In meiner Sammlung liegt das Kriegstagebuch von E. Ferber vom 17. Juli bis 13. November 1915 in zwei Versionen vor: Zum einen das Originalkriegstagebuch, das während des Einsatzes geführt wurde, zum anderen auch eine Abschrift, die später angefertigt wurde. An diesen beiden Versionen lassen sich erstaunlicherweise doch einige Unterschiede feststellen. Eindeutig wurde die Abschrift, in der leider die Blätter drei bis fünf fehlen, bearbeitet. Einige Erinnerungen wurden weggelassen. Es wurden aber auch an einigen Stellen Informationen hinzugefügt. Erstaunlich ist auch, dass die Abschrift mit dem Eintrag zum 22. September 1915 endet, obwohl in dem Heft noch Seiten frei gewesen wären. Eine Erklärung hierfür habe ich leider nicht gefunden.
Die biographischen Informationen, die dem Kriegstagebuch zu entnehmen sind, sind leider sehr spärlich. So erfahren wir, dass der Schreiber E. Ferber hieß und Soldat bei der Flieger Ersatz Abteilung 3 (FEA 3) in Gotha war. Vor seiner Einberufung am 17. Juli 1917 war Ferber als Schweißer im Gothawerk beschäftigt. Informationen über seinen Heimatort schreibt Ferber leider nicht. Wir erfahren nur, dass seine Mutter bei seiner Einberufung noch lebte, da sie ihn zusammen mit einer gewissen Lotti zur Bahn gebracht hatte. In welcher Beziehung Ferber zu Lotti stand, ist unbekannt.
Nach seiner Einberufung führte sein Weg mit der FEA 3 zunächst an die Ostfront in das Gebiet um Rawa-Ruska, später dann in der Gebiet um Lublin und Chełm. Ab Ende August war die Einheit dann südlich von Brest-Litowsk stationiert, bis sie Ende September 1915 an die serbische Front nach Požarevac verlegt wurde. E. Ferber erhielt am 10. November 1915 die Nachricht, dass er auf Urlaub fahren könne. Das Kriegstagebuch endet mit dem Eintrag 13. Breslau. Er ist also am 13. November 1915 in Breslau angekommen. Womöglich hat Ferber dann diesen Band des Kriegstagebuches zu Hause gelassen, den die folgenden Seiten im Originalkriegstagebuch sind unbeschrieben.
Ferbers Tätigkeiten bei der FEA 3 lassen sind anhand des Kriegstagebuches leider nur in wenigen Fällen exakt bestimmen. Er war sicherlich kein Pilot. Klar ist, dass er mit der Reparatur von „Apparaten“ beschäftigt war, wobei unklar bleibt, um welche Apparate es sich handelt. Auch besorgte er Zelte und war ab Oktober 1915 in der Schreibstube des Zahlmeisters beschäftigt.
E. Ferber: Kriegstagebuch vom 17. Juli bis 13. November 1915
In Gotha am 18.VII. 1915 ins Feld. 2.48 ab Gotha. 10.35 Montag. Die. in Dresden (Stadt Prag) übernachtet. Um 9.09 Morg. weiter nach Breslau 1.47 Abends 12.20 Breslau – Oswiecim Morgens 8h Tarnow abends. Ankunft in Krakau 11.25 Morg. ab 12.25 versch. Aufenthalt Ankunft in Tengitgu dort blieben wir bis zum 22. dann 4.45 morg. bis Rzeszow. Ankunft 7.35 Mor. der Zug läuft mit 10 stündiger Verspätung ein. Verpflegung! Warteten hier bis 2.35 Abfahrt bis Langut [Lancut] 4.15. 4.50 weiter Ankunft 6.15 Rognotyko [Rogóżno?] 