dem Wavrillewäldchen. Hier sehen wir erst die Wirkung des Sperrfeuers der vorhergehenden Tage, alles aufgewühlt. Pferdeleichen liegen noch umher. Dann durch den Wavrillewald, in die Küchenschlucht. Jetzt sind wir erst einigermaßen sicher. Wie laben uns an einer Quelle., es ist furchtbar kaltes Wetter. Wir frieren besonders im Schatten. Die Sonne erwärmt uns etwas. Nach ca. ½ Std. gesellen sich zu uns noch ein kleiner Rest unserer Komp. unter Ltnt. Ruf auf der Viller Landstraße. Langsam gehts weiter, vor Ermattung bleiben wir fast alle 10 Minuten liegen. An der Wegekreuzung nach Azannes sammeln wir uns abermals. 56 Mann ist der Rest der ehemals 180 Mann starken Komp. Ich treffe auf der Landstr. Nach Ville eben ehem. Schulkameraden Utffz. Schuppe aus Fümmelse. Die Sonne ist bereits höher gestiegen und erwärmt uns allmählich mehr. Wir erreichen Gibercy gegen 11 Uhr mittags. Ruhen uns vor der Kommandantur aus. Anfangs sollen wir hier bleiben. Um 1 Uhr brechen wir auf. Wir bitten Ltnt. Ruf um Besorgung einiger Lastautos, da wir vor Ermattung nicht weiter können. Schlieslich erhalten wir zwei. Wir fahren durch Damvillers nach Villarville, wo wir in Ruhe sind. Es wird sich gründlich ausgeruht.

20. Juni 1916

Wir werden entlaust. Pakete und Briefe aus der Heimat werden endlich nach 14 Tagen wieder empfangen. Welche Freude. Tagsüber wird sich auf der Wiese gesonnt.

21. Juni 1916

Um 5 Uhr Aufbruch nach Marville zur Kornprinzenbesichtigung. Um 12 Uhr mittags. Der Kornprinz schreitet mit Exzellens v. Wartenberg die Front ab. Wir stehen dicht am Marktplatz. Der Kronprinz verteilt Eiserne Kreu[ze] und unterhält sich mit den Leuten meiner Korporalschaft. Nach dem Vorbeimarsch an S. Kgl. Hoh. brechen wir wieder auf und kommen gegen 6 Uhr abds. wieder in Villarville an. Natürlich wieder sehr ermüdet.

22. Juni 1916

Morgens 3 Uhr Abmarsch nach Ville-Cloye bei Montmedy. Ich fahre jedoch mit einem Kranken mit der Eisenbahn nach _______________

23.-27. Juni 1916

Aufenthalt in Ville-Cloye. Morgens Exerzieren nachm. Appells. Zuerst wohnen wir in einer Scheune. Vom zweiten Tag an beziehen wir Quartier in der Schule. (Utffz. Tavernier, Specht, Ahring und ich)[.]

Wir besitzen ein Bett mit Sprungfedernmatratze, einen eichenen Schrank, Tische, Stühle u.s.w. sogar Gardinen sind vorhanden. Ich gehe in den ersten Tagen auf Suche nach Lebensmitteln. Von einer älteren Frau erhalte ich nachmittags ständig ca. 2 ½ l Milch und Eier. Von Haus erhalten wir Kaffeebohnen u. Puddingpulver, es wird gekocht. Von meinem Schwager aus Salzdetfurth bekomme ich Angelgerät u. Tavernier u. ich angeln im nahen Flusse, fangen jedoch nichts. Etwa am 25. Kommen neue Ersatz-Truppen an, darunter Fenne Garbe aus Wolfenbüttel. Nachts werden wir häufig von Fliegern besucht.  Während des dortigen Aufenthaltes habe ich an einem der Tage Arrestwache vor dem Spritzenhause.

28. Juni 1916

Um 6.30 Uhr morgens Abmarsch d. I. Batl. Nach Ville-Gloye über Velosnes nach Chareney-Vezin. Dort werden wir verladen, mittags 12 Uhr. Wir fahren über Montmedy, Chauvency, Lamouilly, Margut-Fromy, Carignan, Douzy, Bazeilles, Remilly, Autrecourt-Villers, Yoncq, Horancourt nach St. Juvin. Hier wird ausgestiegen auf der Station werden wir verpflegt. Dann marschieren wir weiter über Grandpré n. Senuc, wo wir um ½ 12 Uhr nachts ankommen und übernachten.

II. Argonnen

29. Juni 1916

Morgens 9 Uhr marschbereit. 9.30 Uhr Abmarsch über Grand Ham ___________ Laneon, Toter Mann-Mühle in Bereitschaftsstellung B.

Der Weg dorthin führt v. Senuc aus dem Tal des _______________ entlang am Rande des Argonnen-Waldes. Bis Lançon gingen wir Zug weise, von hier aus Gruppenweise, da Lançon schon vom Franzmann beschossen werden konnte. Neben dem ganzen Wege her fuhr eine Schmalspurbahn. Von Lançon aus gingen wir über eine Höhe hinweg und gelangten in die Nordausläufer des Argonnenwaldes. Herrlicher, dichter Buchen- u. Eichenbestand, teilweise von Schlinggewächsen durchzogen. Wir folgten also weiter der Eisenbahn über Charlepau [Charleveaux], Toter Mann Mühle durch das Charlottental in die Bereitschaftsstellung B. Hier wurden den einzelnen Korporalschaften Unterstände, sogen. Bunker angewiesen, die wunderschön unter der Erde ausgebaut waren. Von jedem Bunker aus ging ein Laufgraben zum Schutz gegen Granatsplitter u.s.w. Die anderen Wege waren mit Holzrosten belegt.

Wir lagen zu ungefähr 25 Mann in dem Unterstand, jeder hatte seine Ruhestätte, bestehend aus übereinander gelegten Balken, die mit Drahtgeflecht überspannt waren, sodass man sich der Länge nach darauf legen konnte. Den Lagerstätten gegenüber war der Eingang und die Fenster wie ungefähr Kellerfenster und vor diesen die Tische u. Bänke. Verpflegung holten wir Korporalschaftsweise aus dem Charlottental, ungefähr 15 Minuten entfernt, ebenso auch Wasser. Nachts hatten wir sehr unter Ratten zu leiden, die unaufhörlich über uns hinwegliefen.

30. Juni 1916

Morgens hielten wir uns vor unserem Bunker auf. Es war herrlich schönes Wetter.

Mittags 12.30 Uhr Abmarsch in Stellung.

Wir gelangen durch Laufgräben bei La Harazée und Four de Paris und lösen das Res. Inf.-Rgt. 83 ab.

Die Gräben sind sehr gut ausgebaut.

Ich beziehe einen Stollen und bekomme Nachtposten zu stellen. Bei mir sind [Namen fehlen!]

Nachtposten Sappe 25. Ausserdem Grabendienst (von 12-2 Uhr nachts). Die Stellung ist sehr ruhig, nur ab und zu hört man Geschützfeuer. Fliegertätigkeit ist rege.

Grabendienst v. 8-10 Uhr. Der uns gegenüberliegende Franzmann verhält sich ruhig, nur ab u. zu schießt ein Scharfschütze in Sappe 23. Übliche Beschäftigung: morgens Reinigen des Grabens und Auspumpen des vor unserem Unterstande befindlichen Wasserloches mit Hilfe einer Flügelpumpe in stündlichen Zwischenräumen.

 

[Die folgenden restlichen 37 Seiten des Tagebuches sind unbeschrieben.]

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Oskar Volkmann – Offizier beim 3. Oberelsässischen Feldartillerie-Regiment Nr. 80 (Teil 3/3)

Hier folgt nun der dritte und letzte Teil des Kriegstagebuches von Oskar Volkmann.

Volkmann wurde Ende 1917 an die Dolmetscherschule in Berlin abkommandiert. Doch bereits im Januar 1918 sollte er wieder mangels Verwendungsmöglichkeiten zur Truppe auf den südlichen Kriegsschauplatz geschickt werden. Eine Rückkehr zu seiner alten Einheit war nicht möglich, da seine Stelle bereits besetzt war.

Zufällig traf er dann eine alten Kriegsbekannten, der Volkmann in der Landesaufnahme in Berlin vorstellte. Dort wurde er dann auch angenommen und blieb dort bis Kriegsende.

Besonders Interessant sind Volkmanns Berichte über die Revolution in Berlin. Er schreibt über den 9. November 1918 in Berlin:

Nachdem ich zu Haus gegessen (wobei mein Bursche mir erzählte, dass sie auf der Chausseestrasse einen Offizier erschossen hätten) zog ich den Civilanzug, den ich mir abends vorher von Bruder Erst hatte holen lassen, an, um mich auf der Strasse umzusehen. Alles ruhig, Kinder werden an die schöne Herbstluft gefahren; ein paar Soldaten kommen ohne Kokarden daher. Wie ich an den Tiergarten komme nahe dem Stern, fährt über die Hauptallee ein Lastauto, auf dem sie einen roten Lappen schwenken. Schreie ertönen, ein zweites Auto langsam hinter dem ersten und dann eine wilde Menge, Soldaten und Civilisten mit Gewehren dazwischen Frauen. Autos werden angehalten, ein paar junge Kerls mit Gewehr und gezogenen Seitengewehr springen über den Rasen auf eine Autodroschke zu, die angehalten wird, und, visitiert, weiter fährt. Ein Beamtenstellvertreter, am Arm seiner Frau, ohne Waffe und mit hässlichen Stellen, wo die Kokarden sassen, kommt eilig vorbei, die Angst im Gesicht. Schüsse hört man nicht. Auf den Nebenwegen gehen Spaziergänger; jeder wechselt Worte mit andern. „Kommt man dahin noch durch?“ fragen ein paar Soldaten, die noch mit Kokarden und Seitengewehr gehen.

