Kriegserinnerungen des Landsturmmannes H. Dittmer – Kriegsgefangenen-Arbeiter-Bataillon 92 (4. Kompanie) (7. Januar – 16. April 1918)

Die Kriegserinnerungen des Landsturmmannes H. Dittmer stellen den Leser vor einige Rätsel. Zum einen erfahren wir nichts über Herkunft, Familie oder Beruf Dittmers, zum anderen ist in den Erinnerungen auch nie ein Jahr erwähnt! Es werden lediglich Tages- und Monatsdaten erwähnt. Selbst Wochentage, anhand denen das Jahr bestimmt werden könnte, fehlen leider.

Klar ist, dass H. Dittmer Landsturmmann im Kriegsgefangenen-Arbeiter-Bataillon 92 in der 4. Kompanie war. Seine Aufgabe bestand in der Bewachung der russischen Kriegsgefangenen, die in Nordfrankreich südlich von Verdun zum Bau einer Bahnlinie eingesetzt waren. Die insgesamt 151 Kriegsgefangenen-Arbeiter-Bataillone wurden von der Obersten Heeresleitung seit dem 10. September 1915 aufgestellt. Die sieben Russen-Abteilungen wurden seit dem 8. Februar 1918 aufgestellt. Aus dieser Tatsache lässt sich das Kriegstagebuch eindeutig auf das Jahr 1918 datieren!

Zu den Aufgaben der Kriegsgefangenen-Arbeiter Bataillone gehörten u.a. die Errichtung von Militärbauten und die Reparatur der militärtechnischen Infrastruktur. Der Einsatz der Kriegsgefangenen in diesen Arbeiter-Bataillonen scheint bisher nicht gut erforscht zu sein, denn selbst nach intensiver Internetrecherche konnten fast keine Informationen über die Kriegsgefangenen-Arbeiter-Bataillone gefunden werden. Das Kriegstagebuch lässt sich also auf den Zeitraum vom 7. Januar bis 16. April 1918 datieren.

Nach dem Handbuch zur deutschen Militärgeschichte Band 3, Abschnitt V (S. 270) wurde die Russen-Abteilungen der Kriegsgefangenen-Arbeiter-Bataillone seit dem 8. Februar 1918 aufgestellt. Nach Dittmers Kriegstagebuch scheinen die Vorbereitungen dazu bereits im Januar 1918 getroffen worden zu sein.

Unklar bleibt auch, welche Bahnlinie die russischen Kriegsgefangenen bauen sollten. Hierzu blieben Recherchen leider bisher erfolglos. Klar ist, dass es eine Bahnlinie sein sollte, die von Sedan Richtung Süden führt – über die Dörfer Authe und Buzancy. Vielleicht ergeben sich hier noch neue Forschungsansätze, die bei der genauen Einordnung der Kriegserinnerungen in ein Kriegsjahr hilfreich sein können.

Ungewöhnlich an den Kriegserinnerungen sind auch die Gedichte zu Beginn und zu Ende. Sie umrahmen die Kriegserinnerungen, die wahrscheinlich erst mit zeitlichem Abstand zum Einsatz verfasst wurden, denn sie sind in einer sehr schönen und durchgehend sauberen Handschrift geschrieben, was eindeutig für eine spätere Erstellung spricht.

Ob Dittmer auch nach dem Ende seiner Erinnerungen weiterhin im Krieg eingesetz war, bleibt offen. Über weitere Bände seiner Kriegserinnerungen liegen mir keine Informationen vor.

Dittmers Rechtschreibung wurde so belassen. Zum besseren Verständnis wurden an einigen Stellen Satzzeichen und Buchstaben eingefügt, was durch eckige Klammern deutlich gemacht wird.

Erste Seite der Kriegserinnerungen von H. Dittmer. Oben sind der Namenseintrag und seine Einheit zu sehen. Unten beginnt das Gedicht am Anfang der Erinnerungen.

Kriegserinnerungen des Landsturmmannes H. Dittmer - Kriegsgefangenen-Arbeiter-Bataillon 92, 4. Kompanie (7. Januar - 16. April 1918)

Es war auf Frankreichs Fluren wohl im Ardennenwald als Deutsche Landsturmleute stehn wier dort, auf der Wacht. Das Auge feucht doch fest die Hand so stehn wir hier im fremden Land. Leb wohl nun Weib und Kinder mein Heimatsort leb wohl. Mit 500 Gefangenen stehn wir im Franzosenland und wehren allen Feinden allhier mit starker Hand. Der Fuß ists naß die Brust die keucht und über uns der Flieger fliegt. Leb wohl nun Weib und Kinder mein Heimatort leb wohl.

Wir bauen einen Bahndamm allhier in Feindesland. Hindurch durch Sumpf und Kot zu helfen den Kameraden wenn sie in Not und Tod.