7h Ankunft in Przeworsk. Unsere Weiterfahrtausgeschlossen. Stehn in einem toten Geleise. Ich sammle Holz zum Abkochen und Fahnenbrück geht ins Dorf u. holt 10 Eier, kochen dann ab in tiefe Dunkelheit. Gulasch mit eingeschlagenen Eiern Kaffee u. [?] die übrigen. Dann um 9 ½ besteige ich meine Hängematte in 3te Klasse. Schlafe großartig bis 20 vor 6h. um 6 ½ h am Bahnhof sollen gleich fortfahren[,] steigen auch bald ein, doch nach 1 Std. wieder aus in einen andern Zug II. Kl. liegen nun schon bis 12 ½ hier ohne Anstalten zu treffen abzufahren. Hier gibt es guten Ungarischen [Wein] ½ lt. 50 Pf. Die Stadt ist von den Russen sehr zugerichtet alles zerschossen. Um 10 ¾ h endlich Abfahrt. Um 2 ¼ in Jawaslaw [Jarosław] empfangen Mittag und warten nach schlechter Nacht jetzt schon bis andern Mittag 10 ½. In der Stadt 1 Glas Bier getrunken 30 Pf. Bahnhof war ausgebrannt. Weiter nach [Ort gestrichen] wo abkochten. [Anmerkung am Rand: Menunia [Munina]]. Gingen ins Dorf, sehr dreckig. Die Russen hatten hir ein Lager in dem es wüst aussah. Die Leute hier freundlich hatten jedoch selber nicht zu essen. Wir mussten und Kartoffeln die herlich schmecken. Nach 5stündigen Aufenthalt ging es um 11h weiter. Der Durchfall machte sich sehr empfindlich bemerkbar. Der Durst macht sich sehr empfindlich bemerkbar, da es verboten ist, der Cholera wegen, Wasser zu trinken, außerdem gibt es sehr wenig. 5 Minuten vor diesen gewesenen Ort passierten wir den San. Die Pioniere arbeiteten noch an der Brücke, die nur sehr notdürftig hergestellt ist. Die Gräber mehren sich hier, doch selten ist es ein dt. Grab. – Von hier fuhren wir ca. 6-8 km u. liegen da nun wieder fest. Hier hatten heftige Kämpfe stattgefunden, wie überhaupt jen- und diesseits der San. Das Land ist überhaupt ein großer Schützengraben. Die Bewohner haben verhältnismäßig noch recht viel u. gutes Rindvieh, auch Pferde sind noch da, die über all auf den Weiden grasen. Und wenn man nicht die niedergebrannten Dörfer, Hütten, Bahnhöfe sehen würde, würde man nicht glauben in einem vom Feinde verwüsteten Land zu sein. Es ist erst 2 Mon. so, daß die Russen hier hausten. 12h Abfahrt von Bobadornow hatten hier 10stündigen Aufenthalt, 12 ½ Ankunft in Oleszya [Oleszyce]. In B. fing ich einen Laubfrosch. (Cognacfl.[)] Hier wurden gefangene Russen gesammelt. Viele Studenten dabei. Man konnte meinen, es wäre hier Jahrmarkt. Die Juden verkauften Cig. Chokol. etc. Wir amüsierten uns sehr gut und wundern uns nur, daß wir noch nicht verlaust sind, denn überall saßen die Polaken u. lausten sich. – Wir empfingen hier noch einmal Proviant für 2 Tage Speck, Kaffee, Zucker Cig. + Cigaretten. Um 10 Uhr abds. fuhren wir wieder Station weiter. – 11h Lubaczow [Lubaczów] wo wir jetzt liegen ist total niedergebrannt es scheint ein jüdisches Städtchen gewesen zu sein. Es stehen hier nur noch 2 Kirchen und ein größeres Gebäude. Die Bewohner sind fast alle fort und die noch hier sind, wohnen in den Kellern der niedergebrannten Häuser. Abfahrt 10h. Ankunft 11 ½ in Busznia [Basznia Dolna]. 27 Abfahrt Nachts 3 Uhr, 6h Horinetz [Horyniec]. 8h Werchada [Werchrata].
10h Rawa Russca [Rawa Ruska].
4 ½ Abfahrt per Auto nach dem Flugplatz. Ankunft 9 ½. Wir füllten unsere Zeltplanen mit Haferstroh. Empfingen noch ½ Brod u. 1 Büchse Sülze. Um 10 ½ hinlegen. Die Nacht war sehr schlecht. Wir froren entsetzlich da wir keine Decken mit hatten. Um 5h Wecken, dann 28. Antreten 5 Min. Kaffeeholen bis Abends 6h nichts zu tun, als plötzlich ein furchtbares Gewitter mit Orkan einsetzt, bei dem wir alle genug zu tun hatten um die Zelte vor dem Wegwehen zu bewahren. Das Wetter dauerte eine Stunde. Abends 8h in die Klappe.