 

Durchs Tiergartenviertel gehe ich zu den Geschwistern. Gerade als ich vorm Haus bin, kommt von der andern Seite aus der Potsdamer Str. wieder ein Zug[.] Zwei Lastkraftwagen voll Kerls – nachher hörte ich dass Masch. Gewehre darauf seien, und eine riesige Schar von Mitläufern. Der alte Portier liess mich ein, draussen wurde grade mal wieder „Es lebe Liebknecht“ gerufen. Schon kurz darauf kamen mit Tschakos und vollem Gepäck Jäger oder Marineinfanterie – sie hatten wohl das Reichsmarineamt besetzt – und waren ebenso butterweich herübergerutscht wie das Militär an allen andern stellen. Oder welchem Befehl mochten sie folgen?

Zeitungen wurden wie immer verkauft – in der Vossischen Abendzeitung steht ausführlich, dass der Kaiser abgedankt und dass der Waffenstillstand geschlossen. So stürzt des deutschen Reichs Herrlichkeit, zugleich mit allerbürgerlichen Ordnung zusammen. Kaum macht der Verstand es sich klar, dass dies vielleicht mein letzter Tag als Offizier, im feldgrau, war; dass während ich noch Mittags geschrieben hatte, alles hier ist ruhig – mit Sonnenuntergang eine neue Ordnung da war.

Am 11. November 1918 resümiert er über die Revolution:

Merkwürdig wie sich doch alle Revolutionen gleichen. Wie beim Wasserfall vorher das Stagnieren, dann einsetzende Bewegung, die, erst unmerklich, überraschend schnell zum Absturz bringt. Für Ludendorffs Abgang, die Demokratisierung des Kabinets, die bei den ersten consitutierenden Versammlungen nur mühsam hergestellte Einigung zwischen radikalen u. noch Radikaleren, für alles sind die Vorbilder da, und die Zukunft? Der Zeitungsleser von gestern damit erfreut, dass der Bolschewismus auch die, die bei den ersten constituierenden Versammlungen nur mühsam hergestellten Einigung zwischen Radikalen u. noch Radikaleren, andern Nationen, Hollender, Italiener erfasse – aber die Presse, dem Bolschewismus hörig geworden, lügt seit Einführung „völliger Censurfreiheit“ noch viel faustdicker wie vordem.

In den Tagen nach der Revolution beendet Oskar Volkmann am 18. November 1918 sein Kriegstagebuch. Er schreibt zum Schluss:

Der Krieg ist zu Ende und damit dies Buch, das meine Kriegseindrücke aufnahm mit der Zusammenhanglosigkeit, die, währendem Erleben, die einzige Möglichkeit einer Darstellung ist.

Hoppenstedt, 18. November 1918.

Kriegstagebuch von Oskar Volkmann von Dezember 1917 bis 18. November 1918 (Teil 3/3)

Berlin, Hotel Atlas.

 

Seit fast zwei Monaten nun habe ich mein Kriegstagebuch nicht mehr in die Hand genommen, denn seither war der Krieg für mich – wenn auch nicht vorbei, so doch suspendiert. Doch haben diese zwei Wintermonate in Deutschland mir mehr Eindrücke, mehr Erlebtes und Unternommenes gebracht wie die Mehrzahl von den 40 „von denen ich wie die Maria Egyptiaca (Faust II, Schluss) sagen kann, dass ich, treu in Wüsten blieb.“

Also der Wachtmeister trat eines Morgens herein wie jeden Morgen, in mein Zimmer. Aber um seinen ruhigen Mund zuckte es auffallend, als er nun einen Zettel vorlegte: „Oberlt. Volkmann kommandiert zur Dolmetscherschule nach Berlin S.O.“

Da stands also, also doch noch! Roess, „Satteln“ Noch ein letztes Mal wollte ich über die herbstlichen Ödfelder galoppieren. Um 5 Uhr liess ich die Mannschaft antreten und verabschiedete

mich von jedem persönlich; abends noch ein Fass Bier mit den Unteroffizieren. Der Abschied war mir nach soviel Kriegsmonaten nicht leicht. Die treue feldgraue Kutsche in der ich anderen Mittags zur Bahn fuhr, hatten sie mir bekränzt wie einen Hochzeitswagen. Im Talgrün hinter Mercy-le-Haut liess ich halten; ich konnte doch nicht so in Audun am Bahnhof ankommen. Das Gepäck war voraus, es hatte einen besonderen Wagen gefüllt, denn wenn man ein so lange Kriegsexistenz auflöst –

Bauer und Müller 3 fuhren zu seiner Beförderung mit; trotzdem erreichte ich den erhofften Anschluss nicht; der mich noch abends spät nach Düsseldorf gebracht hätte, sondern lag vier Nachtstunden in Koblenz im Wartesaal. In Düsseldorf 3 Stunden, in Hoppenstedt einen Tag – am nächsten war ich in Berlin, ging ins Hotel Atlas und meldete mich in der Dolmetscherschule.

Man wusste dort von nichts – und dies erschien mir auch weiterhin die hervorstehende Eigenschaft der dortigen Geschäftsführung: niemand teilte einem etwas Bestimmtes mit, gab klare Vorstellungen. Also ich wurde für den italienischen Kursus vermerkt und eine Prüfung wurde angesetzt. Nun hatte ich zwar, nur aus verklungenen Erinnerungen meine italienischen Sprachkenntnisse aufzufrischen versucht, aber vor dieser Prüfung bangte mir doch mit Recht. Denn Kriegsjahre zahlen doppelt auch in dem, was man vergisst von ehemaligen Können. Also ich fiel glänzend durch. Der Lehrer, Leutn. D. bezeichnete es als höchst unwahrscheinlich, dass eine spätere Wiederholung der Prüfung ein anderes Ergebnis haben würde. Der Adjudant, mit dem ich sprach hatte dagegen mehr Verständnis für geistige Kriegsbeschädigungen und versprach die Sache beim Hauptmann vorzubringen.

Es geschah nun zunächst nichts. Ich besuchte den Unterricht, der in einem Keller befindlichen Versammlungsraum des Marinehauses stattfand, „ricovero parascheccie“ von uns Italiani genannt. Einige Herren kamen bald zur Front, die Zahl von 8- 10 Schüleroffizieren schmolz etwas zusammen. Für alle Fälle versuchte ich zu ergründen, wenn ich eigentlich meine Kommandierung zu danken hätte, ob nun mein Gesuch oder etwa auch dem Hauptmann Rupell, dem Schwager Hollenders. Auch suchte ich die Kriegsrohstoffabteilung auf von der aus die Offiziere zur wirtschaftlichen Bearbeitung unserer Etappe versandt werden. Auch hier wurde mir einige Hoffnung gemacht.

Da las ich eines morgens am 5. oder 6.12 im Tagesbefehl; Oberst.V. Zur Truppe zurück. Dem Hauptmann, der mich tags zuvor bei einer Besichtigung des sogenannten Anfängerkurses hatte sitzen sehen, in den ich aus lauten Eifer ging, war an mein Dasein erinnert worden.

Ich trug ihm nun andern Tags, im Helm, vor wie die Verhältnisse bei mir lägen und dass ein Zurückkehren zur Kolonne, nachdem ich mich gemeldet, nicht allzu angenehm wäre. Er gestattete mir entgegenkommender Weise noch zu einer neuen Sprachprüfung einzuarbeiten, nun arbeitete ich energisch weiter und genoss nur nebenbei Berlin, das hungernde Berlin des 4. Kriegswinters mit seinem unverminderten Rummel. Kurzer Besuch von Liese Mitte Dezember – die Prüfung, derenthalben ich unser Zusammensein schmälerte, fand nicht statt. Weihnachten kam näher und damit das Ende des Kurses. Die Offiziere, die nicht ins Feld gesandt wurden, blieben von selbst bis zum nächsten Kurs. Der fängt erst am 3. Januar an. Dazwischen aber, vom 22. Dezember bis 2. Januar, wird man nach Hause reisen können. Traumhafte Aussicht! Es gibt zwar allerhand einschränkende Bestimmungen für Urlaubsverkehr an diesen Weihnachten der abgenutzten

Schienen, der astmatischen Lokomotiven – aber zum Schluss gehts doch – wie stets beim Militär.

Es folgt der Weihnachtsurlaub in Hoppenstedt, dem ein poetisch veranlagtes Gemüt zu einem „Winteridyll“ im Sinne des Stielerschen unbedingt verarbeiten würde, während ein zeitgemäßer Kopf ihn zu einem höchst wirkungsvollen und einträglichen Film verwerten müsste. Etwa so erstes Bild, der verschneite Traumwald, in der Morgensonne funkelnd. Durch den tiefen Schnee stapft der feldgraue Urlauber mit seiner Frau, Axt und Säge in der Linken, um einen Weihnachtsbaum zu erlegen. Die umgesägte Tanne wird dann von beiden, voll Ausgelassenheit, nach Hause geschleift. Zweites Bild u.s.w. Vorher natürlich Bahnhofshalle im Dunkel des Wintermorgens, Bogenlampen blinzelnd durch den Dunst, der Bahnsteig überfüllt mit paketebeladenen Kriegern, Einlaufen des Zuges, Stur auf die überfüllten Wagen – –

Es folgt Kinderjubel, feiertäglicher Gottesdienst in der Dorfkirche, Schlittenfahrt und viele volle Schüsseln auf dem einsamen Heidegut.