In St. Pieremont [Saint-Pierremont] da liegen wir doch leider jetzt in Orchhiers [Oches?] hier[.] Leb wohl mein Weib und Kinder mein Heimatort leb wohl.

Und ists die Fahrt zu Ende und unsere Dienstzeit aus. Wir drücken uns die Hände und alles zieht nach Haus Die Freude und die helle luft erfüllet unsere wunde Brust[.] Leb wohl mein Weib und Kinder, mein Heimatsort leb wohl.

 

In Soltau sind wir vom Artz [sic!] untersucht und Garnisondienstfähig befunden, jetzt kam ich zum Gefangenenlager, welches mit 30000 Gefangenen belegt ist, hier in Baracken untergebracht welche mit 150 Mann belegt ist, alle schlafen wie Murmeltiere, Mann an Mann auf Strohsäcken auf die Erde.

Ganze 5 Tage so zu gebracht, ohne in eine Kompagnie eingereicht zu werden. Am 7 Januar in der 7. mobil Kompanie eingestellt. Am 12 sämtliche Sachen feldmarschmäßig bekommen. Am 13 Januar Kriegslöhnung nachbezahlt weil die Kompanie am 12 mobil geworden ist. 14 Januar einige Leute haben sich schlecht betragen, zur Strafe wird jeden Tag Diensts angesetzt, morgens 3 St. nachmittags 2 St. Am 15 Januar Apell feldmarschmäßig angetreten. Der Hauptmann giebt bekannt, das die Stunde des Ausrückens herangekommen, aber noch nicht bekannt ist. 50 Mann müßen zurük bleiben, da die Kompanie 2000 Russen mitbekomt, aber nur 1500 fertig sind, die fehlenden 500 sollen die 50 Mann nachbringen. Ich bleibe auch mit den 50 Mann hier, der Hauptmann verspricht uns zurückbleibenden einige Tage Urlaub. Abends kommt Bescheid, das die Kompanie am andern morgen mit 1500 Russen nach Frankreich in die Etappe abrückt. 16 Januar rückt die Kompanie aus. 50 Mann die hier bleiben sollen. Mit mehrere Mann melden wir uns wegen Urlaub, wird abgelehnt mit der Begründung, das wir auf jeden Tag abrücken können. 17 Januar Wir zurückgebliebenen sind beim Baracken reinigen, da kommt der Befehl Bettwäsche abliefern und um 3 Uhr feldmarschmäßig an der Schreibstube stehen, da wir heut noch nach Göttingen müßen und dort die 500 Russen in Empfang zu nehmen. 6 Uhr fährt unser Zug, mit klingendem Spiel rücken wir zum Bahnhof. 8 Uhr in Hannover hier wird übernachtet, gleich auf dem Bahnhof beim Rotenkrug[.] 18. Januar. Eine schlaflose Nacht habe ich hinter mir und dabei schon erkältet. 9 Uhr fährt unser Zug weiter. 1 Uhr sind wir in Göttingen. 22 Uhr betreten wir das Gefangenenlager hier wird gleich gesagt, das am 24 Januar keine Russen fertig sind. Auch wird gleich gesagt, Urlaub kann nicht gewährt werden. Decken und Bettwäsche wird empfangen und wir richten uns häuslich ein. Ein hartes Lager seh ich im voraus, denn die Strohsäcke sind fast ohne Holzwolle. 19. Januar. Schlechtes Lager. Diensts gibt es nicht, nur 1 Stunde Gewehr reinigen. 20 Januar Heute kein Dienst. Bei der Parole wird für den andern Tag 1 Stunde Exzezieren [sic!] und 1 Stunde Gewehrreinigen angesagt. 21 Januar. 9 Uhr wird angetreten zum Exzezieren [sic!]. 10 Uhr sind wir schon wieder in der Baracke. 22 Januar. Diensts wie am Tage vorher. 23 Januar Um 9 Uhr ausrücken zum Üben, bald kommt ein Ordonanz hinter uns her und bringt Befehl, sofort zum Lager zurück kommen und die Gefangenen in empfang nehmen. Wir werden vom Obersts begrüßt und in die 10 Abtheilungen zu je 4-5 Mann eingeteilt. Jede Abteilung bekommt 50 Russen[.] Am Vormittag nehmen wir die Russen in Empfang. Ich hab mir das Russenvolk ganz anders vorgestellt, aber die waren gleich vertraulich. Wenn mann was frug, kam die Antwort: Nicht versteh. Ich habe einen guten Eindruck von den Leuten bekommen und hab ich mir gesagt, mit den Leuten ists gut umzugehen. Den Abend vor der Reise bekam jeder ein Stück Speck und ein Brod mit auf den Weg. Vom 24-21 Januar jeden morgen Russenapell. Am 31 Januar kommt nachmittags Befehl, morgen wird abgerückt. Wir wurden am Abend entlöhnt bekommen 1 ½ Pf. Speck und ein Brod. 1. Feb morgens 8 Uhr nahmen wir die Russen in Empfang[.] Dann geht’s zum Bahnhof 11 Uhr setzt sich der Zug in Bewegung und rollen wir mit