Am 29. 5 ½ Wecken. Wunderschönes Wetter. 2 Apparate starten (Einer mit drahtloser Telegraphie am Nachmittag [?] um die Artl. einzuschießen. Dies geschieht mit glänzendem Erfolge 1 rus. Batterie wird vernichtet.) Um 7 Uhr ist Sturmangriff. Die Kanonen dröhnen bis gegen 2 Uhr. Am Morgen hatten wir ½ Stunde Untericht. Am Abend die Nachricht, daß die Russen über die Weichsel zurückgegangen sind.
Um 9 Uhr ins Bett.
Am 30. 5 ½ Wecken. Von 6-7 Exerzieren. Die Russen ziehen sich zurück. Colm [Chełm] brennt. Die Felder rund herum alles verwüstet. Um 7 ½ h kommt einer unsre Apparate mit durchschossenen Flügel zurück.
31. Lublin ist gefallen ebenso Cholm [Chełm].
1. Sonntag Um 9.20 kam die Nachricht, daß unser App. 56 km hinter der Artl.stellung eine Notlandung machen [musste]. Wir holen denselben 4 Wachen 8 Mann. Abends stießen 2 neue Flugzeuge zusammen Rejowice [Rejowiec]. Umzug unsrer Colonne 30 km vor.
2. bringen die App. nach Schamotz [Zamość]. bleiben dort über nacht.
3. 1 Paket von Hause.
4. Rus. Flieger über dem Lager. Derselbe flog nach Rawa ruska und warf dort 12 Bomben ab.
5. 10 Min. vor 6h war r. Flie.
7h Aufbruch unsrer Kolonne um 12 km vorzurücken. Um 12h bekamen die Mitteilung, daß Warschau und Iwangorod gefallen sind. /Minkowize [Minkowice]
6. Morgens sehr schlechtes Wetter. 7.10h Aufbruch. 12h Abmarsch übernachte mit dem Wagen u. fr. hier. Gegen 2h fängt es an zu regnen.
8. 3h wieder Aufbruch gegen 9h treffen wir auf unser Lager 3 km vor Lublin.
9. – – – –
10. – – – –
11. Heute ist ein Sonntag für uns. 6h Löhnungsapell. Mittag gutes Essen. Dann empfangen wir: 1 Schokolade. 2. Bier 3. Decken.
12. Transport nach Samos [Zamość]. Holen hier 3 neue Zelte.
13 gegen Mittag rücken 25 Mann mit denselben nach unserem zukünftigen Aufenthaltsort. Abends Empfang v. Cigar. 3 Cigaret. Am Morgen fahren ich u. 13 Kameraden nach dem Vorkomando um dort das alte Zelt abzuliefern bekamen sodann Befehl nach der O.K.K. zu gehen u. dort eine Ordre für das Zelt u. den Apparat zu holen. Sehe mir gleichzeitig die Stadt an, trinke einige Glas Bier- Um 12h gehe ich zurück, nachdem das Zelt aufgeschlagen war u. gehe im großen Umweg nach 69.
14. Sonnabend. Wir verlegen unser Lager 57 km hinter Lublin bleiben hir bloß ½ Tag u. ziehen 15. Sonntag weiter etwa 12 km bis Reijowice [Rejowiec]. bleiben nur 2 Tg.
16. weiter bis Kolano 1 Tag.
17. weiter nach Wischnize [Wisznice]. Auch hier bleiben wir nur 1 Tag.
18. Zwischenstation. Im Walde Musik von Krankenzug.
19. Wir ziehen heute um 3h mit 20 Mann 15 km weiter. Wir schlagen hir die Zelte auf und nachdem wir noch abgekocht haben, ins Bett, d.h. auf Pferdemist in einer Scheune. Die Nacht besuchen und die ersten Läuse. 5h am andren Morgen den 20ten Wecken. Wir machen uns dann zurecht das Korn u. dann der Ort heißt Wisky [Wiski]. [Anmerkung am Rand: Wicznice]. Den Mist aus eine Scheune auszuräumen, um eine Wohnung für Offz. daraus zu machen. Um 10h kommen die Apparate. Um 12h die übrige Manschaft. Hir fangen wir ein Schwein u. ein Huhn welche wir uns zurechtmachen.
Am 21. ziehen wir wieder weiter u. zwar südlich von Brest. Starker Kanonendonner u. Maschinengewehrfeuer. Wir liegen 4 km hinter der Front.