Am 3.1.1918 begann der Sprachkursus wieder wie üblich; am 4. sagte mir der Lehrer, er werde mich am andern Tage prüfen, und wenn ich auch über dem Ausgang ziemlich ruhig war, so passte mirs doch nicht recht, dass ich gerade an meinem Geburtstag gesteigert ochsen sollte, und liess mich auch nicht abhalten zu feiern. Die Prüfung war diesmal von beiden Teilen – dermaßen gut vorbereitet, dass keine Fehler vorkamen. Am 6.1, der ein Sonntag war, sollten wir uns gleichwohl alle in der schule versammeln, und tun, wie wenn wir flüssig arbeiteten – denn ein hohes Tier aus dem Gr. Hauptquartier wollte die Schule „in Betrieb sehen“. So setzte ich bemooster Scholare mich auf die Bank – wie jeden Morgen den Tagesbefehl vorher lesend. Und da stand, dass ich, nebst anderen Herren des ital. Kursus, wegen mangelnder Verwendungsmöglichkeit auf den südlichen Kriegsschauplatz zur Truppe zurück geschickt würden. Das heisst, zum Ersatztruppenteil, denn meine Feldstelle, die Kolonnenführung ja ohne dies in andere Hände übergegangen.

 

Jan.1918

Sechs Wochen nur währte dies verspätete Studentendasein an der Dolmetscherschule – und gleichwohl musste ich mehrfach nachhelfen, dass ich nicht schon nach 2, nach 5 Wochen abgeschoben wurde – während andere in den Vorbereitungskursen viel länger herumsassen wie ihnen lieb war. Der Bedarf an der Front war eben unregelmäßig – wie es denn ein Zufall war, dass gerade, als ich mich der fertigen Ausbildung näherte, unsere (Operationen) deutschen Unterstützungen gegen die macaronis ganz zurückgezogen wurden. Der Unterricht war recht zweckvoll, morgens Sprachkursus, der die allgemeine Kenntnis der Sprache voraussetzte, und mit allen Schützengrabenausdrücken, den Abzeichen der Armee und Marine vertraut machte. Nachmittags sogen. techn. Unterricht, der uns mit den höchst ingeniösen „Arend“aparaten bekannt machte. Da der Betrieb sinngemäß auf die Kriegsbedürfnisse eingestellt war, so fehlte alles hemmend Kommissige. Durch einen Zufall, das Wiedersehen eines alten Kriegsbekannten in Hornborstels Buchhandlung, wurde ich – während schon mein Marschbefehl und Fahrschein nach Hagenau zur Einsatzabteilung geschrieben war – bei der Landesaufnahme eingeführt und angenommen. Zunächst wurde ich dort vorgesehen für die Vermessungsschule in Warschau; – da aber der Ordonanzoffizier des Obersten Launhardt ins Feld kam, erhielt ich dessen Posten. Zunächst glaubte ich mich bei meinem Alten und nach der langen Gewöhnung an militärische Selbständigkeit – für eine solche Tätigkeit nicht recht geeignet. Ich denke aber, mich gut eingespielt zu haben, und konnte bald meine volle Arbeitskraft an eine Sache setzen, die -, während der kurzen Monate meiner Mitarbeit,- um ein Vielfaches wuchs. Der „Leitung der Gesamttriangulation“ wurden, auch die an die Landesaufnahme übergehenden Vermessungsarbeiten des besetzten Ostens übertragen. Hier war das Arbeitspersonal, Stäbe, Vermessungstrupps, Trigonometer, Topographen erst aufzustellen, z. T. erst zu beschaffen, und die Leitlinien mussten festgelegt werden, während gleichzeitig Aufgaben in der Türkei hinzukommen und Rumänien.

 

1918

Vom 1.II bis ___V, kurz nach Pfingsten, arbeite ich mit Oberst Launhardt zusammen; einen Vorgesetzten, wie man ihn wohl selten findet in solcher Freundlichkeit und Offenheit. Ich gab mir um so mehr Mühe da ich nie ein Wort des Tadels zu hören bekommen habe. Keinerlei Kommiss-betrieb, der Geschäftsbetrieb war auch nicht gross genug, um eine eigene buro mäßige Ordnung zu haben. Oberst L. erfasste sehr rasch, arbeitete schnell und machte sich daher die Arbeitsstunden recht bequem. Von mir verlangte er nichts anderes. So blieb ich wieder ein paar Tage an der Dolmetscherschule – am Donnerstag stand aufs neue im Befehl: „Der Abmarschbefehl ObLt. Volkmann bleibt bestehen“. Aber die paar Tage hatten genügt mich einen andern Weg finden zu lassen für mein Kriegsdasein: Ich war in einer Buchhandlung zufällig meinen alten Bekannten Hauptm. Trauss begegnet, mit dem ich schon in Flandern auf Bücher gefahndet hatte. Beim gemeinsamen Abendessen erwähnte ich, dass ich mit morgen ein Stellungsloser  sei, u. Er schlug mir so gleich vor, mich bei dem Chef der Landesaufnahme, bei der er seit kurzem beschäftigt sei, unserm alten Divisionsk´deur von Bertrab zu melden. Als ich diesen anderen Morgens im Dienstanzug meine Bitte vortrug, nahm er mich gleich an u. ich sollte wenn die Genehmigung der Ers. abt. einträfe, der neugegründeten Schule für Vermessungsausbildung der Polen in Warschau als Offizier beigegeben werden. Die Einwilligung liess lange auf sich warten – zwischendurch durfte ich „zur Vervollständigung meiner Feldausrüstung nach Düsseldorf fahren. Als sie am 31.1. kam, war über meine Verwendung schon anders bestimmt: als war zum Ord. Offizier des Obersten im Generalstabe Launhardt bestimmt, der die Gesamttriangulation unter sich hat. Einarbeiten war bei dem geringen Geschäftsumfang leicht.

Vom 7-10.II machte ich mit Oberst L die erste Dienstreise nach Warschau u. Brest-Litowsk. Im Schlafwagen fuhren wir vom Bahnhof Friedrichsstrasse bis Warschau durch, wo wir morgens acht Uhr, mit knapp 1 Stunde Verspätung einliefen. Das Leben der slavischen Grossstadt, obgleich durch den Krieg sicher stark gebunden und modifiziert, pulsierte lebhaft. Flinke Droschken; deren Gummiräder der Deutsche des Jahres 1918 mit fremdartigem Staunen sieht, fliegen über das Holzpflaster. In den Läden sind noch die bei uns traumhaft gewordenen Dinge reichlich ausgelegt: Schinken und Schmalz, Backwerk, gutes Schuhzeug. Das große Hotel ____ ist mit internationalem Comfort angelegt; wir erhalten durch die Kommandanten jeder ein gutes Zimmer zugewiesen. Die Besichtigung der Vermessungsschule ist eine kurze Stippvisite. Am anderen Morgen nach Brest-Litowsk, auf das in diesen Tagen die Augen der Kriegsführenden mit Spannung gerichtet sind. Dass der Friede mit der Ukraine in der letzten Nacht unterzeichnet sei, hörten wir schon unterwegs. Litauisch-Brest ist eine Ansammlung von Häusern, von dürftigen einstöckigen, teils nach russischer Art aus Holz gebauten, teils mit Putzschwindel international verkleideten. Sehr weiträumig in dieses Land, das ja nichts kostet, aufgestellt – doppelt trostlos im jetzigen Zustand der Zerstörung. Die Citadelle liegt 20 Minuten davon. Ihre – sämmtlich nicht zerstörten Kasernen und Häuser beherbergen nicht nur das Oberkdo. Ost, sondern in diesen Wochen auch die Friedensdelegationen der Mächte, die in einer Reihe von Hausblocks aus rotem Ziegelstein, etwa für verheiratete Unteroffiziere, untergebracht – sich wenigstens nicht über Ungleichheit in der Quartierung beschweren können. Übrigens merkt man von der Bedeutung dieses Ortes und den Fäden, die sich von hier zu den Hauptstädten der Kriegführenden spinnen, nicht viel, die Strassen sind leer kaum sieht man einen Kurier. Der Oberkommandierende, der alte Leopold von Bayern, hatte seinen 70 Geburtstag, und so kamen wir gerade recht zum Fest. Oberst. L war ins Casino 1, der „Spitzen“ geladen; in dem grossen Casino 3, wo ich war, ging es aber nicht weniger festlich zu – zumal in dem Nebenzimmer, wo die verschiedenen Gattungen der kriegsmäßigen Luftfahrerei ihre besondere Tagung mit viel flüssigen und einem rheinischen Tönchen begingen. Ich war durch Freund Albert Poensgen dorthin mitgenommen – und der Oberst hatte den sicheren Riecher als er mir vorher sagte: „ich hole Sie dort ab“ – um so bis in die späteren Stunden an dieser davor hafteren Tafel kleben zu bleiben.

18/19.2 allein Dienstreise nach Münster a/ St.; zurück über Rüdesheim, Düsseldorf, wo ich mit Angina 2 Tage festlag, Hoppenstedt (wohin ich erst nach  einem unfreiwilligen Nachtaufenthalt in Celle kam).

24.02 zurück Berlin

7. März 1918 abends Schlafwagen Dienstreise nach Stuttgart, Besichtigung der Ersatz- und Versuchsstelle für im Feld zu verwendende Trigonometer u. Kastenzeichen. Besonders die bisherigen Ergebnisse und die Methoden des trigonometrischen Bestimmens von Punkten aus Flugzeugphotoprogrammen, werden uns durch Lt. d. R. Fischer einen Wissenschaftlers vorgeführt. Dies Problem durch welches die Flugzeugphotographie nicht nur ein wichtiges Hilfsmittel des Kastenzeichnens würde, sondern mit der Genauigkeit trigonometrischer Messung die Punkte des Geländes berechnen lassen würde, war schon bei dem eine Woche vorher in Berlin tagenden Kongress ein in Brennpunkte stehendes gewesen.