unsere Russen nach Frankreich zu. 6 Uhr ist die erste Verpflegung und zwar in Holzwiken. Es gab hier Sauerkraut mit Mettwurst die Russen taten sich hier aber war zu gute. Gleich hieß es wieder einsteigen. Nun ging der Weg weiter durchs Kohlenbecken nach Düsseldorf zu. In Düsseldorf war kurzer Aufenthalt, hier gabs warmen Kaffe. Dann gings wieder weiter und wir rollten übern Rhein, zum ersten mal in meinen Leben. Um 2 Uhr nachts hatten wier Achen [Aachen] erreicht, hier gabs wieder Verpflegung. Die Russen bekamen Kaffe Brod, und Wurst. Die Begleitmanschaft Kaffe, Brod Butter und Käse. Nach einer Stunden Aufenthalt hieß es wieder: Einsteigen. Es war schon 3 Uhr vorbei wie wir abfuhren. Von hier ab fuhr der Zug auf dem linken Gleis und ganz langsam. Hier kamen wir durch eine öde Gegend, bin darüber eingeschlafen wie ich aufwachte war es bald 1 Uhr ich merkte gleich das wir nun schon in ganzes Stück in Belgien sein mußten, denn die Gegend war doch zu unbekannt, habe felsige Berge und sehr oft kamen wir durch ein Tunel [sic!]. Nun hatte der 2 Februar schon begonnen und ich freute mich darauf, das es bald heller Tag wurde, um etwas mehr von Belgien zu sehen zu bekommen. Je weiter wir kamen, desto schöner wurde die Gegend. Belgien ein schönes Land, reich von Naturschönheiten, solche Felsenberge sind mir noch nicht begegnet. Wir kamen bald Lüttich näher auch als wir in Lüttich einfuhren, war vom Krieg nichts zu sehen, es war alles unversehrt, wir sind allerdings nicht direkt durch Lüttich gekommen, sondern durch einen neben Bahnhof von Lüttich. Von Lüttich kamen wir bald nach Namur, auch auf diesen Wege gab es nicht viel zu sehen. Die nächste Stazion [sic!] hinter Namur sollten wir verpflegt werden aber es kam anders. Von hier aus wurde und ein anderer Weg vorgeschrieben wie wir hätten fahren sollen[.] Hier machten wir eine halbe kehrtwendung und kamen dann auch bald ins Kriegsgelände. Gleich die nächste Station Trier fanden wir das erste Soldatengrab 4 Helden in einem Grab, direkt am Bahnhof. Nun fuhr der Zug langsam weiter, aber war ich da zu sehen bekam übersteigt doch weit mein vermutung. Von jetzt ab sah mann bald kein heiles Haus mehr, ab und zu sah mann auch noch Menschen zwischen den Trümmern herum laufen es war schrecklich anzusehen. Bald kamen wir an ein Fort vorbei, hier sah es noch wüster aus, aber es ist doch ein schöner Anblik, wenn mann oben auf der kleinen Festung die Deutsche Flage wehen siht. Diese Fort welches Dinant heißt, ragt direkt aus einem Bergfelsen heraus, es ist von natur aus schon eine starke Festung. Die ganze Gegend ists nur ein Felsen und eine Schlucht nebeneinander. Nun ging es immer durch verlassene Dörfer und zertrümmerte Häuser weiter. So kamen wir dann an die französische Grenze näher und gelangten dann an die kleine, aber starke Festung Giwet [Givet]. Auch dieses Fort ist ein steiler Bergfelsen und muß mann sich wundern, das es so schnell erobert wurde. Die da hinterliegen[de] Kaserne waren nur noch ein großer Trümmerhaufen. Auch hier winkte auf die Deutsche Kriegsflagge vom Felsen entgegen. Der Zug fuhr hier durch ein Tunel, direkt unter der Festung durch. Auch jetzt gab es viele zertrümmerte Dörfer. Nun wurde es dunkel und die schönste Gegend sollte jetzt noch kommen, denn wir kamen bald Sedan näher. In Sedan wurden wir endlich nach 14 Stunden ununterbrochhener [sic!] fahrt wieder warm verpflegt hier gab es Graupen mit Rindfleisch. Hinter Sedan sind wir noch gut 1 Stunde gefahren und kamen damit auf unsern Endstation an, welches Bremont [nicht identifizierter Ort] heißt. Es mochte 11 Uhr sein, als der Zug hält. Hier wurden 20 Mann als Posten ausgestellt, welche sich alle 2 Stunden ablösen mußten. Dann wir blieben hier die Nacht über liegen. Morgens 8 Uhr alle Mann aussteigen, nun ging der Marsch bald los. Dann wir mußten noch 20 klm. zu Fuß gehen. Mittags wurde Rast gemach und gab es warmen Kaffe, welches in unserer Feldküche hinter uns im Marsch