22. Transport eines Zeltes vom alten Lager. Da kein Mittag mehr kochen wir selbst ab u. kaschen dabei ein Huhn ([Rotiyur?]) [Anmerkung am Rand: Pisczac [Piszczac]]
23. Reparatur der Chaise.
24. Beim Artzt: Vom Exerzieren befreit.
25. Russische Flieger fliegt vorüber. Am Abend brennt Brest an allen Seiten. heftige Explosionen. Noch in der Nacht übergibt es sich.
26. Morgens 10h kommt ein russ. Flieger wirft eine Bombe die aber wirkungslos ist und wird sofort von drei Fliegern verfolgt.
27. Nachmittags 3h fahren 3 Mann und ich mit Oberleutnant v. Olsnitz nach Brest.
27. Suchen dort nach einen Quartier. (Siehe Karte Nr. 66). Furchtbar Quartier in derselbe. Richten uns zu nächst in der 1. Etage wohnlich ein. Legen uns gegen 10h hin, stehen aber nach 1 St. wieder auf, da wir es mit Flöhen nicht aushalten können. Fangen noch wieder an reine zu machen bis gegen 2h. Um 4h weiterarbeiten. Wasser holen, Caffee kochen, dann großes Reinemachen bis 10h. (Unser Zelt steht jenseits des Bug)
28. Warten vergeblich. (Hund)
29. werden nachmittags gegen 3h geholt. Gehen nach dem Zelt. Fahren ab, kehren gleich wieder um, da ein Apparat ankommt. Derselbe macht Bruch und wir schlagen unser Zelt auf der anderen Seite von Brest wieder auf. Abends kehren wir 4 in unsre Wohnung zurück.
30. Morgens 8h werden wir vom Oberleutnant abgeholt und machen eine tolle Fahrt. Suchen einen Flugplatz u. finden denselben gegen 3h in der Nähe der Abt. 63. Nehmen einen verwundeten 149 Unteroff. mit nach Brest. Werden unterwegs noch bis auf die Haut naß. 6h Rückkehr. Gehen nochmals in die Wohnung u. kochen Caffee, An Abends nimmt ein Offizier Flüchtlingen 3 Pferde weg,. Ein Kamerad u. ich holen denselben ein altes Pferd. – Nachts schiebe ich die erste Wache.
31. Morgens erschieße ich ein Pferd, alsdann begraben wird es.
Gegen 5 Uhr beginnen wir das Abendessen zu bereiten. Einige gehen Kartoffeln holen etc. als ein Kamerad am Kochloch in dem Pulvermagazin ein Feuer bemerkt. Sofort ruft es allen zu und wir wissen, um was es sich handelt Laufen was wir können _ _ _ _
3 Kamer. tot. Weißgerber, Rübenecker u. Hauff. Untf. Krabbe u. Flg. Semje schwer verw. Am Abend marschieren wir noch zurück, wenigstens lassen wir den Festungsgürtel hinter uns. Übernachten in einer elenden, dreck. Hütte u. sind totmüde. 4 Uhr Aufbruch u. marschieren bis Fld.flieg.abt. 66 dort treffen wir unsren Hauptmann u. warten hier auf unsre Autos. gegen 10h kommen wir wieder in Kotylow [Chotyłów] an.
E. Ferber - Abschrift des Kriegstagebuches
Vier Wochen war ich im Gothawerk als Schweißer beschäftigt, als am 17.VII.15 Offizierstellvertreter Osinus mich rufen ließ und die Mitteilung machte, daß ich ins Feld sollte. Ich war nicht wenig überrascht[,] doch freute ich mich sehr, endlich ausrücken zu dürfen. Nachdem ich eingekleidet war, reichte ich Urlaub ein und bekam bis Montag den 19.VII. 6h Morgens solchen. Mutti u. Lotti brachte mich zur Bahn.