Am 9.2 11 Uhr vorm mit einem Dienstauto entzückende Fahrt durchs Schwabenland (Marbach, Waiblingen,) abends 8 Uhr Rückfahrt bis Erfurt, von wo ich für den Sonntag nach Bachstadt fahre.

Am 15 abends nach Wien mit Oberst L. und Hauptmann Degners. Besprechung im mil. geogr. Institut.

Montag 18. habe ich für mich. Von ½ 9 – ½ 1 allein unter den schätzen der kaiserlichen Gemäldegalerie, nachm. Schönbrunn, Stadtbummel Abendessen 7 Uhr zu Nordwestbahn; Ankunft anhalten 03.11 Uhr früh. Die Aufgaben der „Leitung A“, d. h. des Obersten (Launhardt), vergrössern sich in diesen Monaten wie ein Luftballon, der aufgeblasen wird. Eine Vermessung und topographische Aufnahme der ganzen Gebiete, die von uns im Osten jetzt besetzt gehalten werden.

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22.03.1918 Am Tage unseres grossen Sieges an der Westfront hält hier in Berlin Herr Lohn-Wiener oder Wiener-Lohn einen Vortrag über Cezanne und Gauguin, Van Gogh „jene epochale Trias“ u.s.w. in neugeformten Superlativen.

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Pfarrer Schütz soll die Witwe meines Kampfmann Langrock geheiratet haben (oder wohl richtiger umgekehrt)- für Den der die Figur dieses Satyrspiels nach der Tragödie kennt, ist es diffizile, tragicomediam non scribere.“

 

Vom Ostersamstag, 30.03 bis 11.04 Osterferien in Hoppenstedt Besuch von Oberst L. zur (Birkhahnbalz), und Vorfrühling in der Heide.

Am 15.04. abends mit Oberst L. zu den Vermessungsarbeiten der Gesamttriangulatuion im Westen. (Es war für mich schmeichelhaft, dass Hauptmann Leupold, den Adj., bat, dass ich hier bleiben solle als der in den wichtigen in Vorbereitung befindl. Arbeiten bewanderte. Aber der colonello wollte sich u. mir den Spass nicht verderben) Morgens Köln, nachm. 06. Trier, wo mit Pehnack im Casino eine gediegene Weinprobe nimmt. 17.04. Fahrt nach Trierweiler, wo ein Vermessungsturm; zurück Trier, dann über Station Waldhof nach Luxemburg. Bei der schnellen Fahrt im offenen Auto hatte ich so gefroren, dass mir der Pelz, den eine Kompanie des Landsturmbattl. aus ihrer Kammer mir lieh, sehr willkommen war. Auf den Stationen Bericht der Beobachter Messungen konnten wegen der Witterungen in unserer Anwesenheit  nicht ausgeführt werden. Nachmittags Luxemburg, sah mir das Städtchen allein an, mache Einkäufe

18.04 von Luxemburg über Arlon nach Monmédy [Montmédy] (aus pneumatikalischen Gründen), Margut, St. Walfroi [St. Walfroy], Sedan. abends „Traube“ wo auf dem Turm der hochgelegenen Wa[l]lfahrtskirche die „Gruppe 2“ ihr Beob.gerüst hatte.

19.04 Sedan – Bouillon (von fern den Holzturm gesehen) – zudem in der Einsamkeit weitab von der Straße gelegenen Jagd schloss der König der Belgier, Ch. des amérois, das wir fleißig besahen u. photographierten[,] dann Besichtigung der auf dem Felsen über der Sambre trotzenden Burg der Grafen von Bouillon. Die baugeschichtlich so interessante Burg wurde besichtigt. Weiter über weite, einsame Waldhöhen – denen Axt und Säge- Hilfsmittel für den Stellungsbau – mit deutscher Gründlichkeit- zur Leibe gegangen sind, nach Mézière-Charleville [Charleville-Mézières]. In dem neu ausgestatteten Offiziersheim aßen wir (erneut Panne!) und fuhren abends noch nach Mainbrécy [Mainbressy ] (Station 3) und Vervins, wo ein behaglich – alt eingerichtetes französisches Hotel das Offizierquartier war. Hier hinten merkt man nicht sehr viel von den schweren Kämpfern – nachts ein paar Flieger, für Weller, den Burschen u. Buchbinder, den alten Knacker, den Launhardt überflüssigerweise mitgenommen, ein Heldenerlebnis.

20.04 morgens fährt auf dem laut übers Pflaster klappernde Verbreiterungsplatten an den riesigen Rädern eine Traktorenkolonne ein geheimnisvoll überdecktes Geschütz vorbei. –

Samstag. 20. Vervins-Marle neuen Punkt, den Pehnack erkundete. Mittags Guise. Fahrt Thioleth [Thiolet], wo ein riesiges Beob. gerüst, von Sembries gebaut, fast fertig ist. Rückkehr Guise.

Sonntag. 21. Ausflug westwärts u. Quentin, dem grauen voll zerschossenen, und in die Stellungen

westlich von wo einige „Kriegsandenken“ mitgeschleppt werden kostete/Schlauch/Reifen

 

[Bemerkung am Rand, Bezug zum Text unklar:] die sich einen Monat ja weit hinter unsern Linien liegen

 

Abends Le Cateau.

Montag. 22. – Avesnes – Maubeuge Ausflug im Auto ins Belgische

Dienstag.23. Maubeuge Köln, Mittwoch Köln – Düsseldorf – Berlin.

Hier finde ich die furchtbare Nachricht, dass 3 liebe Regimentskameraden, darunter der treueste, Konrad, gefallen sind. Vorher die Nachricht vom Tode von Otto Preyer und die uns in Herbesthal erreichende Trauerkunde, die jeden wie der Verlust eines persönlichen Freundes traf, dass Richthofen gefallen! Das Niederdrückendste sind die Gegensätze! Der Egoismus dieser mehr dem Vergnügen wie etwas anderen dienenden „Dienstreise“ wo hier die Aufgaben drängen. Auch die beschwörenden Plakate zur Kriegsanleihe stehen in einem bösen Gegensatz zu der Art wie hier Staatsmittel ausgegeben werden, herumgereist wird „da es ja jetzt keinen Etat giebt.“ Besser wie Kriegsanleihe zeichnen ist: Dazu beitragen, dass der Kriegsanleihe bedarf möglichst nicht ins uferlose wächst – da kaum mancher ein Teilchen zu helfen.

Zum Landsknechtsdasein sieht meine Generation sich noch länger verurteilt, die wir uns das Leben gedacht hatten, in Erfüllung eines erwählten Berufs, mit Frau und Kindern.

Nun liegt dies Dasein (diese Kultur) irgendwo, hunderte von Kilometern fern, noch immer in Kisten und vielleicht werden wir es um uns erst wieder aufbauen für den Lebensabend wie jener Condottiere, dem die sehnende Gattin während seiner Kriegsfahrten die Villa Imperiale bei Pesaro erbaute mit der Aufschrift: „redeunti e bellis conjugi erexit uxor fidelis“

Bis dahin aber schlägt man täglich seinen Purzelbaum in der Tätigkeit, in die der tausendste Zufall einen stellte.

Berlin, das geistige Berlin, ist eigentlich noch ganz vorkriegs-zeitlich: Wedekind, und die Mehrzahl der Litteraten die zu Worte kommen, leiden noch an den selbstbereiteten Schmerzen der Überkultur (aus Mangel an anderen schwereren Erfahrungen) und ihre Dichtungen ihre Weltanschauungen werden (wie gestern, 28.4.) vor einem ganz vor-kriegszeitlich wirkenden Auditorium von Kunst- Weiberln, semitisch aussehenden Jünglingen, vorgetragen – übrigens vorzügliche Deklamation – von L. Hart.

04.05.18 Dienstreise mit Excellenz v. Bertrab und Oberst L. nach Jena zu den Zeiss-Werken. Anschließend Weimar und Besuch in Bachstedt über Sonntag Montag.

Dass unsere gewaltige Frühjahrsoffensive nicht zu einem vollen „Durchbruch“ gediehen ist, wird bedauert und betrauert. Mir scheint ein solcher „Durchbruch“ ins Freie „der uns wieder zu Zuständen wie im August 1914 führen würde, heute unmöglich. Denn wenn die Stoßtruppe auch so viel Stellungen hintereinander überrannt hätte, dass schließlich keine Truppen, keine ausgebauten Stellungen mehr vor ihr liegen würden – dann – kann sie selbst nicht weiter. Nicht nur wegen eigener Erschöpfung – die soll auch als nicht vorhanden angenommen werden – sondern weil der Tross durch das zerfurchte Gelände der Linien einfach nicht so nachkommen kann. Und ohne die Wagentruppen: die Kanonen, die ungeheuren Munitionsmengen, die Verpflegungskolonnen können die zusammengeballten in Infanteriemassen nicht vor. Viel schneller wie die herankommen, hat unbedingt der Gegner Reserven von anderen Fronten von rückwärts durch das – noch unzerstörte Gelände herangekarrt, die, wenn nötig auch ohne vorbereitete Stellungen, das artilleristisch nicht mehr vorgearbeitete Vorgehen der Infanterie aufhalten. Deshalb ist – was vom Standpunkt des alten Grabenkampfes 1915 paradox klingt – nicht das Überrennen der feindlichen Hauptstellungen das schwerste Stück – sondern die Verluste sind nun so schwerer geworden, je weiter wir darüber hinausdrangen.