gekocht war. Die Rast tut gut, besonders wenn mann mit vollem Gepäck laufen muß. 1 Uhr ging es los es wurde noch einige Mal kurze Zeit geruht, bis wir entlich gegen 4 Uhr an, u[n]ser Zeil anlangten. Unsere Russen waren bald in ihr Lager untergebracht und wir bekamen dann auch unsere Quartiere zugewiesen. Ich kam nun auch in ein Zimmer welches nicht zu heizen war und sämtliche Fenster zerbrochen waren[.] Wir schleppten uns Heu und Stroh zusammen und machen uns unser Lager für die Nacht fertig. Darnach gingen wir mit mehrere um unser Dorf in Augenschein zu nehmen. Mann sah nur niedrige Hütten, welche zur hälfte zusammen geschoßen waren, aber auch in den verschont gebliebenen Häusern gab es bald keine ganze Tür und Fenster mehr. Zum Abendessen gab es dann Kaffe mit Marmelade. Nun ging es bald zur Ruhe und kroch mir so gut es ging in mein Heulager hinein, dekke mir mit die dünnen Decke, die jeder mitbekommen hatte und mit Rock und Mantel zu. Ich schlief ziehmlich gut ein. Denn ich hatte 2 Nächte, welche wir auf der Bahn gelegen hatten, so gut wie garnicht geschlafen. Gegen morgen zwischen 3=4 Uhr wachte ich auf wohl sicher wegen der Kälte, denn ich fror am ganzen Leibe und am einschlafen war nicht mehr zu denken. Der andere Tag war dienstfrei. Nun gingen wir mit 4 Mann los und suchten uns ein anderes Quartier, welches wir auch bald fanden. In den Zimmer war wohl kein Ofen aber dafür doch ein Backofen. Jetzt ging es an der Suche nach Bettstellen und fanden wir glüklich 2 oben im Hause stehen[.] Indes war zweischläfrig, also für uns 4 Mann gerade genug. Dann suchten wir uns Tisch und Stühle, welche wir bald zusammen hatten. In den Bettstellen wurde wieder Heu gepackt, nun hatte mann doch wenigstens einen festen Kasten worin mann schlafen konnte und ich schlief die Nacht auch gut. Um es behaglich zu machen, hatten wir uns denn auch den Backofen angeheizt. Am andern morgen 7 Uhr wurde angetreten und gingen wir denn gegen ½ 8 Uhr zur Arbeitsstätte, hier sahen wir denn was geschafft werden mußte[.] Wir müßen eine Bahn bauen von Sedan ab bis zur Front eine sogenannte Verbindungsbahn von Sedan abgehend zwischen Reims und Verdun auslaufend. Diese Bahn wird eigens zum Zweck der Frühjahrsoffensive gebaut[,] sie wird über 40 klm. lang. Unsere 500 Russen fingen die Arbeit gut an, waren recht fleißig und wurden vom Hauptmann dieser Eisenbahn Companie gelobt. Nun muß sich etwas dazwischen fügen. Unsere Companie sollte mit 2000 Russen nach Frankreich hiervon sind 1500 mitte Januar abgefahren. 500 sind in Sedan ausgeladen. 1000 kamen nach St. Pierremont [Saint-Pierremont]. 500 wo ich mit zugeteilt bin, sind am 2 Febr abgerückt. Die 500 Mann die in Sedan ausgeladen sind haben auch gute Arbeit verrichtet, aber diese 1000 Russen, welche nach Pierremont [Saint-Pierremont], wo auch wir mit unsere 500 Russen hingekommen waren, haben im Anfang große Schwierigkeiten gemacht. Diese Leute haben dierekt die Arbeit verweigert, 4 Tage haben sie jede Nahrung zurück gewiesen, sie wollten einfach nicht arbeiten. Das da Gewalt angewandt werden mußte, kann sich wohl jeder denken. Am 3 Tag ist den Leuten gefragt worden, ob sie arbeiten wollten, aber kein Mann hat sich gemeldet, darauf wurde einer der größten Aufhetzer erschossen, von 12 Kugeln durchbort, fiel er tot am Boden. Aber unsere Russen glaubten immer noch nicht, das es ernst werden sollte. Am 4 Tag mußten alle antreten und wurden wieder gefragt, ob sie jetzt arbeiten wollten, nun wollten sich wohl viele melden, aber die Dolmetscher trieben sie wieder zurück. Was war zu machen, es mußte noch mal 1 Russe dran glauben und sollte nun ein Dolmetscher erschossen werden, aber es meldete sich freiwillig ein anderer und wurde dieser vor den Augen der ganzen Russen erschossen, auch dieser bekam eine Salve von 12 Kugeln, worauf auch dieser tot zusammen knickte. Hier auf wurden die Russen gefügig und alle Mann meldeten sich zur arbeit, aber es waren viele dabei die