Adolf Blanke wurde am 7. Mai 1894 geboren. Sein Zwillingsbruder war Rudolf (1894-1963). Sie waren Söhne des Fabrikbesitzers Diedrich Blanke (1848-1929)und dessen Ehefrau Luise, geb. Käseberg (1856-1898). Diedrich Blankes Kriegstagebuch von 1870/71 ist hier zu lesen.
Sein jüngerer Bruder Werner Blanke (1896-1991) schreibt in seinen Erinnerungen über seinen Bruder Adolf:
Der Erste, der aus dem Leben scheiden musste, war Adolf. Er war der Zwillingsbruder von Rudolf. Beide wurden am 7. Mai 1894 in Ahlden geboren. […] Sie waren unzertrennlich, obgleich sie sehr unterschiedlich waren. Rudolf war klein und hatte fast schwarze Augen, Adolf war groß und blauäugig. Beide hatten weißblonde Haare. Rudolf war das schwarze Schaf der Familie. Adolf war ein sehr artiges, folgsames Kind, das keinen Streit leiden konnte. […]
Rudolfs Zwillingsbruder Adolf hat nur ein sehr kurzes Dasein erlebt. Auf der Schule war er ein Musterschüler, gewissenhaft, fleißig und ausdauernd. Nach der Konfirmation ging er mit Rudolf nach Verden und zwar in eine Weingroßhandlung. Man hätte ihn nach den Lehrjahren gern dort behalten, aber dann wäre er allein in Verden gewesen. Vater war bereits in Berlin, Rudolf zog nach Frankfurt. Deswegen nahm Adolf Stellung bei den Hackethal-Kabelwerken in Hannover, wo er an Robert und Hedwig verwandtschaftlichen Halt fand. […]
Adolf war mein Lieblingsbruder. In den Ferien waren wir oft zusammen. Hatte er frei, so wanderten wir.
Adolf lernte den kaufmännischen Beruf in einer Weingroßhandlung Verdens. Nachdem er ausgelernt hatte, ließ man ihn nur ungern nach Hannover ziehen, wo er in den Hackethalwerken sich bald eine Vertrauensstellung erwarb. Sein Aufstieg wurde durch den frühen Tod als Kriegsfreiwilliger verhindert. […]
Dann brach der (erste) Weltkrieg aus. Adolf und ich traten als Kriegsfreiwillige in das Heer, Adolf wurde als Telefonist ausgebildet. Er trug als Soldat eine Rolle Draht auf dem Rücken, die sich beim Gehen abrollte. Ein anderer Soldat hängte den Draht seitwärts an Gebüsch usw. auf. Bei dieser Tätigkeit blieb er meistens in der zweiten Linie, die nur durch Artillerie beschossen wurde. Nur da, wo der inzwischen eingetretene Stellungskrieg in Angriffskrieg sich wandelte, war Adolf allen Waffen ausgesetzt.
Für mich war schon der Krieg vorbei. Zum 2. Male verwundet, war ich als dienstunfähig entlassen und war schon Lehrer in Hankensbüttel, als ich die mir unbegreifliche Nachricht bekam, dass Adolf am 19. Oktober 1916 in der Nähe von St. Mihiel bei Verdun gefallen sei. […]
Er hatte das fürchterlichste Trommelfeuer in der Champagne hinter sich. Sie lagen bei St. Mihiel „in Ruhe“. Da wurde er zur Schreibstube gerufen und bekam einen Urlaubsschein. Er telegrafierte die freudige Nachricht an Vater in Berlin. Sein Zug aber fuhr erst am nächsten Morgen. So ging Adolf mit anderen Urlaubern in einen Unterstand. Sie sangen, lachten, scherzten und freuten sich auf morgen. Im Tagesanbruch eilten sie zur Bahn. Zwei Wege führten zum Ziel, ein weiter, sicherer und ein kurzer, gefahrvoller und deswegen verbotener Weg. Er wurde vom Feind immer wieder heftig beschossen. Trotzdem wählten die Urlauber diesen. Schon waren sie fast aus der Gefahrzone, da schlug eine Granate zwischen sie. Adolf trug ein schwarz-rot-goldenes 10 cm breites Band in der Brusttasche, das ihm ein böhmischer Offizier bei Kriegsausbruch in Aussig geschenkt hatte. Ich habe es zurückbekommen. Es war zusammengefaltet 1 dm² groß. Darin sind allein 4 Einschläge von Granatsplittern. In einem mir zurückgesandten Bilde zähle ich sogar 9 Einschüsse. Ein Bild, das ihn zeigt, hat zwar nur 3 Treffer, aber einer ist 16 cm² groß. Eine Skizze zeigt die Stelle, wo er verblutete.