10. Von Gotha fuhren wir dann, 14 Mann, nach Leipzig, wo wir nach kurzen Aufenthalt nach Dresden weiterfuhren. Hier trafen wir um 10.45 ein. Wir übernachteten in der „Stadt Prag“ und hatten hier sehr gutes Quartier. Am andren Morgen fuhren wir (Mittwoch 21.VII. nach Breslau weiter 9.03 und trafen dort 1.47 ein. Hier blieben wir bis Nachts 12.20 und fuhren von hier nach Oswiecim 8h. Hier erhalten wir Frühstück. Abfahrt gegen 12h 22.[VII.] Tarnow abends an u. ab. In Krakau 11.25 – die Stadt war von den Truppen sehr zerschossen. Die Bewohner. wie die Stadt furchtbar dreckig. Abfahrt 12.25. Nach verschiedenen langweiligen Aufenthalt trafen wir in Tengitgu ein, wo wir im Wagon bis am andren liegen blieben.
23. 4.45 morgens Abfahrt bis Rzeszow Ankunft 7.35 morgens der Zug läuft mit eine 10stündigen Verspätung hier ein. Wir empfingen hier Mittag. Warteten hier bis 2.35 – Langut [Lancut] 4.15. 4.50 weiter nach Rognotzko [Rogóżno?] 6.15.
Um 7h Abends waren wir in Przeworsk. Hier hat unsere Fahrt scheinbar sein Ende gefunden, denn dreimal sind wir hier umgestiegen und kein Zug fährt weiter, endlich werden wir noch auf ein totes Geleise geschoben. Sofort geht es ans Abkochen. Fahnenbruck geht ins Dorf und ich sammele unterdeß Holz. F. kehrt mit 10 Eiern zurück. Das Essen schmeckte großartig. Gulasch mit ausgeschlagenen Eiern. Um 9 ½ schwinge ich mich in meine Hängematte, die ich mir in Wagen III. Kl. angebracht habe und schlafe herrlich bis zum Morgen 20 Min. v. 6h Freitag den 24. Dann fahren wir wieder mal weiter, nachdem wir an diesen [Seiten 3 bis 5 fehlen!]
Wir treffen um 11 ½ h in Busznia [Basznia Dolna] ein, wo wir wieder mal liegen bleiben. Am 26.-27. Nachts 3 Uhr geht es weiter bis Horinetz [Horyniec]. 6h. Um 8h Werchada [Werchrata]. – 10h Rawa Ruska. Hier ist mein früherer Feldwebel Mucko, auch treffen ich mehrere Kameraden, die bei der 63 gewesen waren. Wir fahren von hier, um 4 ½ h mit Auto, unserem Bestimmungsort, der Abt. 67 zu. Abends 9 ½ treffen wir ein. Der Weg war entsetzlich. Auf der Chaussee unzählige Granatlöcher, bei deren Überfahren wir manchmal ½ mt. hoch geworfen wurden. Die Fuhrparkskolonnen waren unabsehbar. Art. Inft. Train etc. hin u. her. Bei unserer Ankunft wurden wir noch mit ½ Brod und eine Büchse Sülze verpflegt. Unsre Zeltplanen mussten wir als Strohsäcke verwenden. Die [Nacht] war sehr schlecht, wir froren wie die Schneider. Am 28ten hatten wir Ruhe bis Abends 6h, als ein furchtbarer Orkan einsetzte, der die Zelte wegzureißen drohte. Zwei Apparate wurden beschädigt. – Einer unserer App. war dem Wetter mit drahtlose Telegraphie aufgestiegen und schoß die Artl. ein, die ausgezeichneten Erfolg hatte. So traf ein Schuß mitten in ein rus. Geschütz und vernichtete es samt seiner Manschaft. Der Geschützdonner dauert während der Nacht an am 29. früh 7h erreicht er seinen Höhepunkt und die Inftr. stürmt. Das Dröhnen währt bis gegen 2 Uhr. Den Erfolg erfuhren wir Abends. Die dt. Truppen standen über der Weichsel in 40 km lange Front.
Morgens 5 ½ h Wecken. Wunderschönes Wetter 2. App. starten. Sonst nichts besonders. Am Morgen hatten wir ½ Stunden Unterricht. Am 20. 5 ½ Wecken. von 6-7 Exerzieren. Die Russen sind noch immer auf dem Rückzuge. Colm brennt, ebenso die ganzen Felder ringsherum. Um 7 ½ h kommt einer unserer Apparate mit durchschossenem Flügel zurück. Am 31. nichts bemerkenswertes sehr schlechtes Wetter. Gegen 10 Uhr startet ein Apparat. 12 ½ kehrt er zurück.
Lublin ist gefallen (30.VII.).
31. 2000 Russen sollen sich ergeben haben.