von den 4 Tagen fasten sich nicht mehr auf den Beinen halten konnten. Nun war aber Ruhe und die Rußkis gingen schön zur Arbeit. Dies hatte sich alle zugetragen, wie ich noch nicht da war. Das Dorf wo wir liegen heißt St. Piermont [Saint-Pierremont]. Die ersten 8 Tage mußten wir von hier bis zum nächsten Dorf etwa eine Stunde zur Arbeitsstelle laufen. Darnach bekamen wir es näher, etwa ½ stunde Wegs. Hier gab es ein schweres stück Arbeit zu überwinden denn hier mußte die Bahn an einer Stelle unter eine Straße geführt werden und mußte hier 7 Meter tief ausgeschachtet werden. Es war ein schweres Stück Arbeit, denn jeder Spatenstich mußte 5-6 mal mit den Fuß nachgeholfen werden, ehe der Spaten in die Erde steckte. Es arbeiteten hier an dieser Stelle, welche gut 100 Meter lang war, über 1000 Russen, aber diese Arbeit ist entlich auch geschaft worden und die Brücke nebsts Unterführung auch fertig. Überall, wo es schwere Arbeit gab, mußten unsere 500 Russen ran. Ein Tag, der Dienstfrei war habe ich hier die Gegend abgestreift. besonders da, wo sich alte Stellungen befanden. Nicht weit von St. Pirmont [Saint-Pierremont] hat ein kleines Gefecht stattgefunden, hier liegen 69 Franzosen in einem Massengrab beerdigt, aber auch mehrere Einzelgräber deutscher Helden lagen hier, alles war in den Schützengräben beerdigt worden dierekt bei Piermont [Saint-Pierremont] sind noch mehrere Gräber von deutschen Soldaten. In unser Quartir war es recht gemütlich geworden und es war abends nach dem Diensts immer eine recht fidele Stimmung unter uns 4 Kameraden, besonders ein Harburger Junge, Kamerad Laß, wußte immer viel Unsin zu erzählen. Unter Quartier hatten wir zum Backofen getauft, weil wir doch alle Tage unsern Backofen einheitzen mußten. Einmal hat unser Teichröster [sic!] doch versagt, denn die Hitze alle Tage mußt ihr doch wohl nicht gut bekommen sein, denn in einer Nacht spielte er uns einen gefährlichen Streich, morgens gegen 5 Uhr, es war der 28. Februar wachten wir auf und unser Salon war ein dichter Rauch eingefüllt, denn die Hitze muß wohl zu stark geworden sein, er war nämlich nach unten hin durchgebrannt. Vom 26. auf 27. Februar war ich auf Wache. Da unser Backofen nicht mehr zu heitzen war, mußten wir uns nach einen andern Ofen umsehen, aber Ofen sind hier ganz was seltenes, denn die Leute haben hier alle die veralteten Kamiene, wie mann sie in Deutschland in den Bauernhäusern wohl noch hat, darum war guter Rat teuer, aber wir wußten uns zu helfen, denn wir nahmen einfach einen Futterkessel, den Kessel nahmen wir aus, legten oben eine Platte über, machten mit Lehm dicht und unser Ofen war fertig. Er heitzte gut, besser wie der Backofen. Nun hatten wir unser Quatir wieder in Ordnung, auch Strohsäcke hatten wir einige Tage vorher bekommen, da hieß es auf ei[n]mal, die 4. Gefangenen Komapnie muß nach dem nächsten Dorf umquartieren. Dieses Dorf heißt Osch [Oches]. Mit Sak und Pack rückten wir nun am 1 März von St. Pirmont [Saint-Pierremont] ab[,] besehen uns dann unsere neue Arbeitsstätte, welche in einem dichten Wald lag. Am 2 März wurde dann die Arbeit frisch in Angriff genommen und ging auch hier die Arbeit schnell von statten, denn hier mußte sehr viel dike Baumstämme ausgerodet werden. Weil es dichter Wald war, wo wir arbeiten mußten, kamen unsere 500 Russen als die zuverlässten [sic!] dahin, aber wie zuverlässig das sie waren haben wir gleich 2 Tage später erfahren müßen, denn am 4 März fehlten am Abend 2 Mann. Ich war nicht mit draußen, weil ich den morgen von Wache gekommen war. Unser Komandoführer war sehr aufgeregt und mußten den Abend noch 10 Mann, wo ich nicht mit bei war, die ganze Arbeitsstelle nebsts Gehölz absuchen nach den Gefangenen, aber was soll man im stockdunkel finden. man konnte nicht die Hand vor Augen sehen und wenn nicht mehrere eine Taschenlampe bei sich gehabt hätten, wären wir wohl kaum in unser Quartier wieder angelangt, die halben [sic!] Leute haben sich