Adolf Blanke Telegraphist bei der Fernsprechabteilung des 18. Armeekorps (Fernsprechabteilung 18). Gefallen ist er am 13. Oktober 1916 während Kämpfe auf den Maashöhen bei St. Mihiel, an denen das 18. Armeekorps vom 09.10.1916 bis 12.11.1916 teilnahm.
Deutscher Soldatenfriedhof St. Mihiel
Der in St. Mihiel in der heutigen Rue de la Porte à Metz gelegene deutsche Soldatenfriedhof wurde in den 1920er Jahren aufgelöst und die 600 bis 700 Gefallenen – die Angaben widersprechen sich – wurden auf die Kriegsgräberstätte Troyon und die Kriegsgräberstätte St. Mihiel im Gobessart-Wald umgebettet.
Noch heute ist die Einfriedungsmauer des ehemaligen Friedhofs St. Mihiel vollständig erhalten. Gut zu erkennen ist hier noch der ehemalige Eingang zum Friedhof, in dessen Nähe die Gräber von Adolf Blanke und Franz Burg lagen.
Im Hintergrund auf dem Foto der beiden Gräber ist das Haus Rue de la Porte à Metz 20 zu sehen. Das Aussehen des Hauses heute sieht dem auf dem Foto des ursprünglichen Grabes äußerst ähnlich und die Lage stimmt mit der obigen Skizze überein. Gegenüber dem Haus befand sich der Eingang zum Soldatenfriedhof – heute Rue Porte à Metz 27.
In den Namenslisten der Kriegsgräberstätte Troyon findet sich der Name Adolf Blanke nicht, dafür aber ein Andreas Blanke mit gleichem Sterbedatum wie Adolf Blanke. Vermutlich handelt es sich dabei um Adolf Blanke. Vielleicht war der Name bei der Umbettung nicht mehr genau zu entziffern und aus dem eigentlichen Namen Adolf wurde dann fälschlicherweise Andreas.
Feldpost von Adolf Blanke an seine Schwester Hedwig, seine Schwager Albert und seine Nichte Ruth Velten
Insgesamt sind sieben Feldpostkarten und -briefe vollständig erhalten sowie ein Fragment, bei dem mindestens die erste Seite fehlt. Die sieben vollständigen Dokumente werden hier im Wortlaut wiedergegeben:
Undatiert
Meine liebe süsse Maus!
Sei Deinem Onkel bitte nicht böse, dass er Dir zu Deinem Geburtstag nicht geschrieben hat. Ich hatte es tatsächlich vergessen, wie ich Vater 4 Wochen zu früh schrieb. Wenn meine Glückwünsche auch verspätet kommen, so sind sie aber noch eben so herzlich gemeint. Anbei meine Aufnahme aus dem Schützengraben, wirst Du mich erkennen.
Für heute recht herzliche Grüsse
Dein Onkel Adolf
31. März 1915
Meiner süssen Maus herzliche Grüsse. Dieses ist eine Aufnahme aus unserer Ruhezeit, ich kam s. Zt. fort und bekomme daher erst jetzt die Aufnahme. Die mit x beschrieben sind meine Kameraden, mit denen ich jetzt immer zusammen bin. Herzlichste Grüsse Onkel Adolf
1. April 1915
Meine lieben Hannoveraner,
habt recht herzlichen Dank für Eu[e]r liebes Päckchen, habe auch über alles sehr gefreut. Auch für Deinen lieben Brief, liebe Tille, danke ich Dir herzlichst. Weshalb ich nicht schrieb und wo ich ste[c]kte, kann ich Euch leider nicht schreiben, hier ist für uns Briefsperre, es können nur Karten geschrieben werden, die dann vom Kommandeur durchgelesen und gestempelt werden. Vielleicht kann ich Euch später ja mal darüber ausführlicher schreiben. Es wird Euch ja vorläufig genügen, wenn ich Euch schreibe, dass es mir noch immer vorzüglich geht. Die Briefsperre hat seine strategischen Gründe, und ich weiss nicht, wie lange sie noch dauert. Ihr könnt nun aber Briefe weiter schreiben. Ich habe innerhalb 14 Tagen bis 3 Wochen knapp 3 Briefe im Ganzen bekommen. Da kannst Du Dir denken, liebe Tille, worüber ich mich gefreut habe, als Dein Brief ankam. Ich hoffe, dass es Euch allen auch sehr gut geht und wünsche Euch allen recht fröhliches Osterfest.