Eine andere, wirklich vorhandene Gefahr beim Durchbrechen ist das Finden von grossen Vorräten das unsere auf essbare Schätze schwer erpichten Jungens einfach festkleben lässt. Bei Montdidier z.B. sind die erbeuteten Schokolade- und Sektmengen dem Weiterdringen verhängnisvoll geworden.

Da mein Katarrh anhält, lasse ich mich vom Arzt untersuchen und ein leichter Lungenspitzenkatarrh wird festgestellt. Himmelfahrt brachte ich im Bett zu und vor Pfingsten wurde mir ein sechswöchentlicher Erholungsurlaub verordnet. Ich reiste erst nach Rückkehr von Oberst Launhardt am 23.05 nach Hoppenstedt u. kam am 05.07 wieder nach Berlin. Sechs Wochen wie im Frieden.

Gartenbau und Kindeszucht und Lesen guter Bücher, vor allem musste ich ja meiner Gesundung wegen Liegen im Freien und untätig sein.

Nach der Rückkehr heile ich mich in Berlin in der behaglich eleganten Wohnung, die mir in der Bochumerstrasse von ihrem Inhaber, einem kriegsverletzten Offizier überlassen ist, erst völlig aus. Tätigkeit nicht übermäßig groß da in meiner Abwesenheit von Major von Rönne die Geschäfte der Leitung A. organisatorisch stark ausgebaut und noch andere Offiziere beschäftigt sind.

In unserer Politik vor dem Kriege war einer der schwersten Fehler die Überschätzung Oesterreichs als einer Macht, seine Beurteilung aus einer Perspektive der Kabinettspolitik, die die centrifugalen völkischen Triebe unterschätzt, wie Metternich unseligen Angedenkens, als er die Donaumonarchie neu zusammenklebte, nach der Landkarte. Allein die furchtbare blutige Ironie der Geschichte ist es, dass die Preußen-Deutschland, dass der Habsburgerstaat einen nieder zu halten suchte, wie er konnte, nun sein ganzes Herzblut vergiesst, um dieses Staatengebilde zu halten, das doch nicht mehr zu halten ist. Dieser Zerfall schon soweit fortgeschritten ist, dass zum Beispiel in den Kriegszügen der abgefallenen Tschecho-Slovaken eine Erscheinung zeigt, wie es die Weltgeschichte wohl noch nicht gesehen hat. Diese Leute, die schlechte Soldaten waren, solange sie im Felde lagen gegen die Feinde ihres Staates, beweisen Zähigkeit und Todesmut nicht nur, sondern auch Disziplin, als sie nun kämpfen können und dem Ziele Oesterreichs zu zerstören. Gegen den Staat, von dem Sieg, eine Legion von 40-60 Tausend Hochverrätern ihr Volkstum losreißen wollen, können sie aus der Ferne ihre Gefangenschaft, die Waffen nicht richten – es genügt ihrem Willen, dagegen zu kämpfen, ihrer Zähigkeit, wenn sie das Russland, das mit Oesterreich Frieden schloss, angreifen. Auf tausende von Meilen getrennt von Freunden, von einer helfenden Basis, gegen die Übermacht so riesigen Massen wollen sie doch kämpfen, kämpfen – Uns kann recht sein, wenn so in der Wolle gefärbte Feinde des Germanentums nun ordentlich zur Ader gelassen werden, nachdem sie regimenterweise überlaufend, vorher ihre Kraft erhalten hatten – aber ausrotten kann man ihre [stirps?] nicht mehr.

In unserer Lebenshaltung sind wir heute – trotz aller Einschränkungen – noch vor kriegszeitlich; der Geldverdienst ist heute bei der Mehrzahl der Leute ein wesentlich höherer, dass die Teuerung der Waren, die ja auf manchen Gebiet erst eine Folge des so stark vermehrten flüssigen Geldes ist, vom einkaufen, vom Geldausgeben nicht abhält. Und ob dies und das wirklich weniger gekauft wird ist ja nicht das Entscheidende, sondern die Gesinnung, der Wille einfach zu sein. (weniger Eleganz etc.) Die wirkliche Einschränkung wird erst eintreten nach dem Kriege, wenn die Kriegsaufträge, die mit den gepumpten Milliarden bezahlt werden, wegfallen.

 

Anfang August und Anfang September Besuch von Liese in meiner möblierten Wohnung. Ich habe mich von Berlin weggemeldet aus „inneren Gründen“ – auf die freiwerdende Stelle des Leiters der Hauptdreiecksmessung West. Beende damit nach 10 Monaten mein Berliner Gastspiel.

Vorher sendet mich der Oberst zur Teilnahme einer Grundlinienmessung nach Rumänien, – ein willkommener Auftrag, und ich sehe es nicht als meine Sache an, zu prüfen ob in diesen bitterschweren Zeiten eine solche Arbeit kriegswichtig genug ist. Für die trigonometrischen Arbeiten im Ölgebiet von Leutnant Wrage giebt sie eine feste Unterlage. Ich fahre Sonntag, 22.09. von Berlin über Liegnitz, wo ich mir einen kurzen Überblick der dortigen Barockarchitekten erschaffe – nach Breslau, dessen Städtebild ich einen Tag studiere. Montag Abend, nachdem ich auf dem abgelegenen Freiburger Bahnhof mit den von Josefstadt zur Messung, kommandierten Herren zusammengetroffen bin, fahre ich allein mit Schlafwagen nach Budapest, dessen großstädtische, regelmäßige Anlage mit dem lärmvollen magyarischen Strassenleben mich bis Mittwoch mittag fesselt. Weiterfahrt über Arad – wo ich glücklicherweise aus dem übervollen ungarischen Schnellzug in den deutschen „M.U. Zug“ steigen kann. Am anderen Morgen um 6 Uhr Schässburg mit der auf grünen Hügel lagernden Kirche. Halt bis Mittag. Stadt, Schlossberg, Spaziergang weiter Kronstadt.

Freitag 27.09. Zinno bestiegen, Stadtkirche, Aufnahmen Weiterfahrt über die Berge nach Predeal, weiter Campina Ploesti [Ploiești]. – an Baicoi [Băicoi]fuhr der Schnellzug vorbei. Abendessen, Telefongespräch mit Wrage in Calinesti [Călinești]; darauf Rückfahrt nach Baicoi, wo mich Wrage im Wagen abholt im Landsitz Cantacuzenu.

Fahrt nach Campina mit Hauptm. Breitter.

Sonntag: Spaziergang zum Weinberg.

Montag: Beginn der Basisvorbereitungen, ich lerne das Dasein des rumänischen Bauernvolkes in dieser herrlichen Gegend, am Fuss der Berge, die dem Landschaftsbild den Stempel geben, kennen.

Nachm. Fahrt nach Magureni [Măgureni], wo wir auf dem Gut Dörrpflaumen, Dörräpfel, Pflaumenmuß im Grossen einkaufen. Ein Kastenwagen muss die schweren Kisten abholen. Bei der Rückfahrt in Floresti [Florești] Halt bei unserer dicksten Freundin die den obligaten Zuika mit einem Glas Buttermilch kredenzt. Das Herrenhaus des „Doktor“ Kantacuzenu – eines Mitgliedes der bekannten Fürstenfamilie dem hierherum riesiger Landbesitz gehört – ist von der Strasse her einstöckig, weiss geputzt wie alle Häuser hier und mit seinen flachen Dach wenig imposant.

Nach der Rückseite wo das Gelände zur Prahowa Niederung abfällt zweistöckig mit ein paar Gartensälen, die, halb in der Erde steckend, vorzüglich angenehm sind für die brütend heissen Sommertage. Alle Räume sehr gross, wenig Fenster, Durchaus Pariser Einrichtung. Auch die Bücherschränke verraten die völlig französisch gerichtete Kultur.

Mittwoch 02.10. nachm. Wieder zum Mosttrinken und Traubenessen mit den anderen Herren der

Messung zum Weinberg, wo Wrage sich von der reizenden nicht trennen kann.

Donnerstag Bukarest, das wie ein riesiger Trödelmarkt wirkt. Zusammen hanglos steckende Häuser, Eleganz Pariser Kitsch, neben dummen Hütten dazwischen verstreut die kleinen orientalischen Kirchen.

Dass unser Feldgrau noch absolut die Herrschaft und Ordnung hat, hindert die rumänischen Offiziere nicht, stutzerhaft in ihren eleganten Uniformen und mit ihren Kriegsgedenkzeichen auf der Kalea Viktoriei zu bummeln – unsere Offiziere, die hier kein schlechtes Leben zu führen scheinen, haben sich offenbar mit den rumänischen Damen besser befreundet –

Ich kaufe durch Vermittelung des Wirtschaftsoffiziers billig Weine und Liköre; der Droschkenkutschen, der die schwere Kiste zur Bahn fahren soll, muss erst geschickt überlistet werden. – Den Beobachtungen u. Erlebnissen des Architekten gebe ich in diesem Kriegstagebuch keinen weiteren Raum.

Freitag 04.10.1918 Teilnahme an der Messung, die bei den eingespielten Teilnehmern (die ja unmittelbar vorher in Josephstadt dasselbe gemacht hatten) gut vorangeht. Am Samstag mittag werden wir fertig. Es kommen einige Herren von unserer Vermessungsschule in Bukarest als Zuschauer. Sonnabend zweiter Besuch in Bukarest. Die begehrten Spirituosen können nun abgeholt werden, wenn man Flaschen bringt.