mehrere mal in den Lehmboden gewälzt. Wir kamen den Abend ziehmlich abgehetzt gegen 11 Uhr wieder zu Hause an. Die andern Tage ging der Diensts wie immer und es wurde nicht mehr nach den geflohenen Russen gefragt. Wie mir nun am 6 Febr. Abends wieder kamen hatte der Feldwebel schon die Nachricht für uns, die beiden Gefangenen waren wieder ergriffen worden noch nicht 5 klm. weit waren sie gekommen, in ihrer Unkenntnis waren sie noch weiter zur Front gelaufen. Denselben Abend wurden sie noch geholt und von einem Dolmetscher verprügelt. Am andern morgen mußten sie sämmtliche Sachen abgeben, sogar einen Zivilanzug hatten die Kerls bei sich und in Arrest gebracht. Unser Quatir ist hier nicht schön, wie liegen mit 8 Mann in ein Zimmer, ein richtiges Russenlager, es sieht eher einen Stall als Zimmer ähnlich und die Ratten spazieren hier ein und aus. Schon mehrere mal haben uns die Ratten ein halbes Brod weggeholt. Aber mit den Gedanken erfüllt, das wir hier doch nicht lange bleiben, sind wir in unsern Stall geblieben. Die Arbeit ging rüstig vorwärts und waren wir schon am 8. Febr. mit dieser Strecke fertig[.] Wir hoften nun wohl einen Ruhetag zu bekommen, aber weit gefehlt, nun gab es erst recht Strapatzen, es mußte noch an einer Stelle weiter nach Sedan zu ausgeholfen werden, das war ein Tagesmarsch von 6 Stunden, 3 Stunden hin, 3 zurück. Gearbeitet wurde nur 4 Stunden. Diese Tage war es recht kalt und habe ich mich jedes mal ein schönes Feuer gemacht, was ja streng verboten ist, aber es hat gut gegangen. ich habe alle drei Tage den Weg gemacht und wußte ich aber, was ich gemacht hätte, den andern Tag kam ich auf Wache. Da nun der Unterbau fertig war, mußten die Gefangenen Schwellen mit verstopfen helfen. Diese Arbeit ist nicht so schmutzig und schwer, und freuen sich die Leute, das sie nicht mehr in den Lehm rum schwimmen brauchen. Am 13. März sind wieder 2 Russen ausgerissen, gleich morgens sie sollten in Gruppen zur Arbeit eingeteilt werden. Kein Mensch dachte daran, das wir da noch mehr solche Halunken bei hätten, ehe die Wachtmannschaft sich verstand waren 2 Russen übers Geleise ins Gehölz verschwunden, trotz sofortiger Verfolgung und sogar 2 mal auf den Ausreißer geschossen worden ist, sind sie nicht wieder eingefangen. Diesmal war ich auch nicht dabei, denn ich war wieder mal auf Wache. Das es nun keine gute Tage für uns gab, kann sich jeder leicht denken. Unser Komandoführer, Offiziersstellvertreter Strieke, war draußen aufgebracht und hat er geschimpft wie ein Rohrspatz. Der Lagerfeldwebel dagegen ist sehr ruhig, er sagt, es sind zu wenig Wachtmannschaften vorhanden. Es ist nichts seltenes, das 2 Wachtleute mehr wie 50 Gefangene bewachen müssen. Der Hauptmann kam am andern Tag von St. Pirmont [Saint-Pierremont] herüber, um den Platz, wo die Russen ausgerissen sind, in Augenschein zu nehmen. Das alles änderte nichts, die Leute waren eben verschwunden. Nun nahm der Hauptmann ein großes Verhör ab und noch ein größeres Protokoll wurde aufgesetzt aber das die Leute bestraft werden können, glaube ich nicht, denn es sind eben zu wenig Leute vorhanden. Unser Strieke blieb aber die nächsten Tage sehr aufgeregt und schnautzte uns bei jeder Gelegenheit an. So war ich am 18 März auf Wache, keine dachte daran, das Strieke uns mitten in der Nacht einen Besuch abstatten würde. Mitten in der Nacht, kurz vor ein Uhr alles alg und schlief, außer den Wachthabenden, kommt Strieke herein geschwind, einer sitzt am Tisch und schläft, diesen schreit er gleich an: Können sie nicht aufstehen, wenn ich herein komme. Dieser antwortet, ich habe den Feldwebel nicht erkannt. Darauf Strieke wieder: Mensch sie schlafen wohl mit offenen Augen. Ich lag im Stroh und schlief fest, von den schreien war ich auch gleich auf den Beinen. So ging das andauern[d] bis er sich etwas abgekühlt hatte. Er weiß nicht wie er uns Leute herum kriegen soll und er muß sich doch sagen, das er von uns nicht mehr verlangen kann.