Euer Adolf
13. Mai 1915
Roye, den 13. Mai 15.
Liebe Hete!
Ich habe in meinem Briefe vergessen, zu fragen, wozu der Zettel von der Sparkasse der Kapital: Versich. Anstalt, den Ihr mir in einem Brief gesandt habt, sein soll? Muss der evtl. ausgefüllt werden?
Recht herzlichen Gruss
Dein Adolf
14. Mai 1915
Roye, den 14. Mai 1915.
Mein lieber Albert!
Dein l. Paket mit Zigarren habe ich bekommen und mich riesig darüber gefreut. Hab herzlichen Dank. Meinen Brief habt Ihr wohl schon bekommen? Mir geht es gut.
Euch allen recht herzl. Grüsse von Eurem Adolf.
18. Juni 1915
Winterlager, den 18.6.15.
Mein lieber Albert!
Habe herzlichen Dank für Deine Pastillen gegen den Durst, habe mich sehr darüber gefreut. In den nächsten Tagen schreibe ich mal wieder ausführlicher. Ist Werner schon in Hannover angekommen? Mir geht es noch immer gut. Gestern haben wir schwer Feuer gekriegt.
Allen herzliche Grüsse, besonders Dir Dein Adolf.
25. Oktober 1915
Poststempel 25.10.15. 1-2N Kais. Feldpost-Station Nr. 45 C
Liebe Hete und lieber Albert!
Nehmt es mir bitte nicht übel, dass ich Euren Hochzeitstag ganz vergessen hatte, aber trotzdem sind meine Glückwünsche noch eben so herzlich gemeint. Das wäre mal wieder solch eine schöne Gelegenheit gewesen, sich bei Euch mal durchzufüttern, da ist mir mal wieder etwas aus der Nase gegangen. Dass Mausi so krank war, tat mir aber leid, die lüttje Süsse, nur gut, dass sie wieder besser ist. Mir geht es noch immer, wie ich besser garnicht verlangen kann. Seid für heute recht herzlich gegrüsst
Von Eurem Adolf.
Feldpost im Andenken an Adolf Blanke
Zwei Feldpostbriefe sind im Andenken an Adolf Blanke überliefert. Über die beiden Verfasser liegen keine weiteren Informationen vor.
Brief an Albert Velten (Schwager von Adolf Blanke) von Sergeant Lömcker vom 26. Dezember 1916
Sehr geehrter Herr Velten!
Aus Ihren Zeilen v. 8.12. habe ich ersehen, daß mein Brief u. die Aufnahme des Grabes in Ihrem Besitz sind. Es ist mir eine große Freude, daß meine Zeilen Ihnen wenn auch nur kleiner Trost waren. Wie sehr haben auch wir unseren lieben Blanke besonders jetzt in den Weihnachtstagen vermißt. Er war ja auch jedem ans Herz gewachsen. Am heilig Abend haben wir seiner besonders gedacht und Ihren, mir übersandten guten Wein getrunken, wofür ich im Namen aller vielmals danke. Auch für Ihre l. Zeilen Ihnen sehr dankbar gestatte ich mir, Ihnen ein fröhl. u. zufriedenes Neujahr zu wünschen. Mit deutschem Gruß Ihr ergebener Fz. Lömcker.
Brief von Karl Röttjer an Hedwig Velten (Adolf Blankes Schwester) vom 25. Juni 1918
Liebe Hedwig!
Hoffentlich ist die Zeichnung gut wieder in Deine Hände gelangt und Du hast gesehen, daß ich Adolf´s Grab gefunden habe. Nun habe ich ihm gestern für die mir gesandten 5 M, einen sehr schönen Kranz aufs Grab gelegt und hoffe, so bald die Comp. wieder aus Stellung kommt, daß unser [unleserliches Wort], wenn er Farbe bekennt, nun die Schrift erneuert. Mit den besten Grüßen für Dich und Deine lieben Angehörigen Dein Karl Röttjer.