1.VIII. Sonntag. 5 Uhr Wecken u. Antreten. Um 9h kam die Nachricht, daß unser Apparat 5km hinter der Front eine Notlandung machen mußte. Sofort wurden 4 Wagen bespannt, (8 Mann, 1 Untffz. Wecker) und wir sollten den Apparat holen. Bis Izbica war der Weg leidlich, aber dann war der Weg furchtbar schlecht. Tiefer Sandboden. Nichtsdestoweniger immer Trab. Um 3h trafen wir an der Landungsstelle ein. 2 St. verladen wir. 5h weiter. Als wir in Izbica ankamen, bekamen wir Nachricht, daß unsre Colonne weitergerückt war. Wir fuhren zunächst nach Crasnostaw [Krasnystaw], dann rechts ab bis über Rejowiec. Hir lagerten wir auf einer Höhe. Die Stadt, die die Russen 2 Tage zuvor verlassen hatten, brannte noch am 2. brachten wir 13 Mann u. drei Autos 2 zusammengerannte Apparate nach Sawotsch [Zamość]. Die Fahrt war entsetzlich. Ich fuhr auf einem Auto mit dem einen Apparat, dem ein Rad gebrochen war, und daher aufgeladen werden mußte. Jeden Augenblick drohte er umzustürtzen. Um 9 ½ Abends langten wir glücklich in S. an blieben hier übernacht.
Um 6h Morgens den 3.VIII.15 war ein Russ. Flieger über dem Lager gewesen u. warf in Rawa Ruska 12 Bomben.
Von Sam. fuhren wir gegen 8h weg u. langten im Lager um 12 ½h an. – Am 3. VIII. nichts. 1 Paket v. Hause. Am 4. war wieder ein Flieger „Ulegug“ da. Ebenso am 5ten morgens 10 Min. vor 6h. Um 6h brachen wir das Lager ab und um 7h war Abmarsch der Colonne. Wir zogen Ndwest. u. liegen jetzt links 10 km von Colm [Chełm]. Vor uns steht ein Dorf in Flammen und dahinter steht die Artl. die heute Nachmit. stark in Tätigkeit ist.
Um 12 h bekamen wir Nachricht, daß Warschau von den Deutschen, Iwangorod [heut: Dęblin] von den Östr. erobert ist. Minkowize [Minkowice]
7te. Einer unserer Apparate steigt auf und nimmt Bomben mit. Sehr schlechtes Wetter, trotzdem brechen wir auf und gegen 12h mittags setzt sich die Kolonne in Marsch. Nachts 2h wieder Abmarsch von unserem Wagenlager, nachdem wir 5 Stunden Ruhe gehabt hatten. Bei Regen u. fr. Himmel [?].
Am 8ten mittags 3h treffen wir auf unserem Flugplatze ein. Derselbe liegt 3 km vor Lublin. Am 9. u. 10. nichts von Bedeutung. Am 11. Es ist ein Sonntag für uns. Zunächst 6h Löhnungsapell. Mittags gutes Essen. Jeder eine Decke. Dann gibt es noch Cigar. Cigaret. Chokolade u. Bier.
Am 12. fahre ich mit 2 Autos 3 Mann nach Samotze [Zamość] und holen von Park 3 neue Zelte.
Am 13. rücken 13 Mann mit den neuen Zelten nach unseren neuen Flugplatz. Um 10h fahre ich mit einigen Mann nach dem Vorkommando, das vor Lublin (links) lag, und liefern dort das alte Zelt ab. Sodann bekam ich Befehl nach dem A.O.K. zugehen und dort eine Order für Zelt zu holen. Dieses dauert ziemlich lange u. ich bleibe bis 2h in der Stadt. Man bekommt hir verschiedenes zu kaufen: Bier, Speck etc.
Am 14. ziehen wir den vorgerückten Kameraden nach, die liegen jetzt 57 km hinter Lublin Kolano wir bleiben jedoch nur 1 Tag dort und am 15. Sonntag geht es etwa 12 km weiter bis Rejowice [Rejowiec] hir bleiben wir 2 Tg.
Am 16. weiter nach Radin. 8 km vor Wischnize [Wisznice]. 1 Tag Aufenthalt. 17te[.]
Am 18. Zwischenstation im Walde, an der Chaussee. Gegen mittag hält hier ein Lazarett-Transport, der ein Klavier mit sich führt u. es gibt ein Conzert.