Unsere Russen sind nun alle Tage feste am Schwellen stopfen. Die ganze Zeit wo nun hier sind, surren uns die Flieger immer so um die Köpfe herum, ist das wohl 15 bis 20 auf eimal [sic!] in der Luft sind. Auch feindliche Flieger kamen oft herüber, wurden aber immer beschossen. Es sieht von weiten sehr interssant aus, wenn die Schrappnels in der Luft platzen. Am 28 März hatten wir das Glück, zum ersten mal auf unsern neue Kriegsbahn zu fahren. Wir mußten wieder auf eine entfernte Strekke arbeiten. Wenn wir nicht mit der Bahn gefahren wären, hätten wir 3 Stunden laufen müßen. Die kleine Fahrt machte sehr viel Vergnügen, wenn es auch manchen Puff gab, was ja auch nicht zu verwundern ist, wenn man auf gewöhnliche Steinwege fährt. Selbst verständlich fuhren wir abend wieder zurück, mußten aber von dem Zuge, der uns zurück bringen sollte, Steine abladen. Es war gegen 6 Uhr, wie wir mit diese Arbeit anfingen. Die Maschine mußte los hangen [sic!] und zur Endstation Afrikur [nicht identifizierter Ort] fahren denn sie hatte kein Wasser nicht auf dem Kessel. Unterdessen hatte der Himmel seine Schleusen eröffnet und es regnete nur so in Strömen. Die Steine waren bald abgeladen und in den ströhmenden Regen warten wir auf unser Dampfroß und wir warten, 3 Stunden lang. Seit einer ½ stunde hört man die Maschiene schon tuten, aber sie kommt nicht näher. Endlich es war schon lange nach 9 Uhr, kam sie in Sicht. Wir standen im freien Felde, von jeder Ortschaft weit entfernt und stockfinster, mann konnte nicht die Hand vor Augen sehen und es regnete noch in Strömen. Ich hatte 19 Gefangene auf meinen Wagen, die hätten alle fliehen könne, ich hätte nichts dagegen machen könne, denn mann konnte tatsächlich keine halben meter sehen. Nun setzte sich der Zug, in Bewegung, mußte aber auf der Streke noch mal anhalten und einige Wagen anhängen. Nun ging das Ziel auf unsern Dorf zu. Unser Dorf bekommt eine Haltestation. Gegen 11 Uhr waren die Russen in ihre Baracken untergebracht, es fehlte kein einziger.