Sonntag Gäste im Schloss. Autofahrt ins Zigeunerdorf Margineni [Mărgineni]. Hahnen auf Spiess. Morgens Zigeunermusik im Hochzeitshaus („nunte“) – In diesen Tagen werden die ernsten Rückschläge an unserer Westfront, die Demokratisierung der Regierung Deutschlands bekannt.

Die in deutscher u. rumänischer Sprache verfassten Heeresberichte werden von den Bukarestern voller Interesse studiert.

Dienstag 9.54 Abfahrt von Baicoi nach Bukarest – Güterbahnhof. Da wir gegen 4 Uhr ankommen und der Mil. Url. Eiltransportzug („Utez“) dem unsere beiden Wagen angehangen werden sollen erst um 10 Uhr abends geht, ist Zeit, in der Hauptstadt entweder – Freimarken zu kaufen

wie es Beer, der grosse macht oder das Juden- und Zigeunerviertel zu besuchen und, nach der schnell hereingebrochenen Dämmerung, bei Jordache ein echt rumänisches Abendessen einzunehmen.

Die Rückfahrt am eisernen Tor vorbei, über Temesvar, Budapest Güterbahnhof, durch Mähren (Kremnitz mit seiner unvergleichlich schönen Burg über der Stadt) und Schlesien geht es langsam, wie das bei diesem Zug anzunehmen war – es wurde vier mal dunkel und wieder hell, bis wir, mit 12 Stunden Verspätung – am Görlitzer Bahnhof hielten.

Der inzwischen zum General beförderte Colonell teilt mir mit, dass ich nun mehr ans Herausfahren in den Westen zu denken habe.

Dienstag 15.10. fahre ich über Lehrte – Hoppenstedt- Düsseldorf nach Méz. Charleville [Charleville-Mézières]. Die Aufgabe, um deren Übernahme ich den General vor 2 Monaten gebeten, die militärische Leitung der vier im Westen an einer neuen Hauptdreieckmessung arbeitenden Gruppen – gewinnt unter den inzwischen auf der Weltbühne eingetretenen Erschütterungen eine andere Beleuchtung.

Laon und Guise die die vorderen Eckpunkte der geplanten und in ihren Signalbauten fertiggestellten Dreieckskette werden sollten, liegen unter feindlichen Feuer, und in letzten Tagen in die Hand der französischen Truppen gekommen, infolge des riesigen Apparates unserer Rückzugsbewegung sind die Verbindungen verstopft – es gibt, von diesen so gross (zu gross!) angelegten Vermessung Arbeiten zu retten, auszuwerten was noch zu retten ist. Wahr ist´s, in dieser Stunde der Not gehörte jeder Mann an die Front, aber mit der nationalen Erhebung wird immer noch kein Anfang gemacht. Das Entfachen der Flamme wird nicht versucht – vom zündend verfassten Aufrufen grossen Worten haben wir in den 4 Jahren ja schon so viel gehabt und durch greifende energische Maßregeln ein Abbauen unserer riesigen Organisationen um des Kriegeswillen – dazu sind eben diese Organisationen zu schwerfällig. Es wird hier und da eingeschränkt, aber ich hörte von keinem, der selbst die Feder hinlegte und wieder zum Säbel griff – jedenfalls von keinem Aktiven von den Tausenden in der Kriegswirtschaftsbetrieben und Ämtern tätigen Herren.

Von Méz. Charleville [Charleville-Mézières] versuche ich zur Beobachtungsgruppe 1, die ich in La Bouteille vermute, zu kommen. Da aber bei telefonischer Anzeige von Hirson aus keine der fraglichen Ortskommandanturen etwas weiss, fahre ich zurück nach Maubert-Fontaine wo ich mein Geschäftszimmer einzurichten beabsichtige. Das heisst, ich besteige den Zug – eine Abfahrt schien vorläufig von den entscheidenden Mächten nicht beschlossen.

Nach Eintritt der Dunkelheit wurde der Zug in einen Nebengleis gefahren – wie wir bald merkten, weil bei dem mondhellen Abend Flieger vermutet wurden. Die kamen dann auch und bald tobte „die wilde Schlacht“ Signale, das Bellen von Abwehrgeschützen, dicht bei uns auf den Gleisen der Krach von Bomben mit schwarz aufsteigender Rauchwolke, dazwischen rasseln der Maschinengewehre, die Lichterstreifen zweier Scheinwerfer wie drohend hin und her bewegte Finger.

Am 16. Oktober beginnt der Krieg wieder für mich – wenigstens ein wenig, im Hintergrunde. Ich fahre über Méziére-Charleville [Charleville-Mézières] nach La Bouteille zur Beobachtungsgruppe, unserer Hauptdreiecksmessung; d.h. ich mache den Versuch – aber in diesen Tagen des grossen Räumens ist der Eisenbahnverkehr ganz unregelmäßig. Da auch telefonische Verbindung nicht zu bekommen, fahre ich von Hirson nach Maubert Fontaine, das mir als Ort für die Leitung der Dreiecksmessung empfohlen war. Der Zug, der 6 Uhr abends abfahren sollte, hielt und hielt – endlich wurde er in ein Seitengleis gefahren; bei dem mondklarem Abend vermutete man Fliegerangriffe. Bald waren wir auch wirklich in den wildesten Schlacht. Signale, dann auf allen Seiten Bellen der Abwehrgeschütze, dicht bei uns auf den Gleisen der Krach von Bomben mit schwarz aufsteigenden Rauchwolke, dazwischen das Rossrasseln der Maschinengewehre, die Lichtstreifen zweier Scheinwerfer wie drohend hin und her bewegte Finger. Nach Mitternacht, als drei Angriffe vorbei, setzte sich der Zug in Bewegung, und um 3 Uhr ging ich durch die mondstille Dorfstrasse zur Kommandanten wo wir sogleich Quartierzettel erhielten. –

Wird Deutschland die Kraft aufbringen zur inneren Erhebung? Die Frage bedrückt das Herz in diesen Tagen furchtbarer Einbusse. Werden wir diesen schwerfälligen ungeheuren militärischen Aparat auflösen können der zu viel Kräfte von der Front abzog?; die Maschine umschmieden können zum Schwert? Im Torweg steht ein kräftiger junger Soldat. Was sind sie?

„Der Kraftfahrer des Herrn Distrik[t]sveterinärs“ Und ihr? „Handwerker beim Scheibenbahnkommando des Schiessplatzes“ – Die ganze Schiessplatz- Verwaltung mit Offizieren u. Werkstätten, Burschen u. Offizierkoch soll verlegt werden nach Donaueschingen –  wärs nicht zeitgemäßer, ihn aufzulösen! Überall ein Weiterarbeiten ins Leere – fast wie bei den Arbeiten der Hauptdreiecksmessung. Lille ist geräumt Roubaix, Tourcoing und dem ganzen Westländern durch 14 Kriegsmonate mir vertraut. Lille, das von uns mit vielen Millionen Kosten zur modernen Festung ersten Ranges ausgebaut war, ohne einen Schuss aufgegeben. Freilich, die Rückzugsbahnen begannen bedroht zu werden, der Engländer brennt an der vorgetriebenen Ecke bei Kortrijk mit besonderer Hitze – gleichwohl, welche Werte, welche Pfänder liessen wir fahren.

In der Knechtschaft  erst lernen die Völker das zähe Festhalten am Nationalen, die Verschlagenheit. Die Rumänen wurden unter dem Druck der Türkenherrschaft ein Volk; die Polen haben unter Deutschlands Herrschaft gelernt, Handwerker, sparsame, zäh zusammenhaltende auf eine nationale Einigung hoffende Menschen zu werden; – wird den Deutschen die Not ebenso die Eigenschaften lehren, die ihm mangeln.

Der deutsche Michel mit der Zipfelmütze, der Bierbankphilister mit seinem „Recht muss Recht bleiben“ –  so stellt sich nach den Sozis nun auch Herr Erzberger auf und verkündet als der Weisheit höchsten Schluss in seiner Absonderung über den Völkerbund dass Deutschland Belgien im höchsten Maße unrecht getan habe – verkündet, darauf liegt der Ton inmitten unserer Kämpfe.

„Ich stand in der Mitte des Leben, als alles Dies kam.“

 

2.11.1918

In der Frage, wie weit Das, was jetzt hereinzubrechen scheint, unabwendbar ist, – wo die Grenzen des Möglichen für unser Volk liegen, hört man in Gesprächen manche Einzelheit ( und nun aus Einzelheiten) Zunächst, dass unsere schlechtesten Soldaten des jüngste Jahrgang sind, der die letzten vier Jahre keine Prügel, keine väterliche Zucht mehr erfahren hat und das viele Geld verdiente. Freilich, auch auf die alten Knaben, die mit den Kolonnen, Bagagen und Magazinen schon bis über die Maaß zurückgenommen werden, wirkt das „Richtung Heimat“ so faszinierend, dass sie für die Gefahr der Lage keinen Sinn haben und alles andere sind wie bedrückt. „Raus aus dem ….. Frankreich!“ Der Amerikaner geht vielfach schon so schlecht  vor wie der Engländer – aber unsere Kerls wollen eben nicht mehr. So wird uns auch die Maaßlinie nicht auf die Dauer schützen – zumal mit der nationalen Erhebung immer noch nicht ernst wird –  dem ein Leitartikel in unserem neuen Regierungsorgan, dem Vorwärts, kanns allein auch nicht machen – und für Aufrufe ist man ohnehin schon etwas unempfindlich.

Vom 02.11 bis 08.11 1918 bin ich in Berlin, in Vertretung des verreisten General Launhardt.

So muss es kommen! Ein Deutscher Militärtransport in Budapest auf dem Bahnhof entwaffnet! Als ob erst diese Nacht der Stimmungsumschwung dort gekommen wäre und nicht schon seit Tagen Deutschenfeindschaft, die Oppositionsdemokratie zur vollen Herrschaft, zum Bruch mit der Habsburgerei drängte ohne von diesen alten Mächten irgendwie gehindert zu werden. Freilich, die Evolution (von Revolution wie Graf Carolyi in einem Telegramm an den Vorwärts rühmte, kaum keine Rede sein) ist schnell gekommen aber eine Leitung, die auf dem Posten war, musste dies soweit übersehen, dass sie keine Transporte mehr nach Rumänien absendet. Wozu auch noch! Man darf es wirklich nicht laut sagen, was bei uns alles ruhig weitergeschieht – trotz dem Weltgeschehen dieser Tage! Da zeigt sich erst, wie schwerfällig unsere Maschine ist. Nachdem die erste Erschütterung vorbei ist dass Ludendorff abtreten musste, gewinnt, die kühlere Beurteilung Anhänger, dass er nicht nur der geniale General und Operationsleiter der riesigen Ausmaße, sondern daneben der unberufene Leiter des deutschen Nationalschicksals geworden war, und zwar unberufen in jedem Sinne. Selbst wenn er die Grenzen des Möglichen für unsere Sache richtiges hätte einschätzen können – mit einer wirklichen Regierung hätte er auf die Dauer in dieser unverantwortlichen O.H.-L.= Politik nicht arbeiten können. So aber hat es die Kasse an den Rand des Argumentes gebracht.

Ein Schlaglicht auf die „orientalischen Praktiken“ einiger führenden Türken auch in diesem Kriege wirft folgendes Geschichtchen. Dschavid bestellte bei einer deutschen Sektfirma einen Waggon Sekt mit dem Auftrag, die Flaschen müssten Etikettes und auch den Korkbrand <Veuve Clicqout> und <Pommery> tragen. Da die Firma sich weigerte, wurde die Sendung ohne Etikettes gemacht und die Flaschen erhielten in Constantinopel hergestellte Etiketten mit den edlen Aufschriften. Beförderung des Eisenbahnwagens erfolgte natürlich als dringendes Heeresgut. Da die Flasche französ. Sekt in Cospoli damals etwa 5 Pfund kostete, und der Einkaufspreis des deutschen 17,50 M. Betrug, muss der Handel gelohnt haben.

Wenn bei allen militärischen Behörden ein derartig unverhüllten Egoismus herrscht wie bei der L., dann scheint unser Zusammenbruch beinahe eine Notwendigkeit. Hauptmann Leupold der den Krieg seit Jahr und Tag in Berlin mit macht, ohne dass eigentlich jemand recht weiss, was ihm fehlt, hatte aus diesem Grunde nicht die Zahl von 60 Tagen im zu Ende gehenden Jahr im Kriegsgebiet verbracht; deren es bedarf, damit das Jahr als ´Kriegsjahr´ angerechnet wird. Er „erkrankte“ nun auf einer Dienstreise in den Osten – und schrieb von da an den Burounteroffizier, der möge ihm mitteilen, wie viel Tage ihm an den notwendigen 60 noch fehlten –

Anf. Nov.

Als ich von Rumänien zurückkam, tief gedrückt durch die Entwickelung der letzten Tage und in Erwartung einer neuauflebenden Kriegsstimmung – wunderte ich mich dass von den Buromannschaften verschiedene fehlten. „Ja, die <Heldengreif> Commission war da, das liess ich sie vorher verschwinden.“ Als sich jemand neu meldete, „Sind Sie kv.? „Ja“ – Da müssen Sie zunächst noch mal für´n paar Tage weg“……

Okt. 1918

Als ich in Bukarest war – in den Tagen, wo durch die Unterwerfung Bulgariens das Geschick unserer macedonischen Unternehmung besiegelt und die Rückwirkungen dieser Dinge auf die Bukarester Bevölkerung schon deutlich zu spüren waren, arbeiteten wir mit Hochdruck an der Einrichtung einer Vermessungsschule in Bukarest, in der von unsern eingespielten Beamten ein Stab von Trigonometern und Topographen ausgebildet werden sollte u. zwar neben Deutschen auch Rumänien. Schon, dass deutsche Vermessungstechniker, die z.T. in ihrer vorigen Stellung tüchtige Frontoffiziere waren, aus der Truppe gezogen wurden, wie Lt. P. , der als Bataillonsführer sich den „Hohenzollern“ geholt hatte – ist unbegreiflich, aber, dass wir unsern kaum bezwungenen Feinden uns hier wieder beeilen, unser militärisches Können beizubringen ist so – so- deutsch, dass man schaudernd sieht: wir haben nichts gelernt u. werden´s wohl nie lernen. – Der Gedanke, dass wir, um die grossen Vermessungen in den jetzt besetzten Gebieten schnell durchführen zu können, uns Gehülfen aus den Landeseinwohnern, heranziehen, die entscheiden den Arbeiten aber selbst machen und zusammenfügen wollen – dieser Grund rechtfertigt ein Verfahren nicht, bei dem der Feind uns derart viel militärisches Können und Wissen absieht.

Dass die Polen damals all unserem Streben, ihnen eine Wehrmacht zu schulen, so renitent gegenüber standen, müssen wir heute, wo sie gegen uns die Zähne fletschen preisen. Als wir sie vor 1 ½  Jahren ins Leben riefen, ging unsere Politik andere Wege und sah die Welt anders aus, gut; aber in diesem Frühjahr z. Beispiel konnte mir auch der an der Ausbildung arbeitende Hauptmann Menz Schwager von Amy Gathmann den Zweck der Übung nicht erklären – und es wurde doch fortgewurstelt.

[Weiter unten auf der Seite, wobei der Kontext unklar bleibt, in Bleistift:] sich längst gewandelt

 

6.11.18

Auch über die Tätigkeit des Hauptmanns jetzigen Majors Schack bei der Landesaufnahme in diesem Kriegsentscheidungsjahr ist es schwierig, eine Satire nicht zu schreiben. Wrage rühmte ihn zwar als angenehmen Vorgesetzten, er habe einem nie in den Kram geredet, habe sich nämlich in den Monaten, wo er dies Sonder Kommando führte, nie bei seinen Arbeiten sehen lassen. Arbeit leistete er – ausser vielfachen Anfragen u. Briefen um Tagegelder – mit Anträgen um einen lippe- oberlippischen Orden, der dann auch später eintraf. Um den „Hohenzollern“ war er s.Z. persönlich bei Launhardt vorstellig geworden mit der Begründung, es sei für ihn, als Bataillonsführer später doch peinlich, ihn nicht zu haben – verdient – bemerkte er zum Schluss nebenbei – habe er ihn ja reichlich. Auch er als sonst gesunder Mann seit Jahr und Tag bei der L.

 

Diese Kleinigkeiten halte ich fest weil sie zeigen, wie stark und unumschränkt der Egoismus im Offizierkorps herrscht __ freilich die, die hier sind, sind ja auch nicht erste Garnitur.

 

6.11. abends

Die Ereignisse überstürzen sich.; der helle Aufruhr, dessen Flamme von Kiel auf die andern norddeutschen Städte übersprang, sucht nach Berlin einzudringen. Aber hier sind Maschinengewehre, ein paar aus dem Felde herangezogene Reserve-Jägerbataillons für den Fall von Tumulten, sind niederfliegende Flieger mit Gasbomben zu erwarten – da würde ein Putsch nicht so glatt gehen wie im unbewachten Hamburg……..

 

7. Nov.

Ist es wirklich erst ein paar Monate her, seit auf dem Platz vor dem Lehrter Bahnhof, auf den die Fenster unserer Geschäftsräume hinausgehen, auch ein paar Kompagnien heranmarschierten und auf dem abgesperrten Vorplatz in dessen Umkreis hunderte von Menschen erwartungsvoll standen, eine Schar Matrosen  empfangen wurde? Die „Wolff“ Mannschaft zog, von einer Ehreneskorte geleitet, in die Stadt. Heut wird wieder eine Reihe von Matrosen eskortiert. Das Militäraufgebot ist etwas stärker und schussbereite Maschinengewehre stehen auf der Marschallbrücke. Die meuternden Matrosen, die seit 4 Tage in Kiel das Heft in den Händen haben, sind zu Hunderten nach hier gefahren, aber der Stadtkommandant hat aufgepasst und die ´Blauen´ werden klanglos abgeführt.

In Berlin bleibt alles ruhig; auch an diesem Samstag, 9.11. wo ich aus meinem Moabiter Quartier wie gewöhnlich zur Landesaufnahme fahre. Die Strassenbahn verkehrt, alle Leute gehen zur Arbeit, und bis der General habe ich die wie an jedem anderen Tag eingekommenen, Eingänge vorgearbeitet. Nieschlag telefoniert aus seiner Kaserne, wo er seit gestern einer Alarmbatterie zugeteilt ist, es sei alles friedlich allerdings sei seit 9 Uhr Generalstreik erklärt. Der General arbeitet schnell wie immer alles durch; wir besprechen an der Hand einer Karte die Möglichkeiten wie Mackensen durch Ungarn sich wohl durchschlagen wird.

Nach Eins sagt mir der General: im Innern sollen Unruhen beginnen die „Maikäfer“ kaserne gestürmt sein. Ich geh nach Haus, sonst reissen sie einem noch die Kokarden ab“. Auf den Strassen noch alles wie immer, Elektrische fuhren, vor dem Generalstab drüben stand ein Doppelposten. Ich blieb noch eine Weile, da kam Hauptmann Degener und ein anderer Offizier herein, schon im Mantel: „Zu spät, s´ ist schon zu spät.“ „ Na, ich werde sehen noch durchzukommen, habe Civil zu Haus.“ Ich ging gleich herunter und am Wasser lang zurück. Bei Schloss Bellevue eine Kompagnie Rekruten, Schutzleute umgeschnallt – alles machte einen beruhigenden Eindruck. Nachdem ich zu Haus gegessen (wobei mein Bursche mir erzählte, dass sie auf der Chausseestrasse einen Offizier erschossen hätten) zog ich den Civilanzug, den ich mir abends vorher von Bruder Erst hatte holen lassen, an, um mich auf der Strasse umzusehen. Alles ruhig, Kinder werden an die schöne Herbstluft gefahren; ein paar Soldaten kommen ohne Kokarden daher. Wie ich an den Tiergarten komme nahe dem Stern, fährt über die Hauptallee ein Lastauto, auf dem sie einen roten Lappen schwenken. Schreie ertönen, ein zweites Auto langsam hinter dem ersten und dann eine wilde Menge, Soldaten und Civilisten mit Gewehren dazwischen Frauen. Autos werden angehalten, ein paar junge Kerls mit Gewehr und gezogenen Seitengewehr springen über den Rasen auf eine Autodroschke zu, die angehalten wird, und, visitiert, weiter fährt. Ein Beamtenstellvertreter, am Arm seiner Frau, ohne Waffe und mit hässlichen Stellen, wo die Kokarden sassen, kommt eilig vorbei, die Angst im Gesicht. Schüsse hört man nicht. Auf den Nebenwegen gehen Spaziergänger; jeder wechselt Worte mit andern. „Kommt man dahin noch durch?“ fragen ein paar Soldaten, die noch mit Kokarden und Seitengewehr gehen.

 

Durchs Tiergartenviertel gehe ich zu den Geschwistern. Gerade als ich vorm Haus bin, kommt von der andern Seite aus der Potsdamer Str. wieder ein Zug[.] Zwei Lastkraftwagen voll Kerls – nachher hörte ich dass Masch. Gewehre darauf seien, und eine riesige Schar von Mitläufern. Der alte Portier liess mich ein, draussen wurde grade mal wieder „Es lebe Liebknecht“ gerufen. Schon kurz darauf kamen mit Tschakos und vollem Gepäck Jäger oder Marineinfanterie – sie hatten wohl das Reichsmarineamt besetzt – und waren ebenso butterweich herübergerutscht wie das Militär an allen andern stellen. Oder welchem Befehl mochten sie folgen?

Zeitungen wurden wie immer verkauft – in der Vossischen Abendzeitung steht ausführlich, dass der Kaiser abgedankt und dass der Waffenstillstand geschlossen. So stürzt des deutschen Reichs Herrlichkeit, zugleich mit allerbürgerlichen Ordnung zusammen. Kaum macht der Verstand es sich klar, dass dies vielleicht mein letzter Tag als Offizier, im feldgrau, war; dass während ich noch Mittags geschrieben hatte, alles hier ist ruhig – mit Sonnenuntergang eine neue Ordnung da war.

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Sonntag 10. gehe ich wieder ins Büro – vornehmlich aus Neugier. Zugleich um festzuhalten, ob Nieschlag wohlbehalten sei, der gestern zu der Artillerie-allarmbatterie getreten war. Aber auch da war kampflose Übergabe an eine Deputation des A. und S. erfolgt. Man rieb sich in den Geschäftszimmern sozusagen die Augen, zwei, drei Offiziere, natürlich in Civil, musterten, sich gegenseitig erheitert – auch die Burosoldaten hatte die Gewohnheit zur Stelle geführt. Zu tun gabs ja so gut wie nichts mehr; man macht es sich kaum erst klar, dass eine riesige Arbeit, der freilich wie der Turm zu Babel ins Ungemessene ausgedehnt worden war, nun um so klangloser zusammenbrach. Und welch ein Stück Nationalvermögen geht damit in den Dreck!

Aber die Geldentwertung wird wohl überhaupt noch rapide zunehmen. Gespräch auf einer Elekrischen, deren Vorderperrons jetzt überfüllt sind mit Soldaten, die natürlich nicht zahlen: „Mensch, ich bin aus Breslau ohne Urlaub herjereist, nu hab ick mir hier neu einkleiden lassen, unn´ 60.M. Vorschuss.“ (Ein anderer 50 M., und auf was für Kontrollen!) Die Pferde, die sie den berittenen Schutzleuten abnahmen, wurden abends irgendwo verkloppt.

Komme mir recht erbärmlich vor, dass ich dies klägliche Theater am Samstag hier ertrug – aber ich wäre so ziemlich der einzige gewesen, wenn ichs anders gemacht hätte.

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11.11.

Merkwürdig wie sich doch alle Revolutionen gleichen. Wie beim Wasserfall vorher das Stagnieren, dann einsetzende Bewegung, die, erst unmerklich, überraschend schnell zum Absturz bringt. Für Ludendorffs Abgang, die Demokratisierung des Kabinets, die bei den ersten consitutierenden Versammlungen nur mühsam hergestellte Einigung zwischen radikalen u. noch Radikaleren, für alles sind die Vorbilder da, und die Zukunft? Der Zeitungsleser von gestern damit erfreut, dass der Bolschewismus auch die, die bei den ersten constituierenden Versammlungen nur mühsam hergestellten Einigung zwischen Radikalen u. noch Radikaleren, andern Nationen, Hollender, Italiener erfasse – aber die Presse, dem Bolschewismus hörig geworden, lügt seit Einführung „völliger Censurfreiheit“ noch viel faustdicker wie vordem.

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Auch wenn die Geschichtchen, die über den Kronprinzen erzählt werden aus Stenay und seinen Damenverkehr in (Mézieres)-Charleville nicht alle wahr sein mögen – er hat es während des Dauerkrieges verstanden sich völlig ungeachtet und ungeschätzt zu machen in weiten Kreisen, die die Monarchie verehren. Noch denke ich der Verärgerung des ostdeutschen Korpsveterinärs, gewiss königstreu bis in die Knochen, über die im dritten Kriegsjahr in Charleville wieder eingeführte Bestimmung, S.K.H. durch Front machen, auch von Offizieren, zu grüssen. Wie hätte er, kürzlich noch, die abgespannte Stimmung an der Front heben können, wenn er etwa aus den Burschen, der Kavallerie Stabs- Wache, und zahllosen recht unnötigen Hauptquartiersoldaten, ein Regiment, eine Brigade gebildet hätte und nach vorn geführt. So verschwindet er unbetrauert. Auf der Friedrichstrasse lag ein erschossener Arbeiter, den man beim Plündern in einem Cigarrenladen ertappt hatte und zum Exempel liegen liess.

Die in drei, vier Tagen ganz Deutschland so in allen Provinzen, allen Bundesstaaten durchzuckende Bewegung beweist doch eine ungeheure Notwendigkeit, ein Überreifsein, das uns oben stehenden kaum bewusst war. Nicht eine Stadt scheint sich ausgeschlossen zu haben.

Kennzeichnend die Rolle der Juden, die am schnellsten ihr Mäntelchen nach dem Winde gehängt haben. Ein Herr Colin Ross, als Kriegsberichterstatter bis vor ganz kurzem noch unentwegt in das Horn tutend „unserer unvergleichlichen Wehrmacht“ ereifert sich jetzt in den Reihen des Arb. u. Soldatenrates.

So völlig unerwartet nur, und gewiss der Mehrzahl der deutschen, dieser schnelle und völlige Umschwung, der Revolution – (da ein besseres Wort noch nicht geprägt ist)- kommt, so schnell revidiert man seine Ansichten. Alles, was sich öffentlich äussern dar, hat sich schon „auf den Boden der neuen Tatsachen gestellt“- wie die bequeme Phrase lautet. Eine Woche liegt erst seit dem roten Samstag, und doch scheint heute schon eine Rückkehr der vorigen Zustände, die man am Morgen des 9. noch für vollkommen unerschütterlich hielt, undenkbar. Die anderen haben eben die Macht; die andern das heisst die Hunrigen; diejenigen dagegen, die irgend etwas ihr eigen nennen, die Mehrheit, die jetzt das Maul hält, sie haben das zulange entbehren müssen, was ihnen das Leben nun eben geschenkt hat, sie sind müde geworden, und ihr einzige Hoffnung war irgend etwas, das dieser Aussichtslosigkeit ein Ende machte. Auch darf man nicht vergessen, dass etwa 2 Millionen draussen unter der Erde liegen, die für das Deutschland wie es war, eingetreten wären. Draussen, in den Karpathen, in den rumänischen Bergen, auch in Palästina – und nun fehlen in den deutschen Ostprovinzen die deutschen Männer.

Die Ereignisse rollen weiter – aber der Krieg ist zu Ende, noch ehe die Friedenshandlungen begonnen haben. Das Zurückfluten der Truppen scheint ein Wieder – Aufbauen der Linien hinterm Rhein auszuschliessen – wozu auch? Wir sind in die Hände unserer Feinde gegeben, nachdem der deutsche Michel das Schwert von sich geworfen.

Der Krieg ist zu Ende und damit dies Buch, das meine Kriegseindrücke aufnahm mit der Zusammenhanglosigkeit, die, währendem Erleben, die einzige Möglichkeit einer Darstellung ist.

 

Hoppenstedt, 18. November 1918.

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