Am 19. nachmittags 3h gegen wieder 20 Mann mit denen ich bin 15 km vor u. schlagen hier die Zelte auf (4). Wir selber schlafen in einer Scheune auf Pferdemist u. fangen hier die ersten Läuse. Wihsky [Wiski]. Am 20. 5h Wecken. Dann müssen wir die Scheune als Wohnungen herrichten. Um 10h kommen die Apparate, unter deß fangen wir in Schwein und stechen es mit dem Seitengewehr ab. Hier lebt es sich überhaupt besser. Auch ein Huhn kommt mal in den Kochkessel.
Am 21. ziehen wir wieder weiter u. zwar südlich von Brest, wo wir dann 4 Wochen lieben bleiben. Brest wird noch feste beschossen. Wir liegen einige km hinter der Art. Stelg. Am 22. Transport eines Zeltes vom alten Lager nach hier. 3h Rückkehr. Der Ort heißt Cotylow [Chotyłów] und liegt 2 km von Piszazo [Piczczac].
Am 23. Reparatur der Chaise.
Am 24. Beim Arzt vom Exerzieren befr.
Am 25. Am Mittag besucht uns [?]. Am Abends brennt Brest an allen Seiten u. unsre Flieger hatten das Ihrige dazu getan. Bombardierung eines Bahnhofs? rechts von Brest. 80 Bomben. (heftige Explosionen).
Am 26. kommt uns Uegug wieder u. wirft eine wirkungslose Bombe[,] wird von 3 unserer Flieger aber verjagt.
Am 27. fahren Oberleutnant v.d. Oelznitz, ich u. 2 Mann nach Brest. Hier richten wir eine Wohnung für Offiziere ein No. 60. Arztwohnung 2stöckig. (Eichenmöbel, Plüschgarnitur etc. Siehe Karte)[.] Ein Auto mit Zelt u. 11 Mann liegen jenseits des Bug. – 28ten Schlafen der vielen Flöhe wegen unmöglich.
Am 29. werden wir nachmittags gegen 3h von (Oberlt.) Unterf. Knubbel geholt um zurückzufahren, da unsere Abteilung nicht kommt. Wir sind jedoch kaum unterwegs, da kommt ein Apparat und macht am Ende der Stadt Bruch. Wir kehren um und schlagen das Zelt dort auf. Wir drei Mann schlafen wieder in der Wohnung. Morgens am 30ten 8h werden wir von OBerlt. v.d. Oelz. wieder abgeholt u. zwar sollen wir einen neuen Flugplatz suchen. Die Fahrt ist fürchterlich auf dem schlechten Wege. Alles zerschossen und das tote Vieh liegt stinkend an der Straße[.] Nachdem wir lange Zeit herumgefahren waren, uns verschiedene Forts angesehen hatten (o. ?) finden wir einen Platz in der Nähe der 63. Fahren noch einmal die Chaussee rauf bis an einen Wald u. Fluß (?) werden hier von einem furchtbaren Wetter überrascht u. fahren heimwärts. Unterwegs nehmen wir einen verwundeten Untffz. der 149 mit ins Lazarett v. Brest. 6h Rückkehr. Am 31ten Explosionen in Brest. ….
Am 1.IX. Morgens werden wir von einen Lastauto geholt, das uns entgegengeschickt war und treffen in Cotylow [Chotyłów] gegen 10h ein. Bis zum 10ten nichts von Bedeutung.
Am 10ten morgen 10 ½ trifft der erste Zug dort ein.
Am 11ten erhalten wir Befehl zum Fertigmachen, da wir verladen werden sollen. Dies ging bis zum 19ten abends 11h wird gepackt. Alles verpackt. Ein Auto fängt noch an zu brennen, wurde aber gelöscht. Am 20ten 10h morgens geht die Fahrt los über Oppeln, Oderberg, Teschen etc. Die Nacht zum 21ten passierten wir Warschau. Stradom bei Czenstochau [Częstochowa] kamen wir um 12 ½ Mittags an hier wurden wir entlaust, war bis 9h Abends währte. 10h ging unser Zug weiter. Nachts fuhren wir über die Grenze. Nachts passieren wir Oppeln.
Am 22. wunderschönes Wetter[.] Die Landschaft ist herrlich.
[Ende der Tagebucheintragungen in der Abschrift]