Am andern morgen hatten wir etwas länger Ruhe, wir brauchten erst 9 Uhr mit unsern Russen ausrücken. Sonsts wird jeden Tag 6 Uhr angetreten, 5 Uhr wird aufgestanden. So ist der eine Tag wie der andere abwechslung giebt es nicht. Seit einiger Zeit dürfen wir kein mehr mit den Russen sprechen, auch dürfen wir uns tagsüber nicht hinsetzen, was sonsts erlaubt war, wenn man dabei ertappt wird, dann kann man 14 Tage in Arrest fahren. Am 25 März haben wir hier ein Battl. Infanterie in Quartier bekommen. Diese werden aber bald Reservestellungen beziehen, denn es deutes [sic!] alles darauf hin, das wir bald die Offensiehve ergreiffen. Vom 1 April ab sollen Truppen, Munition und Kriegsmaterial mit der Bahn befördert werden. Es ist noch manche Stelle , wo gestampft werden muß. Es war herliches Wetter und die Rückfahrt machte jetzt mehr Vergnügen wie das erste mal. Vorläufig müßen wir jeden Tag mit der Bahn fahren, denn es muß längere Zeit auf der Stelle gearbeitet werden. Jetzt heißt es, jeden morgen 4 Uhr aufstehen, denn um 5 Uhr muß alles fertig stehn. Der erste Zug fährt im 6 Uhr. Es ists aber kein Personenzug, sondern vorläufig fahren noch immer Steinzüge. Personenzüge werden auf dieser Strecke wohl überhaupt nicht eingeführt, denn es ists eben eine Kriegsbahn. Von 2. zum 3 April war ich auf Wache, den Tag wo mann von Wache kommt, braucht man nicht viel Diensts machen. Kartoffeln schälen und Begleitdienst machen ist das einzige was gemacht werden muß. ich mußte diesmal die Küche mit begleiten, das war ein marsch von über 2 Stunden. Auf dem Rückwege wurden gefahren, und zwar habe ich gefahren. Am 1. April ist die 1. und 2. Kompanie verlegt nach Briekuni [Briquenay], etwa 3 klm. vor Harikur [Harricourt]. Unsere Kompanie bleibt für unbestimte Zeit noch in ihr altes Quartier. Den Kanonendonner den mann hier sehr deutlich hört, wird oft recht heftig geführt. In der Gegend von Verdun ist er oft besonders heftig. Am 5 April muß da die reine Hölle los gewesen sein, besonders Abends, zwischen 9-10 Uhr war das Feuer so stark, das mann die einzelnen Schüsse nicht unterscheiden konnte. Am 7 April sind einige kranke Russen zurück nach Deutschland befördert worden. Heute am 8 April arbeiteten wir bei dem Dorfe Busancie [Buzancy]. Hier befindet sich auch ein Proviantlager, auch führt hier eine Feldbahn bis zu Front. Es war heute morgen recht kühl und windig. Ich hatte mir meine Zeltbahn aufgeschlagen und hatte mich etwas hingesetzt. Dies hatte der Unteroffizier Kreuter gesehen und kommt auch gleich auf mich zu und schnautzt mich an. Ob ich nicht wüßte, das das hinsetzen verboten wär und ob es denn so kalt wär. Das sitzen ists nämlich streng verboten. Ich mußt also wieder stehn und auch mein Zeltlager mußte ich wieder einrollen. Die Tage vergehen jetzt immer eintönig. Wir fahren jeden Tag mit unseren Russen nach Aute [Authe] und Luzanli [nicht identifizierter Ort] zur Arbeit. Die Bahn ist für den Betrieb fertig. Es wird jetzt schon jeden Tag Proviant, Munition und Truppen auf unsern Kriegsbahn befördert. Am 12 April fuhr der erste Lazarettzug von der Front kommend nach Sedan zu. Nun ist die Bahn wohl fertig, aber wir bleiben mit unseren Russen noch hier, denn die Schwellen drücken sich stellenweise noch zu tief ein, dies muß dann immer wieder von neuem gehoben und gestopft werden. Seit dem 11. April darf im Lager kein Licht mehr brennen. Sonsts würde jedes Gefangenenlager trotz der hohen Drahteinzeunung [sic!] hell erleuchtet. Auch mußt jedes Fenster hinter welchen Licht brennt verhangen werden. Dis sind alle Maßregel wegen Fliegerangriffe und wird dies auch wohl alles mit der Beforstehenden Offensieve im zusammenhang stehen. Die Posten beim Lager sind in der Nacht auch mit einer Taschenlampe versehen. Die Einteilung der Russen bei der Arbeit geschieht jetzt anders als sonsts. Jetzt bekommt jeder von uns 20 Russen zur beaufsichtigung, für diese Leute ists mann verantwortlich und muß mann sie Abends wieder vollzählig abliefern. Sonst gehörte unsere Kompanie zum 16. Armeekor [Armeekorps] jetzt zur Millitär Eisenbahn Direktion 2 Frankreich. Wir fahren noch alle Tage mit einen Steinzug nach unsere Arbeitsstelle. Manchmal hatte ich in der Richtung auf Verdun Fesselballons gesehen. Am 16 April konnte ich mehrere Ballons in der Richtung auf Reims zu beobachten. Die Flieger surren uns bei klarem Wetter nur immer so um die Köpfe rum. Unsere Arbeit ist hier bald erledigt und hat es den Anschein, das wir nun bald verlegt werden, denn in den nächsten Tagen sollen unsere Russen entlaust werden.

 

Auf Frankreichs weiten Feldern davor der Festung Reims. Da stand ein junger Krieger auf sein Gewehr gestützt. Der junge Krieger auf der Wacht was schaust du in die dunkle Nacht. Ich steh für dich mein Vaterland, mein Vaterland lebt wohl. Und steh ich so in dunkel, auf einsam stiller Wacht, und alle Sternlein funkeln in finster dunkler Nacht. Denkt ich der trauen Braut daheim. Den lieben teuren Eltern mein. Ich steh für dich mein Vaterland leb wohl. Und sollt ich nicht erleben, mein Land befreit zu sehn. So soll mein Grabeshügel auf Frankreichs Erde stehn. Da kracht ein Schuß der kostet viel ihm klingts so süß wie Harfenspeil. Ich sterb für dich mein Vaterland. Mein Vaterland leb wohl.

Dieser Beitrag wurde unter 1. Weltkrieg veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert